Pdf

Werbung
1.1
Der Waffenstillstand im Wald von Compiègne1
Wald von Compiègne, Departement Oise (Frankreich), an der Oise gelegen. Etwas nördlich von
Compiègne (Clairière de l’Armistice) unterzeichnete 1918 Marschall Ferdinand Foch den
Waffenstillstand, der den 1. Weltkrieg beendete.
1.2
Rat der Volksbeauftragten2
Im November 1918 zwangen revolutionäre Unruhen Kaiser Wilhelm II. zur Abdankung. Nach der
Übergabe der Regierungsgeschäfte an den SPD-Vorsitzenden Friedrich Ebert konstituierte sich am
10. November 1918 der Rat der Volksbeauftragten, einer Koalition aus SPD und der
sozialdemokratischen Abspaltung USPD (Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands),
als provisorische Regierung. Ihm gehörten neben Ebert Philipp Scheidemann und Otto Landsberg von
der SPD sowie Hugo Haase, Emil Barth und Wilhelm Dittmann von der USPD an.
Bei der von dieser Regierung angesetzten Wahlen am 19. Januar 1919 trugen die republikanischdemokratischen Parteien einen überragenden Wahlsieg davon. Ebert wurde der erste Präsident
dieser Republik.
1
2
Encarta 97 Stichwort: Compiègne,
Encarta 97 Stichwort: Weimarer Verfassung/ Koalition, USPD, Friedrich Ebert
1.3
Völkerbund3
Völkerbund, internationales Staatenbündnis zur Sicherung des Weltfriedens mit Sitz in Genf. Der
Völkerbund bestand von 1920 bis 1946; die erste Sitzung, an der Vertreter von 42 Staaten teilnahmen,
fand am 15. November 1920 in Genf statt
Entstehung
Im Januar 1918 regte der US-Präsident Woodrow Wilson in seinen Vierzehn Punkten, seinem
Programm für den Weltfrieden und die Neuordnung Europas nach dem 1. Weltkrieg, die Gründung
eines Völkerbundes zur Friedenssicherung an. Die Satzung des Völkerbundes wurde Bestandteil
des Versailler Vertrags; und mit Inkrafttreten des Versailler Vertrags am 10. Januar 1920 nahm auch
der Völkerbund offiziell seine Arbeit auf.
Im Völkerbund waren von Beginn an die Siegermächte aus dem 1. Weltkrieg vertreten - mit Ausnahme
der USA
Aktivitäten
Wichtigste Aufgabe des Völkerbundes unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg war die Verwaltung
ehemals deutscher und türkischer Gebiete: Der Völkerbund übernahm z. B. direkt die Verwaltung
des Saargebiets und übergab die früheren deutschen Kolonien.
Leitgedanke des Völkerbundes war die kollektive Sicherheit, die Wahrung des Weltfriedens;
Deutschland wurde 1926, nach der deutsch-französischen Verständigung in den Locarnoverträgen,
in den Völkerbund aufgenommen, trat aber 1933 wieder aus. Bedingt durch mehrere Austritte sowie
das Scheitern der 1932 aufgenommenen Abrüstungsverhandlungen schwand das internationale
Ansehen des Völkerbundes im Lauf der dreißiger Jahre. Der aggressiven Expansionspolitik
Deutschlands, Italiens und Japans hatte der Völkerbund nichts entgegenzusetzen. 1946 beschloß
der Völkerbund seine Auflösung; sein Kapital und seine Organisationsstrukturen gingen in den
Vereinten Nationen auf.
3
Encarta 97 Stichwort: Völkerbund
1.4
Versailler Vertrag4
Versailler Vertrag, Friedensvertrag, der zur Beendigung des 1. Weltkrieges zwischen Deutschland
und den Alliierten abgeschlossen wurde. Er wurde auf der Pariser Friedenskonferenz in Versailles
ausgehandelt, die am 18. Januar 1919 begann. An der Konferenz nahmen Vertreter der 27 Staaten
teil, die gegen die Mittelmächte Krieg geführt hatten, darunter die vertragsbestimmenden Vertreter der
USA (Thomas Woodrow Wilson), Großbritanniens (David Lloyd George), Frankreichs (Georges
Clemenceau) und Italiens (Vittorio Emanuele Orlando).
Woodrow Wilson setzte durch, daß die Alliierten in den ersten Teil des Vertrags die Satzung des
Völkerbundes (Völkerbundakte) aufnahmen. Der Völkerbund übernahm die Kontrolle über die
Umsetzung der Vereinbarungen. Der Versailler Vertrag wurde am 28. Juni 1919 im Spiegelsaal des
Schlosses von Versailles nahe Paris unterzeichnet.
Entwaffnung und Reparationen
-
-
Aufhebung der allgemeinen Wehrpflicht
Reduzierung der Armee auf 100 000 Berufssoldaten
Besetzung des Rheinlandes durch alliierte Truppen
Entmilitarisierung eines 50 Kilometer breiten Streifens östlich des Rheines
Einstellung des Imports und Exports von Kriegsmaterial
Beschränkung der deutschen Kriegsmarine
Auflösung der Luftwaffe und Marine bis 1. Oktober 1919
Der Versailler Vertrag verpflichtete Deutschland außerdem zur Zahlung von Reparationen, die in Form
von Geld- und Sachleistungen (Handelsschiffe, Kühe, Eisenbahnen etc.) abzuleisten waren
Gebietsabtretungen
-
Anerkennen der bedingungslose Souveränität Belgiens, Polens, der Tschechoslowakei und
Österreichs
-
Elsaß-Lothringen ging ohne Abstimmung an Frankreich zurück
-
Belgien erhielt nach Abstimmungen Eupen-Malmédy
-
nach Volksabstimmungen 1920 ging Nordschleswig an Dänemark
-
Das Memelgebiet ging an Litauen
-
Danzig wird freie Stadt
-
Außerdem verlor Deutschland seine gesamten Kolonien
4
Encarta 97 Stichwort: Vertrag von Versailles
1.5
Weimarer Verfassungsparteien5
Weimarer Koalition, erste Koalitionsregierung der Weimarer Republik aus Sozialdemokraten (SPD),
Zentrum und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Bereits 1917 hatten die drei Parteien in
einem „interfraktionellen Ausschuß„ zusammengearbeitet. Insgesamt 76 Prozent der Stimmen konnte
die Koalition in den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 auf sich vereinen. Sie war
anschließend maßgeblich am Aufbau der Weimarer Republik beteiligt.
Am 11. Februar 1919 wurde der erste Reichspräsident, Friedrich Ebert (SPD), in sein Amt gewählt
und am 31. Juli 1919 die Weimarer Reichsverfassung verabschiedet.
Ab August 1923 wurde die Weimarer Koalition - erweitert um die Deutsche Volkspartei (DVP) - zur
sogenannten großen Koalition unter Gustav Stresemann (DVP).
1.6
Hitlerpartei6
NSDAP, nach dem 1. Weltkrieg radikale Splitterpartei, gegen Ende der Weimarer Republik
bedeutende politische Kraft, im Einparteienstaat des Dritten Reiches Staatspartei.
Die Anfänge (1919-25)
Die Partei wurde am 5. Januar 1919 von dem Eisenbahnschlosser Anton Drexler und dem
Journalisten Karl Harrer in München als Deutsche Arbeiterpartei (DAP) gegründet
Im Februar 1920 benannte sich die DAP in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)
um. In der Folge wirkte Hitler als „Trommler„ der Partei und formte sie innerhalb kurzer Zeit zur
„Hitlerbewegung„ um. Am 29. Juli 1921 wurde er zum Vorsitzenden der NSDAP gewählt; Er erhielt
diktatorische Vollmachten, womit die Partei seinen Vorstellungen politischer Führung entsprach.
Hitlerputsch
Am 1./2. September 1923 gründete Hitler, der in völkischen Kreisen in Bayern bereits über großen
Einfluß verfügte, zusammen mit Erich Ludendorff aus verschiedenen rechtsradikalen Gruppierungen
in Nürnberg den Deutschen Kampfbund. An der Spitze dieses Bundes unternahm Hitler am 8.
November 1923 den Versuch, die Macht in Bayern an sich zu reißen und dann durch einen Marsch
auf Berlin die Reichsregierung zu stürzen. Die erhoffte Unterstützung seitens der gleichgesinnten
bayerischen Regierung unter Ritter von Kahr blieb jedoch aus; der Putsch wurde im Gegenteil von der
Staatsgewalt vor der Münchner Feldherrnhalle niedergeschlagen. Die NSDAP und ihr Presseorgan,
der Völkische Beobachter, wurden verboten. Den folgenden Hochverratsprozeß (26. Februar bis 1.
April) verstand Hitler in einen Propagandafeldzug für sich und seine Partei zu verkehren. Das Urteil
vom 1. April lautete auf fünf Jahre Festungshaft, aber bereits am 20. Dezember 1924 wurde Hitler
vorzeitig wieder entlassen.
Weitere Entwicklung
-
27. Februar 1925, Wiederzulassung in verschiedenen Tarnorganisationen
-
Ende 1927 zählte die Partei etwa 27000 Mitglieder, zunehmend auch außerhalb Bayerns
-
14. September 1930, bei den Reichstagswahlen erreichte sie 18,3 Prozent, am 31. Juli 1932
sogar 37,4 Prozent der Stimmen und wurde stärkste Partei
-
30. Januar 1933, Reichspräsident Paul von Hindenburg ernannte Hitler zum Reichskanzler einer
Koalitionsregierung aus Deutschnationalen und Nationalsozialisten
-
2. August 1934, nach Hindenburgs Tod übernahm Hitler auch das Amt des Reichspräsidenten
und führte seither den Titel „Führer und Reichskanzler
5
6
.Encarta 97 Stichwort: Weimarer Koalition
Encarta 97 Stichwort: Hitler, NSDAP
2.1 Vertiefung der politisch-wertenden Aussage
„ Die These, die SPD sei in jenem Wendejahr eine revolutionäre Partei gewesen, ist
ein Falsifikat “
Anfänge
Um sich dieser These widmen zu können und darüber eine Aussage machen zu können, muß man
den geschichtlichen Hintergrund und die gesamtpolitische Entwicklung dieser Zeit betrachten.
Die SPD entstand 1890 als Nachfolgeorganisation der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands
(SAP), eines 1875 vollzogenen Zusammenschlusses aus dem 1863 von Ferdinand Lassalle
gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) und der 1869 von Wilhelm Liebknecht
7
und August Bebel gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP).
Auf dem Erfurter Parteitag 1891 (von Kautsky entworfene Parteiprogramm) wendete sich die SPD
eindeutig hin zu marxistischen Annahmen und Überzeugungen. Das "Erfurter Programm" lehnte
sich in seinem theoretischen Teil an die Gesellschaftsanalyse von Marx und Engels an und forderte
in seinem praktischen Teil unverzügliche, tiefgreifende Reformen in Wirtschaft, Politik und
8
Gesellschaft.
1978 bis 90 traten die Sozialistengesetze in Kraft. Es wurden zwar von Bismarck die
Sozialversicherungen gegründet, um damit die Lebensverhältnisse der Arbeiterschicht zu
verbessern, aber dies geschah nicht uneigennützig. Es wurde zudem die SPD verboten, damit im
9
Kaiserreich kein Boden für soziale Reformen oder auf eine Revolution zielende Politik entsteht.
1917 spaltete sich der linke Flügel der SPD - unter der Führung von Hugo Haase und Wilhelm
Dittmann enstand die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD). Sie ging aus
der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft von Reichstagsabgeordneten hervor, die 1916 die
Reichstagsfraktion der SPD aus Protest gegen die Zustimmung ihrer Fraktion zu Kriegskrediten
verlassen hatten. USPD vertrat radikale Ansichten des Marxismus (Klassenkampf) und gewann mit
etablierten Politikern (Karl Kautsky, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg) einen Konkurrenzstatus zur
10
SPD.
Das Ende des I. Weltkrieges – Novemberrevolution – Entstehung der Weimarer Republik
Aufgrund der aussichtslosen Kriegslage mußte die Oberste Heeresleitung (OHL) im September 1918
ein Waffenstillstandsangebot den Alliierten unterbreiten und zugleich ein Parlament auf
parlamentarischer Basis bilden. Nach den militärisch sinnlosen Befehlen der Seekriegsleitung
begannen die Matrosen im Oktober zu meutern. Im November wurden die ersten Arbeiter- und
Soldatenräte gewählt, die die öffentliche Gewalt in den Küstenstädten übernahmen. Die SPD hatte
noch die Absicht die Lage zu beruhigen, aber die Revolution war im vollen Gange und konnte nicht
mehr abgewendet werden.
Die vollziehende Gewalt übernahmen die sich überall bildenden Arbeiter- und Soldatenräte. Um nicht
den Einfluß auf die Arbeiterschaft zugunsten der radikalen Linken zu verlieren, drängte die SPDFührung nun auf die Abdankung des Kaisers; die Monarchie wollte sie nicht abschaffen.
7
Encarta 97 Stichwort: SPD
http://www.spd.de/partei/geschichte/ : „1890/91 - SPD und Gewerkschaften im Aufwind“
9
GK-Text: „Historische Entwicklungslinien des Sozialstaates
10
Encarta 97 Stichwort: USPD
8
Nach dem Thronverzicht Wilhelm II., übergab man Friedrich Ebert (SPD) die Reichsregierung. Gegen
Eberts Willen rief Philipp Scheidemann (SPD) die Republik aus. Damit kam er den radikalen
sozialistischen Linksgruppen zuvor. Karl Liebknecht, der mit Rosa Luxemburg zum linken Flügel der
11 12
USPD (Spartakusbund) gehörte, verkündete später eine „freie sozialistische Republik".
Es wurde der Rat der Volksbeauftragten, der sich aus der Koalition SPD, USPD und Zentrum
zusammensetzte, 1919 nach der Nationlaversammlung ins Leben gerufen. Infolge dessen kam es zu
den Januarkämpfen, die von den Anhängern der KPD (würde 1918 aus dem „Spartakusbund“ und den
„Revolutionären Obleuten“ gegründet) angezettelt wurde. Sie wollten einen Staat nach sowjetisch
Vorbild errichten und dies auch mit radikalen Mitteln. Dieser Austand wurde niedergeschlagen und
13
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurden durch Soldaten getötet.
Wenn man die SPD und zugleich die Novemberrevolution betrachtet, gibt es verschiedene Ansichten
je nach politischer Richtung. Die rechtsorientierten Gruppen der Bevölkerung hatte schon in der
Monarchie bestimmte Ansichten über die Arbeiterbewegung: „[...] - kurz alle im Dienste der
sozialistischen Propaganda Stehenden aus dem Deutschen Reiche ausgewiesen werden; dasselbe
14
gilt natürlich für alle Anarchisten.“ (Schrift aus dem Jahre 1912) . Nach der Novemberrevolution
behaupteten die Konservativen und die Rechten, daß die Linken das Reich zerstört hätten und sie die
Schuld am verloren I Weltkrieg tragen (Entstehung der „Dolchstoßlegende“). Die KPD bezeichneten
den Ausgang, von den Sozialdemokraten „verratende Revolution“. Die SPD war natürlich revolutionär
für die Führungsschicht der Monarchie, da sie die Stimme des Arbeiters vertreten wollten und eine
politische Vereinigung die diese organisierte. Die Novemberrevolution aber hatte Paul von Hinburg
und Erich Ludendorff selber in Gang gebracht durch ihre sinnloses militärische Handeln. Die SPD
brachte in der Hinsicht die Revolution - weg von der Monarchie hin zur Demokratie, was dann
endgültig nicht auf lange Zeit aufrechterhalten werden konnte. Geschichtswissenschaftler der 1950
Jahre sind der Ansicht, daß die SPD zu große Furcht vor dem Bolschewismus und der KPD gehabt
habe und letztendlich nicht konsequent genug mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zielen
umgegangen sei. Zudem habe die SPD versäumt die kaiserliche Elite in der Verwaltung und im Heer,
in der Justiz, an den Universitäten und Gymnasien durch eine demokratische Elite zu ersetzten und
solle sich als schwere Belastung für die deutsche Demokratie herausstellen.
Krisenjahre
Die Situation 1920 und die folgenden darauf zeigten, daß sich das Volk in politischen Ansichten tief
gespalten hatte. Es kam zu zahlreichen Auseinandersetzungen und es wurde ein Putschversuch
gestartet (Kapp-Luttwitz-Putsch), der von den nationalitischen-reaktionären Kreisen um Ludendorff
entstand. Es wurde versucht gewaltsam die Reichsregierung zu stürzen, aber dies wurde durch einen
Generalstreik aller Gewerkschaften unterbunden. Dieser Erfolg der Demokratie wirkt sich aber nicht
positiv auf die Bevölkerung aus. Bei der nächsten Wahl bekamen die Rechten wieder mehr Stimmen
und USPD und SPD verlor an Boden. In den folgenden Jahren war die SPD nicht fähig Mehrheiten in
der Bevölkerung zu gewinnen und die Weltwirtschaftskrise zeigt ihr übriges. Es entstanden
Minderheitsregierungen und der Nationalsozialismus konnte sich etablieren. Mit dem Erfolg NSDAP
15
scheiterte die Demokratie und die Diktatur hielt Einzug. .
11
http://www.uni-leipzig.de/herder/lehrende/roesch/archiv/historie/roesch7.htm
http://www.salvator.net/salmat/pw/pw1/weimar/revolte.htm
13
Geschichtsbuch Band II Seite 77
14
Geschichtsbuch Band I Seite 373: „ Wenn ich der Kaiser wäre“
15
Geschichtsbuch Band II Seite 77f
12
2.2 Vertiefung der politisch-wertenden Aussage
„(...) das Kaiserreich sei bei seinem Griff nach der Weltmacht durch „Dolchstoß“ der
Linken, obwohl im Felde unbesiegt, meuchlings umgebracht worden (...)“
Der Begriff des „Dolchstoßes“ entstand nach dem verlorenen I. Weltkrieg und war ein Schlagwort der
nationalistisch-konservativen Propaganda. Mit diesem Begriff wurde die Behauptung aufgestellt, daß
durch die Novemberrevolution und den sozialdemokratischen Interventionen der Kriegsausgang
entscheidend beeinflußt wurde. Der Soldat an der Front wurde sozusagen von den Linken hinterrücks
16
„erdolcht“ und nur deswegen wurde der Krieg verloren.
Der I. Weltkrieg war einer der ersten Kriege mit den technischen Möglichkeiten der
Massenvernichtung. Der Soldat an der Front wurde durch Propaganda auf eine hohe Stufe gestellt
und sein Tod glorifiziert. Während des Krieges hatten sich die Oberste Heeresführung (OHL) die
17
innen- und außenpolitische Führung eingefordert und den Sturz von Reichskanzler Theobald von
Bethmann Hollweg erwirkt. General Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff bildeten die
18
Führungsspitze der OHL und waren verantwortlich für die Entstehung der „Dolchstoßlegende“.
Im September 1918, nach dem Scheitern der Frühjahrsoffensive, forderte die OHL sofortige
Waffenstillstandsverhandlungen. Gezwungen durch die hoffnungslose militärische Lage, sollte die
Reichsregierung das Waffenstillstandsgebot absenden. In der Stunde der Niederlage entzogen sich
19
die Generäle ihrer Verantwortung und übertrugen sie auf die Politik.
Die Tatsache vom verlorenen Krieg, und daß sich die OHL die dies eingestehen mußte, wirkte sich
schockartig unter Bevölkerung aus. Bis zum Schluß hatte die Kriegspropaganda keinen Zweifel an
einem deutschen Sieg zugelassen, und die deutschen Truppen standen noch immer tief in Frankreich
und Rußland. Die Niederlage war für sie nicht sichtbar, da keine fremden Soldaten einmarschierten
20
und Deutschland noch Gebiete besetzt hielt – die Niederlage schien unfaßbar.
Nach dem Akzeptieren des 14. Punkte Planes des amerikanischen Präsidenten Wilson und der
Verfassungsänderung
im
Oktober
1918,
wurde
im
Wald
von
Compiègne
der
Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Der Generalstab der kaiserlichen Arme unterzeichntete
das Abkommen nicht, sondern die Politiker der neuen Republik - was sich a im nachhinein noch als
21
Fehler herausstellte.
Als dann im Dezember die deutschen Truppen zurückkehrten wurden diese sogar vom
Sozialdemokrat Friedrich Ebert mit den Worten empfangen: „Kein Feind hat euch überwunden“. Dies
könnte zudem den Eindruck gestärkt haben, daß das deutsche Reich militärisch nicht besiegt wurde.
Als der Hindenburg am 18. November 1919 vor dem Untersuchungsausschuß der
Nationalversammlung über die Ursachen des militärischen Zusammenbruchs von einer heimlichen
und planmäßigen "Zersetzung von Flotte und Heer" sprach, wurde diese Aussage Gedankengut aller
Gegner der Republik und die „Dolchstoßlegende“ wurde geboren. Sich auf einen englischen Offizier
berufend, gab Hindenburg zu Protokoll, die deutsche Armee sei "von hinten erdolcht worden". Damit
verlagerte er die Verantwortung für die militärische Niederlage von der Obersten Heeresleitung auf die
16
Text : „Dolchstoßlegende“
www.dhm.de: Paul von Hindenburg
18
www.dhm.de : OHL
19
Geschichtsbuch Band II: Seite 75 „Die Revolution von 1918/19“
20
www.dhm.de: Dolchstoßlegende
21
Text : „Dolchstoßlegende“
17
politische Ebene. Er machte die Friedensresolution von 1917 für den militärischen und politischen
22
Zusammenbruch ebenso verantwortlich, wie etwa den Munitionsarbeiterstreik von 1918.
Hans-Jörg Koch ist zudem der Ansicht, daß mit ausländischer Hilfe eine noch stärkere und
wirksamere Verbreitung der „Dolchstoßlegende“ begünstigt wurde. Der Ursprung dieser Legende
würde vielmehr auf den britischen General Sir Frederick Maurice zurückzuführen sein. Diesem
wiederum wurde von einem Schweizer Korrespondenten der Neuen Züricher Zeitung, der zwei Artikel
des Generals über die Ursachen der deutschen Niederlage referierte, die Worte in den Mund gelegt:
"Was die deutsche Armee betrifft, so kann die allgemeine Ansicht in das Wort zusammengefaßt
23
werden: sie wurde von der Zivilbevölkerung von hinten erdolcht".
Besonders die rechtsextremen Parteien wie die DNVP und die NSDAP stützten sich auf die
„Dolchstoßlegende“ um Angriffe auf die Weimarer Republik zu starten, mit den Argumenten, daß die
Juden, Marxisten und Sozialdemokraten für die Niederlage die Schuld tragen. Sie schürten die
Auseinandersetzungen über den Versailler-Friedensvertag (1920) und begünstigten letztendlich den
Aufstieg des Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Gedankenguts.
In den folgenden Jahren konnte die NSDAP immer mehr Wählerstimmen gewinnen und dann später
die Regierung bilden. Zudem wurde die Unzufriedenheit des Volkes durch die schlechte ökonomische
24
Stabilität und aufkommende Weltwirtachaftskrise unterstützt.
Die „Dolchstoßlegende“ zeigte, wie aus einer eigentlich nicht zu rechtfertigten Aussage oder Meinung,
allgemeines Gedankengut werden kann. Hindenburg und die rechtorientierten Parteien hatten einfach
die Realität für ihre Zwecke verdreht und breite Bevölkerungssichten indoktriniert, die kaum eine
Möglichkeit hatten sich ein objektives Bild der Lage zu verschaffen. Der Berliner Philosophieprofessor
25
und Theologe Ernst Troeltsch im Dezember 1919 hatten die Ansicht : "Die große historische
Legende, auf der die ganze Reaktion beruht, daß eine siegreiche Armee meuchlings und rücklings
von den vaterlandslosen Gesellen der Heimat erdolcht sei, ist damit zum Dogma und zur Fahne der
Unzufriedenen geworden."
22
www.dhm.de : Dolchstoßlegende
www.lsg.musin.de/Geschichte/wr/Weimarer_Republik_Projekt/die_dolchsto%C3%9Flegende.htm
24
Geschichtsbuch Band II: Seite 77 (mitte)
25
www.lsg.musin.de/Geschichte/wr/Weimarer_Republik_Projekt/die_dolchsto%C3%9Flegende.htm
23
Herunterladen