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Brustkrebs der Frau
Leitlinie
Empfehlungen der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie
hämatologischer und onkologischer Erkrankungen
Herausgeber
DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und
Medizinische Onkologie e.V.
Alexanderplatz 1
10178 Berlin
Geschäftsführender Vorsitzender: Prof. Dr. med. Carsten Bokemeyer
Telefon: +49 (0)30 27 87 60 89 - 0
Telefax: +49 (0)30 27 87 60 89 - 18
[email protected]
www.dgho.de
Ansprechpartner
Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann
Medizinischer Leiter
Quelle
www.onkopedia.com
Die Empfehlungen der DGHO für die Diagnostik und Therapie hämatologischer und
onkologischer Erkrankungen entbinden die verantwortliche Ärztin / den verantwortlichen
Arzt nicht davon, notwendige Diagnostik, Indikationen, Kontraindikationen und Dosierun­
gen im Einzelfall zu überprüfen! Die DGHO übernimmt für Empfehlungen keine Gewähr.
Inhaltsverzeichnis
1 Was ist das? ................................................................................................. 3
1.1 Was ist Brustkrebs? ......................................................................................................... 3
1.1.1 Wie häufig ist Brustkrebs bei Frauen? .......................................................................... 3
1.1.2 Wie entsteht Brustkrebs?.............................................................................................. 4
1.2 Gibt es Methoden der Vorbeugung und Früherkennung? ................................................ 4
1.2.1 Vorbeugung .................................................................................................................. 4
1.2.2 Früherkennung ............................................................................................................. 4
2 Krankheitszeichen ........................................................................................ 5
2.1 Welche Krankheitszeichen sind typisch?.......................................................................... 5
3 Untersuchungen ........................................................................................... 6
3.1 Wie wird Brustkrebs festgestellt?..................................................................................... 6
3.1.1 Welche Untersuchungen sind erforderlich? .................................................................. 6
3.1.2 Was bedeutet die Stadieneinteilung? ........................................................................... 7
4 Behandlung .................................................................................................. 8
4.1 Welche Formen der Behandlung gibt es? ........................................................................ 8
4.1.1 Wie wird in frühen Stadien behandelt? ......................................................................... 9
4.1.1.1 Operation ................................................................................................................... 9
4.1.1.2 Bestrahlung ............................................................................................................. 10
5 Medikamente............................................................................................... 11
5.1 Ergänzende (adjuvante) Hormontherapie ...................................................................... 11
5.1.1 Hormontherapie.......................................................................................................... 12
5.1.1.1 Vor und in den Wechseljahren ................................................................................. 12
5.1.1.2 Nach den Wechseljahren ......................................................................................... 13
5.2 Ergänzende Chemotherapie .......................................................................................... 13
5.2.1 Wann wird eine Chemotherapie empfohlen? .............................................................. 14
5.2.2 Welche Medikamente werden eingesetzt?.................................................................. 15
5.3 Ergänzende anti - HER2 Behandlung ............................................................................. 15
5.4 Andere ergänzende Behandlung.................................................................................... 16
5.5 Wie wird behandelt, wenn der Krebs in der Brust fortgeschritten ist? ........................... 17
5.5.1 Chemotherapie vor einer Operation ........................................................................... 17
5.5.2 Multimodale Therapie ................................................................................................. 17
5.6 Wie wird bei einem Rückfall in der Brust behandelt?..................................................... 17
5.7 Wie wird behandelt, wenn sich Metastasen im Körper gebildet haben? ........................ 18
5.7.1 vor oder in den Wechseljahren ................................................................................... 19
5.7.2 nach den Wechseljahren............................................................................................. 20
5.8 Chemotherapie und Antikörper...................................................................................... 21
1
6 werden Medikamente einzeln eingesetzt? Wann werden Medikamente
kombiniert? .................................................................................................... 22
7 Welche Medikamente gibt es? ......................................................................22
8 Welche Alternativen gibt es? ........................................................................ 24
8.1 HER2 Therapie ............................................................................................................... 24
9 Wie wird behandelt, wenn sich die Metastasen zurückgebildet haben? ...........25
10 Welche unterstützende Behandlung zur Linderung von Beschwerden gibt es? ..
26
10.1 Knochenmetastasen .................................................................................................... 26
10.1.1 Leber- und Lungenmetastasen ................................................................................. 27
10.2 Metastasen im Gehirn .................................................................................................. 27
10.3 Flüssigkeit im Rippenfell .............................................................................................. 27
11 Nachsorge ................................................................................................. 27
11.1 Welche Reha - Angebote gibt es? ................................................................................ 28
11.2 Was ist Bestandteil der Nachsorge?............................................................................. 28
13 weitere Infos ............................................................................................. 28
13.1 Wo bekomme ich weitere Informationen? ................................................................... 28
14 Wer behandelt? ......................................................................................... 29
14.1 Onkologische Zentren.................................................................................................. 29
14.2 DGHO Mitgliederdatenbank ......................................................................................... 29
14.3 Zertifizierte Brustzentren............................................................................................. 29
15 Anschriften der Verfasser........................................................................... 29
2
Brustkrebs der Frau
Stand: Juli 2010
1 Was ist das?
http://www.wikipaintings.org/en/henri-matisse/nude-with-oranges-1951
1.1 Was ist Brustkrebs?
Brustkrebs ist der häufigste bösartige Tumor der Frau. Der Krebs geht in der Regel von
Brustdrüsengewebe aus. Die häufigste Form wird vom Pathologen als ‚invasives duktales
Karzinom‘ bezeichnet. Andere, seltenere Formen sind das invasive lobuläre, das tubuläre,
das muzinöse und das medulläre Karzinom. Das duktale Carcinoma in situ (DCIS) und die
atypische duktale Hyperplasie (ADH) sind Vorstufen von Brustkrebs. Thema dieses Kapitels
ist der invasive Brustkrebs der Frau. Der Brustkrebs des Mannes wird in einem eigenen Kapi­
tel abgehandelt (Brustkrebs des Mannes).
1.1.1 Wie häufig ist Brustkrebs bei Frauen?
In Deutschland wird die Zahl der Neuerkrankungen auf 58.000 pro Jahr geschätzt. Brustkrebs
macht 29 % aller Krebserkrankungen bei Frauen aus. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei
64 Jahren. Die Zahl von Patientinnen war von 1980 bis 2000 langsam angestiegen, in den
letzten Jahren ist die Zahl etwa gleich geblieben.
3
1.1.2 Wie entsteht Brustkrebs?
Das Risiko für eine Erkrankung an Brustkrebs wird durch unterschiedliche Faktoren erhöht.
Sie können in die folgenden Gruppen eingeordnet werden:
• vererbt (ca. 5 % der Neuerkrankungen)
◦ vermehrtes Auftreten von Brust - und / oder Eierstockkrebs auf einer Seite der
Familie, d. h. mütterlicher- oder väterlicherseits
◦ Familien mit Mutationen im BRCA1 oder BRCA2 Gen
◦ Peutz - Jeghers - Syndrom
◦ Ataxia teleangiectasia
◦ Cowden - Syndrom
• hormonell
◦ früher Eintritt der Pubertät
◦ späte Eintritt in die Wechseljahre
◦ späte Schwangerschaft
◦ Adipositas, Gewichtszunahme nach den Wechseljahren
◦ Behandlung mit Hormonersatzmedikamenten (HRT) nach den Wechseljahren
• erworben
◦ Bestrahlung der Brust im Kindes- oder Jugendalter
◦ hoher Alkoholkonsum
• Vorgeschichte: Brustkrebs in der anderen Brust
1.2 Gibt es Methoden der Vorbeugung und Früherkennung?
1.2.1 Vorbeugung
Die allgemeinen Empfehlungen zur Vorbeugung beziehen sich auf die erworbenen Risikofak­
toren:
• Übergewicht vermeiden, Gewichtszunahme nach den Wechseljahren vermeiden
• regelmäßige, körperliche Bewegung
• Verzicht auf hohen Alkoholkonsum
Die Unterdrückung
hormonabhängigem
abgewogen werden.
krebs, vom Alter der
der Wirkung von weiblichen Hormonen vermindert das Risiko von
Brustkrebs. Dieser Nutzen muss sorgfältig gegen die Nebenwirkungen
Eine solche Entscheidung hängt ab von der Höhe des Risikos für Brust­
Patientin und vom Risiko für Nebenwirkungen.
1.2.2 Früherkennung
Die Brustkrebs - Früherkennung ist in Deutschland anerkannt. Zu den Leistungen der gesetz­
lichen Krankenkassen im Rahmen der Krebs - Früherkennung für Frauen gehören
• jährliche Untersuchung der Brust durch einen Arzt ab dem 30. Lebensjahr (Abtasten)
4
• zweijährliche Mammographie bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren
Die gesetzlichen Voraussetzungen für das Mammographie - Programm (MammographieScreening) wurden im Jahre 2002 geschaffen.
2 Krankheitszeichen
http://www.wikipaintings.org/en/henri-matisse/nude-1
2.1 Welche Krankheitszeichen sind typisch?
Typische Veränderungen der Brust sind
• tastbarer Knoten
• Hautveränderung über dem Tumor (die Haut sieht wie die Schale einer Apfelsine aus)
• Einziehung der Haut
• Veränderung der Form der Brust, auch im Vergleich mit der anderen Brust
• Einziehung der Brustwarze
• Austritt von Flüssigkeit oder von Blut aus der Brustwarze
• Rötung und Hitzegefühl in der gesamten Brust beim entzündlichen (inflammatorischen)
Brustkrebs
Selten kann sich der Brustkrebs im fortgeschrittenem Stadium auf die ganze Brust ausdeh­
nen und zur offenen Stellen mit Geschwüren führen. In frühen Stadien der Krankheit sind
Patientinnen in ihrer Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Wenn die Krankheit fortgeschrit­
ten ist, kann es zu Gewichtsabnahme und verminderter Leistungsfähigkeit kommen. Weitere
Krankheitszeichen sind Schwellung des Arms bei Befall der Lymphknoten in der Achselhöhle,
Schmerzen bei Befall von Knochen, Husten und Luftnot bei Befall von Lunge oder Rippenfell,
Gelbsucht bei fortgeschrittenen Lebermetastasen und Nervenausfälle bei Befall des Gehirns.
5
3 Untersuchungen
Quelle: Prof. Dr. U. Fischer, Göttingen
3.1 Wie wird Brustkrebs festgestellt?
3.1.1 Welche Untersuchungen sind erforderlich?
Die Krankengeschichte und eine komplette körperliche Untersuchung sind Grundlage der
weiteren Untersuchungen. Nächstes Ziel ist die Bestätigung oder der Ausschluss des
Verdachts auf Brustkrebs. Die Untersuchungen sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Tabelle 1: Untersuchungen bei neu aufgetretenen Krankheitszeichen Untersuchung
Anmerkung
Mammographie bds.
Methode der ersten Wahl
Biopsie (Stanzbiopsie, Vakuumbiopsie oder offene Biopsie)
Ultraschalluntersuchung der Brust und der Lymphknoten
Kernspintomographie beidseits mit Kontrastmittel
wenn immer möglich zur besseren Beurteilung der Ausdehnung der
Krankheit
Quelle: Prof. Dr. U. Fischer, Göttingen
Wenn ein Brustkrebs sicher festgestellt wurde, schließen sich Untersuchungen zur Ausbrei­
tung der Krankheit (Staging) an, siehe Tabelle 2. Diese umfangreichen Untersuchungen
werden nur bei Patientinnen mit einer Tumorgröße ≥ 2 cm empfohlen. Metastasen können in
fast allen Teilen des Körpers auftreten. Am häufigsten sind Knochen, Leber und Lunge befal­
len.
Tabelle 2: Untersuchung zur Ausbreitung der Krankheit Verdacht
Untersuchung (1. Wahl)
Untersuchung zur Bestätigung / bei Unklarheit
Knochenmetastasen
Skelettszintigrafie
Röntgen, Kernspintomographie
6
Verdacht
Untersuchung (1. Wahl)
Untersuchung zur Bestätigung / bei Unklarheit
Lebermetastasen
Ultraschalluntersuchung des Bauchs
Computertomographie des Bauchs
Lungenmetastasen
Röntgen Brustkorb in 2 Ebenen
Computertomographie des Brustkorbs
Metastasen im Gehirn
Computertomographie oder Kernspintomogra­
phie
3.1.2 Was bedeutet die Stadieneinteilung?
Das Stadium bei Diagnosestellung zeigt an, wie weit ein bösartiger Tumor fortgeschritten ist.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Einteilung. Durchgesetzt haben sich die TNM Klassifi­
kation und das System der UICC (Union Internationale Contre le Cancer). In der TNM Klassifi­
kation erfolgt die Einteilung nach der Größe des Tumors in der Brust (T), nach dem Befall von
Lymphknoten (N) und nach dem Vorliegen von Metastasen in anderen Organen (M). Das
System der UICC (Union Internationale Contre le Cancer) fasst Informationen der TNM Klassi­
fikation zusammen und unterteilt die Stadien 0 - IV, siehe Tabelle 3.
Tabelle 3: Einteilung der Tumorstadien (UICC, TNM) Stadium
Tumor in der Brust
Lymphknoten
Fernmetastasen
0
Tis
N0
M0
I
T1mic, T1
N0
M0
IIA
T0, T1mic, T1
N1
M0
T2
N0
M0
T2
N1
M0
T3
N0
M0
T0, T1mic, T1, T2
N2
M0
T3
N1
M0
IIIB
T4
N0 – 2
M0
IIIC
alle T
N3
M0
IV
alle T
alle N
M1
IIB
IIIA
Der Befund der Pathologie enthält Aussagen zu weiteren Risikofaktoren:
G - Grading
L - Befall von Lymphgefäßen, Einteilung nach der L-Klassifikation
R - Restzustand nach Operation; Einteilung nach der R-Klassifikation
V - Befall von Blutgefäßen, Einteilung nach der V-Klassifikation
7
4 Behandlung
http://www.powerpoint-aktuell.de/uploads/tx_pplarchive/02_2011_KBB_05.png
4.1 Welche Formen der Behandlung gibt es?
In frühen Stadien kann operiert, bestrahlt und mit Medikamenten behandelt werden. Eine
wichtige Voraussetzung für die Behandlungsempfehlungen ist, dass die Untersuchungser­
gebnisse ‚stimmen‘. Die S3 Leitlinie enthält umfangreiche Anforderungen zur Sicherung der
Qualität von Befunden der Pathologie. Bei einem unklaren Ergebnis kann es auch sinnvoll
sein, eine Referenzbegutachtung (Zweitmeinung) zu veranlassen.
Ein Schema für die Entscheidungen über die Erstbehandlung ist in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Entscheidung über die Erstbehandlung Legende:
1 Die Behandlung mit Medikamenten umfasst die Hormonbehandlung und / oder Chemotherapie und / oder die
Behandlung mit monoklonalen Antikörpern
8
4.1.1 Wie wird in frühen Stadien behandelt?
Als frühes Stadium werden alle Tumoren in einem Stadium ≤ IIB nach der UICC Klassifikation
bezeichnet. Für eine Berechnung des Rückfallrisikos steht mit ‚Adjuvant Online‘ eine
englischsprachige Datenbank im Internet zur Verfügung, siehe Kapitel 8 ‚Wo bekomme ich
weitere Informationen?‘
4.1.1.1 Operation
4.1.1.1.1 Operation der Brust
Grundlage der Behandlung beim Brustkrebs in frühen Stadien ist die Operation des Tumors
mit einem Sicherheitsrand von mindestens 1 mm. Der Sicherheitsabstand muss vom Patho­
logen bestätigt werden, der Befund wird dann in der R Klassifikation als R0 bezeichnet.
Grundsätzlich gibt es zwei Operationsmöglichkeiten: Eine brusterhaltende Operation oder
eine radikale Operation. Bezüglich der Überlebenschancen sind diese beiden Methoden
gleichwertig. Bei der Mehrzahl von Patientinnen wird heute eine brusterhaltende Operation
mit anschließender Bestrahlung durchgeführt.
Gründe für eine brusterhaltende Operation sind
• kleiner Tumor, günstiges Verhältnis von Tumorgröße zur Gesamtgröße der Brust
• ausreichender Sicherheitsabstand (R0) kann erreicht werden
Gründe für eine radikale Operation sind
• Tumor an mehr als einer Stelle in der Brust
• ausgedehnte Verkalkungen (auch Mikrokalk) mit Verdacht auf Bösartigkeit in der
Mammographie
• kein ausreichender Sicherheitsabstand bei einer brusterhaltenden Operation
• entzündlicher Brustkrebs
• voraussichtlich nicht zufrieden stellendes kosmetisches Ergebnis bei brusterhaltender
Operation
• Gründe gegen eine Nachbestrahlung nach brusterhaltender Operation
• Wunsch der Patientin
Ein Wiederaufbau der Brust kann bei der ersten Operation oder zu einem späteren Zeitpunkt
durchgeführt werden.
4.1.1.1.2 Operation der Achselhöhle
Informationen über Metastasen in den Lymphknoten sind wichtig für die Feststellung des
Krankheitsstadiums und für die weitere Behandlung. Der normale Abfluss der Lymphe aus
der Brust geschieht über die Lymphgefäße und Lymphknoten der Achselhöhle. Früher wurde
deshalb bei den meisten Patientinnen eine Operation der Achselhöhle durchgeführt, bei der
9
mindestens 10 Lymphknoten entfernt und untersucht wurden. Heute wird als Standard nur
der Wächter - Lymphknoten entfernt, manchmal werden zwei Lymphknoten operiert. Wenn
dieser Lymphknoten oder diese Lymphknoten nicht befallen sind, ist die Wahrscheinlichkeit
eines Befalls weiterer Lymphknoten der Achselhöhle gering.
Die radikale Operation der Achselhöhle und die Technik der Wächterlymphknoten führen zur
gleich guten Kontrolle der Metastasen in der Achselhöhle, die Technik der Wächterlymphkno­
ten hat weniger Nebenwirkungen.
Wenn der oder die Wächterlymphknoten befallen sind, ist eine ausgedehnter Operation der
Achselhöhle mit Entfernung von mindestens 10 Lymphknoten aus der ersten und der zweiten
Reihe erforderlich. Wenn bei einer Patienten bereits Fernmetastasen bekannt sind, ist die
zusätzliche Operation der Achselhöhle nicht erforderlich.
4.1.1.2 Bestrahlung
Bei Patientinnen mit brusterhaltender Operation senkt die Bestrahlung der Brust das Risiko
für einen Rückfall in der betroffenen Brust. Die Bestrahlung kann auch zur Verlängerung der
Überlebenszeit beitragen. Sie sollte 4 - 6 Wochen nach der Operation oder nach Abschluss
einer Chemotherapie begonnen werden. Wenn Bestrahlung und Chemotherapie nach einer
Operation miteinander kombiniert werden, richtet sich die Reihenfolge der beiden Behand­
lungsformen nach dem Rückfallrisiko der betroffenen Patientin. Wenn das Risiko für einen
Rückfall in der Brust im Vordergrund steht, beginnt die nachfolgende Behandlung mit der
Bestrahlung. Wenn das Risiko für Fernmetastasen im Vordergrund steht, beginnt die nachfol­
gende Behandlung mit der Chemo- oder Antiköpertherapie.
4.1.1.2.1 Brust / Brustwand
Bei Patientinnen mit brusterhaltender Operation ist eine ergänzende Bestrahlung der betrof­
fenen Brust erforderlich. Bestrahlt werden die gesamte verbliebene Brust und die angren­
zende Brustwand. Über die bestmögliche Technik der Bestrahlung wird aktuell diskutiert.
Standard ist die Gabe von insgesamt 50 Gy, verteilt auf 25 Bestrahlungen innerhalb von 5
Wochen. Eine mögliche Alternative ist die Gabe von 40 - 42,5 Gy, verteilt auf 15 - 16
Bestrahlungen innerhalb von 3 Wochen.
Die zusätzliche gezielte Bestrahlung des Tumorbetts (Boost-Bestrahlung) mit 10- 16 Gy führt
zu einer weiteren Senkung des Risikos für einen Rückfall in der Brust. Eine Beschränkung der
Bestrahlung auf einen Teil der Brust ist kein Standard.
Nach einer radikalen Operation der Brust ist eine Bestrahlung der Brustwand dann sinnvoll,
wenn Lymphknoten befallen waren, insbesondere bei mehr als 3 betroffenen Lymphknoten.
Bei dieser Risikogruppe kann die Bestrahlung das Risiko für einen Rückfall an der Brustwand
senken und auch das Risiko, an den Folgen von Brustkrebs zu versterben. Eine Bestrahlung
kann auch empfohlen werden, wenn andere Risikofaktoren vorliegen: Alter < 40 Jahre,
Lymphgefäße oder Blutgefäße im Befund der Pathologie betroffen, Tumorstadium pT2 mit
einem Durchmesser > 3 cm, Tumorwachstum in den Brustmuskel, R1 oder R2 nach der R
Klassifikation.
10
4.1.1.2.2 Regionale Lymphabflusswege
Der Wert einer ergänzenden Bestrahlung der Lymphabflusswege ist bisher nicht eindeutig
durch große vergleichende Studien belegt. In der aktuellen S3 Leitlinie wird eine Bestrahlung
der Lymphabflusswege in der Achselhöhle bei folgenden Patientinnen empfohlen:
• Resttumor der Achselhöhle
• Befall des Wächterlymphknotens, aber keine anschließende Operation der Achselhöhle
Eine zusätzliche Bestrahlung der Lymphabflusswege ober- und unterhalb des Schlüsselbeins
wird bei folgenden Patientinnen empfohlen:
• Befall von ≥ 4 befallenen Lymphknoten in der Achselhöhle
• Befall von Lymphknoten aus der dritten Reihe der Lymphknoten in der Achselhöhle
• andere Gründe für eine Bestrahlung der Achselhöhle
5 Medikamente
http://www.nationalgeographic.com/lewisandclark/record_species_348_12_8.html
5.1 Ergänzende (adjuvante) Hormontherapie
Bei 80 % der Patientinnen ist der Brustkrebs empfindlich für Östrogene oder Progesteron.
Diese weiblichen Hormone können das Wachstum der Krebszellen anregen. Die Behandlung
hat das Ziel, diesen Weg zu blockieren. Eigentlich ist die so genannte Hormonbehandlung
eine Anti - Hormonbehandlung. Die Wahrscheinlichkeit für eine Empfindlichkeit der Tumore
für Östrogene wird an der Gewebsprobe durch Bestimmung der Östrogenrezeptoren unter­
sucht.
Tabelle 4: Nachweis von Östrogenrezeptoren und Beurteilung der Empfindlichkeit für eine Hormontherapie % der Zellen mit Östrogenrezeptoren
Empfindlichkeit
0
nicht empfindlich
1-9%
zweifelhaft
≥ 10 %
empfindlich
≥ 50 %
hoch empfindlich
Legende:
1 ER – Östrogenrezeptor
Die Bestimmung soll nach den Empfehlungen der Fachgesellschaften erfolgen. Bei Patientin­
nen mit Nachweis von Östrogen- und / oder Progesteronrezeptoren wird eine Hormonthera­
pie empfohlen. Die Entscheidungswege bei der Hormontherapie sind in Abbildung 2 darge­
stellt.
11
Abbildung 2: Entscheidungswege für die Hormontherapie Legende:
1 AI - Aromataseinhibitor; 2 Switch - Wechsel der Behandlung;
Bei kombinierter Therapie sollte die Hormontherapie erst nach Abschluss der Chemotherapie
und der Bestrahlung begonnen werden.
5.1.1 Hormontherapie
5.1.1.1 Vor und in den Wechseljahren
Durch den Stress der Diagnose einer Krebserkrankung, durch die Behandlung oder andere
Faktoren kann es zu Unregelmäßigkeiten der Regelblutung auch bei Frauen vor den Wech­
seljahren kommen. Wenn Unklarheiten über den Hormonstatus bestehen, werden Laborun­
tersuchung zur Bestimmung von FSH und Östradiol (E2) veranlasst.
Standard der Hormontherapie bei Frauen vor den Wechseljahren ist die Gabe von Tamoxifen,
siehe Abbildung 1. Zusätzlich kann die Ausschaltung der Eierstockfunktion empfohlen
werden. Hierzu gibt es drei gleich wirksame Methoden:
• Medikamente aus der Gruppe der GnRH Analoga über 2 Jahre
• Operation mit Entfernung der Eierstöcke
• Bestrahlung der Eierstöcke
Nach einer Behandlung mit Medikamenten kann sich die Funktion der Eierstöcke erholen mit
Wiedereinsetzen der Regelblutungen und Wiederherstellung der Fruchtbarkeit. Operation
und Bestrahlung sind endgültig. Wenn bei Patientinnen späterer Kinderwunsch besteht,
kommt nur die medikamentöse Behandlung in Frage.
Informationen zu den Medikamenten sind in Tabelle 5 zusammengefasst.
12
Tabelle 5: Medikamente der ergänzenden Hormontherapie bei Patientinnen vor und in den Wechseljahren Substanz
Zulassung*
Anmerkungen
Goserelin
⬤
Brustkrebs vor und in den Wechseljahren
Tamoxifen
⬤
adjuvante Therapie
Legende:
*Zulassung: beschreibt den Zulassungsstatus von Präparaten, die diese Substanz enthalten;
⬤ zugelassen; ⬤ nicht zugelassen
5.1.1.2 Nach den Wechseljahren
Für die ergänzende Hormontherapie bei Patientinnen nach den Wechseljahren stehen
Tamoxifen und die Aromataseinhibitoren zur Verfügung, siehe Abbildung 1. Die Medikamente
wurden nacheinander entwickelt. Zuerst wurde die Wirkung von Tamoxifen untersucht.
Jeweils die Hälfte der Patientinnen erhielt Tamoxifen oder keine ergänzende Hormonthera­
pie. Dabei verminderte Tamoxifen das Rückfallrisiko und das Risiko, an Brustkrebs zu ster­
ben. Bei den Aromataseinhibitoren wurde untersucht, ob sie besser als Tamoxifen wirken.
Dabei führte die Behandlung mit einem Aromataseinhibitor zu einem weiteren Rückgang des
Rückfallrisikos, die Sterblichkeit wurde aber nicht weiter gesenkt. Die Ergebnisse der großen,
wegweisenden Studien sind in Onkopedia unter Leitlinie Mammakarzinom Studienergebnisse
zusammengestellt. Für den Zeitpunkt des Einsatzes der Aromataseinhibitoren gibt es
mehrere, gleichwertige Konzepte:
• Beginn mit Tamoxifen, Switch nach 2 - 3 Jahren
• Beginn mit Tamoxifen, Switch nach 5 Jahren
• nur Aromataseinhihibitor
Eine ausschließliche Behandlung mit Aromataseinhibitoren wird für Patientinnen empfohlen,
bei denen es Gründe gegen eine Behandlung mit Tamoxifen gibt. Die Hormontherapie soll
über mindestens 5 Jahre durchgeführt werden. In Studien wird z. Zt. untersucht, ob eine
längere Behandlung die Rückfallraten weiter senken kann. Informationen zu den Medikamen­
ten sind in Tabelle 6 zusammengefasst.
Tabelle 6: Medikamente der ergänzenden Hormontherapie bei Patientinnen nach den Wechseljahren Substanz
Zulassung*
Anmerkungen
Anastrozol
⬤
adjuvante Therapie
Exemestan
⬤
adjuvante Therapie, nach 2 - 3 Jahren Tamoxifen
Letrozol
⬤
adjuvante Therapie
Tamoxifen
⬤
adjuvante Therapie
Legende:
*Zulassung: beschreibt den Zulassungsstatus von Präparaten, die diese Substanz enthalten;
⬤ zugelassen; ⬤ nicht zugelassen
5.2 Ergänzende Chemotherapie
Ergänzende Chemotherapie senkt das Rückfallrisiko. Wie hoch der Nutzen für die einzelne
Patientin ist, hängt von den Risikofaktoren des Brustkrebs, von den Zytostatika und ihrer
Dosierung, sowie vom Allgemeinzustand ab.
13
5.2.1 Wann wird eine Chemotherapie empfohlen?
Alle zwei Jahren findet in St. Gallen eine Internationale Expertenkonferenz über die Behand­
lung von frühen Stadien des Brustkrebs statt. Die dort gegebenen Empfehlungen werden
weltweit beachtet. Auf der letzten Konferenz im März 2009 wurden die Risikofaktoren für den
Nutzen einer Chemotherapie neu bewertet. Diese Risikofaktoren werden in drei Gruppen
eingeordnet, siehe auch Abbildung 3:
• 1. Gruppe (blau): kein Gewinn durch eine ergänzende Chemotherapie
• 2. Gruppe (violett): geringer oder mässiger Gewinn durch eine ergänzende Chemothe­
rapie
• 3. Gruppe (rot): hoher Gewinn durch eine ergänzende Chemotherapie
Abbildung 3: Einteilung der Risikofaktoren zur Entscheidung über eine ergänzende Chemotherapie Legende:
1 Grading - Differenzierungsgrad;
2 Proliferation - Wachstum;
3 HER2 - Human Epidermal growth factor Receptor; HER2 negativ - keine HER2 Überexpression / keine HER2
Genamplifikation nachweisbar;
4 Lymphknoten - Einteilung nach der TNM Klassifikation;
5 Gensignatur - Genexpressionsanalyse;
6 negativ - Befund nicht nachweisbar, positiv - Befund nachweisbar;
Indikation für eine ausschließlich endokrine Systemtherapie;
Faktor ohne klaren Einfluss auf die Therapieentscheidung;
Indikation für eine Chemotherapie, auch in Kombination mit endokriner Therapie
Neu ist die Aufnahme der Gensignatur in die Entscheidung. Am Tumorgewebe kann die Akti­
vität von Genen mit einem molekularbiologischen Testverfahren untersucht werden. Das
Ergebnis wird in einem Score zusammengefasst. Er liefert zusätzliche Informationen über
den Nutzen einer Chemotherapie: Patientinnen mit einem Hormon-empfindlichen Brustkrebs
und einem niedrigen Score profitieren wahrscheinlich nicht von einer ergänzenden Chemo­
therapie. Ergebnisse zusätzlicher Studien zu diesem Thema stehen aus.
Die Chemotherapie ist sinnvoll beim triple negativem Brustkrebs, d. h. bei Tumoren ohne
Nachweis der Rezeptoren für Östrogen, Progesteron und HER2. Von dieser Regel ausgenom­
14
men sind sehr kleine Tumoren (< 1 cm) und andere seltene Formen wie der medulläre, der
apokrine und der adenoidzystische Brustkrebs. Diese sind zwar auch triple negativ, haben
aber kein erhöhtes Risiko für die Bildung von Metastasen.
Eine ergänzende Chemotherapie wird auch empfohlen beim HER2 positiven Brustkrebs,
zusammen mit Trastuzumab. Die bisher veröffentlichten Studien zum Nachweis der Wirk­
samkeit von Trastuzumab wurden nur in Kombination mit Chemotherapie durchgeführt.
5.2.2 Welche Medikamente werden eingesetzt?
In der ergänzenden Chemotherapie werden mindestens zwei, häufiger drei Medikamente
kombiniert. Diese können entweder am selben Tag oder nacheinander im Abstand von
mehreren Wochen gegeben werden. In den letzten 20 Jahren wurde eine Vielzahl möglicher
Kombinationen entwickelt. Die feste Zuordnung einer bestimmten f - Kombination zu einer
bestimmten Risiko - Situation gibt es z. Zt. nicht. Die Ergebnisse der großen, wegweisenden
Studien sind in Onkopedia unter Leitlinie Mammakarzinom Studienergebnisse zusammenge­
stellt. Informationen zu den Medikamenten sind in Tabelle 7 zusammengefasst.
Tabelle 7: Medikamente der ergänzenden Chemotherapie Substanz
Zulassung*
Anmerkungen
Capecitabin
⬤
in einer Phase III Studie eingesetzt;
Zulassung für lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Mammakarzinom
Cyclophosphamid
⬤
Mammakarzinom
Docetaxel
⬤
in Kombination mit Doxorubicin und Cyclophosphamid
Doxorubicin
⬤
in Phase III Studien eingesetzt;
Zulassung für metastasiertes Mammakarzinom
Epirubicin
⬤
Mammakarzinom
Fluorouracil (5-FU)
⬤
in Phase III Studien eingesetzt;
Zulassung für fortgeschrittenes und / oder metastasiertes Mammakarzinom
Paclitaxel
⬤
nodal positives Mammakarzinom im Anschluss an eine Therapie mit Anthrazyklin und Cyclo­
phosphamid; in Phase III Studien bei nodal negativem Mammakarzinom mit Risikofaktoren
eingesetzt;
In Phase III Studien ohne Vorbehandlung mit Anthrazyklin oder Cyclophosphamid eingesetzt
Legende:
*Zulassung: beschreibt den Zulassungsstatus von Präparaten, die diese Substanz enthalten;
⬤ zugelassen; ⬤ nicht zugelassen
5.3 Ergänzende anti - HER2 Behandlung
Etwa 20 % der Patienten mit einem invasiv duktalen Brustkrebs haben HER2 auf den Tumor­
zellen nachweisbar. Die Untersuchungen zum Nachweis von HER2 sollen mit anerkannten
Testverfahren durchgeführt werden. Dazu gibt es drei verschiedene Methoden. Sobald ein
bestimmter Grenzwert erreicht wird, spricht man von einem positiven Befund oder von
einem HER2 positiven Brustkrebs. Die Methoden sind in Tabelle 8 zusammengefasst.
Tabelle 8: Untersuchungen zum Nachweis von HER2 Methode
Grenzwert
Immunhistochemie
Score 3 + (Werte von 0-2 gelten als negativ)
15
Methode
Grenzwert
Fluoreszenz - in - situ - Hybridisierung (FISH)
Quotient > 2,2
Chromogene - in - situ - Hybridisierung (CISH):
> 6 HER2 Signale / Zellkern
Als Medikament für die ergänzende HER2 Therapie steht der monoklonale Antikörper Trastu­
zumab zur Verfügung. Er blockt HER2, formal handelt es sich also um eine anti-HER2 Thera­
pie. Die ergänzende Behandlung mit Trastuzumab senkt das Rückfallrisiko im Vergleich zu
ausschließlicher Chemotherapie und verlängert die Überlebenszeit. Die Entscheidungswege
für eine ergänzende HER2 Therapie sind in Abbildung 4 dargestellt.
Abbildung 4: Entscheidungswege für die ergänzende Behandlung bei HER2 positivem Brustkrebs Patientinnen mit HER2 positivem Brustkrebs sollen eine ergänzende Behandlung mit Trastu­
zumab erhalten. Eine Ausnahme sind Patientinnen mit einem kleinen Tumor (< 1 cm) und
ohne Lymphknotenbefall. Für diese Patientinnen ist nicht gesichert, ob sie von einer zusätzli­
chen Behandlung mit Trastuzumab profitieren.
In allen großen Studien wurde Trastuzumab mit Chemotherapie kombiniert. Trastuzumab
kann direkt zusammen mit Taxanen oder nach Anthrazyklinen gegeben werden. Ob einige
Patientinnen auch von einer ausschließlichen Hormontherapie in Kombination mit Trastuzu­
mab profitieren können, ist nicht geklärt.
Standard für die Dauer der Behandlung mit Trastuzumab sind 12 Monate. Informationen zu
den Medikamenten sind in Tabelle 9 zusammengefasst.
Tabelle 9: Medikamente der ergänzenden HER2 Behandlung Substanz
Zulassung*
Anmerkung
Trastuzumab
⬤
Nach Operation, Chemotherapie und Bestrahlung (soweit zutreffend)
Lapatinib
⬤
in Phase II Studien wirksam, wird in Phase III Studien getestet
Legende:
*Zulassung: beschreibt den Zulassungsstatus von Präparaten, die diese Substanz enthalten;
⬤ zugelassen; ⬤ nicht zugelassen
5.4 Andere ergänzende Behandlung
Bisphosphonate sind Medikamente, die zur Verminderung des Risikos von Osteoporose
eingesetzt werden. Sie haben auch Eigenschaften, die das Wachstum von Tumorzellen
hemmen. Bei Patientinnen mit Brustkrebs im frühen Stadium wird z. Zt. in mehreren Studien
untersucht, ob Bisphophonate auch das Rückfallrisiko vermindern können.
Ein gesichertes Einsatzgebiet für Bisphosphonate ist Osteoporose unter einer Behandlung
mit Aromataseinhibitoren.
16
5.5 Wie wird behandelt, wenn der Krebs in der Brust fortgeschritten
ist?
Diese Gruppe umfasst Patientinnen mit Tumoren in den Stadien IIIA und IIIB.
5.5.1 Chemotherapie vor einer Operation
Die Chemotherapie vor einer Operation wird mit verschiedenen Namen bezeichnet: primär,
neoadjuvant, präoperativ.
Sie wird bei folgenden Patientinnen empfohlen:
• in der Brust fortgeschrittener Krebs, d. h. in den Stadien IIIA und IIIB
• wenn eine Operation mit ausreichendem Sicherheitsabstand nicht möglich ist
• beim entzündlichen Brustkrebs
• bei Frauen mit einem relativ großen Tumor, bei denen eine brusterhaltende Operation
zunächst nicht möglich ist. In dieser Gruppe ist für die Prognose egal, ob eine Chemo­
therapie vor oder nach einer Operation durchgeführt wird.
Bei etwa 40 % der Patientinnen mit nicht Hormon-empfindlichem Brustkrebs bildet sich der
Tumor durch diese Chemotherapie vollständig zurück und ist auch unter dem Mikroskop
nicht mehr nachweisbar. Patientinnen, die nicht auf eine derartige Chemotherapie vor der
Operation ansprechen, haben eine ungünstige Prognose.
Die Medikamente sind dieselben, die auch bei der ergänzenden Chemotherapie eingesetzt
werden, siehe Kapitel 5.2.1 „Wann wird eine Chemotherapie empfohlen?“. Empfohlen wird
eine Behandlung von mindestens 18 Wochen. Bei Patientinnen mit HER2 positivem Brust­
krebs ist zusätzlich die Gabe von Trastuzumab sinnvoll.
Bei Patientinnen in schlechtem Allgemeinzustand kann auch zuerst eine Hormontherapie
durchgeführt werden. Das ist auch eine Möglichkeit bei Patientinnen, die eine Operation oder
eine Chemotherapie ablehnen. Voraussetzung ist, dass es sich um einen hormon-empfindli­
chen Tumor handelt.
5.5.2 Multimodale Therapie
Eine Chemotherapie als erste Behandlungsmaßnahme ist Teil eines multimodalen Konzeptes
und d wird fortgesetzt mit Operation, Bestrahlung sowie Hormontherapie entsprechend den
Regeln für Brustkrebs in frühen Stadien.
5.6 Wie wird bei einem Rückfall in der Brust behandelt?
Bei 5 - 10 % der Patientinnen tritt nach brusterhaltender Operation ein Rückfall in der Brust
oder in den benachbarten Lymphknoten auf. Bei etwa 90 % dieser Frauen sitzt der Tumor
dann in der Brust (In - Brust - Rückfall), seltener an der Brustwand oder in der Achselhöhle.
Auch bei einem derartigen Rückfall bleibt der Brustkrebs heilbar, siehe Abbildung 5. Die Risi­
kofaktoren entsprechen denen bei einer Erstdiagnose. Ungünstig ist, wenn der Zeitabstand
zwischen erster Diagnose und Rückfall weniger als zwei Jahre beträgt.
17
Erstes Ziel der Behandlung im Rückfall ist die Entfernung des Tumors, durch Operation,
durch Bestrahlung oder eine Kombination von beidem. Der Vorteil einer ergänzenden
Hormon- oder Chemotherapie ist in dieser Situation nicht belegt.
5.7 Wie wird behandelt, wenn sich Metastasen im Körper gebildet
haben?
Trotz optimaler Erstbehandlung und trotz der Fortschritte in der ergänzenden Behandlung
bilden sich bei etwa 20 % der Patienten Metastasen im Körper. In dieser Situation ist der
Krebs in der Regel nicht mehr heilbar, die Behandlung ist palliativ. Günstige Risikofaktoren
sind
• guter Allgemeinzustand
• ausschließlicher Befall von Knochen und / oder Haut
• Hormon-empfindlich, d. h. mindestens 10 % der Zellen sind ER positiv
• HER2 negativ, d. h. HER2 Score 0 - 2
• Zeitabstand zwischen Erstdiagnose und Rückfall mehr als 2 Jahre
• keine ergänzende Chemotherapie durchgeführt
• keine Vorbehandlung von Metastasen im Körper
Die Krankengeschichte und eine komplette körperliche Untersuchung sind Grundlage der
weiteren Untersuchungen. Diese Untersuchungen richten sich nach den Beschwerden und
nach der geplanten Behandlung, siehe Tabelle 2. Wenn möglich, sollte eine Probeentnahme
zur Bestätigung des Rückfalls erfolgen. An der Probe können auch der aktuelle Stand der
Hormon-Empfindlichkeit und von HER2 erfolgen.
Palliative Behandlung umfasst die körperlichen und die seelischen Beschwerden. Sie wird
interdisziplinär durchgeführt, d. h. unter Einbeziehung aller erforderlichen Spezialisten. Über
die Notwendigkeit und die Möglichkeiten palliativer Behandlung soll frühzeitig und umfas­
send mit allen Betroffenen gesprochen werden.
Die Wahl von Medikamenten richtet sich nach der Biologie der Krankheit. Die Entscheidungs­
wege sind in Abbildung 5 dargestellt.
18
Abbildung 5: Entscheidung über die Behandlung im Rückfall und bei Metastasen im Körper Legende:
1 ER - Östrogenrezeptor;
2 HER2 - Human Epidermal growth factor Receptor; HER2 positiv - HER2 Überexpression / HER2 Genamplifikation
5.7.1 vor oder in den Wechseljahren
Ziel der Behandlung bei Frauen vor den Wechseljahren ist die Ausschaltung der Funktion der
Eierstöcke. Dies kann durch Medikamente, durch Operation oder durch Bestrahlung der Eier­
stöcke erreicht werden. Zusätzlich erhalten die Patientinnen Tamoxifen.
Sollten die Metastasen unter dieser Hormonbehandlung fortschreiten, kann Tamoxifen durch
Aromataseinhibitoren ersetzt werden. Die Entscheidungswege der palliativen Hormonthera­
pie sind in Abbildung 6 dargestellt.
19
Abbildung 6: Entscheidung über die palliative Hormontherapie Legende:
1 AI - Aromataseinhibitor;
2 Tam - Tamoxifen;
3 Tor - Toremifen;
4 Ful - Fulvestrant
5.7.2 nach den Wechseljahren
Bei Patientinnen nach den Wechseljahren werden Aromataseinhibitoren eingesetzt. Drei
verschiedene Präparate stehen zur Verfügung. Sie unterscheiden sich in ihrer chemischen
Struktur, die Wirkung ist vergleichbar. Alternativen sind Tamoxifen oder Toremifen.
Einschränkend muss angemerkt werden, dass diese Empfehlungen auf Studien beruhen, die
vor dem Einsatz von Aromataseinhibitoren in der ergänzenden Hormontherapie durchgeführt
werden.
Bei Versagen dieser Medikamente wird die Behandlung mit Fulvestrant empfohlen. Weitere
Formen der Hormontherapie sind Gestagene, Östrogene, Androgene oder der Wechsel
zwischen den verschiedenen Aromataseinhibitoren. Informationen zu den Medikamenten
sind in Tabelle 10 zusammengefasst.
Tabelle 10: Medikamente der palliativen Hormontherapie bei Hormon-empfindlichem Brustkrebs Substanz
Zulas­
sung*
Anmerkungen
Anastrozol
⬤
fortgeschritten, nach den Wechseljahren
Exemestan
⬤
fortgeschritten, nach den Wechseljahren, Fortschreiten der Krankheit unter Antiöstrogenbehand­
lung
Fulvestrant
⬤
fortgeschritten, nach den Wechseljahren, Rückfall / Fortschreiten der Krankheit nach oder während
Antiöstrogenbehandlung
Goserelin
⬤
vor oder in den Wechseljahren
dreimonatlich, i. m. oder s. c.
Letrozol
⬤
fortgeschritten, nach den Wechseljahren
nach Behandlung mit Antiöstrogenen
20
Substanz
Zulas­
sung*
Anmerkungen
Leuprorelin
⬤
vor oder in den Wecheljahren
Megestrol
⬤
Fortgeschritten
MPA2
⬤
metastasiert
Tamoxifen
⬤
metastasiert
Toremifen
⬤
metastasiert, Erstlinienbehandlung
Legende:
*Zulassung: beschreibt den Zulassungsstatus von Präparaten, die diese Substanz enthalten;
1 ER - Östrogenrezeptor;
2 MPA - Medroxyprogesteronacetat;
⬤ zugelassen; ⬤ nicht zugelassen
5.8 Chemotherapie und Antikörper
Chemotherapie ist wirksam beim fortgeschrittenen Brustkrebs, ist aber bei den meisten Pati­
entiinnen mit mehr Nebenwirkungen als die Hormontherapie belastet. Nutzen und Nebenwir­
kungen müssen gegeneinander abgewogen werden. Empfohlen wird die Chemotherapie für
Patientinnen mit einem nicht Hormon-empfindlichen Brustkrebs oder bei Versagen der
Hormontherapie. Empfohlen wird die Chemotherapie auch für Patientinnen, bei denen akute
Lebensgefahr besteht oder bei denen die Funktion von Organen durch Metastasen unmittel­
bar bedroht ist, siehe Abbildung 5. Bei HER2 positivem Brustkrebs wird die Chemotherapie
mit einer HER2 Therapie kombiniert.
Zur Linderung von Beschwerden und zur Rückbildung der Metastasen stehen heute mehr als
10 verschiedene Medikamenten und eine Vielzahl von Medikamentenkombinationen zur
Verfügung. Die feste Zuordnung einer bestimmten Chemotherapie zu einer bestimmten
Risiko - Situation gibt es z. Zt. nicht. Die Auswahl der Medikamente wird durch das Behand­
lungsziel, eine vorherige Chemotherapie und mögliche weitere Erkrankungen der Patientin
bestimmt. Wenn der Rückfall mehr als 12 Monate nach einer ergänzenden Chemotherapie
eintritt, können auch Medikamente der vorhergehenden Chemotherapie wieder eingesetzt
werden. Hierbei muss die Gesamtmenge der jeweiligen Medikamentes berücksichtigt
werden.
Biologische Testverfahren für die Auswahl der optimalen Behandlung, z. B. Gensignatur oder
Chemosensibilitätstestung, sind bisher nicht ausreichend in großen klinischen Studien unter­
sucht. Auch die Überwachung einer Chemotherapie durch Messung von Tumorzellen im Blut
ist kein Standardverfahren.
Das Auftreten von Nebenwirkungen wird durch regelmäßige Kontrollen vor jeder neuen
Behandlung überwacht. Hierzu gehören die Krankengeschichte, körperliche Untersuchung,
Blutuntersuchungen und ggfs. bildgebende Verfahren. Das Ansprechen auf die Hormonthera­
pie wird alle 2 bis 3 Monate mittels körperlicher Untersuchung und gezielter bildgebender
Verfahren kontrolliert.
21
6 werden Medikamente einzeln eingesetzt? Wann werden
Medikamente kombiniert?
Die Kombination von zwei oder mehr Medikamenten steigert die Chancen für eine Rückbil­
dung der Metastasen und verlängert die Zeit bis zu einem Rückfall. In einigen Studien wurde
auch Verlängerung der Überlebenszeit erreicht. Allerdings ist die Kombinationschemothera­
pie auch mit stärkeren Nebenwirkungen belastet. Bei Patientinnen mit wenig Beschwerden
und einem langsamen Fortschreiten der Metastasen ist die Behandlung mit nur einem Medi­
kament sinnvoll. Bei starken Beschwerden und raschem Wachstum der Metastasen sollte
eine Kombinationschemotherapie durchgeführt werden. Medikamente können dabei gleich­
zeitig oder nacheinander gegeben werden. Die Wege zu Entscheidungen der palliativen
Chemotherapie sind in den Abbildungen 7 und 8 dargestellt, aufgeteilt nach der Behandlung
mit einzelnen Medikamenten oder mit einer Kombination.
Abbildung 7: Palliative Chemotherapie - Behandlung mit einzelnen Medikamenten Legende:
A - Anthrazyklin; Cap - Capecitabin; G - Gemcitabin; lip A - liposomales Doxorubicin; nab P - Albumin - gebundenes
Paclitaxel; T - Taxan; V - Vinorelbin;
Abbildung 8: Palliative Chemotherapie - Behandlung mit Kombination von Medikamenten Legende:
A - Anthrazyklin; Bev - Bevacizumab; Cap - Capecitabin; G - Gemcitabin; lip A - liposomales Doxorubicin; Pac Paclitaxel; T - Taxan; Vnr - Vinorelbin;
7 Welche Medikamente gibt es?
Die Ergebnisse der großen, wegweisenden Studien sind in Onkopedia unter Leitlinie Mamma­
karzinom Studienergebnisse zusammengestellt. Im Folgenden werden die Medikamente kurz
in alphabetischer Reihe vorgestellt.
22
Anthrazykline / Anthracene
Zu dieser Gruppe gehören Doxorubicin, Epirubicin, liposomales Doxorubicin und Mitoxantron.
Sie sind die wirksamsten Zytostatika beim fortgeschrittenen Brustkrebs. Einzeln eingesetzt,
liegen die Ansprechraten zwischen 35 und 40 %. Anthrazykline werden eingesetzt bei Patien­
tinnen, die bisher keine Behandlung mit Anthrazyklinen bzw. nicht in den letzten 12 Monaten
hatten. Liposomales Doxorubicin ist eine Alternative für Patientinnen mit einer Herzerkran­
kung und für Patientinnen, die an die Höchstdosis für Anthrazykline gekommen sind.
Bendamustin
Die Wirkung dieses Medikamentes wurde in einer großen klinischen Studie nachgewiesen.
Bevacizumab
Bevacizumab ist ein monoklonaler Antikörper. Er hemmt die Neubildung von Blutgefäßen in
der Umgebung von Metastasen. In Kombination mit Taxanen oder anderen Zytostatika wie
Capecitabin, Gemcitabin oder Vinorelbin werden Ansprechraten von 20 - 65 % erreicht. Im
Vergleich zur Behandlungen mit einzelnen Medikamenten wird eine Verlängerung der Zeit
bis zum Fortschreiten der Erkrankung erreicht. Bevacizumab ist sowohl am Anfang einer
palliativen Behandlung als auch zu späteren Zeitpunkten wirksam. Ergebnisse über eine
Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit durch Bevacizumab sind nicht einheitlich.
Capecitabin
Capecitabin wird in Tablettenform gegeben. Als Einzelbehandlung führt es bei 20 bis 30 %
der Patientinnen zu einer Rückbildung von Metastasen. Bessere Ergebnisse werden bei
Kombination mit Doxetaxel oder Bevacizumab erzielt.
Fluorouracil
5-Fluorouracil (5FU) ist wirksam als Einzelsubstanz und in Kombinationen. 5FU kann entwe­
der als Kurzinfusion und als Dauerinfusion über 24 Stunden gegeben werden. Eine verstär­
kende Wirkung von Leukovorin wurde beim Brustkrebs nicht bewiesen.
Gemcitabin
Als Einzelbehandlung werden Ansprechraten von 10 bis 20 %, als Kombination mit Taxan bis
zu 60 % erzielt. Bei Patientinnen, die bereits Taxan und Anthrazykline erhalten hatten,
erreichte Kombination von Gemcitabin und Vinorelbin Ansprechraten von über 30 %.
PARP Inhibitoren
PARP sind Enzyme der DNS - Reparatur und Ziele einer Gruppe neuer Medikamente. Wirk­
samkeit wurde beim triple negativen Brustkrebs und bei Patientinnen mit BRCA Mutationen
gezeigt. Ergebnisse von randomisierten klinischen Studien sind gegenwärtig noch nicht voll­
ständig veröffentlicht.
Platin
Abkömmlinge von Platin gehören zu den wirksamsten Einzelsubstanzen, der Einsatz ist aller­
dings durch die Nebenwirkungen begrenzt. Carboplatin erreicht, in Kombination mit anderen
Zytostatika, Ansprechraten von über 50 % bei Patientinnen mit HER2 positivem bzw. beim
triple negativen Brustkrebs.
23
Taxane
Hierzu gehören Paclitaxel, Docetaxel und und das Albumin - gebundene Paclitaxel (nab
Paclitaxel).
Die mittleren Ansprechraten der Einzelbehandlung bei nicht vorbehandelten Patientinnen
liegen zwischen 30 und 35 %. In Kombination mit Anthrazyklinen werden höhere Ansprechra­
ten von 55 - 60 % und eine Verlängerung der Zeit bis zum Fortschreiten der Krankheit
erreicht. Die Studienergebnisse über eine Verlängerung der Überlebenszeit durch Taxane
sind nicht einheitlich. Beim Paclitaxel ist die wöchentliche Gabe wirksamer als die Gabe in
Abständen von drei Wochen.
Vinorelbin
Dieses Medikament aus der Gruppe der Vinca - Alkaloide kann intravenös in Tablettenform
gegeben. Bei der Einzelbehandlung wurden Ansprechraten von bis zu 25 % erzielt. Vinorelbin
ist sowohl für die Einzel- als auch für die Kombinationsbehandlung geeignet, auch mit Trastu­
zumab bei HER2 positivem Brustkrebs.
Informationen zu den Medikamenten sind in Tabelle 11 zusammengefasst.
8 Welche Alternativen gibt es?
Es gibt eine Vielzahl von weiteren Medikamenten oder Methoden, die zur Behandlung von
Patientinnen mit Brustkrebs angeboten werden. Einige werden direkt zur Bekämpfung der
Krebskrankheit, andere zur Unterstützung eingesetzt. In klinischen Studien werden neue
Substanzen und Konzepte unter streng kontrollierten Bedingungen auf ihre Wirksamkeit
untersucht. Bei neuen Medikamenten und Methoden, die außerhalb klinischer Studien ange­
boten werden, ist Zurückhaltung empfohlen. Dies trifft auch auf Angebote zu, deren Kosten
nach Prüfung nicht von den Kassen übernommen werden. Grundsätzlich wird dringend
empfohlen, die jeweils behandelnden Ärzte über alle Behandlungen zu informieren.
8.1 HER2 Therapie
Als Medikament steht der monoklonale Antikörper Trastuzumab zur Verfügung. Er blockt
HER2. Formal handelt es sich um eine anti-HER2 Therapie. Trastuzumab allein erreicht
Ansprechraten von 20 % bei HER2 positiven Patientinnen. In Kombination mit Anthrazykli­
nen, Taxanen, Capecitabin, Vinorelbin und Platinderivaten werden Ansprechraten von > 50
% und eine Verlängerung der Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung erreicht. In Kombi­
nation mit Anthrazyklinen erhöht Trastuzumab das Risiko für eine Herzmuskelerkrankung.
Deshalb sollen diese beiden Medikamente nicht gleichzeitig eingesetzt werden.
Ein weiteres wirksames Medikament für die HER2 Therapie ist Lapatinib, es wird in Tablet­
tenform gegeben. Lapatinib ist wirksam in Kombination mit Capecitabin bei Patientinnen, die
bereits mit Trastuzumab vorbehandelt waren.
Lapatinib und Trastuzumab sind auch wirksam in Kombination mit Aromataseinhibitoren bei
Patientinnen mit Hormon-empfindlichem Brustkrebs.
24
9 Wie wird behandelt, wenn sich die Metastasen zurückge­
bildet haben?
Ziel bei der Behandlung von Patientinnen mit fortgeschrittenen Metastasen ist eine Rückbil­
dung mit Linderung der Beschwerden und eine Verlängerung der Zeit bis zum Fortschreiten
der Erkrankung. Dagegen müssen die Nebenwirkungen und die Belastung durch die Behand­
lung abgewogen werden. Die palliative Hormontherapie wird bis zu einem Fortschreiten der
Erkrankung fortgeführt. Bei der Chemotherapie werden in der Regel 4 - 6 Behandlungskurse
bis zum bestmöglichen Ansprechen angewandt. Für eine Erhaltung, d. h. eine Fortsetzung
der Chemotherapie bis zu einem Fortschreiten der Metastasen, wurde bisher kein Gewinn
nachgewiesen.
Die Behandlung mit Trastuzumab, Lapatinib oder Bevacizumab kann fortgeführt werden, Ob
eine Dauerbehandlung besser als eine gezielte Behandlung bei Beschwerden ist, ist nicht
geklärt.
Tabelle 11: Medikamente der palliativen Behandlung mit Chemotherapie und Antikörpern Substanz
Zulas­
sung*
Anmerkungen
Bendamustin
⬤
wirksam in Phase III Studie mit 5FU und Methotrexat
Bevacizumab
⬤
First - line in Kombination mit Paclitaxel
Capecitabin
⬤
In Kombination mit Docetaxel nach Versagen einer Chemotherapie mit Anthrazyklinen
Monotherapie nach Taxanen und Anthrazyklinen oder bei Kontraindikationen gegen Anthrazy­
kline
Carboplatin
⬤
wirksam in Phase III Studie mit Taxanen
Cyclophospha­
mid
⬤
Docetaxel
⬤
Doxorubicin
⬤
Epirubicin
⬤
Fluorouracil (5FU)
⬤
Gemcitabin
⬤
In Kombination mit Paclitaxel nach Chemotherapie mit Anthrazyklinen oder bei Kontraindika­
tionen gegen Anthrazykline
Ixabepilon
⬤
In Deutschland nicht zugelassen;
wirksam in Phase III Studie
Lapatinib
⬤
In Kombination mit Capecitabin bei HER-2 Positivität nach Kombinationstherapie von Trastuzu­
mab mit Anthrazyklinen und Taxanen
In Kombination mit einem Aromataseinhibitor
Mitoxantron
⬤
nabPaclitaxel
⬤
Nach Versagen einer Chemotherapie;
Bei Kontraindikationen gegen Anthrazykline;
Paclitaxel
⬤
In Kombination mit Anthrazyklin als First Line; Monotherapie nach Versagen einer Chemothe­
rapie mit Anthrazyklinen;
In Kombination mit Trastuzumab bei HER-2 Positivität; als First Line
In Kombination mit Doxorubicin als First Line;
Monotherapie nach Versagen einer Chemotherapie mit Anthrazyklinen oder Alkylanzien;
In Kombination mit Capecitabin nach Versagen einer Chemotherapie mit Anthrazyklinen;
In Kombination mit Trastuzumab bei HER-2 Positivität; als First Line
25
Substanz
Zulas­
sung*
Anmerkungen
Trastuzumab
⬤
Bei HER-2 Positivität:
Monotherapie nach mindestens zwei Chemotherapieregimen und bei Kontraindikationen
gegen Anthrazykline; nach Hormontherapie bei ER Positivität;
In Kombination mit Paclitaxel als First Line bei Kontraindikationen gegen Anthrazykline;
In Kombination mit Docetaxel als First Line
In Kombination mit einem Aromataseinhibitor bei postmenopausalen Patientinnen mit ER Posi­
tivität und ohne Vorbehandlung mit Trastuzumab
Vinorelbin
⬤
Anthrazyklin - resistentes Mammakarzinom bei gutem Allgemeinzustand
Legende:
*Zulassung: beschreibt den Zulassungsstatus von Präparaten, die diese Substanz enthalten;
⬤ zugelassen; ⬤ nicht zugelassen
10 Welche unterstützende Behandlung zur Linderung von
Beschwerden gibt es?
Unterstützende, palliative Behandlung umfasst die körperlichen und die seelischen
Beschwerden. Sie wird interdisziplinär durchgeführt, d. h. unter Einbeziehung aller erforderli­
chen Spezialisten. Über die Notwendigkeit und die Möglichkeiten palliativer Behandlung soll
frühzeitig und umfassend mit allen Betroffenen gesprochen werden. Die gezielte Behandlung
von Beschwerden, die häufig bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs auftreten,
wird im Folgenden dargestellt.
10.1 Knochenmetastasen
Zur Behandlung von Patientinnen mit Knochenmetastasen stehen örtlich wirksame Maßnah­
men und im ganzen Körper wirkende Medikamente zur Verfügung. Die Bestrahlung ist die
wirksamste Methode bei Schmerzen oder wenn ein Knochenbruch droht. Zusätzlich kann
eine Operation zur Versorgung eines Knochenbruchs, eines instabilen Wirbels oder zur
Entlastung des Rückenmarks erforderlich sein.
Im ganzen Körper wirksame Medikamente sind die Bisphosphonate. Die regelmäßige Gabe
vermindert das Risiko von Komplikationen (Knochenbruch, Schmerzen, Risiko einer Opera­
tion) und verzögert ein Fortschreiten der Knochenmetastasen. Bisphosphonate werden auch
eingesetzt bei einer Hyperkalzämie, d. h. einem krankhaften Anstieg von Kalzium in Folge
der Knochenmetastasen. Informationen zu den verschiedenen Bisphosphonaten finden sich
in Tabelle 12.
Tabelle 12: Bisphosphonate in der palliativen Therapie Substanz
Zulassung
Clodronat
⬤
Anmerkungen
• Osteolysen
• Hyperkalzämie
Ibandronat
⬤
• Prävention skelettbezogener Ereignisse
Pamidronat
⬤
• Senkung der skelettbezogenen Morbiditätsrate bei vorwiegend osteolytischen Knochenmetasta­
sen
• Hyperkalzämie
Zoledronat
⬤
• Prävention skelettbezogener Komplikationen
• Hyperkalzämie
26
Legende:
⬤ zugelassen; ⬤ nicht zugelassen
10.1.1 Leber- und Lungenmetastasen
Leber- und Lungenmetastasen werden in der Regel mit Medikamenten behandelt. In Einzel­
fällen kann auch eine örtliche Behandlung sinnvoll sein. Voraussetzungen dafür sind
• Vorliegen von einzelnen Metastasen in Leber oder Lunge
• Metastasen in lediglich einem Leber- oder Lungenlappen
• Sicherung, dass es sich nicht um einen anderen Krebs handelt
• Zeit von mindestens einem Jahr zwischen dem Ende der Erstbehandlung und dem
Rückfall
10.2 Metastasen im Gehirn
Die erste Maßnahme bei Krankheitszeichen aufgrund von Metastasen im Gehirn ist die Gabe
von Glukokortikoiden. Sie vermindern die Bildung von Flüssigkeit um die Metastase und
senken dadurch den Druck im Gehirn. Wenn eine einzelne Metastase gefunden wird, ist eine
Operation oder eine gezielte, stereotaktische Bestrahlung sinnvoll. Bei mehreren Metastasen
wird eine Bestrahlung des gesamten Gehirns durchgeführt.
10.3 Flüssigkeit im Rippenfell
Metastasen im Rippenfell können zu einer Ansammlung von Flüssigkeit führen. Die häufigs­
ten Beschwerden sind zunächst Luftnot bei Belastung, bei Fortschreiten auch Luftnot in Ruhe
und im Liegen. Bei diesen Patienten sind eine Punktion der Flüssigkeit und eine Pleurodese
mit Bleomycin oder Talkum sinnvoll.
11 Nachsorge
http://www.wikipaintings.org/en/henri-matisse/the-dance-1933-1
27
11.1 Welche Reha - Angebote gibt es?
Operation, Bestrahlung und die medikamentöse Behandlung können sehr belastend für den
Patienten und seine Angehörigen sein. Ziel der Rehabilitation ist die Gesundung durch Unter­
stützung im körperlichen, im seelischen und im sozialen Bereich. Das Angebot ist vielfältig,
Reha - Maßnahmen können ambulant und stationär durchgeführt werden. Die Rechte von
Patienten sind im Sozialrecht festgelegt. Hinsichtlich der Rehabilitationsklinik müssen die
Wünsche der Patienten berücksichtigt werden. Die stationäre Rehabilitation sollte in einer
Klinik mit onkologischem Schwerpunkt abgegeben werden, um einen optimalen Rehabilitati­
onserfolg zu gewährleisten.
11.2 Was ist Bestandteil der Nachsorge?
Ziele der Nachsorge sind die
• frühzeitige Erkennung eines Rückfalls mit dem Ziel der Erhöhung der Heilungschance
oder einer Verlängerung der Überlebenszeit
• Erkennung von Nebenwirkungen der Behandlung
• psychosoziale Betreuung
• Vorsorge
Die Nachsorge beginnt, sobald die Erstbehandlung abgeschlossen ist: Die Nachsorge besteht
aus Beratung, Betreuung und Begleitung. Besonders wichtig ist die Berücksichtigung der
speziellen Beschwerden der Patientin. Bei jedem Nachsorgetermin werden die Krankenge­
schichte aufgenommen und eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Nachsorge bezieht
alle erforderlichen Fachgebiete mit ein. Nach brusterhaltender Behandlung wird die betrof­
fene Brust mit Mammographie oder Ultraschall, in begründeten Fällen auch mit MRT, unter­
sucht. Bei allen Patientinnen wird einmal jährlich auch die andere Brust mit einer Mammo­
graphie untersucht. Bei begründetem Verdacht auf einen Rückfall schließen sich weitere bild­
gebende und Laboruntersuchungen an. Die routinemäßige Suche nach Metastasen im Körper
ist bei Patientinnen ohne Beschwerden nicht sinnvoll. Wenn Beschwerden auftreten, wird
gezielt untersucht.
Die Nachuntersuchungen sollten in den ersten 3 Jahren vierteljährlich, im 4. und 5. Jahr halb­
jährlich und ab dem 6. Jahr jährlich erfolgen. Früherkennungsuntersuchungen sind mit einzu­
schließen.
Alle Patientinnen mit Operation der Lymphknoten in der Achselhöhle müssen über das
Risiko, die Früherkennung und die Behandlung eines Lymphödems des Arms aufgeklärt
werden. Eine vorbeugende Lymphdrainage ist nicht sinnvoll.
13 weitere Infos
13.1 Wo bekomme ich weitere Informationen?
Selbsthilfe
Frauenselbsthilfe nach Krebs e. V.: http://www.frauenselbsthilfe.de
Mammazone: http://www.mamazone.de
28
Familiärer Brustkrebs
Deutsches Konsortium für hereditären Brust- und Eierstockskrebs; http://www.mammamiaonline.de/MMSpezialBuch.pdf
14 Wer behandelt?
14.1 Onkologische Zentren
Liste zertifizierter Onkologischer Zentren: http://www.onkologie-zertifizierung.de/
14.2 DGHO Mitgliederdatenbank
DGHO Mitgliederverzeichnis: https://www.dgho.de/aerzte/
14.3 Zertifizierte Brustzentren
Zertifizierte Brustzentren:
Deutsche Krebsgesellschaft
15 Anschriften der Verfasser
Prof. Dr. med. Bernhard Josef Wörmann
Amb. Gesundheitszentrum d. Charité
Campus Virchow-Klinikum
Med. Klinik m.S. Hämatologie & Onkologie
Augustenburger Platz 1
13344 Berlin
Tel: 030 450553219
[email protected]
Dr. med. Friedrich Overkamp
OncoConsult.Hamburg GmbH
Am Kaiserkai 1
20457 Hamburg
Tel: 0172 6117603
[email protected]
29
Prof. Dr. med. Kurt Possinger
Charité Universitätsmedizin Berlin
Medzinische Klinik und Poliklinik II m. S.
Onkologie und Hämatologie
Schumannstr. 20/21
10117 Berlin
Tel: 030 4505-13002
Fax: 030 4505-13952
[email protected]
Prof. Dr. med. Oliver Rick
Klinik Reinhardshöhe
Hämatologie/Onkologie
Quellenstr. 8-12
34537 Bad Wildungen
Tel: 05621 705-154
Fax: 05621 705-450
[email protected]
Disclaimer
Mein Onkopedia richtet sich an Patienten, Angehörige und alle Interessierten. Es basiert auf den aktuellen Leitlinien
der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. für Ärzte, zusammengefasst in
Onkopedia. Diese werden in Kooperation mit der OeGHO Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Medizini­
sche Onkologie, der SGMO Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie, der SGH+SSH Schweizerische
Gesellschaft für Hämatologie und der GPOH Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, erstellt. Fach­
begriffe und Medikamente sind in einem getrennten Verzeichnis erklärt. Mein Onkopedia bietet Informationen, es
ersetzt in keinem Fall die persönliche ärztliche Betreuung bei Erkrankung und Beschwerden.
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