Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig Krankenhaus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CC15, Campus Mitte Menschen mit Suchtstörungen verstehen lernen. Eine humanwissenschaftliche Perspektive Priv.-Doz. Dr. med. Dr. phil. Jann E. Schlimme M.A., Berlin Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig Krankenhaus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CC15, Campus Mitte „The addict runs on junk time. His body is his clock, and junk runs through it like an hour-glass. Time has meaning for him only with reference to his need. Then he makes his abrupt intrusion into the time of others, and, like all Outsiders, all Petitioners, he must wait, unless he happens to mesh with non-junk-time.” (1914-1997). Naked Lunch 1959. William S. Burroughs Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig Krankenhaus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CC15, Campus Mitte Intoxikation Moment des Konsums Entzügigkeit Phase der Klarheit Typen des psychosozialen Modells: Selbstmedikationsmodell: Der Konsum der Substanz ist eine Strategie zur Normalisierung des Befindes bei innerlich hochbelastenden Stressoren Rat-Park-Modell: Der Konsum der Substanz ist eine Strategie zur Normalisierung des Befindes bei äußerlich hochbelastenden Stressoren Begehren / Treiber Spannung / Sehnsucht „Mangel“ / Ziel Störung als sinnvolles Symptom zur Linderung eines „Mangels“ Aktivierung von Ressourcen Hilfe zur Selbsthilfe / Empowerment Teilhabe / Partizipation Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig Krankenhaus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CC15, Campus Mitte In der Suchterfahrung findet sich ein vollkommenes Ausrichten des Lebens auf einen einzigen Horizont, den Horizont der „psychotropen Technik“. Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig Krankenhaus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CC15, Campus Mitte In der Monokultuvierung des Horizonts der „psychotropen Technik“ verbergen sich zugleich alle anderen Horizonte (und damit innere / äußere Stressoren dieser anderen Horizonte) Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig Krankenhaus denen. Tag lernte ich neue kennen. Wem ich nicht mehr paßte,Mitte der sollte sich verpissen. So Klinik Jeden für Psychiatrie und Psychotherapie CC15, Campus „Auch wenn sich einige Freier beschwerten. Die sollten zum Teufel gehen. Ich hatte genug von einfach kann das sein. Mein Problem war allerdings, daß die meisten mitbekommen hatten, dass ich an der Nadel hing. Das drückte den Preis etwas.“ „Einen richtigen Gedanken konnte ich sowieso nicht fassen. Wenn man auf Heroin ist, gibt es fast keine Probleme. Und die wenigen, die durchdringen, sind nicht wirklich schlimm. Man hat ja Heroin und damit geht alles weg. Das Zeug macht irre gleichgültig.“ „Jasmin hatte zuviel Scheiß gebaut. Und sie war ja auch oft erwischt worden. Das war der große Unterschied zwischen uns. Mich hatten die Bullen noch nie am Arsch gehabt. Und wenn, bin ich immer gut rausgekommen. Ich war hellwach und hatte einen irren Pulsschlag. Jasmin hatte ihr Heroin bei mir liegen lassen. Davon bediente ich mich. Die Wirkung war wieder klasse. Ich war sofort ruhig und konnte in Ruhe nachdenken. Je mehr ich über die Situation nachdachte, desto weniger stellte sie ein Problem dar. Jasmin im Knast? Na und? Mir ging es doch gut. Ich schuldete ihr noch ein bißchen Kohle für das Schloß. Aber das hatte Zeit. Sie tat mir zwar leid, aber ein echtes Problem sah ich nicht. Ich legte mich wieder hin.“ aus: Thomas Baer. Verschwende Deine Zeit. Memoiren eines Junkies. Fouque Literaturverlag, Frankfurt/Main 2005. Mögliche Definition der Suchtstörung Suchtstörungen basieren auf einem Verhalten, welches einen sonst nicht gut erträglichen Mangel* zu lindern versucht, aber mit erheblichen, unerwünschten und eigendynamischen Begleiterscheinungen** einhergeht, wodurch ihrerseits der Sinn des Verhaltens in Zweifel gezogen wird. * Mangel: bsp. Trauma, Missachtung, eigene Unzulänglichkeit ** Begleiterscheingungen: - maximale, bis zur Monopolisierung reichende Ausrichtung des Lebens auf den Erwerb und den Konsum der Substanz / Ausübung der psychotropen Technik und das Erholen vom Konsum - kurz- bis mittelfristigen Handlungsorientierung mit Vernachlöässigung authentischer Interessen - Überschätzung der eigenen Widerstandsfähigkeit bzw. „Willensschwäche“ bezogen auf die eigene Kontrollfähigkeit des Konsums Narrativ: „Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Der eine hat Diabetes, der andere einen Unfall.“ These: Selbstbestimmt bzw. authentisch zu leben erfordert, die eigenen Schwächen zu kennen, anzuerkennen und sich jedoch von der Verfolgung der eigenen reichweitenstärksten Interessen nicht abhalten zu lassen, sondern das Verfolgen der Interessen angemessen zu dosieren. Mögliche Definition der Suchtstörung Suchtstörungen basieren auf einem Verhalten, welches einen sonst nicht gut erträglichen Mangel* zu lindern versucht, aber mit erheblichen, unerwünschten und eigendynamischen Begleiterscheinungen** einhergeht, wodurch ihrerseits der Sinn des Verhaltens in Zweifel gezogen wird. * Mangel: bsp. Trauma, Missachtung, eigene Unzulänglichkeit ** Begleiterscheingungen: - maximale, bis zur Monopolisierung reichende Ausrichtung des Lebens auf den Erwerb und den Konsum der Substanz / Ausübung der psychotropen Technik und das Erholen vom Konsum - kurz- bis mittelfristigen Handlungsorientierung mit Vernachlöässigung authentischer Interessen - Überschätzung der eigenen Widerstandsfähigkeit bzw. „Willensschwäche“ bezogen auf die eigene Kontrollfähigkeit des Konsums Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig Krankenhaus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CC15, Campus Mitte Vielen Dank! Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig Krankenhaus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie CC15, Campus Mitte Authentizität meint ein Leben entsprechend den eigenen reichweitenstärksten Interessen. Eigenart akzeptieren, die eigene Widerstandsfähigkeit Interessen weisen (vor allem; weitgehend; ausschließlich) die Reichweite der „psychotropen Technik“ auf gegenüber ihrer „psychotropen Technik“ zu überschätzen. Interesse, die eigene Widerstandsfähigkeit im Interesse langfristiger Interessen angemessen zu kalkulieren und einzusetzen Seine Schwäche als Eigenart erkennen und Wege und Sozialräume finden, die eigenen reichweitenstärksten Interessen (deshalb, dennoch, trotzdem) zu verfolgen. Dank an: Stefania Achella, Dipartimento di Scienze Filosofiche, Pedagogiche ed Economico-Quantitative, Universitario D'Annunzio Chieti, Italien Burkhart Brückner, Fachbereich Sozialwesen, Hochschule Niederrhein, Mönchengladbach Woo Ri Chae, Martin Voss, Andreas Heinz, Meryam Schouler-Ocak, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité Universitätsmedizin, Berlin Uwe Gonther, Klinikum Reinkenheide, Bremerhaven, jetzt: AMEOS-Klinikum Dr. Heines, Bremen Thomas Fuchs, Samuel Thoma, Klinik für Psychiatrie, Universität Heidelberg Sebastian Luft, Department of Philosophy, Marquette University, Milwaukee Anke Maatz, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, Schweiz Sonja Rinofner-Kreidl, Institut für Philosophie, Karl-Franzens-Universität Graz, Austria Michael A. Schwartz, Department of Medical Humanities, Texas A&M Health Science Center College of Medicine, Round Rock/Austin, Texas Borut Škodlar, Klinik für Psychiatrie, Universität von Ljubljana, Slowenien Osborne P. Wiggins, Department of Philosophy, University of Louisville, Kentucky