Leseprobe - Expert

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1 Einführung
Sehr vielfältig ist in allen Bereichen der
• Wissenschaft,
• Technik,
• Planung, usw.
die Aufgabe, ein System zu studieren, um dessen Eigenschaften und Verhalten zu
verstehen, vorherzusagen oder zu verbessern.
Simulationstechnik ist ein Hilfsmittel hierfür. Sie setzt ein geeignetes Modell voraus,
welches das zu untersuchende System genügend genau beschreibt.
Zum besseren Verständnis werden die Begriffe zunächst näher erläutert.
1.1 System
1.1.1 Systemstudie
Abbildung 1 zeigt die prinzipiellen Möglichkeiten, wie die Eigenschaften eines Systems erarbeitet werden können. Man muss dabei unterscheiden, ob es sich um ein
existierendes “reales“ System handelt oder um ein rein hypothetisches System. Am
realen System können Experimente durchgeführt und so ein Einblick in das System
gewonnen werden.
Reales System
Theoretische Untersuchung
Modell
Experiment
Simulation
Analytische
Berechnung
Abbildung 1: Studie eines realen Systems
1
Aber auch theoretische Untersuchungen können zum Ziel führen. Hat man sich ein
Modell geschaffen, das das System genügend genau beschreibt, so kann man analytische Berechnungen durchführen oder über die Simulation Systemerkenntnisse
gewinnen.
Üblich ist auch eine parallele Vorgehensweise, wobei sich Experiment und theoretische Untersuchung gegenseitig beeinflussen und ergänzen.
Oft sind Experimente am realen System gar nicht oder nur stark eingeschränkt
durchführbar, z.B. in
• der Wetterforschung, -vorhersage,
(Mensch ohne Einfluss)
• der Humanmedizin oder bei
(Ethik)
• Wirtschafts- und Produktionsprozessen.
(Kosten)
Deshalb ist es das Ziel, Systeme einer theoretischen Untersuchung (Berechnung,
Simulation, Laborexperiment) zugänglich zu machen. Es ergibt sich dabei eine ganze
Reihe von Vorteilen:
Die Untersuchung existierender Systeme ist u. a.
• kostengünstig
Schulung im Flugsimulator
• ungefährlich
Fahren im Grenzbereich
• reproduzierbar
Unfallrekonstruktion, Reihenuntersuchungen
• zeitsparend
Lebensdauertest
Die Untersuchung hypothetischer Systeme ist u. a.
• kostengünstig
Variantenrechnung
• flexibel
Parametervariation, -optimierung
• entwicklungsgerecht
frühzeitiger Funktionsnachweis
1.1.2 Der Systembegriff
Unter einem System soll Folgendes verstanden werden:
•
•
•
Es besteht aus einer Sammlung von Elementen und Komponenten.
Die Attribute kennzeichnen die konstanten oder variablen Eigenschaften der
Elemente des Systems.
Die Aktivitäten sind Vorgänge, die Änderungen dieser Eigenschaften hervorrufen.
Dabei ist aus praktischen Gründen durch
•
•
Abgrenzung von System und Umwelt und
Detaillierungsgrad
der Umfang eines zu definierenden Systems zu begrenzen. Abhängig von der Zielsetzung der Systembetrachtung muss es die interessierenden Elemente, die wesentlichen Attribute und die Aktivitäten beinhalten.
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In Tabelle 1 sind Beispiele zusammengestellt:
System
Elemente
Attribute
Aktivitäten
Straßenverkehr
Fahrzeuge
Straßen
Verkehrszeichen
Geschwindigkeit
Richtung
Anzahl
Fahren
Parken
Regeln
Bank
Kunden
Konten
Kassen
Anzahl
Kontostand
Zinssatz
Einnehmen
Verzinsen
Abfragen
Telefonvermittlung
Teilnehmer
Gespräche
Rufnummer
Dauer
Wählen
Sprechen
Supermarkt
Kunden
Lager
Einkaufsliste
Sortiment
Bezahlen
Verkaufen
Elektrische
Schaltung
Leitung
Schalter
Energieversorgung
Stromstärke
Spannung
Frequenz
Schalten
Verstärken
Unterbrechen
Tabelle 1: Systembeispiele
1.1.3 Systembeschreibung
Der Zustand des Systems ist die Beschreibung aller Elemente, Attribute und
Aktivitäten zu jedem Zeitpunkt.
Verhalten und Eigenschaften eines Systems werden untersucht, indem Änderungen
im Zustand des Systems verfolgt werden.
Nach Art der zeitlichen Änderung werden unterschieden
•
•
(zeit-)kontinuierliche Systeme – Änderungen sind (überwiegend) kontinuierlich
oder stetig, z.B. Verkehr, elektrische (analoge) Schaltungen,
(zeit-)diskrete Systeme – Änderungen erfolgen (überwiegend) zu diskreten
Zeitpunkten, z.B. Bank, Telefonvermittlung, digitale Schaltungen.
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1.2 Modell
Die Darstellung in Abbildung 2 zeigt den prinzipiellen Weg von einem realen System
zum Modell als vereinfachter Abbildung der Wirklichkeit.
System
Systembeschreibung
Umwelt
Elemente
Attribute
Aktivitäten
Vereinfachung
Wirklichkeit
Modell
Abbildung
Abbildung 2: Von der Wirklichkeit zur Abbildung
Das Modell ist ein physikalisches oder formales (mathematisches) Ersatzsystem,
welches das betrachtete (wirkliche) System mehr oder weniger vereinfacht wiedergibt und gestattet, dessen charakteristisches Verhalten zu studieren. Es kann auf
verschiedene Art und Weise erzeugt werden, siehe Abbildung 3:
Modelle
physikalisch
statisch
dynamisch
mathematisch
statisch
dynamisch
numerisch
analytisch
Abbildung 3: Modelltypen
Die Modellbildung umfasst die beiden Schritte
•
•
Festlegung der Struktur
Versorgung mit Daten (Messung, Berechnung, Schätzung)
Im Folgenden soll näher auf die verschiedenen Modellarten eingegangen werden.
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1.2.1 Physikalische Modelle
Das Modell wird nach bekannten Ähnlichkeitsgesetzen aus der Wirklichkeit hergeleitet:
•
•
Die Attribute der Systemelemente werden durch physikalische Größen (z.B.
elektrische Spannungen, Kräfte) dargestellt.
Die Aktivitäten werden durch physikalische Gesetze ersetzt.
Man unterscheidet
•
statische physikalische Modelle
Maßstabsmodelle (Fahrzeugmodell im Windkanal, Schiffsmodell)
Anschauungsmodelle (Molekülmodell)
Die Auswertung der statischen physikalischen Modelle erfolgt durch
Messungen und Transformation (Ähnlichkeitsgesetze).
•
dynamische physikalische Modelle
z.B. Nachbildung eines mechanischen Systems durch ein elektrisches
physikalisches Modell, siehe Abbildung 4:
Mechanisches System: 1-Massen-Schwinger
(vereinfachte Fahrzeugfederung)
Aufbau
Feder
Dämpfer
K
D
x Masse
Rad
M
Radachse
(starr)
Zeitabhängige Kraft
F(t)
Die Bewegung der Masse M wird durch die folgende Differenzialgleichung
2. Ordnung in x beschrieben:
M x ″ + D x ′ + K x = F( t )
Reihenschwingkreis
Elektrisches physikalisches Modell:
u(t)
i
R
L
C
q = ∫ i dt
Das Verhalten des elektrischen Schwingkreises wird durch die folgende
Differenzialgleichung 2. Ordnung in q beschrieben:
L q ″ + R q ′ + 1/C q = u( t )
Abbildung 4: Beispiel für ein Analogie-Modell
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