Die Unterkiefer-Rü

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Kinderbehandlung
2. Behandlung bei Unterkieferrücklagen (MARA, Mandibular Anterior Repositioning
Appliance)
Die Unterkiefer-Rücklage zählt zu den Kieferfehlstellungen, die in der modernen,
mitteleuropäischen und nordamerikanischen Bevölkerung am häufigsten
Vorkommen. Weil damit auch eine bestimmte Bisslage korreliert, nennt dies der
Kieferorthopäde gern Klasse-II-Kieferfehlstellung oder einfach „Klasse II“ – nach dem
US-amerikanischen Kieferorthopäden Edward H. Angle (1855-1930), der die
verschiedenen Bisslagen und Fehlstellungen als Erster systemisch klassifizierte.
Diese Kieferfehlstellung ist nicht nur ästhetisch unschön, indem das Kinn optisch
zurücktritt („fliehendes Kinn“ oder Retrogenie). Auch funktionell birgt die Klasse-IIFehlstellung einige schwerwiegende Nachteile hinsichtlich der Kaufunktion. Diese
kann nur einwandfrei ablaufen, wenn Zähne und Kiefer optimal aufeinander passen.
Tun sie das nicht, ist die Kaufunktion gestört, und es entstehen durch die reine
Kautätigkeit (auch schon ohne „Unarten“ wie Lippenlecken und Pressen/Knirschen)
physikalische Kräfte, die sich vor allem auch schädigend auf die Kiefergelenke
auswirken. Geschädigte Kiefergelenke tun weh und büßen nach und nach ihre
Funktion, nämlich die bewegliche Verbindung von Unterkiefer und Schädel, ein. Die
Schmerzen entstehen einmal muskulär durch Fehlbelastungen, aber auch durch
degenerative Veränderungen in den Gelenken – vor allem am Gelenkknorpel und
den Gelenkflächen.
All dies kann verhindert werden, wenn eine Klasse II, oder ein entsprechendes
Wachstum, frühzeitig als ein solches erkannt wird. Viele Faktoren können das
Unterkieferwachstum hemmen oder dazu führen, dass der Kiefer in einer nach hinten
verschobenen Position „gefangen“ ist: Lippenlecken, -saugen, beißen, steil stehende
Frontzähne, Daumenlutschen und andere „Unarten“ gehören dazu, aber auch eine
genetische Veranlagung. Die Kenntnis über diese Faktoren hilft dabei, gezielt solche
Kinder zu erkennen und zu therapieren. Das Mittel der Wahl bei Kindern mit leichter
Tendenz zur Unterkieferrücklage kann bereits ein Lipbumper sein (s. Info dort). Bei
Kindern mit bereits vorhandener Retrogenie kann das MARA (Mandibular Anterior
Repositioning Appliance) wirksame Hilfe leisten. Zum einen wird der Unterkiefer
sofort mit dem Einsetzen dieses festsitzenden Gerätes nach vorn gebracht, zum
anderen stimuliert es das Unterkieferwachstum (nach unten und vorn). Beides
unterstützt die Entwicklung der Kiefer und stellt die natürlichen Proportionen wieder
her. Das MARA ist ein kleines Gerät, welches auch von Kindern sehr gut vertragen
wird. An den ersten Molaren befestigt, stört es nach kurzer Eingewöhnung weder
beim Kauen, noch beim Sprechen. Es stellt keine permanente Verbindung zwischen
Ober- und Unterkiefer her, sondern verhindert nur, dass das Kind in einer
Unterkiefer-Rücklage zubeißt. Es wird trainiert, in einer weiter vorn gelegenen,
„normalen“ Bisslage zuzubeißen. Dabei stellt sich die gesamte muskuläre
Ansteuerung um, und die neuen Bewegungsmuster werden mit der Zeit verinnerlicht.
Ist dieses Training sicher abgeschlossen, und hat das Unterkieferwachstum
aufgeholt, hat das MARA seine Aufgabe erfüllt. Voraussetzung ist natürlich, dass
zuvor die erwähnten „Unarten“ abgewöhnt wurden, u. U. gemeinsam mit einem
Logopäden, so dass sich der Unterkiefer frei entwickeln kann.
Übrigens kann auch die Tatsache, dass Kinder heute aus praktischen Gründen
häufiger mit der Flasche ernährt werden und noch lange einen Schnuller bekommen,
zu einer gehemmten Entwicklung des Unterkiefers beitragen. Dabei ist auch das
Schluckmuster gestört. Man spricht dann von einem so genannten „infantilen
Schluckmuster“. Kinder, die gestillt werden, trainieren damit automatisch ihre
Mundmuskulatur, den Schluckreflex und damit auch die Kiefer, da sie zum Saugen
mehr Kraft aufwänden müssen. Auch hilft es, dem Kind den Schnuller möglichst früh
wieder abzugewöhnen und für diese Zeit ein kieferfreundliches Modell zu benutzen.
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