Hansruedi Kaiser Fachstelle erweiterte Pädagogische Fördermassnahmen [email protected] Kognitive Stile 1 Das Wichtigste in Kürze Der kognitive Stil einer Person ist die kaum veränderbare Tendenz, Informationen bevorzugt auf eine bestimmte Art zu verarbeiten. Es scheinen zwei relativ stabile Gegensatzpaare von kognitiven Stilen zu existieren: global verbal bildhaft sequentiell Verbal: Eine Person mit einem verbalen kognitiven Stil bevorzugt sprachliche Umschreibungen. Sie denkt, indem sie (mit sich selbst) spricht, sie braucht eine sprachliche Darstellung, um etwas zu verstehen und wenn sie selbst etwas darstellt, dann redet sie. Bildhaft: Eine Person mit einem bildhaften kognitiven Stil arbeitet im Gegensatz dazu vor allem mit bildlichen Darstellungen und Vorstellungen. Sequentiell: Personen mit einem sequentiellen kognitiven Stil lernen, indem sie bei vertrauten Grundlagen anfangen und sauber Schritt um Schritt ihr Wissen aufbauen. Sie lösen Probleme entsprechend Schritt um Schritt und stellen Inhalte ebenso klar aufbauen dar. Global: Bei Personen mit einem globalen kognitiven Stil dagegen steht immer das Ganze mit seinen Verknüpfungen im Vordergrund. Sie lösen Aufgaben, indem sie die Lösung direkt erahnen. Sie denken in grossen Zusammenhängen und vernachlässigen manchmal entscheidende Details. Man findet alle möglichen Kombinationen dieser Stilen. Viele Personen zeigen auch auf der einen oder anderen Dimension oder gar auf beiden keine klare Ausprägung. Personen, die auf einer oder beiden der Stildimensionen eine starke Ausprägung haben, müssen darauf achten, dass sie unbedingt entsprechend aufbereitetes Lehrmaterial erhalten. 20.09.2004 Seite 1 Hansruedi Kaiser Fachstelle erweiterte Pädagogische Fördermassnahmen [email protected] 2 Ein bisschen Hintergrundinformation 2.1 Warum heisst es "kognitiver Stil" und nicht "Lernstil" Viele Menschen zeigen ganz klare Vorlieben, auf welche Art und mit welchen Mitteln sie denken und lernen. Manche gehen eher vorsichtig ans Werk und überlegen sich alles mehrmals, bevor sie den ersten Schritt machen, andere beginnen sofort ohne sich gross Gedanken zu machen und orientieren sich erst, wenn sie schon auf dem Weg sind. Manche müssen mit jemanden darüber reden, bis sie etwas begreifen, anderen ziehen sich lieber mit ihren Notizen ins stille Kämmerlein zurück. Diese Beobachtung hat zu einer Vielzahl von Publikationen über sogenannte "Lernstile", "Lerntypen" etc. geführt, in denen eine unüberschaubare Menge solcher Stile propagiert werden. Um etwas Übersicht zu gewinnen, ist es sinnvoll, die beobachteten Unterschiede im Vorgehen verschiedener Menschen in Stile und Gewohnheiten einzuteilen. Stil: Ein kognitiver Stil ist eine kaum veränderbare Tendenz einer Person, Informationen bevorzugt auf eine bestimmte Art zu verarbeiten. Kognitive Stile sind vielleicht angeboren. Gewohnheit: Eine kognitive Gewohnheit dagegen ist eine bevorzugte Vorgehensweise beim Denken und Lernen, die auf erlernten Vorlieben beruht und die sehr wohl verändert werden kann. Da man Stile als gegeben hinnehmen muss, sollte im Unterricht dafür gesorgt werden, dass alle Lernenden mit unterschiedlichen Stilen auf ihre Rechnung kommen. Wichtig sind also sprachliche und bildliche Darstellungen, sowie schrittweiser Aufbau und Vernetzung/globaler Überblick. An Gewohnheiten kann man hingegen arbeiten, wenn sich diese als ungünstig erweisen. 2.2 Was ist mit all den Stilen wie "aktiv" bzw. "reflexiv" und viele andere mehr? Im Gegensatz zu den wenigen Stilen, von denen man annehmen kann, dass sie stabile Eigenarten der entsprechenden Personen sind, wurden schon viele Gewohnheiten beschrieben. Beispiele wären etwa "aktiv" (lernt durch Ausprobieren) versus "reflexiv" (lernt durch Nachdenken), "offen" (lernt im Austausch mit anderen) versus "geschlossen" (lernt für sich allein) etc. Diese Gewohnheiten sind vermutlich in den meisten Fällen echte Gewohnheiten, entstanden aus Erfahrungen und entsprechend veränderbar. Oft ist es auch sinnvoll, an solchen Gewohnheiten zu arbeiten, denn z. B. gibt es Aufgaben, die sich nur "aktiv" bewältigen lassen (wie etwa das Kennenlernen eines neuen Computerprogramms) und andere, die "reflexiv" angegangen werden müssen (wie etwa die Lösung mathematischer Aufgaben). 20.09.2004 Seite 2