sucht und abhängigkeit / alkoholmissbrauch - poekl-net

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12. Vorlesung / 25.4. 2002 / Lesch
SUCHT UND ABHÄNGIGKEIT / ALKOHOLMISSBRAUCH
In Österreich gibt es 18.000 Nikotintote / Jahr, ebenso mehrere tausend Alkoholtote,
aber nur ca. 100 Drogentote... das nur zu den Relationen der diversen
Suchtprobleme.
Zum Wort Sucht vgl. auch Sehnsucht, Eifersucht, Dahinsiechen.
Suchtmittel = älter als die Menschheit; werden auch von Tieren gebraucht
(vgl. Elefanten nach dem Fressen von vergorenen Früchten)
@ Unterscheidung legal / illegal:
z.B. Hasch ist im Krieg erlaubt (= Hanf, gut für Uniformstoffe...). Ab 1904 = Hasch
illegal. Grund: Hanf u.a. heute illegale Drogen waren Konkurrenz für:
•
•
•
Holzindustrie (lange Hanffaser = gut für Papiererzeugung geeignet)
Ölindustrie (aus Hasch kann man auch Benzin machen)
Pharmaindustrie (Benzodiazepine wurden erfunden)
DARUM sind die heutigen illegalen Drogen illegal. [vgl. dazu ein Skriptum von
Bolognese, das bei Interesse im Sekretariat von Lesch (04A) zu erhalten ist]
Vor 4000 Jahren erste Erwähnung von Drogen in China. Verwendung auch in
Ritualen heutzutage in vielen Kulturen.
Medizinische Indikationen:
Hasch als Medizin:
• beruhigend
• schmerzstillend
• appetitanregend
• heute medizinisch in Gebrauch für Morbus Parkinson (gegen den Tremor) und
gegen Tic-Erkrankungen (= Gil de la Tourette – Syndrom) -> Hasch ist dafür
die beste Medizin
Kokain: Sud hat sehr gute antibiotische Wirkung
Drogen nehmen Hungergefühl und Kälteempfinden -> vgl. Alkoholgebrauch z.B. in
Ländern wie Russland.
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Unsere Vorfahren wussten sehr viel über Naturkunde und Pflanzen, die man
verschieden einsetzen kann; ABER: diese Pflanzen berauschen auch und machen
„Junge verrückt“, daher Gesetze dagegen (z.B. in Mexiko: hier durften alle
Leute nur an 3 Tagen der Woche trinken, Medizinmänner, Alte und Kranke
dagegen immer) vgl. auch 666. Brief von Platon an die Athener.
Auch heute gibt es solche Regeln, aber unterschiedliche in unterschiedlichen
Ländern; ABER: Zahl der Abhängigkeitskranken hat sich durch solche
Regeln NICHT verändert (Es ändert sich nur die Zahl der Missbrauchenden).
Alkoholabhängigkeitskrankheit = Erkrankung, die auf Vulnerabilität
zurückgeht; ca. 7% der Leute weltweit werden abhängig (kulturübergreifend!)
Unterschied zwischen Abhängigkeit und Missbrauch:
•
•
Abhängigkeit -> Entzugssyndrom
Missbrauch -> kein Entzugssyndrom
Vorhandensein der Suchtmittel allein = kein Problem; wichtig ist das Image
der Suchtmittel. Vor allem Werbung beeinflusst das Geschäft (siehe BaccardiWerbung); auch bloß punktuelle Informationen über Drogen wirken eher
süchtigmachend als zu verhindern, dass Leute was einnehmen.
Nikotin = weit gefährlicher als Hasch; durch Rauchen in den ersten 3
Lebensmonaten werden die Dopaminrezeptoren beeinflusst -> daher wäre es
unabdingbar, dass Mütter NICHT rauchen!
@ Politik:
Alkoholsteuer = gleiche Einnahmen wie KFZ-Steuer. Rauchen UND Trinken -> Leute
sterben zwischen 50 und 60 Jahren, was sehr günstig ist, weil weniger Renten
auszuzahlen sind...
Wirkung einer Substanz = abhängig von:
•
•
•
Dosierung
Frequenz
WER nimmt sie ein
Nicht die Menge ist entscheidend, sondern ob jemand etwas nimmt als
Genussmittel, weil es ihm schmeckt oder um sich damit zu behandeln.
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Welche Motivationen führen zur Einnahme von Suchtmitteln?
Derzeit läuft eine Untersuchung an 18jährigen NÖern bei der Stellung zum BH.
Aus Lebensqualitätsforschung gibt es eine Liste, die angibt, was zur Einnahme von
Drogen führt.
weiche Drogen: Nikotin, Alkohol, Hasch, Beruhigungsmittel
1) Haupteinstiegsmotiv für Jugendliche und auch später = Neugierde, etwas
erleben wollen (90%)
2) Erwachsen zu werden = zweitwichtigster Grund [Für Rauchen ist DAS das
Hauptmotiv; vgl. seit auf Zigarettenpackungen draufsteht „nur für
Erwachsene“ -> Anstieg um 7%]
3) Rauscherlebnis, um der harten Realität zu entfliehen
4) Wunsch nach dem Erleben einer Bewusstseinserweiterung
5) Zugehörigkeitswunsch zu einer Peer-Group
6) Protest gegen die Gesellschaft (= nur in 5% der Fälle das Motiv)
7) Konflikt mit Eltern und Schule (5%)
harte Drogen: Opiate, Kokain, Amphetamine, usw.
1) Neugierde (aber im Unterschied zu weichen Drogen nur 50%)
2) Konflikte mit Eltern, Schule, Vorgesetzten (Droge wird genommen, um
besser damit fertig zu werden -> total anderes Pattern als bei weichen
Drogen!)
3) Rauscherlebnis mit weichen Drogen = zu fad, nicht aufregend genug
4) Angst vor der Zukunft
5) Lösung eigener Probleme
6) Bedürfnis, Glück zu erleben, glücklich zu sein
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Prävention:
Prävention kann erfolgen von:
•
Person aus
•
Kultur aus:
soziales Klima spielt eine Rolle; ebenso Einkommensunterschiede groß oder
klein -> wo Männer und Frauen sehr unterschiedlich verdienen, gibt es die
größten Suchtmittelprobleme; Heimischfühlen -> z.B. großes Drogenproblem
bei russischen Juden in der 2. Generation in Israel. D.h. kulturelle
Zugehörigkeit spielt eine große Rolle!
•
Suchtmittel aus:
ist am leichtesten; ABER: ähnlich wie bei „Stellen Sie sich jetzt nur ja keinen
rosaroten Elefanten vor!“ -> Negation von emotional besetzten Themen
verschwindet dadurch!
Günstig ist es, wenn Suchtmittel nicht leicht zu erreichen sind, denn die
Erreichbarkeit erhöht die Menge! vgl. dazu die Doppelbödigkeit -> Alkohol
auf Autobahnraststätten und im Spital...
Wird Thema sachlich angesprochen -> Reaktion darauf = sofort
emotional
Besser: Droge soll Image bekommen: „Wer das nimmt ist ein Versager“ oder
„Drogen sind Mittel für alte, kranke Leute.“
Derzeit laufendes Projekt: Jugendliche können Tabletten analysieren lassen,
um zu sehen, was drinnen ist; erhalten die Tabletten dann zurück und können
damit tun, was sie wollen...
Alkohol ist nicht nur ein Problem der Unterschicht; vor allem in
Sozialberufen haben 20% der dort Arbeitenden Alkoholprobleme (z.B. auf
Notfallstationen)
Prävention
sollte
daher
personsbezogen
sein;
Politik
sollte
gesellschaftliche Rahmenbedingungen bieten, z.B. wer eine bestimmte Lehre
macht, soll auch die Chance auf diesen Beruf bekommen. vgl. Hochschule: 3-SäulenModell -> fördert Mobbing und Suchtmissbrauch. Untersuchung in Glasgow,
Edinburgh, Manchester und Liverpool -> in Liverpool ist Arbeitssituation am
schlechtesten; dort gibt es auch die meisten Alkoholabhängigen!
Primärprävention in Familien selbst; Frühintervention hilft (Erkennen eines
Problems, z.B. ständige Regelbeschwerden, ständiges Kopfweh -> je früher etwas
dagegen getan wird, umso besser, damit der Betroffene gar nicht in Gefahr kommt!)
Worterklärung von „Therapie“ = Begleitung eines anderen Menschen (zum Orakel)
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Arten der Suchterkrankungen / Einteilung der WHO:
nach der Art der Suchtmittel in:
a) suchtmittelbezogene Abhängigkeit
(= stoffgebundene Abhängigkeit):
Alkohol, Cannabinoide, Nikotin, Lösungsmittel, Opiate, Benzin
b) nicht-suchtmittelbezogene Abhängigkeit
(= nicht-stoffgebundene Abhängigkeit):
z.B. Spielsucht, Sexsucht, Arbeitssucht, Computersucht ☺. Das alles ist laut Lesch
aber KEINE Sucht, sondern ein „Sammelsurium aus Phobien und Monomanien“.
Einteilung der Suchtmittel nach ihrer Hauptwirkung:
a) Stimulantien: Amphetamine, Kaffee, Tee [ABER: lässt man Orangenblütentee
nur ganz kurz ziehen -> sedierend; lässt man ihn dagegen lang
ziehen -> erregend]
b) Halluzinogene: LSD, Mescalin
[in Hasch sind über 400 verschiedene Stoffe -> je nachdem wo
die Hanfpflanze wächst, überwiegen unterschiedliche Stoffe in
ihr]
c) Hypnotika:
Beruhigungsmittel, wie Barbiturate (heute verboten),
Tranquilizer, Alkohol
d) Euphorika:
stimmungshebend, aber nur kurze Wirkung; zwischen
Einnahmen schwere Depressionen; Kokain, Opiate, gewisse
Schnüffelstoffe (z.B. Kleber)
Diagnose Suchterkrankung oder Suchtmissbrauch:
Je nachdem, zu welchem Zweck sie gemacht wird, unterschiedliches Aussehen dieser
Diagnose. z.B. In WHO aus jedem Land der Welt 1 Mitglied; sind 50% für ein Item,
so kommt es ins ICD (Ziel = Therapie), daher hier: sehr weite Diagnoseschemata
ABER:
Diagnose hilft mir aber nix für Therapie, denn Diagnose „Sucht“ erfüllt JEDER
Raucher!
vgl. z.B. Definition im ICD von Nikotinsucht:
• Dosissteigerung
• Wissen um die Schädlichkeit
• man trägt immer einen Vorrat bei sich
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ICD deckt sich nicht mit anderen Diagnoseschemata wie z.B. dem DSM-IV (Ziel =
Forschung). Hier gibt es zu jeder Diagnose eine Erklärung, warum ein Item drinnen
ist; manchmal kommt etwas auch nur darum hinein, um die Forschung
voranzutreiben.
z.B. 6 Monate Abstinenz bei Alkoholkrankheit = wichtiges Zeitfenster, denn bei
Alkoholkrankheit dauern die meisten Medikationen so lange.
D.h. ICD hilft nichts für Therapie, gibt bloß Häufigkeiten etc. an. Was mache
ich daher mit so einer Diagnose?
• ich kann sie für Epidemiologie verwenden
• für Screening (d.h. wie viele Alkoholabhängige gibt es in bestimmten Settings,
wie z.B. in einer internen Abteilung)
Für Therapie = Differenzierung in legale und illegale Drogen völlig
irrelevant!
Unterscheidung von illegalen und legalen Drogen laut Lesch:
• illegale Drogen: Drogendealer = Mafia
• legale Drogen: Drogendealer = Staat
Ziele in Therapie:
Weder Medizin noch Psychologie kümmerten sich jahrhundertelang um
Suchtkrankheiten, um diese kümmerten sich Gerichte, ideologische Gruppen (z.B.
Blaues Kreuz für Alkoholiker), Wohlfahrt.
viele Therapieziele = ideologisch, z.B. Ziel der absoluten Abstinenz (=
wünschenswert, aber nur wenn Lebensqualität des Betroffenen Umgebung steigt
und nicht sinkt, z.B. wenn er solche solche Angststörung hat, das er Alkohol
braucht)
primäres Ziel = Bedingungen geben, damit Betroffener überleben kann,
alles vermeiden, woran er stirbt!
•
•
•
•
Verminderung von körperlichen Folgeerkrankungen
Einsicht in das Suchtproblem bekommen (das Problem ist NICHT
Arbeitsplatz, Beschwerden, etc., sondern der Alkohol!)
Akzeptieren der Abstinenz, damit man seine Alkoholkrankheit behandeln
kann
Gleichgültigkeit des Betroffenen, ob andere in seiner Gegenwart trinken
oder nicht
„Ein Abstinenter wird nicht mehr rückfällig“ = ein Mythos!
Bei Rückfall:
Schweregrade sollen reduziert werden (oder z.B. wenigstens
erreichen, dass im Rückfall nicht Auto gefahren wird)
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Wichtig in Alkoholtherapie:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
sich auf den Patienten einlassen
dem Patienten zuhören
den Patienten mögen
absolutes Ja zum Patienten
absolutes Nein zum Suchtmittel
sachlich mit dem Patienten reden können (keine wertenden Fragen stellen wie
z.B. „Haben Sie Verlangen nach dem Suchtmittel?“, sondern besser: „Ekeln
oder fürchten Sie sich vor dem Suchtmittel?“)
offene Fragen stellen und keine Polizeifragen -> Patient bekommt wegen
Angst, Depression bzw. irgendeines Problems -> wir müssen Interaktion des
Suchtmittels damit herausfinden, denn her gibt es einen Zusammenhang!
zuerst Auseinandersetzung mit dem Symptom NICHT mit der
Lebensstiländerung!
erreichbare Schritte setzen (nicht: „Sie dürfen lebenslänglich nichts mehr
trinken...“)
Symptomologie von Missbrauch und Sucht
Es gibt Alkohol, legale und illegale Drogen; verschiedene Personen, die verschiedene
Suchtmittel einnehmen haben verschiedene Probleme; gemeinsam: Wirkung des
Suchtmittels muss zu primären Bedingungen passen, d.h. Suchtmittel muss
angenehm sein.
Betroffener pendelt zwischen Vergiftung und Entgiftung; zerebrale Funktionen,
Magen adaptieren sich; ein Teil der Patienten entwickelt Entzugssyndrom (ist nicht
bei allen gleich!), z.B. Zittern bei Alkoholismus haben nur 18%. Entzugssyndrom
dauert unterschiedlich lang je nach Substanz, bei Alkohol 5 Tage.
Ein Teil der Patienten entwickelt Folgeerkrankungen (bei Alkohol z.B. 10%
Leberzhirrose oder Kardiomyopathie)
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Primäres
AngstSuchtverstörungen
langen
(frühzeitiges
Entzugssyndrom)
Homogenisierung der
Symptomatik
Dauer
Intervention
Ziel der
Therapie
StimmungsSchlaferkrankungen störungen
Gewöhnung
(Permission)
Andere
der
ÄTIOLOGIE DES SUCHTVERLANGENS
Intervention
Zunahme der
Isolation und
der sozialen
Interaktionsstörung
Folgekrankheiten (z.B. Leber, Gehirn, AIDS)
Entzugssyndrome
Therapie (= pharmakologische und psychosoziale Therapie) muss wie Schlüssel
zum Schloss passen.
Alkoholabhängigkeit ist KEINE Wissenschaft der Psychiatrie (nur zu 10%!), sondern
ein multiprofessionelles Gebiet (mit beteiligt sind z.B. Neurologie, Soziologie, usw.)
Merke:
Je schneller eine Substanz wirkt, umso schlechter.
Je eher eine Überdosis zum Tod führt, umso schlechter.
Folgen der Alkoholabhängigkeit:
In erster Linie Leistungsreduktion, d.h. die sogenannten „hohen“ Leistungen
verschwinden (z.B. Phantasie, Kreativität, Eigenreflexion, zuhören können, auf
andere eingehen können, sogenannter EQ = als erste betroffen) -> Alkoholiker will
immer recht haben, ist nicht kreativ, usw. -> wird von anderen abgelehnt -> soziale
Isolation.
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Merke:
•
Ist eine Droge verboten, so gehen die Leute früher in Behandlung ->
Gruppe ist sehr heterogen (z.B. Drogen)
•
Ist eine Droge legal, so kommen Leute später in Behandlung -> Gruppe
ist sehr homogen (z.B. Alkohol)
Alkoholismus ist eine genauso schwere Erkrankung wie Herzinfarkt, Karzinom
(gleiche Todesrate!); multiprofessionale Behandlung = erforderlich!
Alkoholkranker ist nicht mehr die Person selbst, sondern eine intellektuelle
Reduktion, ein Folgeerkrankter; ist nicht erreichbar; muss geschützt und gestützt
werden -> keine konfrontierenden Gespräche, sondern Entzugssyndrom
behandeln Je schwerer es durchgemacht wird, umso größer ist danach das
biologische Verlangen nach dem Alkohol. Zusammenhang mit dem Dopaminsystem
-> dieses wird durch den Alkohol beeinträchtigt -> daher Rückfallgefahr!
Die meisten Patienten haben schon viele Entzüge hinter sich, haben dadurch
Prägung -> brauchen Substitution (ist aber im Alkoholbereich noch verpönt, bei
Rauchern schon üblich!)
6 – 8 Wochen bis 2 Monate Zurückbildung der zerebralen
Leistungsreduktion, usw. Erst dann sieht man die Persönlichkeitszüge des
Patienten und kann einen Therapiepakt mit ihm schließen und ihn der richtigen
Therapie zuführen.
Alkoholabhängigkeit / Typologie:
1) Typ I = Allergietyp:
•
•
•
Problem liegt im Alkoholstoffwechsel
verwendet Alkohol zur Bekämpfung des Entzugssyndroms (Tremor)
keine Komorbidität, usw., sondern nur Überempfindlichkeit auf Alkohol
Therapie:
primär biologisch (Medikamente)
Schutz gegen trinkende Gesellschaft (85% der Österreicher trinken),
z.B. in Selbsthilfegruppen
regelmäßige Kontrolle (z.B. Leberbefunde)
KEINE Psychotherapie!
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2) Typ II = Angsttyp:
•
•
•
Alkohol als Konfliktlöser, als Bewältigungsstrategie bei Angst
abhängige Persönlichkeit, angewiesen auf das Lob anderer; oft mit
dominantem Partner (bzw. Eltern)
kurze Rückfälle mit Kontrollverlust
Therapie:
biologische Verfahren = stützend, aber nicht zielführend
Psychotherapie / Systemtherapie
Ziel = Steigerung des Selbstwertgefühls; Alkohol ist NICHT sein
eigentliches Problem!
3) Typ III = Depressionstyp:
•
•
•
•
•
•
•
Alkohol als Thymoleptikum
soziales Klima in seiner Familie ist oft rau
andere Familienmitglieder sind mitbetroffen
überstrukturierte Persönlichkeit, braucht Alkohol als Ventil gegen seine
Überstrukturiertheit
alle Empfindungen sind bei ihm weg; alles geht bei ihm über den Kopf; Patient
weiß genau, was er braucht, reagiert obergescheit.
sehr leicht zu erreichen = kurze Abstinenz, aber sehr rückfallgefährdet
hohe Suizidgefahr
Therapie:
hohe therapeutische Kompetenz = erforderlich
4) Typ IV = Gewöhnungstyp:
•
•
•
vor allem zerebale Schädigung
neurologische Schädigung schon vor dem Alkoholismus
wird leicht rückfällig
Therapie:
braucht Strukturierung (z.B. „Wandern statt Wirtshaus“)
Verhaltenstherapie hilft (vgl. Programm von Platzer in Berlin)
bleiben danach bis zu 2 Jahre abstinent
[Zur VO kann man sich im Sekretariat von Lesch auch ein eigenes Skript und diverse
Materialien abholen]
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Behandlung der Alkoholabhängigkeit:
Differenziert werden muss:
1) Behandlung des Entzugs:
•
•
7 Tage
Benzodiazepine
2) Behandlung zur Rückfallprophylaxe:
•
•
15 Monate
Acanprosate (länger); Disulfirem oder Cyanamide
3) Behandlung des Rückfalls:
•
•
einige Tage
Naltrexon und / oder GHB
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2. Teil der VO / Zyhlarz
SCHLAFSTÖRUNGEN
Es gibt über 80 verschiedene Schlafstörungen; verschiedene Behandlung =
notwendig, d.h. es gibt nicht EIN Mittel gegen alle. Wichtig ist, worauf die
Schlafstörung basiert.
•
•
•
25% der Bevölkerung sind betroffen (d.h. jeder 4.)
Frauen sind etwas mehr betroffen als Männer
Schlafstörungen nehmen mit dem Alter zu
Schlaf verändert sich mit dem Alter:
Tiefschlafphasen nehmen ab
Aufwachereignisse nehmen zu
Einteilung der Schlafstörungen:
1) organische: = 30%
größter Teil hier hat Schlafapnoe
2) nicht-organische: = 70%
größter Teil davon = Insomnie
Basiserkrankung dahinter (d.h. Ursache der Schlafstörung):
Belastung / Anpassungsstörung bei 40% der Patienten
affektive Störung bei 31% der Patienten
Substanzmissbrauch (vor allem Alkohol) bei 15% der Patienten
Schlafstörungen können untersucht werden im Schlaflabor
(Dauer der Messung = 7 Stunden); dabei werden gemessen:
a) zentrale Variablen:
•
•
•
EEG: ergibt Muster der Schlafstadien
Augenbewegungen: finden statt im Wachstadium; REM-Schlaf (= Traum)
wird dadurch charakterisiert
EMG: Muskelbewegungen; gemessene Muskelspannung als Maß für generelle
Anspannung
aus diesen Variablen ergibt sich die Schlafstruktur
b) periphere Variablen:
•
•
•
Schnarchgeräusche mittels eines Mikrophons
Atemexkursionen (Lunge wird gemessen)
Restless Legs (Elektroden an Beine)
aus diesen Variablen ergeben sich die Schlafrhythmusstörungen
Das Ganze ergibt ein Schlafprofil.
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Schlafstadien:
Zeit des Schlafs
1) Wachstadium: Alpha- und Beta-Aktivität
5%
2) Stadium 1:
Dämmerschlaf; Theta-Wellen und schnelle
Beta-Wellen
55%
3) Stadium 2:
hier Schlafspindeln und K-Komplexe
(= Antwort des Gehirns auf Außenreize)
20%
4) Stadium 3:
5) Stadium 4:
gespannte, langsame Delta-Wellen
detto
20%
6) REM-Schlaf:
entspricht Stadium 1 (rasche Wellen),
Erschlaffung der Muskulatur; rapid-eyemovements: hier wird geträumt.
Vom Einschlafen bis Stadium 4 dauert es ca. 20 Minuten.
•
•
Tiefschlafphasen nehmen mit Schlafdauer ab (-> am Anfang der Nacht
vorherrschend).
Leichter Schlaf nimmt mit Schlafdauer zu (-> gegen Morgen
vorherrschend)
Unterschieden werden muss zwischen:
•
Schlafzeit
•
Schlafeffizienz = Zeit, in der im Bett auch tatsächlich geschlafen wird (soll
um die 90% sein)
Im mittleren Lebensalter = 6 Aufwachereignisse normal
maximal 15 – 20 minütige Wachphasen bedeuten noch keine
Schlafstörung!
@ Respiratorische Variablen:
•
Schnarchen (20X/Stunde = normal)
•
Apnoen (= Atempausen; 5/Stunde à 10 Sekunden = normal)
•
Hypopnoen (= Nachlassen der Atmung; bis 10/Stunde = normal)
•
Sauerstoffsättigung:
Entsättigung: Sauerstoffgehalt fällt um 4% vom Vorwert ab
(5X/Stunde = normal); je öfter umso beeinträchtigter ist Patient am
Morgen.
70% Sauerstoffsättigung ist ähnlich wie ohne Sauerstoffgerät am
Himalaya = sehr ungesund!
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@ Beinbewegungen:
•
periodische: 3X hintereinander = 1 Bewegung; können Schlaf fragmentieren,
aber Patient spürt sie nicht
•
Restless Legs: Patient merkt sie; Kribbeln, Parästhesien; lösen
Bewegungsdrang aus -> Patient muss aufstehen.
Arousals: = Miniweckstadien; 20X/Stunde = normal
DIE EINZELNEN SCHLAFSTÖRUNGEN:
1) Nicht-organische Schlafstörungen:
a) Insomnien (Ein-, Durchschlafstörung; 24% der Bevölkerung =
betroffen)
b) Hypersomnien (verstärkte Tagesmüdigkeit; verlängerte Schlafdauer;
verlängerter Übergang zwischen Schlafen und Aufwachen;
Tagesschläfrigkeit (19% der Bevölkerung) = sehr beeinträchtigend)
c) Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
d) Spezielle
Albträume
Schlafwandeln
Pavor nocturnus
ad a) Nicht-organische Insomnien:
•
primäre Insomnie:
kann jeder haben; kann vorübergehend sein; tritt vor allem bei Life-Events
auf. Bei Chronifizierung -> Angst vor dem Schlafengehen, Grübeln über den
nächsten Tag (= Aktivierung!); Folge:
keine Entspannung
je länger umso ärger = Beeinträchtigung
D.h. aus natürlicher Beeinträchtigung ergibt sich eine Schlafstörung
mit psychischem Korrelat.
Schlafstadien 3 und 4 sind weniger -> daher Non-Benzodiazepine (diese
vermehren diese Schlafstadien)
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•
nicht-organische Insomnie basierend auf psychischer Störung:
je nach psychischer Störung unterschiedliches Schlafmuster:
Generalisierte Angststörung / Panikstörung:
Nur 75% Schlafeffizienz; Patienten haben Einschlafstörung,
Durchschlafstörung (72 - 26 Minuten wach; normal = 23 Minuten) und
Ausschlafstörung
veränderte Schlafarchitektur:
verlängerter Dämmerschlaf
reduziertes Stadium 2
wenn Patienten schlafen, schlafen sie tiefer (d.h. Ankerschlaf
= Nachholen von Schlaf)
REM und REM-Latenz (normal = 90 Minuten, d.h. 90 Minuten
nach dem Einschlafen kommt die erste REM-Schlaf-Phase) wie
bei normal (Unterschied zur Depression! Dort 65 Minuten und
kürzer)
Schlafqualität ist gestört
Wohlbefinden ist gestört
Stimmung ist reduziert
Antrieb und Schläfrigkeit am Morgen
bei generalisierter Angststörung: Benzodiazepine
bei Panikstörung: Alprazolan
Depression:
Medikamente müssen entgegengesetzt wirken, d.h. ein
Antidepressivum reicht nicht aus, daher Kombination!
Tranquilizer: schlaffördernd
SSRI: eher aktivierend
ad b) Hypersomnien:
Man unterscheidet:
•
•
•
•
primäre Hypersomnie (oft familiäre Häufung)
Hypersomnie bei Anpassung / Belastung
Hypersomnie bei affektiver Störung (vor allem bei Bipolar II in depressiver
Phase)
Hypersomnie bei Toleranz und Entzug von ZNS-stimulierenden
Substanzen
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ab c) nicht-organische Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus (2%):
•
Jet Lag:
pro 2 Zeitzonen braucht man 1 Tag zum Einpendeln auf die Zeit am
Ankunftsort; Einnahme von Melatonin fungiert als Zeitgeber; erleichtert durch
Einsteigen in Rhythmus am Zielort, Licht, Sonne; Kohlehydrate =
schlaffördernd, Eiweiß = wachheitsfördernd.
•
Schichtarbeiter-Syndrom:
Individuelle Schlaf-Wach-Rhythmus stimmt nicht mit den gesellschaftlichen
Anforderungen überein;
ad d) spezielle nicht-organische Schlafstörungen:
•
•
•
Schlafwandeln
Pavor nocturnus (= nächtliches Aufschreien)
Albträume (eher im REM-Stadium, d.h. eher am Morgen)
2) Organische Schlafstörungen:
Jede körperliche Erkrankung kann eine Schlafstörung bewirken; egal, ob Insomnie
oder Hypersomnie, wichtig = Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung zuerst!
a) primäres Schnarchen (= nur Geräusche)
b) obstuktives Schnarchen (= Geräusche und auch Sauerstoffprobleme)
c) obstruktive Apnoe (massiver Sauerstoffabfall; 1-2% der Männer = betroffen;
Schutz gegen Muskelrelaktion = Östrogen)
d) Restless-Legs-Syndrom (in Österreich 8% der Bevölkerung betroffen,
international 1%; wurde früher oft als Venenproblem betrachtet; seit einem
Artikel in „Täglich alles“ -> Selbsthilfegruppe; seither als eine behandelbare
Schlafstörung anerkannt; dagegen helfen Dopaminantagonisten)
Therapie von Schlafstörungen:
•
somatische Verfahren
•
psychotherapeutische Verfahren (Verhaltenstherapie, kognitive Therapie)
•
medizinische Verfahren (am besten untersucht. Merke: verschiedene
Substanzen bewirken jeweils andere Veränderung der Schlafstruktur, d.h. man
kann ziemlich genau behandeln)
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10 Gebote der Schlafhygiene:
1.
täglichen Bedarf an Schlaf decken:
7-8 Stunden = normal
unter 5 Stunden = lebensverkürzend
über 10 Stunden auch)
2.
Schlafritual beachten (Schlafrhythmus einhalten = sehr wichtig bei
Schlafstörung)
3.
Schlafstätte optimieren
4.
Schlafstätte Umweltbedingungen optimieren (Temperatur, Licht, Lärm haben
Einfluss auf den Schlaf.
@ Licht:
senkt die Melatoninausschüttung; Melatonin = ein wichtiges,
schlafanstoßendes Medikament; Lesen, wenn man nicht schlafen
kann = total schlecht, weil durch das Licht Melatonin reduziert
wird)
5.
körperliche Ertüchtigung unmittelbar vor dem Schlafengehen
vermeiden
6.
Ernährung optimieren (Cave: Übergewicht!)
7.
Stress und Spannung reduzieren
8.
Vermeiden von Zigaretten, Alkohol, stimulierenden Getränken (z.B.
Kaffee, Tee) vor dem Schlafengehen (Alkohol in kleinen Dosen = aktivierend!)
9.
während des Tages wach sein (soziale Kontakte pflegen, aktiv sein -> gilt
vor allem für Alte)
10. Bei länger anhaltender Schlafstörung Arzt aufsuchen (nur 34% tun das; der
Rest isst die Schlafpulvern von der Pepi-Tant...☺)
Schlafstörung liegt vor, wenn sie 3X/Woche über 1 Monat hinweg auftritt
-> dann unbedingt zum Arzt!
Je länger die Schlafstörung chronifiziert, umso schwerer ist sie zu
behandeln!
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