Boten aus der Frühzeit des Sonnensystems

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THEMEN DER WISSENSCHAFT
Didaktisches Material zu
diesem Beitrag:
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Boten aus der Frühzeit
des Sonnensystems
Neues über Kometen
VON MICHAEL KÜPPERS UND HARALD KRÜGER
Das plötzliche Erscheinen eines Kometen hat die Menschen seit erhalten. Was wissen wir über Aufbau
und Entstehung der Kometen, und was
Jahrtausenden ebenso fasziniert wie erschreckt. Seit ihrer Entste- können wir daraus über die Entstehung
hung vor über vier Milliarden Jahren veränderten sich die Kometen unseres und anderer Sonnensysteme lerkaum, so dass ihre Untersuchung wertvolle Informationen über den nen?
Anfangszustand unseres Sonnensystems liefert.
Kometen und die Entstehung
K
ometen sind seit der Antike bekannt. Der berühmteste ist der
Halleysche Komet, dessen Wiederkehr in chinesischen Aufzeichnungen bis in die vorchristliche Zeit zurückverfolgt werden kann. Oft galten
die Schweifsterne als Unheilsbringer. So
ist auf dem berühmten Teppich von Bayeux, der die Eroberung Englands durch
die Normannen im Jahr 1066 darstellt,
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STERNE UND WELTRAUM
Mai 2006
eine Erscheinung des Halleyschen Kometen zu sehen.
Die Kometen sind Zeugen der Frühgeschichte unseres Sonnensystems. Die
heute noch vorhandenen Kometen sind
bei der Entstehung des Sonnensystems
nicht in die Planeten oder andere Himmelskörper eingeflossen, sondern blieben stattdessen in den Außenbereichen
des Sonnensystems nahezu unverändert
des Sonnensystems
Als die Sonne vor etwa 4.6 Milliarden Jahren aus einer Gas- und Staubwolke entstand, fiel ein kleiner Teil des Materials
nicht in die Sonne, sondern bildete eine
rotierende Scheibe. Die Staubteilchen in
der Scheibe klumpten zu immer größeren Körpern zusammen und bildeten so
genannte Planetesimale, das heißt Brocken von einigen hundert Metern Größe.
Während die Planetesimale im inneren
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Abb. 1: Der Komet Hale-Bopp am
8. März 1997, aufgenommen mit
einer 190-mm-Schmidt-Kamera
auf Kodak Gold. Sehr schön sind
der bläuliche Gasschweif und der
weiße Staubschweif zu sehen.
(Bild: Gerald Rhemann und Franz
Kersche)
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Abb. 2: Eine schematische Darstellung des Aufbaus eines Kometen.
Sonnensystem überwiegend aus Staub
bestanden und die terrestrischen Planeten
bildeten, herrschten weiter draußen im
äußeren Sonnensystem niedrigere Temperaturen, was dazu führte, dass teilweise
Gas in der Scheibe kondensierte. Dort bildeten sich die jupiterähnlichen Planeten,
und die dort entstandenen Planetesimale
enthielten große Mengen Eis.
Bei der Planetenentstehung blieb jedoch ein Teil der Planetesimale übrig und
verschwand nicht in den sich bildenden
Himmelskörpern:
 Jupiter wuchs sehr schnell, und seine Gravitation störte die Planetenentstehung zwischen Mars und Jupiter. Die Planetesimale dort bilden heute den Asteroidengürtel.
 Im Bereich zwischen den Bahnen von
Jupiter und Neptun wurden die Planetesimale durch nahe Begegnungen mit den
Riesenplaneten aus dem Sonnensystem
heraus oder an seinen Rand geschleudert.
Die Objekte, die dem Sonnensystem dabei nicht verlorengingen, bilden heute die
Oortsche Wolke in einer Entfernung von
etwa tausend bis hunderttausend Astronomischen Einheiten (1 AE ist der mittlere Abstand von der Erde zur Sonne und
beträgt 149.5 Millionen Kilometern) von
der Sonne. Gelegentlich werden Kometen aus der Oortschen Wolke durch nahe
Vorbeigänge von Sternen oder Molekülwolken ins innere Sonnensystem zurückbefördert und erscheinen als langperiodische Kometen.
 Jenseits der Bahn des Neptun war die
Teilchendichte zu gering, um Planeten
zu bilden. Die dort entstehenden Kleinkörper stellen heute den Kuipergürtel
dar. Auch die Bahnen der Objekte des
Kuipergürtels sind nicht immer stabil.
Manchmal gelangen Objekte aus dem
Kuipergürtel ins innere Sonnensystem.
Vermutlich stammen die meisten kurzperiodischen Kometen von dort.
Die Kometen verbringen daher den
größten Teil ihres »Lebens« weit entfernt
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von der Sonne in den Außenbereichen
des Sonnensystems. Die Temperaturen
sind dort so niedrig, dass die meisten
chemischen Reaktionen und physikalischen Prozesse nur sehr langsam ablaufen. Daher befinden sich die Kometen
noch weitgehend in ihrem »Urzustand«
wie zu der Zeit, als sie im Sonnennebel
entstanden. Ihre Erforschung liefert somit wichtige Informationen über die Bedingungen, die bei der Entstehung des
Sonnensystems geherrscht haben.
Der Aufbau der Kometen
In großer Entfernung von der Sonne bestehen die Kometen nur aus ihrem Kern
von typischerweise einigen Kilometern
Größe. Der Kern ist eine Mischung aus
Eis (Hauptbestandteil Wassereis H2O)
und Staub. Wenn der Komet sich der Sonne nähert, erwärmt sich seine Oberfläche
und das Eis beginnt zu sublimieren. Das
dabei entstehende Gas bewegt sich vom
Kometenkern weg und reißt dabei Staubteilchen mit sich. Daraus bildet sich die
Koma des Kometen, die einen Durchmesser von mehreren 100000 Kilometern erreicht (siehe Abb. 2).
Das Gas in der Koma ist der ultravioletten Strahlung der Sonne und dem
Sonnenwind ausgesetzt, so dass die
meisten Gasmoleküle dissoziiert und ionisiert werden. Der größte Teil der Was-
sermoleküle wird durch folgende Reaktionen in seine atomaren Bestandteile
zerlegt:
H2O ⇔ OH + H
OH ⇔ O + H
Die Lebensdauer der Moleküle beträgt
für beide Reaktionen bei einem Sonnenabstand von einer Astronomischen Einheit etwa einen Tag. Bei der Dissoziation
wird Überschussenergie frei, die vor allem in kinetische Energie der Wasserstoffatome umgewandelt wird. Der Wasserstoff wird dadurch von einer typischen Gasgeschwindigkeit in der Koma
von etwa einem Kilometer pro Sekunde
auf 10 bis 20 Kilometer pro Sekunde beschleunigt, was zur Bildung einer Wasserstoffwolke um den Kometen führt,
die erheblich ausgedehnter als die sonstige Koma ist.
Schließlich wird das Gas der Koma ionisiert. Die daraus entstehenden Ionen
werden vom Sonnenwind mitgenommen und bilden den Plasmaschweif des
Kometen, der etwa radial von der Sonne
weg zeigt. Im sichtbaren Spektralbereich
ist das hellste Ion CO+, das dem Ionenschweif seine typische bläuliche Färbung
verleiht.
Durch den Strahlungsdruck der Sonne werden die Staubteilchen in der Koma
»Sterne und Weltraum« im Physik-Unterricht
A
ls Ergänzung zu diesem Beitrag finden Sie unter der Internetadresse
www.wissenschaft-schulen.de grundsätzliche Betrachtungen zur Entstehung
der Kometenschweife.
Zu diesem Beitrag fragen wir: Warum
sehen wir Kometen nur für kurze Zeit?
Wie lösen sich Kometen auf? Welcher Zusammenhang besteht zu den allgegenwärtigen Sternschnuppen? Wieviele Ko-
metenkerne braucht man, um die Ostsee
zu füllen? Kometen bieten vielfältige interessante Anknüpfungspunkte zu schulischen Themen.
Unser Projekt »Wissenschaft in die
Schulen!« führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Donaueschingen durch.
Es wird von der Klaus Tschira Stiftung
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STERNE UND WELTRAUM
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c
Sonne

N
500 Meter
N
d
ebenfalls von der Sonne weg beschleunigt. Sobald der Staub weiter entfernt ist
von der Sonne als der Komet, wird seine Winkelgeschwindigkeit in Bezug zur
Sonne geringer und er bleibt hinter dem
Kometen zurück. Hierdurch erhält der
Staubschweif seine typische gebogene
Form.
Durch diesen Verdampfungsprozess,
bei dem Staub und Gas in den umgebenden Weltraum abgegeben werden, verliert der Komet bei jeder Annäherung
an die Sonne einen geringen Teil seiner
Masse. Nach etwa 1000 Periheldurchgängen haben die Schweifsterne somit
den größten Teil ihres Materials verloren. Übrig bleibt ein inaktives Objekt,
das starke Ähnlichkeiten mit einem
Asteroiden aufweist. Manche Kometen
zerbrechen und lösen sich in kleinere
Bestandteile auf.
Eigenschaften der Kometenkerne
Wie sehen nun Kometenkerne aus?
Während aus Beobachtungen der Koma
auf die grobe chemische Zusammensetzung der Kometen (und damit auch die
des Kerns) ermittelt werden kann, muss
man den Kern selbst untersuchen, um
seine physikalischen Eigenschaften zu
bestimmen. Kometenkerne sind allerdings nur schwer zu beobachten. In großer Entfernung von der Sonne ist der
nur wenige Kilometer große und dunkle
Kern sehr lichtschwach. Nähert er sich
der Sonne, so wird er von der um viele
Größenordnungen helleren Koma überstrahlt. Trotzdem bestimmte man die
ungefähre Größe und die Rotationsperiode vieler Kometenkerne durch Beobachtungen vom Erdboden aus oder mit
dem Weltraumteleskop HUBBLE.
Sonne
500 Meter
Bricht ein Kometenkern auseinander,
so lassen sich weitere Eigenschaften ableiten. Beim Zerbrechen wird frisches
Material frei, das noch nicht durch frühere Umläufe des Kometen um die Sonne
verändert wurde. Der spektakulärste Fall
eines zerbrechenden Kerns war der Komet Shoemaker-Levy 9 (SuW 10/1994, S.
680 ff): Er kam 1992 Jupiter zu nahe und
wurde durch die Gezeitenkräfte des Planeten in mehr als 20 Fragmente zerrissen.
Im Juli 1994 stürzten diese Bruchstücke
dann in die Atmosphäre des Jupiter. Aus
dem Zerfall des Kerns durch die (schwachen) Gezeitenkräfte konnte geschlossen
werden, dass die Zugfestigkeit des Kernmaterials sehr gering sein muss. Außerdem ergab sich zum ersten Mal die Dichte
eines Kometen, etwa 0.6 Gramm pro Kubikzentimeter. Der Kern war damit leichter als Wasser und sehr porös.
Der kurzperiodische Komet Schwassmann-Wachmann 3, seine Umlaufzeit
um die Sonne beträgt ungefähr 5.4 Jahre,
ist der erste zerbrochene Komet, bei dem
mehr als ein Bruchstück beim nächsten
Durchgang durch das Perihel wiederentdeckt wurde. Der Kern zerbrach 1995 in
mehrere Stücke. Als Gründe dafür kommen unter anderem zu schnelle Rotation
und explosionsartige Sublimation von
Gas im Inneren in Frage. Beim folgenden Periheldurchgang 2000/2001 wurden
drei Bruchstücke wiederentdeckt. Betrug
der geringste Abstand des Schweifsterns
von der Erde im Jahr 2001 etwa 1.8 Astronomische Einheiten, werden sich die
Bruchstücke im Mai 2006 der Erde bis auf
0.05 bis 0.08 Astronomische Einheiten
annähern. Damit ergibt sich die außergewöhnliche Gelegenheit, die einzelnen
Fragmente zu untersuchen. Möglicher-
Abb. 3: Von Raumsonden untersuchte Kometen:
a) Komet 1P/Halley während des
GIOTTO-Vorbeiflugs 1986. (Bild:
ESA/MPS)
b) Komet 19P/Borelly, aufgenommen von DEEP SPACE 1. (Bild:
NASA/JPL)
c) Komet Wild 2 in einem Falschfarbenkomposit unterschiedlich
belichteter Bilder. (Bild: NASA/
JHU-APL)
d) Der Komet Tempel 1 vor dem
Einschlag des Projektils von DEEP
IMPACT. (Bild: NASA/JPL)
weise können wir daraus Erkenntnisse
sowohl über die Ursachen des Zerbrechens als auch über die Homogenität des
Kerns gewinnen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels waren bereits drei
von vorherigen Periheldurchgängen bekannte und vier weitere Fragmente des
Kometen entdeckt worden.
Die Oberfläche eines Kometenkerns
kann man nur mit Raumsonden direkt
untersuchen. Die ersten Bilder eines Kometenkerns entstanden bei der Rückkehr
des Halleyschen Kometen im Jahr 1986,
als ihn insgesamt fünf Sonden erforschten
(Abb. 3 a). Die spektakulärsten Aufnahmen nahm die Halley Multicolor Camera (HMC) der ESA-Mission GIOTTO auf. Sie
zeigen einen sehr dunklen Kern mit einer
Albedo von 0.04, das heißt der Kern wirft
nur etwa vier Prozent des auf ihn fallenden
Sonnenlichts zurück. Seine Dimensionen
liegen bei 15 km  7 km  7 km, er ist damit größer als damals erwartet. Nur zehn
bis 15 Prozent der Oberfläche sind aktiv
und setzen Staub und Gas frei. Mehrere
vom Kern ausgehende fein gebündelte
Staubstrahlen ( Jets) wurden identifiziert.
Die Ergebnisse dieser Missionen waren
ein großer Schritt in der Erforschung der
Kometen, worauf später noch genauer
eingegangen wird.
Es dauerte 15 Jahre, bis wieder ein
Kometenkern aus der Nähe untersucht
wurde. Im September 2001 erreichte die
NASA-Mission DEEP SPACE 1 den Kometen
Borelly (Abb. 3 b). Die Sonde bestätigte
die wesentlichen Ergebnisse der HalleyMissionen. Auf den Bildern fand sich zudem eine geologisch komplexe Oberfläche mit »Bergen« und »Tälern«, was auf
einem Himmelskörper von etwa acht Kilometern Länge eine Überraschung darstellte. Die Sublimation des Eises von der
Oberfläche erwies sich als ein effizienter
Erosionsprozess.
Die kurzperiodischen Kometen Wild 2
(Vorbeiflug der Sonde STARDUST im Januar 2004) und Tempel 1 (Aufnahmen des
Kerns während der Mission DEEP IMPACT
im Juli 2005) komplettieren die genauSTERNE UND WELTRAUM
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27
HCN
CO
OH

CS
CH3CN
HNC
H2CO
CH3OH
H2S
Abb. 4: Die Produktionsrate verschiedener Moleküle für
Hale-Bopp in Abhängigkeit vom Abstand von der Sonne.
Links sind die Daten vor dem Perihel zu sehen, rechts
die Entwicklung nach dem Perihel (Quelle: N. Biver et
al., Earth, Moon, and Planets 90, 12, 2002).

Symbolerläuterungen:
Abb. 5: Die mittleren Häufigkeiten der chemischen Elemente im Staub des Kometen Halley (Quadrate) und in
der Photosphäre der Sonne (Kreise). Alle Häufigkeiten
sind auf diejenigen in den CI-Chondriten normiert, wobei die Häufigkeit von Magnesium auf eins gesetzt wurde. Die Fehlerbalken geben die Variabilität der gemessenen Staubteilchen an. (Bild: MPIK)
1031
4700
1029
1028
Sonnenoberfläche
Staub von Halley
50
Staub von Halley/C1-Chondrite
Produktionsrate [Moleküle/s]
1030
1027
1026
10
2
1
0.5
1025
0.1
10
5
2
1 1
2
5
heliozentrischer Abstand [AE]
er untersuchten Kometenkerne (Abb. 3 c
und 3 d). Die Oberflächen aller bisher aus
der Nähe beobachteten Kometen erscheinen dabei geologisch unterschiedlich. Bei
Wild 2 und Tempel 1 wurden erstmals
kreisförmige Strukturen entdeckt, bei
denen es sich möglicherweise um Einschlagskrater handelt.
Hale-Bopp und Hyakutake:
Gaskoma und Aktivität
Im Juli 1995 stießen die beiden amerikanischen Amateurastronomen Alan Hale
und Thomas Bopp auf einen Kometen,
der sich außergewöhnlich hell entwickelte (siehe Abb. 1). Er war ein außergewöhnlich heller Komet. Bei einem Abstand von sieben Astronomische Einheiten von der Sonne war er bereits 10 mag
hell, das heißt, er war mehr als 100mal
heller als Komet Halley beim gleichen Abstand. Etwa zwei Monate lang leuchtete
er heller als +1 mag, und bei seinem Periheldurchgang 1997 erreichte Hale-Bopp
eine Maximalhelligkeit von etwa –1 mag
und konnte selbst am hellen Stadthimmel
leicht gesehen werden.
Der japanische Amateur Yiji Hyakutake entdeckte Ende Januar 1996 einen
weiteren Schweifstern. Es stellte sich
schnell heraus, dass sich dieser Komet
Ende März 1996 der Erde auf etwa 0.1
28
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10
H
C
N O
Astronomische Einheiten nähern würde. Er erreichte schließlich eine Helligkeit von 0.5 mag.
Wegen der außergewöhnlichen Aktivität von Hale-Bopp – schon bei großem
Abstand von der Sonne – wurde erstmals
die Produktion verschiedener Gase in
der Koma über einen weiten Abstandsbereich von der Sonne hinweg verfolgt. Viele »Elternmoleküle« (das heißt Moleküle,
die direkt vom Kern sublimieren) können im Submillimeter- oder im Radiobereich beobachtet werden. Abb. 4 zeigt
die Ergebnisse für die meisten wichtigen
Elternmoleküle (es fehlt Kohlendioxid
CO2, das nur in den infraroten und ultravioletten Spektralbereichen sichtbar
ist). Auffälligerweise dominiert bei Entfernungen von mehr als drei Astronomischen Einheiten von der Sonne die
Sublimation von Kohlenmonoxid CO,
während bei Abständen von weniger als
2.5 Astronomischen Einheiten die Sublimation von Wasser (gemessen durch Beobachtungen des Dissoziationsprodukts
OH) für die Aktivität am wichtigsten ist.
Generell sublimieren die flüchtigsten
Moleküle bevorzugt bei großem Abstand
zur Sonne. Dies muss bei der Interpretation berücksichtigt werden.
Durch die große Helligkeit der Kometen Hyakutake und Hale-Bopp entdeckte
S Na K Mn Cr Si Fe Mg Ni Ca Ti Al
Flüchtigkeit
man auch zahlreiche bis dahin unbekannte Moleküle in Kometen. Darunter fanden
sich komplexe Verbindungen wie HCOOH
(Ameisensäure), NH2CHO, HCOOCH3
(Essigsäure) und HOCH2CH2OH (Äthylenglykol, das auf der Erde als Frostschutzmittel im Kühlwasser von Autos benutzt
wird). Generell ähnelt die Zusammensetzung der Kometen derjenigen der Eiskomponente des interstellaren Mediums. Dies
zeigt, dass die Bestandteile des kometaren
Eises im interstellaren Medium entstanden, als der Komet im solaren Urnebel gebildet wurde, und später nur wenig verändert wurden.
Deuterium und der Ursprung
des Wassers auf der Erde
Hyakutake und Hale-Bopp sind auch
die ersten Kometen, bei denen schweres
Wasser (HDO, dabei steht D für Deuterium) von der Erde aus gemessen werden
konnte. Das Verhältnis zwischen HDO
und »normalem« Wasser H2O ist wichtig,
um den Ursprung des Wassers der Ozeane auf der Erde zu erklären: Modellrechnungen zeigen, dass bei der Entstehung
der Erde die heute in den Ozeanen vorhandene Wassermenge nicht allein aus
den Planetesimalen stammt, die überwiegend aus dem inneren Sonnensystem kamen. Daher nimmt man an, dass spätere
Kometeneinschläge auf der jungen Erde
einen Großteil des Wassers in die Ozeane
brachten. Im Wasser der Ozeane kommen
etwa 6000 leichte Wasserstoffatome auf
ein Deuteriumatom. Im Wasserdampf,
der von den Schweifsternen Halley, HaleBopp und Hyakutake ausgeht, ist das Verhältnis von Deuterium zu leichtem Wasserstoff dagegen doppelt so hoch. Dies
spricht dagegen, dass das Wasser auf der
Erde überwiegend von Kometen stammt.
Ganz entschieden ist die Frage nach
dem Wasser jedoch nicht: Ein Teil der
langperiodischen Kometen aus der Oortschen Wolke, vielleicht auch die Kometen
Halley, Hyakutake und Hale-Bopp bildeten sich im Umfeld der Planeten Uranus
und Neptun. Manche Modelle für die Entstehung des Sonnensystems legen jedoch
eine Zunahme des D/H-Verhältnisses mit
dem Abstand von der Sonne nahe. Das
Wasser der Ozeane könnte somit eine
Mischung aus stark mit Deuterium angereichertem Wasser aus dem Bereich
von Uranus und Neptun sowie dem Kuipergürtel und deuteriumarmem Wasser
von Kometen aus der Region um Jupiter und Saturn sein. Eine andere – wahrscheinlichere – Quelle für deuteriumarmes Wasser sind dagegen die Asteroiden.
Planetesimale aus dem Asteroidengürtel
könnten das Wasser schon während der
Entstehungszeit der Erde ins innere Sonnensystem gebracht haben.
Um die Frage der Herkunft unserer
Ozeane zu klären, ist es notwendig, das
D/H-Verhältnis in Kometen verschiedener Herkunft zu messen. Einerseits gibt
es noch keine Beobachtungen von HDO
für einen kurzperiodischen Kometen
aus dem Kuipergürtel, andererseits ist
eine bessere Statistik für langperiodische Kometen notwendig. Statistisch gesehen kann man erwarten, dass ein Teil
von ihnen aus der Region um Jupiter und
Saturn stammt. Wenn die Modelle richtig sind, sollte man also Variationen des
D/H-Verhältnisses finden, wenn es gelingt, eine größere Zahl an Schweifsternen zu untersuchen.
Eine Antwort hierfür könnte schon
das neue Submillimeter-Teleskop APEX
(Atacama Pathfinder Experiment) liefern,
das im letzten Jahr in Chile in Betrieb genommen wurde. Es ist ein 12-m-Teleskop,
das als Prototyp für ALMA (Atacama Large
Millimeter Array) dient, welches in seiner
Endausbaustufe aus 64 solcher Teleskope
bestehen soll (siehe SuW 10/2005). Noch
in diesem Jahr könnte der Komet Schwassmann-Wachmann 3 während seines nahen Vorbeigangs an der Erde (siehe oben)
untersucht werden. Wenn ALMA selbst in
Betrieb genommen wird, voraussichtlich
im Jahre 2011, wird die Empfindlichkeit
im Submillimeter-Bereich natürlich noch
einmal erhöht. Weiterhin wird die ESA
2008 oder 2009 ihr Weltraumteleskop
HERSCHEL starten, das im fernen Infrarot und im Submillimeter-Bereich arbeitet. Es kann Spektrallinien nachweisen,
für die die Erdatmosphäre vollkommen
undurchlässig ist. Neben praktisch allen Linien von H2O gehört dazu auch die
stärkste Linie von HDO.
Zusammensetzung des Kerns
Wie stark veränderten sich die Kometen seit ihrer Entstehung in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften? Antworten auf diese Fragen lieferten
auch die Vorbeiflüge am Kometen Halley
im Jahr 1986, bei denen erstmalig die Zusammensetzung von Kometenmaterial
direkt gemessen wurde. Die Raumsonden VEGA 1 und VEGA 2 sowie GIOTTO
hatten speziell zu diesem Zweck entwickelte Staubanalyseinstrumente an Bord,
welche die Zusammensetzung einzelner
Staubkörnchen bestimmten (Abb. 5). Im
Vergleich mit den Elementhäufigkeiten in
der Photosphäre der Sonne zeigt sich, dass
die Häufigkeiten der Elemente, die schwerer als Sauerstoff sind, gut mit denen in
der Sonne übereinstimmen, während die
leichten Elemente Wasserstoff (H), Kohlenstoff (C), Stickstoff (N) und Sauerstoff
(O) im Kometenmaterial weniger häufig
sind. Offenbar haben die leichtflüchtigen
Elemente das Kometenmaterial wenigstens teilweise verlassen.
Die Sonne besitzt dagegen noch die
Zusammensetzung des Urnebels, aus
dem unser Sonnensystem vor etwa 4.6
Milliarden Jahren entstand. In der Abbildung sind die Elementhäufigkeiten auf
diejenigen der CI-Chondrite normiert.
Hierbei handelt es sich um eine Klasse
von Meteoriten, die aufgrund ihrer Element- und Isotopenhäufigkeiten als besonders ursprüngliches Material aus der
Entstehungsphase des Sonnensystems
angesehen wird. Die Häufigkeiten der
leicht flüchtigen Elemente im Staub des
Kometen Halley deuten darauf hin, dass
das Material dieses Kometen sogar noch
ursprünglicher, das heißt noch weniger
verändert, ist. Er stellt somit ein Stück des
ursprünglichsten Materials dar, das wir
heute kennen.
Die Häufigkeiten von organisch-chemischen Verbindungen wurden ebenfalls
im Material von Halley untersucht. Dabei zeigte sich, dass die organische Komponente hauptsächlich aus ungesättigten
Kohlenwasserstoff-Polymer-Verbindungen besteht, welche Moleküle aus C-H
und C-N-H enthalten. Einige Isotopenverhältnisse wurden ebenfalls gemessen.
Manche Teilchen zeigten dabei extreme
12C/13C-Verhältnisse von bis zum 50fachen des irdischen Werts.
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30
STERNE UND WELTRAUM
2
Mai 2006
kleinerer Fragmente führt. Dieses Phänomen diskutieren die Kometenforscher
seit längerer Zeit, bisher fand man jedoch
keine klaren Hinweise hierfür. Sollten zukünftige Untersuchungen dieses Bild bestätigen, zeigt dies, dass die Kometenmaterie nicht fest und kompakt ist, sondern
aus porösen, leicht zerbrechlichen Teilchen besteht.
STARDUST beförderte auch erstmalig
Kometenmaterie auf die Erde und macht
sie so für Untersuchungen im Labor zugänglich. Hierbei sind die in der Kometenmaterie enthaltenen organischen Moleküle, die möglicherweise eine wichtige
Rolle bei der Entstehung des Lebens auf
der Erde gespielt haben, von großem Interesse. Die Sonde besaß einen speziellen Kollektor, der beim Durchflug durch
die Koma Material einfing, ohne dabei
die Staubkörner und Moleküle zu zerstören. Der Kollektor verwendete ein so
genanntes Aerogel (Abb. 6), ein hochporöses, schwammartiges Glas, welches zu
99 Prozent aus Hohlräumen besteht. Eindringende Partikel werden so langsam abgebremst, dass sie nicht durch Erhitzung
verändert oder zerstört werden. Knapp
drei Jahre nach dem Rendezvous mit
dem Kometen flog Stardust am 15. Januar
2006 erneut an der Erde vorbei und warf
3
4
Abb. 6: a) Der NASA-Wissenschaftler Peter Tsou präsentiert
ein Stück Aerogel. (Bild: NASA/
JPL)
b) Spuren von Kometenstaubteilchen im Aerogel des STARDUST-Staubfängers,
aufgenommen nach der Landung der Rückkehrkapsel im Januar 2006 im
US-Bundestaat Utah (siehe SuW
3/2006, S. 10). Die eigentlichen
Staubkörner befinden sich oben
an der Spitze der Spuren (Pfeile).
(Bild: NASA/JPL)

Im Januar 2004 bot sich eine weitere
Gelegenheit zur direkten Untersuchung
eines Kometenkerns, als die NASA-Sonde
STARDUST in einem Abstand von nur 236
Kilometern am Kern des Kometen Wild 2
vorbeiflog. Untersuchungen des Staubs
ergaben überraschenderweise eine überwiegend organische Zusammensetzung
der Teilchen. Die gemessenen Einschlagraten der Teilchen zeigen zwei Maxima
in der Zählrate. Wie erwartet, beobachtete man ein Maximum bei der größten
Annäherung an den Kometenkern, ein
zweites etwa zwölf Minuten danach, als
die Sonde sich bereits wieder etwa 4000
Kilometer vom Kern entfernt hatte. Dieses zweite Maximum deutet auf einen
fein gebündelten Materiestrahl (Jet) aus
Staubteilchen hin, der das Raumfahrzeug traf. Solche Jets finden sich auf den
Bildern der Kometen Halley und Tempel 1 (siehe Abb. 3).
Ein besonders interessantes Phänomen hierbei ist, dass die Zählrate der
Staubteilchen innerhalb weniger Sekunden sehr viel stärker variiert, als man es
alleine durch statistische Schwankungen
erwarten würde. Solche starken Variationen lassen sich durch das Zerplatzen von
Staubteilchen in der Nähe des Detektors
erklären, was wiederum zu einer Vielzahl

b
Abb. 7: Der Einschlag des Projektils von DEEP IMPACT auf den Kometen Tempel 1. Es handelt sich
um eine rasche Folge von Bildern
mit 50 ms Belichtungszeit, die
Gesamtdauer der Sequenz beträgt nur etwa 0.7 Sekunden. Bei
den horizontalen Streifen im 7.
und 8. Bild handelt es sich um
Artefakte, die durch Überbelichtung einzelner Pixel des CCD entstanden. (Bild: A’hearn et al.,
Science 310, 285 – 264 (2005))
5
6
1.6

Öffnung = 1 Pixel
Öffnung = 2 Pixel
Öffnung = 3 Pixel
Öffnung = 4 Pixel
Öffnung = 5 Pixel
1.4
relative Intensität
1.2
1.0
0.8
Abb. 8: Der Anstieg der Intensität der OH-Emission im nahen
Ultraviolett nach dem Einschlag
des Projektils von DEEP IMPACT,
gemessen von der Kometensonde
ROSETTA mit der Kamera OSIRIS. Die
Intensität ist proportional zu der
Anzahl der Moleküle. Da OH ein
Zerfallsprodukt des Wassers ist,
kann man aus seiner Zunahme
die Wasserproduktion während
des Einschlags berechnen. Die
verschiedenen Kurven repräsentieren Bildregionen verschiedener Größe von 31 000 bis 156 000
Kilometer um den Kometenkern.
(Bild: nach Michael Küppers)
Einschlag
Allerdings ist diese Interpretation wegen
der Wechselwirkung des beim Einschlag
0.6
erzeugten Materials mit der Koma des
Kometen noch unklar.
DEEP IMPACT verwendete auch ein Infrarotspektrometer, um die Zusammen0.4
–100
–50
0
50
100
150
200
250 setzung der Kometenkoma vor dem Einschlag und das aus dem Krater ausgeworZeit [Stunden]
fene Material aus dem Kometeninneren
eine Wiedereintrittskapsel ab, in der sich des Kometenmaterials im Mittelpunkt. zu untersuchen. Es wies einen starken
der Aerogel-Kollektor befand. Die Kapsel Besonders interessant ist, in wie weit sich Anstieg des organischen Materials relativ
ging an einem Fallschirm auf einem aus- die Zusammensetzung des Kometenin- zu Wasser und eine schwächere Zunahgetrockneten Salzsee im US-Bundesstaat neren von derjenigen der Oberfläche un- me des CO2/H2O-Verhältnisses nach. Zur
Utah nieder. Schon mit dem bloßen Auge terscheidet.
Zeit ist noch nicht klar, ob dies wirklich
lassen sich tausende Kometenteilchen
In Abb. 7 ist die Entwicklung der Ein- eine Inhomogenität in der Zusammensetanhand ihrer Bremsspuren im Aerogel schlagswolke während der ersten halben zung des Kometen ist. Dieses würde auf
erkennen. Wenn die Extraktion der Teil- Sekunde nach dem Einschlag des Projek- mehr organisches Material im Inneren rechen gelingt, können sie in irdischen La- tils zu sehen. Zwei Lichtblitze sind sicht- lativ zur Oberfläche hindeuten. Der hohe
bors viel genauer untersucht werden als bar: Der erste und schwächere, im 4. und organische Anteil könnte auch durch die
dies an Bord einer Sonde möglich wäre 5. Teilbild, entstand vermutlich durch mit dem Einschlag verbundenen hohen
(siehe S. 12 in diesem Heft). Man darf auf die Verdampfung des Projektils sowie Temperaturen verbunden sein, die zu eidie neuen Erkenntnisse über die Entste- von Kometenmaterial. Der zweite Licht- ner verstärkten Verdampfung von Staub
hung der Kometen gespannt sein.
blitz (im 6. bis 8. Teilbild) zeigt die Erup- führten, wodurch mehr organisches Mation von Material aus dem sich formen- terial freigesetzt wurde.
DEEP IMPACT und das Innere
den Krater. Es entstand eine Wolke aus
Die Gesamtmasse des beim Einschlag
von Kometenkernen
heißem Material, welches sich schnell freigesetzten Materials und dessen langDas wahrscheinlich am wenigsten verän- (mit sieben bis zehn Kilometer pro Se- fristige zeitliche Entwicklung konnte
derte Material des Sonnensystems befin- kunde) von der Einschlagstelle entfern- DEEP IMPACT nicht messen. Auch war die
det sich im Inneren von Kometenkernen, te (besonders gut ist dies im 9. Teilbild Instrumentierung der Sonde durch die
das in viel geringerem Maße als die Ober- zu sehen). Die Kraterbildung setzte sich mit Weltraummissionen verbundene
fläche von der Sonne erwärmt wird. Auch noch über mehrere Minuten fort. Auch Massenbeschränkung sehr begrenzt. Eine
die Kosmische Strahlung dringt nicht tief das letzte Bild von DEEP IMPACT, 45 Minu- weltweite Kampagne zur Beobachtung
ins Innere ein. Die Mission DEEP IMPACT ten nach dem Einschlag aufgenommen, des Schweifsterns in den Wochen und
(siehe SuW 9/2005, S. 20) schoss ein 370 zeigt noch eine Wolke ausgeworfenen Monaten vor und nach dem Einschlag unKilogramm schweres Projektil in den Ko- Materials, die mit dem Kern verbunden terstützte daher die Mission. 73 Teleskometen 9P/Tempel 1. Das »Mutterschiff« be- ist. Ein derart langsamer Auswurf ist pe auf sechs Kontinenten der Erde sowie
obachtete die Folgen des Einschlags des normalerweise charakteristisch für ei- mehrere Weltraummissionen beteiligten
Projektils auf den Kometen. Neben Fra- nen Einschlag in einen großen Körper sich an der Beobachtungskampagne. Seitgestellungen der Einschlagsphysik stand (beim Kometen Tempel 1 nicht der Fall) dem ist Tempel 1 einer der am besten undabei die physikalische Beschaffenheit oder in Material geringer Zugfestigkeit. tersuchten Kometen überhaupt.
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Abb. 9: Künstlerische Darstellung
des Landegeräts PHILAE der Sonde
ROSETTA auf dem Kern des Kometen Churyumov-Gerasimenko im
Jahr 2014. (Bild: ESA)
Die Gesamtproduktion von Eis und
Staub wurde zum Beispiel von den Kameras auf der ROSETTA-Mission bestimmt,
die zur Zeit zum Kometen ChuryumovGerasimenko unterwegs ist. In Abb. 8 ist
der Anstieg der Anzahl der aus dem Zerfall von Wasser entstandenen OH-Moleküle zu sehen. Er erlaubt die Abschätzung
der Masse des beim Einschlag freigesetzten Wassers, etwa 500 Tonnen. Dies
ist deutlich weniger als die gemessene
Staubmenge. Der Kometenkern ist eher
ein »eisiger Staubball« als ein »schmutziger Schneeball«.
Die Beobachtungen von der Erde und
vom Weltraum zeigten, dass der Einschlag von DEEP IMPACT keine langfristigen
Konsequenzen für Komet Tempel 1 hatte:
Nach etwa einer Woche war das beim Einschlag entstandene Material nicht mehr
nachzuweisen. Es bildete sich keine dauerhafte neue Struktur in der Koma (zum
Beispiel ein neuer Jet).
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STERNE UND WELTRAUM
Mai 2006
Ausblick: ROSETTA bei Komet
Churyumov-Gerasimenko
Die Raumsonde ROSETTA wird in einigen Jahren wesentlich umfassendere
Untersuchungen eines Kometen erlauben. Nach einer Flugzeit von zehn Jahren wird sie im Jahr 2014 am Kometen
Churyumov-Gerasimenko ankommen
und diesen für mindestens ein Jahr auf
seiner Bahn um die Sonne begleiten. RO SETTA führt ein Landegerät namens »P HI LAE« mit, welches erstmals eine weiche
Landung auf einem Kometenkern versucht (Abb. 9).
Es soll die Oberfläche und den inneren
Aufbau des Kerns direkt untersuchen,
während die den Kern begleitende »Muttersonde« parallel dazu Untersuchungen
der inneren Koma durchführt. Dabei soll
die Zusammensetzung und insbesondere der innere Aufbau des Kometenkerns
wesentlich genauer als bisher bestimmt
werden. Wir hoffen damit, die Entstehungsbedingungen in der Frühzeit unseres Sonnensystems besser verstehen
zu können. Hoffentlich wird dies auch
Antworten auf Fragen über die Entstehung von Planeten in anderen Sonnensystemen liefern.
□
Michael Küppers arbeitet am Max-PlanckInstitut für Sonnensystemforschung
(MPS)
in Katlenburg-Lindau.
Sein Hauptarbeitsgebiet sind Kometen,
u. a. ist er Wissenschaftskoordinator des Kamerasystems OSIRIS bei der ROSETTA-Mission. Außerdem
interpretiert er Daten der HUYGENS-Mission, die im
Januar 2005 auf dem Saturnmond Titan landete.
Harald Krüger arbeitet ebenfalls am MPS
an der Erforschung der
Kometen und von kosmischem Staub. Er ist
an der ROSETTA-Mission
beteiligt, die ab 2014
den Kometen Churyumov-Gerasimenko untersuchen soll. Außerdem
leitet er Untersuchungen mit einem Staubmessinstrument an Bord der Raumsonde ULYSSES.
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