InnoForce (Liechtenstein) - European Council for Small Business

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 European Entrepreneurship Case Study Resource Centre Gefördert durch die Europäische Kommission – Unternehmen und Industrie innerhalb des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) 2007 – 2013 Projekt‐Code: ENT/CIP/09/E/N02S001 2011 InnoForce (Liechtenstein) Bettina Thurnher Michaela Frick Stefan Wilhelm Sascha Kraus Universität Liechtenstein Diese Fallstudie dient als Arbeits‐/Diskussionsgrundlage für Studierende. Die Fallstudie ist keinesfalls eine Handlungsanweisung zur Lösung von realen Geschäftsfällen. Die Vervielfältigung, Weitergabe und Weiterentwicklung der Fallstudie ist unter folgenden Bedingungen ausdrücklich erlaubt:  Nennung der Autoren  Keine kommerzielle Nutzung Bei vorgenommenen Änderungen, Weiterentwicklung und ähnlichem der Fallstudie ist die Weitergabe des daraus entstandenen Werkes nur unter den genannten Bedingungen erlaubt. Bei Weiterverwendung oder Weitergabe der Fallstudie sind die vorliegenden Nutzungsbedingungen entsprechend kenntlich zu machen. Jede Verwertung in anderen als den zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung der Autoren. Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce InnoForce Einleitung Es war Sommer 2002, als Christoph Wille sein Studium an der ETH Zürich erfolgreich absolviert hatte und er sich entschied, in seine Heimat Liechtenstein zurückzukehren. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen hörte er von einem Kollegen, dass Herr Prof. Spillmann vom Universitätsklinikum Zürich eine Medizinsoftware entwickeln wollte. Die Vision des Arztes war, Hörtests mittels eines virtuellen Simulators zu üben und zu schulen. Als Einstiegsjob hörte sich das interessant an. Im Rahmen des Projekt standen für die Laufzeit von drei bis vier Monaten 13.000 CHF zur Verfügung. In dieser Zeit konnte sich Christoph wiederum um andere Positionen bewerben und musste sich dabei keine Gedanken über seine Finanzierung machen. Christoph Wille war schnell vom Projekt gefesselt und, ganz seinem Ingenieurwesen entsprechend, wollte er eine besonders ausgefeilte Softwarelösung bauen. Sein Studienkollege, Christoph Ledermann, schrieb gerade an seiner Doktorarbeit und unterstützte Christoph Wille bei der Entwicklung. Während dieser Phase wurde die Software primär für das Universitätsklinikum Zürich entwickelt, jedoch bestand zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit den virtuellen Patienten an weitere Spitäler und Arztpraxen weiter zu vertreiben. Im April 2004 nahm Christoph Wille am Businessplan Wettbewerb des KMU Zentrum an der Hochschule Liechtenstein teil und wurde mit seinem ausgefeilten Produkt‐ und Finanzierungsplan unter die ersten drei Plätze der 40 teilnehmenden Teams gereiht. Die Teilnahme am Businessplan Wettbewerb stärkte das Netzwerk und forcierte den Verkauf der Software an Schweizer Ohrenärzte. Das Unternehmen war nun ein ernstzunehmender Wettbewerber im Markt. InnoForce Produkte Neben dem ersten Produkt, „Otis ‐ der virtuelle Patient“, umfasst die Produktpalette von InnoForce mittlerweile auch eine wissenschaftliche Datenbank mit der sich Therapien effizient erfassen und statistisch auswerten lassen. Anfangs wurde Otis vor dem Hintergrund entwickelt die Verkäufe von Hörgeräten zu steigern. Audiologen konnten damit eine Vielfalt täglicher Situationen simulieren und dem Patienten die Wirkung der 2
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Hörgeräte demonstrieren. Des Weiteren war eine Datenbank enthalten durch welche die optimale Konfiguration des Hörgeräts berechnet werden konnte. Im Lauf der Zeit begann InnoForce zudem Softwareentwicklungsdienste, Beratungsleistungen, Ausbildung‐ und Audiometriekurse anzubieten. Die so genannte Reintonaudiometrie ist in Europa die weitaus am häufigsten verwendete Methode, um das Hörvermögen eines Patienten bestimmen zu können. InnoForce zielte darauf ab in diesem Feld zu einem der Marktführer zu werden. Bei einer audiometrischen Messung werden dem Patienten über einen Kopfhörer Reintöne unterschiedlicher Frequenzen mit zunehmender Lautstärke vorgespielt. Der Patient muss dabei signalisieren, wann er einen Ton hört. Ein Auszubildender lernt in relativ kurzer Zeit ein Audiometer zu bedienen. Bis er jedoch korrekte audiometrische Messungen durchführen kann, vergeht oft sehr viel Zeit. Der Lernende muss dabei Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Hörschädigungen sammeln um diese einschätzen zu können. Im Besonderen sollte er vermehrt Patienten messen, die ein komplexes Messvorgehen verlangen (z.B. Rauschton auf dem Gegenohr). Solche Patienten sind in der Praxis jedoch sehr selten. Dies reicht nicht aus um die benötigte Routine in der Beurteilung zu erlernen oder zu üben. Eine Möglichkeit für Lernende komplizierte Messungen zu üben besteht im gegenseitigen simulieren. Dabei täuscht ein Auszubildender eine Schwerhörigkeit vor während sein Kollege an ihm eine Messung durchführt. Dieses Verfahren führt allerdings oft zu unbefriedigenden Ergebnissen, da es sehr schwierig ist eine Hörstörung authentisch vorzutäuschen. Das Üben an Schwerhörigen ist nicht zu empfehlen da diese aufgrund ihrer Empfindlichkeit für hohe Lautstärken bei ungeschicktem Audiometrieren bald ihre Geduld verlieren. Das Üben mit Hilfe einer Simulationssoftware ist hierfür geeigneter und genau dafür bietet InnoForce eine Lösung. Die Simulationssoftware „Otis ‐ der virtuelle Patient“ simuliert verschiedenste komplexe Hörschädigungen, so dass das korrekte Audiometrieren selbständig geübt werden kann. Die intelligente Software erkennt sofort allfällige Fehler der Lernenden. Das Programm biete Übungen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden und gibt nützliche Hilfestellungen sowie eine Selbstkontrolle. Abbildung 1: Audiometer 3
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Das Produkt „Otis ‐ der virtuelle Patient“ besteht aus einem Simulator sowie einem Lehrbuch mit optimal abgestimmten Übungsszenarien. Das Programm unterscheidet zwei Versionen. 1.
Lernversion 2.
Lehrversion Für die Studenten gibt es die Lernversion, die das Üben mit dem virtuellen Patienten ermöglicht. Je nach Schwierigkeitsgrad müssen unterschiedliche Aufgaben gelöst werden. In Folge erhält man ein Feedback was in Zukunft besser gemacht werden sollte. Zusätzlich gibt es die Lehrversion. Hierbei handelt es sich um eine (passwortgeschütze) Version die neben den normalen Übungen die Option enthält Prüfungen zu erstellen und auszuwerten. In Abbildung 2 ist das virtuelle Audiometer dargestellt an welchem die Übungen durchgeführt werden können. Der Lernende misst nicht mehr das Hörvermögen eines realen Patienten, sondern präsentiert dem Computer‐simulierten virtuellen Patienten die Tonimpulse verschiedener Frequenzen. Wenn der virtuelle Patient einen Ton hört wird dies durch das rote „Leuchten“ der Anzeige „Reaktion Patient“ angezeigt. Hat der Auszubildende eine Hörschwelle bestimmt, so kann er diese im angezeigten Audiogramm eintragen. Abbildung 2: Virtuelles Audiometer 4
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Das Produkt „Otis ‐ AudioFit“ simuliert dem Kunden unterschiedliche Hörgeräte. Der Kunde wird mit wenigen Mausklicks in eine von über 80 verschiedenen alltäglichen Geräuschsituationen versetzt wird. Der Kunde erhält visuelle Unterstützung durch Bilder oder Videos, die sich auch auf einem zweiten, ihm zugewandten Bildschirm anzeigen lassen. „Otis ‐ AudioFit“ eignet sich insbesondere dafür, Unterschiede verschiedener Hörgeräte in Bezug auf Tonqualität, Rauschunterdrückung und Richtungshören zu demonstrieren. „Otis ‐ AudioFit“ lässt sich zudem auf die individuellen Bedürfnisse von Kunden anpassen. Beispielsweise können Geräuschsituationen mit Bildern aus der eigenen Stadt versehen und eigene Tondateien integriert werden. Abbildung 3: Otis ‐ AudioFit 5
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce In Zusammenarbeit mit renommierten Otologen hat InnoForce das Datenbankprogramm ENTstatistics entwickelt, mit dem sich HNO‐Therapien rational erfassen und statistisch auswerten lassen. Das Programm archiviert sämtliche OP‐Berichte, Audiogramme, Follow‐
up‐Berichte, OP‐Skizzen und Röntgenbilder in einer benutzerfreundlichen Datenbank. Darin gespeicherte Therapiedaten lassen sich nach vielfältigen Kriterien abfragen und deren Audiogramme prä‐ und postoperativ vergleichen. Per Mausklick können wichtige statistische Kenngrößen sofort berechnet und graphisch visualisiert werden. Abbildung 4: Erfassung von Therapiedaten in ENTstatistics nach der Operation „Otis – AudiogramEdit“ ist die ideale Software für eine schnelle und einfache Erstellung und Verwaltung von Audiogrammen. Diese Software ermöglicht Audiogramme auf sehr intuitive und einfache Art mit wenigen Mausklicks zu erstellen, speichern und editieren. Aufgerufene Audiogramme lassen sich über die Zwischenablage in alle gängigen Windows‐Programme (z.B. MS‐PowerPoint oder MS‐Word) einfügen. Zudem können die Symbole nach verschiedenen Normen dargestellt werden. „Otis ‐ AudiogramEdit“ dient der Präsentationen sowie der professionellen Dokumentation und Verwaltung von Audiogrammen. Abbildung 5: AudiogramEdit 6
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce „Otis ‐ Expertise Manager“ ist ein Datenbankprogramm mit dem sich der Versicherungswerte und die entsprechenden Zuschüsse der Versicherungen und Krankenkassen bei Hörgeräteverordnungen berechnen lassen. Die hierfür benötigten Ton‐ und Sprachaudiogramme können automatisch vom Audiometer in den Expertise Manager übernommen werden, wodurch wiederum erheblich Zeit gespart wird. Des Weiteren können hierdurch mögliche Fehler beim Übertragen der Hörschwellen vermieden werden. Die Befunde, welche aus dem Patientengespräch resultieren kann der Arzt einfach und klar strukturiert mit wenigen Mausklicks generieren. Die Befunde können in Folge im Format der offiziellen Formulare ausgedruckt und bei der Versicherung eingereicht werden. Der „Expertise Manager“ speichert und verwaltet sämtliche Patienten‐, Audiogramm‐ und Befund‐Daten in einer Datenbank. Das Programm wurde in enger Zusammenarbeit mit Experten der Audiologie‐Kommission der Schweizerischen Gesellschaft für HNO entwickelt. Der „Otis ‐ Expertise Manager“ basiert auf dem bewährten und seit 2006 erfolgreich eingesetzten Datenbankprogramm ENTstatistics. Die verwendete MS SQL Server‐Technologie ist weit verbreitet und von Praxen und Kliniken anerkannt. Abbildung 6: Expertise Manager 7
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Internationalisierung In der Anfangsphase verkaufte InnoForce die Produkte an Kunden in Liechtenstein und der Schweiz. Dieser Markt bestand aus HNO‐Praxen und Hörgeräteakustikern. Aufgrund einer präzisen Marktanalyse, die Christoph im Rahmen der Erstellung des Businessplans durchführte, war klar, dass der Schweizer Markt aufgrund seiner vergleichsweisen geringen Größe und der dadurch begrenzten Abnehmerzahl nicht ausreichend ist. Die Nachfrage nach Audiometrie‐Ausbildungen wurde einerseits durch die Qualitätsstandards seitens der Kostenträger des Gesundheitswesens (Krankenkassen, Unfallversicherungen) und andererseits durch die Anzahl Personen, welche eine Behandlung durch einen Arzt oder Hörgeräteakustiker aufsuchen, bestimmt. Die geforderten Qualifikationen im Rahmen von Arztleistungen stiegen seit Jahren stetig. In Deutschland wurde die gesetzliche Weiterbildungspflicht für Ohrenärzte im Januar 2004 eingeführt. Analoge Trends waren in der Schweiz zu beobachten. Die Anzahl behandelter Personen lässt sich am Hörgerätemarkt ablesen (siehe Tabelle 1). Tabelle 1: Potentielle Kunden in der Schweiz 1 ‐ Arztpraxen / Hörgerätehändler Hörgeräteakustiker 250 1
Quelle: Christoph Schönenberger, Geschäftsführer von AKUSTIKA, Schweizerischer Fachverband der Hörgeräteakustik 2004; Schweizer Ohrenärztegesellschaft 2004; Bundesamt für Statistik,Schweiz, 2004. 8
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Hörgerätetechniker >250 HNO‐Ärzte 250 Angestellte in HNO‐Praxen >250 Medizinstudenten (Studienbeginn 2001/02 ‐ Medizin/Pharmakologie) 1566 Christoph erkannte zudem, dass 10% der Menschen in den industrialisierten Ländern unter einer starken Beeinträchtigung des Gehörs leiden wodurch die tägliche Kommunikation und somit das Leben deutlich erschwert wird. Lediglich 10 bis 25 Prozent dieser Personen (abhängig vom Land) verwendeten Hörgeräte. Dies zeigt das enorme Potential dieses Markts im Gegensatz zu anderen Marktsegmenten 2 , welche viel stärker einer konjunkturellen Abhängigkeit unterworfen sind. Wertmäßig betrug das Wachstum im Jahre 2002 gegenüber dem Vorjahr 6,9% bei einem Umsatzvolumen von 2,1 Mrd. CHF (Deutschland 1,1 Mrd. CHF). Die Zahl der in diesem Zeitraum verkauften Hörgeräte nahm um 2,4% auf 2,3 Mio. zu. Prognosen zufolge war in diesem Markt in den kommenden zwei Jahren mit einem Umsatzwachstum von 6 bis 8 Prozent jährlich zu rechnen. Gründe für das hohe Wachstum waren vor allem die Zunahme des Durchschnittsalters und die Tatsache, dass immer mehr junge Menschen durch die tägliche Lärmbelastung in Beruf und Freizeit an Hörproblemen litten. Ebenso stieg das allgemeine Bewusstsein für Hörstörungen und die Bereitschaft zur Behandlung. Das erste Produkt welches das Unternehmen auf den Markt brachte war „Otis ‐ der virtuelle Patient“. Die potentiellen Kunden in der Schweiz stellen HNO‐Ärzte und Hörgeräteakustiker dar. Des Weiteren waren nachfolgend beschriebene Organisationen potentielle Kunden von InnoForce: 1. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) führte jährlich 40.000‐50.000 Audiogramme bei Betrieben mit Lärmemissionen durch. Die SUVA äußerte Interesse an simulierten audiometrischen Messungen für die Ausbildung ihrer Mitarbeiter. 2. Kliniken mit audiologischer Abteilung: Klinikum Zürich, Bern, Basel, St. Gallen, Genf und Luzern. 3. 7 Universitäten in der Schweiz haben eine medizinische Fakultät. Bspw. wird an der Universität Zürich ein Internetportal für Medizinstudenten aufgebaut. Die Auszubildenden haben dort die Möglichkeit verschiedene interaktive Übungen für ihr 2
Die Marktprognosen bezieht sich auf das Produkt „Otis – der Virtuelle Patient“. 9 Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Studium zu durchlaufen. Die Koordinatoren dieses Ausbildungsservers zeigten großes Interesse an der Integration von „Otis ‐ der virtuelle Patient“. Christoph realisierte, dass der Liechtensteiner und Schweizer Markt langfristig nicht profitabel genug war. Deshalb waren unabdingbar die Produkte international zu vermarkten. Um dies zu realisieren begann InnoForce auf Basis der beruflichen und medizinischen Kontakte von Herrn Dr. Spillmann im Schweizer Markt die Kontakte zu Hörgeräteakustikern und Ärzten auszubauen. Mit Hilfe dieser konnte der Eintritt in weitere Märkte, speziell dem deutschen Markt, vorbereitet werden. Tabelle 2: Potentielle Kunden in Deutschland3 ‐ Arztpraxen / Hörgerätehändler Hörgeräteakustiker 1800 Hörgerätetechniker 5700 HNO‐Ärzte 5224 Angestellte in HNO‐Praxen 5000 Medizinstudenten (Studienabgänger pro Jahr) 12000 Neben den Zielgruppen die in Tabelle 2 dargestellt sind identifizierte Christoph nachfolgend beschriebene potentielle Kunden im deutschen Markt, die zusätzlich in Frage kamen: 1.
Die Fachhochschule Oldenburg bietet ein 4‐jähriges Studium im Bereich der ‘Hörgerätetechnologie und –audiologie’ an. Im Rahmen dieses Studium erlernen Studenten audiometrische Kenntnisse und Fähigkeiten. 2.
Die Akademie für Hörgeräte‐Akustik in Lübeck ist die zentrale Ausbildungsstätte für Hörgeräteakustiker im deutschsprachigen Raum. 3.
Als Teil der jährlichen Ohrenarztkonvention organisierte die deutsche Gesellschaft für Hals‐, Nasen‐ und Ohrenheilkunde sowie die Gesellschaft für Kopf‐ und Halsoperationen einen zweitägigen Ausbildungskurs für Ohrenärzte. 4. Schätzungsweise existieren 20 weitere Kliniken in Deutschland die audiometrische Kurse anbieten. 3
Quelle: Kammer für Hörgeräteakustiker, Mainz, Daten 2002 und Deutsches Zentralinstitut für Kassenärztliche Versorgung, 2004. 10
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein 5.
InnoForce 35 Universitäten haben eine medizinische Fakultät. Jede der angeführten Institutionen respektive Gruppen stellte für InnoForce eine potentielle Option dar den Durchbruch zu schaffen. Christoph wusste, dass er nicht alles zur selben Zeit bewerkstelligen konnte und musste sich somit auf eine Kernzielgruppe konzentrieren. Christoph dachte zudem über große All‐inclusive‐Verträge mit führenden Unternehmen nach, wodurch der Umsatz und die Gewinne erheblich gesteigert werden konnten. Diesbezüglich identifizierte er folgende potentielle Kunden: 1.
Die Amplifon AG ist mit weltweit 6.000 Geschäften eines der größten Filialunternehmen für Hörgeräte. Eine Vorversion von „Otis ‐ der virtuelle Patient“ wurde dem Management der Amplifon AG bei einem Treffen in Mailand vorgestellt. Die Idee stieß auf sehr großes Interesse für die interne Ausbildung von Mitarbeitern. 2.
Die KIND GmbH ist Marktführer in Deutschland und besitzt über 250 Fachgeschäfte in Deutschland und Europa. 3.
Der größte Konkurrent der KIND GmbH ist die GEERS AG mit über 200 Filialen. „Otis ‐ der virtuelle Patient“ könnte für die GEERS AG im Rahmen der Mitarbeiterausbildung interessant sein. 4. GN Otometrics AG ist einer der bedeutendsten Hersteller von Audiometern. GN Otometrics AG könnte ihren Kunden beim Kauf eines Audiometers ein Ausbildungsprogramm mitliefern. Somit erhielte der Kunde nicht nur das Gerät, sondern mit dem Simulationsprogramm ein wertvolles Hilfsmittel um in relativ kurzer Zeit qualitativ hochwertige Messungen durchführen zu können. Das Angebot einer umfassenden „Gesamtlösung“ würde den Wert des Produkts erheblich steigern. Christoph überdachte die Vor‐ und Nachteile hinsichtlich einer Vertragsbindung mit einem dieser Unternehmen. Er musste unter Mithilfe seiner Kollegen die positiven und negativen Aspekte abwägen, da das Unternehmen hieraus möglicherweise Profit oder Schaden tragen konnte. 11
Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Strategien nach der Gründung Mit Hilfe seines wachsenden Netzwerkes im Medizinsektor hatte Christoph bald die Möglichkeit die neuen Produkte des Unternehmens, wie beispielsweise ENTStatistics, auf den Märkten zu lancieren. Mit dieser neuen Technologie wurde eine globale Expansion angestrebt. Christoph war der Meinung dies am besten durch die Präsentation auf Fachmessen und ‐kongressen (beispielsweise in London, bei dem über 400 internationale HNO‐Doktoren unter den Teilnehmern waren) zu realisieren. Christoph hoffte zudem dadurch weitere Kunden gewinnen und neue Märkte erschließen zu können. Folglich war InnoForce dabei strategisch‐organisatorisches Wachstum mit dem Ziel einer Erhöhung des Marktanteils und der Mitarbeiterzahl zu verfolgen. Hinsichtlich der zukünftigen Planung betrachtete Christoph die Planzahlen für das Jahr 2004, die er, wie er sich erinnern konnte, relativ konservativ kalkuliert hatte. Tabelle 3 und 4 zeigen den geschätzten Umsatz, die Betriebskosten und den Personalaufwande im Vergleich zu den tatsächlichen Zahlen zwischen 2004 bis 2008.4 Tabelle 3: Prognose im Business Plan von InnoForce Plan‐Rechnung ( aus Businessplanwettbewerb)
Umsatz "Otis ‐ der virtuelle Patient"
Umsatz andere Produkte und Dienstleistungen
Umsatz Total
Einheit
kCHF
kCHF
2004*
380
76
456
2005
1932
48
1980
2006
3132
48
3180
Personalaufwand
Betriebsaufwand
Aufwand Total
kCHF
kCHF
kCHF
400
388
788
756
1080
1836
800
1304
2104
Gewinn
kCHF
Personal Entwicklung in‐house
Personal Entwicklung freie MA
Personal Admin / Marketing in‐house
Personal Total
%
%
% % ‐332
0
520
0
340
860
144
0
620
0
340
960
1076
0
620
0
340
960 Tabelle 4: Aktuelle Zahlen von InnoForce 4
Die Zahlen wurden mit einem Faktor multipliziert und unterliegen entsprechend dem Copyrightgesetz vertraulicher Handhabung. 12 Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein Ist‐Rechnung
Umsatz "Otis ‐ der virtuelle Patient"
Umsatz andere Produkte und Dienstleistungen
Umsatz Total
Einheit
kCHF
kCHF
Personalaufwand
Betriebsaufwand
Aufwand Total
InnoForce 2004*
216
0
216
2005
120
112
232
2006
272
384
656
2007
288
632
920
2008
280
1116
1396
kCHF
kCHF
kCHF
104
108
212
292
76
368
364
252
616
756
204
960
884
332
1216
Gewinn
kCHF
4
‐136
40
‐40
180
Personal Entwicklung in‐house
Personal Entwicklung freie MA
Personal Admin / Marketing in‐house
Personal Total
%
%
%
%
400
200
200
600
600
200
200
800
800
80
360
1160
1000
120
360
1360
1000
200
400
1400 Die Unterschiede zwischen den tatsächlichen und den Planzahlen waren nicht auf konservative Kosten‐ oder Gewinneinschätzungen zurückzuführen. Tatsache war, dass Prognosen in einem neuartigen, durch Innovativen geprägten Markt, wie im Fall von InnoForce nur schwer vorherseh‐ und kalkulierbar waren. Zudem wurden zahlreiche Variablen und deren Korrelationen nur partiell berücksichtigt. Dazu zählten folgende: 1.
Wie reagiert der Markt? Investieren Kunden konservativ oder wird das Produkt ein „bestseller“? Bei erklärungsintensiven Produkten, die wie Otis einen sehr konkret definierten Einsatzbereich haben, ist weniger zu erwarten, dass dies wie die Standardsoftware MS‐Office zum Massenprodukt wird. 2.
Wie entwickelt sich der Kundenstamm? Die Entwicklungen am Markt vom Einzelkäufer, Schulungsbesucher oder Student mit Studentenlizenz bis hin zum Stammkunden mit regelmäßigen Updates und Beratungsleistungen oder auch Anpassungen, sind zu Beginn eines Unternehmens schwer abzuschätzen. Dies beruht darauf, dass (a) nur ein kleiner Kundenstamm existiert und (b) nicht auf Erfahrungswerte am Markt zurückgegriffen werden kann. 3.
Wie entwickelt sich der Ruf des Unternehmens? Dies ist eine gerade für kleine Unternehmen essentielle Frage, die sich in der Planung kaum projektieren lässt. Erst durch die erfolgreiche Akquirierung und Ausführung von Aufträgen entsteht eine positive oder negative Reputation bei den Kunden. Über Mundpropaganda wird dies weitergetragen wodurch mit der Zeit ein Bild in der Öffentlichkeit entsteht und positives oder negatives Image resultiert. Christoph erkannte die Notwendigkeit, dass die Software und die Dienstleistungen in unterschiedliche Sprachen übersetzt werden mussten, sofern InnoForce’s diese 13 Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce international vertreiben wollte. Im Jahr 2006 entwickelte InnoForce eine englische Version von „Otis ‐ der virtuelle Patient”, da der englischsprachige Markt den profitabelsten darstellte. Sobald die englische Version fertiggestellt war, lancierte InnoForce das Produkt erfolgreich in England und Amerika. Im Jahr 2009 entwickelte das Unternehmen eine spanische Version von „Otis ‐ der virtuelle Patient” was den Einstieg in die spanisch‐sprechenden Märkte ermöglichte. Jedoch erkannte Christoph, dass sich das Unternehmen nach wie vor auf die Produkte und nicht auf die Märkte konzentrierte. Deshalb war eine Entscheidung nötig, auf welchen Märkten die Konzentration liegen sollte und in welchen Ländern die Produkte in Zukunft lanciert werden sollten. Des Weiteren mussten Markteintrittsstrategien festgelegt werden, exklusive Abkommen, sofern dies möglich war, geschlossen und Kriterien zur Priorisierung der anstehenden Aufgaben definiert werden. Zudem musste er eine internationale Marketingstrategie entwickeln. Die stellte für ihn eine besondere Herausforderung dar, zumal er sich in seiner Diplomarbeit mit Fertigungssystemtechnik befasste und sich mit diesem Thema nie auseinandergesetzt hatte. 14 Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Anhang 1: Meilensteine Jahr Meilenstein 2002 Christoph Wille absolviert sein Studium im Bereich der Fertigungssystemtechnik an der ETH Zürich 2002 Herstellung des Kontaktes zu Dr. Spillmann; Entwicklung und Herstellung von Simulationsprototypen 2002 Suche nach Investoren und Finanzierungsoptionen 2003 Tätigkeit an der ETH Zürich und bei BMS Skilehrer 2004 Businessplan Wettbewerb 2004 Markteinführung von „Otis ‐ der virtuelle Patient” in der Schweiz und Deutschland 2005 Vertrag zur Entwicklung eines Datenbankprogrammes zur HNO‐Therapien für das Krankenhaus Luzern 2006 Weiterentwicklung der technischen Produkte; Übersetzung von „Otis ‐ der virtuelle Patient” in eine englischsprachigen Version; Produkteinführung in England und den USA 2007 Vertrag zur Datenbankprogrammes Entwicklung zur Therapie eines von Schilddrüsenerkrankungen für das Krankenhaus Luzern 2007 Produkteinführung „Otis ‐ ENTstatistics” 2007 Produkteinführung „Otis – AudioFit” 2008 KMU‐Zentrum wählt InnoForce zum „Unternehmen des Monats” 2009 Produkteinführung „Expertise Manager” 2009 Markteinführung der spanischen Version von „Otis ‐ der virtuelle Patient” 15 Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce Anhang 2 Team Geschäftsführer Christoph Wille (34) gründet nach Abschluss seines Studiums die Firma InnoForce. Er absolvierte bei der Oerlikon Balzers AG (Liechtenstein) eine Ausbildung zum Physiklaboranten. Im Anschluss an die Berufslehre bestand er die Aufnahmeprüfung an der ETH Zürich und erlangte dort das Diplom zum Maschinenbauingenieur. Die Zusatzausbildung zum Gymnasiallehramt erlangte er 2004. Christoph Wille spricht fünf Fremdsprachen. Seine Diplomarbeit „Virtuelle Umgebung für die Force‐Feedback‐Forschung“ konnte er bei einem internationalen Kongress in Brasilien präsentieren. Weitere zu erwähnende Tätigkeiten im Informatikbereich sind die Mitarbeit an einem Computerprogramm zur Videoanalyse von Tennisspielern sowie ein Arbeitsverhältnis im Dienste der Betriebsinformatik an der ETH Zürich. Rudolf Robinigg ist Medizininformatiker FH und absolviert derzeit ein Masterstudium. Er arbeitet seit einem Jahr bei InnoForce. Seine Tätigkeitsfelder liegen im operativen Bereich ‐ dem Programmieren. Dank seiner guten Kenntnisse in der Medizininformatik leistet er einen wertvollen Beitrag im Rahmen der Entwicklung der InnoForce‐
Produkte. Er steht in einem Beschäftigungsverhältnis von 60% bei InnoForce. Daniel Baumgartner ist Maschinenbauingenieur mit Vertiefung in Medizintechnik. Er arbeitete 4 Jahren in der Prothesenforschung bei der RMS Foundation in Bettlach (Schweiz). Anschließend begann er eine Doktorarbeit am Institut für Biomechanik der ETH in Zürich. Herr Baumgartner ist als Teilzeitmitarbeiter bei InnoForce tätig und für die Bereiche Kundenberatung (meist Chirurgen) und Marketing zuständig. Seit 4 Jahren ist er Verwaltungsratsmitglied der Firma. Prof. Thomas Spillmann unterstützt InnoForce insbesondere durch 16 Entrepreneurship‐Fallstudie: Liechtenstein InnoForce seine hohe medizinische Kompetenz. Seine Erfahrungen auf dem Gebiet der Audiometrie trugen maßgeblich zur Entwicklung von „Otis ‐ der virtuelle Patient“ bei. Herr Spillmann (66) ist Facharzt für Hals‐
Nasen‐Ohren‐Heilkunde (ORL) und mittlerweile im Ruhestand. Er war langjährig leitender Arzt der Abteilung für Audiophonologie der Universitätsklinik Zürich und unterrichtete Medizin an der Universität Zürich. Herr Spillmann ist Mitglied mehrerer nationaler und internationaler Fachvereinigungen. Heute unterstützt er InnoForce als medizinischer Berater sowie Referent bei Audiometriekursen. Thomas Christie ist Informatikingenieur (FH) und hat sein Studium als Klassenbester abgeschlossen. Er arbeitet seit über 5 Jahren als freier Mitarbeiter für InnoForce mit einer 100%‐Anstellung. Marco Romero ist Informatikingenieur FH. Sein Spezialgebiet liegt im Bereich Datenbanken. Er unterrichtet Datenbanktheorie an der Universität Mar del Plata (Argentinien). Marco Romero arbeitet seit 3 Jahren für InnoForce. Federico Basualdo ist Informatikstudent und arbeitet seit einem Jahr wöchentlich 15 Stunden für InnoForce. Alois Wille (28) absolvierte ein MBA‐Studium an der Universität Liechtenstein. Er befindet sich in einem Beschäftigungsverhältnis bei der LGT Bank in Liechtenstein und unterstützt InnoForce im Rahmen finanzadministrativer Tätigkeiten. 17
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