Anfangs war mein Plan, mein 6-monatiges, selbstorganisiertes

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Anfangs war mein Plan, mein 6-monatiges, selbstorganisiertes Praktikum entweder bei einer
Zeitung oder einer Werbeagentur zu machen. Es sollte in Großbritannien sein, bezüglich der Stadt
war ich jedoch recht ungebunden – daher durchsuchte ich das Internet einfach nach allem, was ich
für spannend hielt. Leider musste ich bald feststellen, dass ein Großteil der Betriebe OnlineBewerbungsformulare für Jobanwärter und ggf. Praktikanten anbot, die nur für spezifische
Bereiche ausgelegt waren und daher ein Schnupperpraktikum ohne große Vorkenntnisse mehr oder
weniger ausschlossen. Also begann ich, mir kleinere, weniger spezifische Firmen herauszusuchen
und diesen einfach eine Email mit meinem Anliegen zu schreiben und meinen Lebenslauf gleich
dranzuhängen. Unter den wenigen Antworten befand sich auch eine Zusage der British
International School, einer Sprachschule in London, wo ich mich für ein Praktikum als Group
Assistant oder im Marketing Department beworben hatte. Die sofortige Zusage, so ganz ohne
Gespräch oder ähnlichem, war mir zuerst ein wenig suspekt, aber nachdem wir einige Emails
geschrieben hatten entschloss ich mich, zuzusagen. Wir einigten uns darauf, dass ich sowohl als
Group Assistant als auch im Marketing Department tätig sein sollte, was mir Einblicke in beide
Bereiche ermöglichen würde.
Nun stand der Ort also fest und die Suche nach einer Unterkunft konnte beginnen. Ich
schrieb Anzeigen auf Seiten wie gumtree.com, intolondon.com, zoopla.co.uk, spareroom.com,
easyroommate.com und schaute gleichzeitig nach angebotenen Wohnungen und WGs, die sich in
der näheren Umgebung der British International School befanden, oder an U-Bahnstationen der
selben Linie lagen. Nach ein paar Tagen fand ich eine Anzeige für ein Zimmer in einer WG ganz
in der Nähe meiner neuen Arbeitsstelle und vereinbarte mit einem der beiden Bewohner eine
Skype-Wohnungsbesichtigung, da ich ja noch in München war. Natürlich konnte ich via Skype
nicht so viel von der Wohnung sehen, aber wichtiger war mir, dass ich mich auf Anhieb super mit
beiden Mitbewohnern verstand. Ein paar Tage später erhielt ich dann auch schon die Zusage, dass
ich bei ihnen einziehen konnte. Jetzt brauchte ich mich nur noch um die Unterlagen für meine
Universität kümmern und einen Flug buchen.
Ich beschloss zwei Tage vor dem Start meines Praktikums anzureisen, um mich noch ein
bisschen einzuleben und mit der Umgebung vertraut zu machen. Die Wohnung war recht zentral
gelegen in dem Stadtteil Shepherd's Bush (Zone 2) und war, dadurch, dass sie zuvor als
Räumlichkeit für eine Kunstausstellung gedient hatte, sehr bunt und gemütlich eingerichtet. Meine
Mitbewohner halfen mir von Anfang an mit all meinen Fragen und ich fühlte mich sofort wie zu
Hause.
Am 12.09. war dann mein erster Praktikumstag in der British International School, deren
Hauptsitz sich im Stadtteil Chiswick befindet. Zu meiner großen Überraschung handelte es sich
hierbei nicht wie angenommen um ein britisches Unternehmen, sondern um eine noch junge
Englischschule unter italienischer Leitung, in der auch ein Großteil der Mitarbeiter bzw.
Mitpraktikanten aus Italien kam. Die Schule organisiert Trips für Gruppen (hauptsächlich
Schulklassen), oder Einzelpersonen nach London, aber auch zu ihren anderen Schulen in
Edinburgh oder New York. In der Regel bestehen diese Trips aus einem maßgeschneiderten
Programm aus Sprachunterricht oder Intergration in eine britische Schule und Ausflügen bzw.
Aktivitäten. Es werden aber auch Theaterunterricht, Kulturaufenthalte oder reiner
Sprachunterricht angeboten.
Nach einer kurzen Einführung war beschlossen, dass ich die ersten drei Monate meines
Praktikums als Group Assistant in Chiswick arbeiten sollte. Zu meinen Aufgaben gehörte das
Material für die Gruppen vorzubereiten, d.h. einen Ordner anzulegen mit den Regeln der Schule,
Bewertungsbögen, Straßenkarten der Umgebung, U-Bahnplänen und einem Willkommensplakat
für die Abholung am Flughafen. Des weiteren musste ich Schülerausweise anfertigen, ein Handy
für den Leiter der Gruppe vorbereiten und U-Bahntickets für die Zeit besorgen. Meine
Hauptaufgabe als Group Assistant war es dann, die Gruppe vom Zeitpunkt ihrer Ankunft bis zu
ihrer Abreise zu begleiten und ihr jederzeit für Fragen und mit Problemlösungen zur Seite zu
stehen. Ich nahm die Gruppe am Flughafen in Empfang und nach einer kurzen Einführung brachte
ich sie entweder zu ihrem Hotel, oder sorgte dafür, dass sie heil zu ihren Gastfamilien kamen. Des
weiteren führte ich die Gruppe zu ihren Treffpunkten bzw. Sehenswürdigkeiten und holte sie dort
wieder ab. Die meiste Zeit durfte ich auch an den Führungen und ähnlichem teilnehmen. Gegen
Ende des Aufenthaltes mussten üblicherweise Teilnahmezertifikate angefertigt werden.
Die Gruppen waren im Normalfall zwischen 15 und 30 Schüler und wurden von zwei bis
vier Lehrern begleitet, welche auch für die Jugendlichen verantwortlich waren. Da die meisten
Gruppen aus Italien kamen gab es ab und an ein paar Verständigungsprobleme – dadurch
brauchten leider auch die Schüler meist eine Zeit um mir gegenüber aufzutauen, da sie mit mir
gezwungen waren englisch zu reden. Alles in allem hat es aber immer Spaß gemacht, die Gruppen
zu begleiten, nicht zuletzt auch weil ich somit Arbeit mit Sightseeing verbinden konnte und sogar
Anfahrten, sowie Eintritte und Führungen bezahlt bekam. Wenn mal gerade keine Gruppe da war
half ich im Büro aus, indem ich z.B. andere Group Assistants bei ihrer Arbeit unterstützte oder
Einstufungstests für die Lehrer korrigierte.
Im November war die Hauptsaison für die italienischen Schulgruppen vorbei. Somit war in
Chiswick nicht mehr allzu viel zu tun und ich wurde in das Marketing Department in Hayes
versetzt. Dort, wie in der Schule in Chiswick, arbeitete ich hauptsächlich mit anderen Praktikanten
zusammen. Wir sollten das Schulsystem in unserem jeweiligen Land, in meinem Fall Deutschland,
die Einstellung der Bevölkerung zu Sprachreisen, sowie Konkurrenzunternehmen und deren
Angebote untersuchen und in einer Power Point Präsentation vorstellen. Des weiteren suchten wir
Möglichkeiten und Internetseiten, auf denen die British International School Praktikumsplätze
ausschreiben konnte. In diesem Zusammenhang legten wir auch eine Nachtschicht von 23:00 bis
04:00 Uhr ein, um in verschiedenen Teilen Asiens Universitäten anzurufen und ihnen
Informationen über Praktikumsplätze an unserer Schule zukommen zu lassen. Diese
Praktikumsplätze sind für das zukünftige Call Centre, in welchem die Praktikanten verschiedene
Schulen und Betriebe in ihrem Land anrufen sollen um die Angebote der Schule
vorzustellen.Wenn einmal nicht viel zu tun war, bereiteten wir Informationspakete für potenzielle
neue Kunden vor.
Nach Weihnachten wurde ich noch einmal in Chiswick gebraucht, um eine Gruppe von 60
Schülern zu betreuen. Nach dieser Woche mit der Gruppe ging ich zurück nach Hayes, wo ich
dann eng mit dem Chef der British International School zusammen arbeitete um die Struktur und
Strategie des Marketing Departments zu verbessern. Ich wurde zum Head of Market Research
befördert und war von nun an für den gesamten Market Research Bereich verantwortlich. Ich
entwarf Vorlagen für die Ergebnisse der Nachforschungen, sowie verschiedene Datenbanken um
den Überblick über die Praktikanten und die Bereiche die sie abdeckten zu behalten. Meine
Hauptaufgabe jedoch war nun, das Bindeglied zwischen dem Manager und den neuen
Praktikanten zu sein, diese einzulernen, sie bei ihrer Suche zu unterstützen und auf die
zukünftigen Telefonate vorzubereiten.
In beiden Büros, sowohl in dem Hauptsitz in Chiswick als auch in Hayes, arbeitete ich sehr
eng mit all meinen Kollegen, Mitpraktikanten gleichermaßen wie Vorgesetzte, zusammen und war
fest in das Unternehmen eingebunden. Durch die hohe Anzahl an Gleichaltrigen fand ich dort
viele Freunde, mit denen ich auch meine Freizeit verbrachte.
Während ich als Group Assistant eher flexibel sein musste, war mein Tagesablauf die
letzten Monate im Marketing Department geregelt. Meine Arbeitszeiten waren von 09:30 – 17:30
Uhr. Da ich von meiner Wohnung leider knapp eine Stunde nach Hayes brauchte, kam ich
regelmäßig erst recht spät nach Hause. Daher fielen meine Abende unter der Woche zumeist eher
ruhig aus. Ich traf mich mit Freunden auf ein Abendessen im Pub oder verbrachte gemütliche
Abende daheim mit meinen Mitbewohnern und wir kochten oder bestellten Essen bei einem der
zahlreichen Lieferservices.
An meinen Wochenenden versuchte ich jedoch immer etwas zu unternehmen, da London
eine so vielfältige Stadt ist und sehr viel zu bieten hat. Neben den berühmten Sehenswürdigkeiten,
wie der Tower Bridge, dem Buckingham Palace oder Westminster, gibt es auch einige weniger
bekannte, jedoch mindestens genauso sehenswerte Plätze, wie die vielen verschiedenen Märkte.
Neben Bricklane und Spitalfields Market gibt es z.B. Portobello Market, der unter anderem antike
und gebrauchte Waren bietet und mitten durch Notting Hill geht, was der Schauplatz für Julia
Roberts und Hugh Grants gleichnamigen Film war. Mein Lieblingsmarkt war jedoch immer
Camden Market, der mit seinen Goth-Läden und ähnlichem eine eher alternative Seite Londons
zum Vorschein bringt. Neben diesen Läden gibt es jedoch auch viele Holzbuden, in denen man
handgearbeiteten Schmuck, Bilder und Kleidung erstehen kann. Ein weiterer Bereich des Marktes
sind eine Reihe von Ständen, an denen internationales Essen angeboten wird. Hier kann man sich
wunderbar von einer Kostprobe zur nächsten hangeln, bis man sich für etwas entschieden hat.
Wer mehr Lust auf Kultur hat kann die vielen verschiedenen Museen besuchen, die
größtenteils sogar kostenlos sind. Das lädt natürlich dazu ein, einfach mal einen Blick zu riskieren
und so habe ich in meiner Zeit dort das British Museum, das Natural History Museum, das
Science Museum, die National Gallery, das Sherlock Holmes Museum und viele mehr besucht.
Und obwohl ich nicht der größte Museumsgänger bin, haben mir die meisten Museen sehr gut
gefallen!
Wenn das Wetter schön war machte ich jedoch am liebsten Spaziergänge. Ob nun durch die
großen Parks wie Hyde Park oder Regent's Park, kreuz und quer durch die Stadt oder entlang der
Themse, es gibt einfach immer etwas zu sehen. Künstler, die fantastische Bilder auf Leinen oder
auf den Boden zaubern, Musiker und Tänzer, die in den Straßen auftreten, oder Komiker und
andere Artisten, die ihr Können zum Besten geben.
Abends ist Soho der Mittelpunkt des Geschehens, was mir zu Anfangs fast ein bisschen zu
voll war. Als ich es dann jedoch mal geschafft hatte, mir einen Überblick zu verschaffen, lernte ich
auch die Vielfalt an Pubs, Bars und Clubs zu schätzen. Aber natürlich gibt es auch sonst überall im
restlichen London verteilt ein lebendiges Nachtleben. Leider schließen jedoch kurz nach
Mitternacht die U-Bahnen und man ist auf das Bussystem angewiesen, welches glücklicherweise
aber sehr gut strukturiert ist.
Ein weiteres Highlight, gerade abends, ist das Westend, mit seinen vielen Theatern, in
denen alle berühmten, aber auch weniger bekannte Musicals und Theaterstücke aufgeführt
werden. Ich habe mir Chicago und The Lion King angeschaut und war begeistert! Gerne hätte ich
auch eine Aufführung in Shakespeare's Globe, der Rekonstruktion des ehemaligen Globe Theatres,
gesehen – jedoch befindet sich dieses ganz traditionell von Oktober bis April in der Winterpause.
Doch nicht nur das Zentrum von London hat viel zu bieten. Die nähere Umgebung, z.B.
Windsor, und auch die umliegenden Städte sind definitiv einen Besuch wert. Ich unternahm
während meines Aufenthaltes auch Trips nach Brighton, wo ich den Royal Pavillion und den Pier
anschaute, ich besuchte Stonehenge und die römischen Bäder in Bath und ich spazierte durch
Oxford mit seiner wunderschönen Universität.
Alles in allem hatte ich eine wunderbare und lehrreiche Zeit in London. Durch das
Zusammenleben mit zwei englischsprachigen Jungs war ich im ständigen Kontakt mit der
Sprache, was mir zweifelsohne sprachlich sehr viel weitergeholfen hat. In meiner Arbeit als Group
Assistant, sowie als Head of Market Research im Marketing Department, musste ich oftmals
Verantwortung für mein Handeln, aber auch für die Gruppen bzw. die anderen Praktikanten
übernehmen, was mich gelehrt hat selbstständig und verantwortungsbewusst zu arbeiten.
Ich habe London als Stadt und auch die Kultur kennen und lieben gelernt und viele neue
Freunde aus aller Welt gefunden, mit denen ich auch mit Sicherheit noch lange im Kontakt bleiben
werde.
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