Wähler des 3. Wahlkreises! - Heimatbund für das Oldenburger

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Baustein zur Regionalgeschichte:
„Wähler des 3. Wahlkreises!“
Zwei Aufrufe zur Reichstagswahl im Januar 1874
Zur Information:
Nach der Gründung des Deutschen Reiches gehörte das Oldenburger Münsterland bei den
Reichstagswahlen zum Wahlkreis III (Vechta, Cloppenburg und Wildeshausen/Delmenhorst).
Die Parteien hatten noch keine feste Organisationsstruktur; der Wahlkampf vor Ort wurde von
sog. „Wahl-Comites“ organisiert.
Die Innenpolitik Bismarcks in den Jahren 1871 – 1878 wurde beherrscht vom sog.
„Kulturkampf“, in dem Bismarck im Bündnis mit den Nationalliberalen und der liberalen
Fortschrittspartei hartnäckig versuchte, den Einfluss der katholischen Kirche zurück zu
drängen (u.a. durch die Jesuitengesetze, den Kanzelparagrafen, die Gesetze zur Zivilehe und
zur Schulaufsicht). Als Gegenreaktion formierte sich das Zentrum als Vertreterin katholischer
Interessen.
Im Verlaufe des Kulturkampfes kam es besonders in den preußischen Landesteilen auch zu
Beschlagnahmungen von Kirchengut und zur Verhaftung von Geistlichen. Im
Großherzogtum Oldenburg hatten die Reichsgesetze zum Kulturkampf natürlich auch
Gültigkeit, aber die Regierung verzichtete auf spektakuläre Zwangsmaßnahmen gegen die
Kirche und konnte so den Eindruck erwecken, dass man hier vom Kulturkampf verschont
bliebe.
Aufgaben:
1. Wen spricht das Central Wahl-Comite zu Lohne an und wie beschreibt es die
politische Situation im Deutschen Reich?
2. Wie beschreibt es die politische Situation im Großherzogtum Oldenburg?
3. Wie stellt das Comite den politischen Gegner dar?
4. Welche Konsequenzen sollen die Wähler daraus ziehen?
5. Fasse zusammen, wie das Comite die damalige Lage und die politischen Aufgaben des
Oldenburger Münsterlandes sieht!
6. Wie stellt der 2. Aufruf den politischen Gegner dar?
7. Wie kennzeichnet er die eigene Seite?
8. Welche Position nimmt die Vechtaer „neue Zeitung“ ein?
9. Wie beurteilst Du die beiden Aufrufe?
1
WAHLAUFRUF 1
Vechtaer „Neue Zeitung“, 30.12.1873
2
WAHLAUFRUF 2
3
Baustein zur Regionalgeschichte:
„Wähler des 3. Wahlkreises!“
Zwei Aufrufe zur Reichtagswahl im Januar 1874
Erwartungshorizont:
1. Wen spricht das Central Wahl-Comite zu Lohne an und wie beschreibt es die
politische Situation im Deutschen Reich?
„Katholische“ Wähler! „Eine feindselige Macht, der sogenannte Liberalismus,“
bedroht “unsere heiligsten Interessen“
„ ...unheilvolle Gefahren....drohende Gefahren...“
2. Wie beschreibt es die politische Situation im Großherzogtum Oldenburg?
„unter einer milden Landes=Regierung die Rechte gewahrt..., die wir als loyale
Bürger und Katholiken beanspruchen können...“
(In Wirklichkeit waren die Beziehungen zwischen der herzoglichen Regierung und der
katholischen Kirche seit 1803 sehr kompliziert und auch konfliktreich: Einrichtung
des Bischöflich-Münsterschen Offizialates 1831 und „Oldenburger Kirchenstreit“ um
die Besetzung katholischer Pfarrstellen 1854-1871)
3. Wie stellt das Comite den politischen Gegner dar?
Die „feindselige Macht“ des Liberalismus versucht „alle kirchliche und persönliche
Freiheit zu vergewaltigen...“etc.
„unheilvolles Gebahren“
„destructive Tendenzen des Liberalismus und seiner Patrone“
„Gewaltherrschaft“
4. Welche Konsequenzen sollen die Wähler daraus ziehen?
„Pflicht und Recht“ gebieten, „der drohenden Gefahr zu wehren“. „Feige
Unthätigkeit“ und „müßig zusehen“ wäre „Verrath ... an dem, was jedem Katholiken
das Heiligste sein muß“
Die Wahlen sind das einzige Mittel, „unsere religiösen, sittlichen und materiellen
Interessen mit allen Kräften zu vertreten“
„Alle, Mann für Mann!“ Geschlossenheit zeigen!
5. Fasse zusammen, wie das Comite die damalige Lage und die politischen
Aufgaben des Oldenburger Münsterlandes sieht!
Deutlich werden sollte das Gefühl der Bedrohung einer konfessionellen Minderheit in
dem preußisch-protestantischen Kaiserreich und der Aufruf zur Gegenwehr und zum
politischen Zusammenschluss im Zentrum gegen die liberalen Strömungen der Zeit.
Aufschlussreich für das sich herausbildende Identitätsbewusstsein des Oldenburger
Münsterlandes ist auch der Hinweis auf die „milde Landes=Regierung“ in
Oldenburg.
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6. Wie stellt der 2. Aufruf den politischen Gegner dar?
Das Zentrum als die Partei, die „im deutschen Reiche Unfrieden gesäet und auf
welche die Erbfeinde unseres Vaterlandes, die Franzosen, sich zu stützen hoffen“
(Unterstützung der – katholischen – polnischen Minderheit und der Elsässer durch
das Zentrum)
„reichsfeindliche Partei..., welche keck sich auflehnt gegen unseren Kaiser, sich
auflehnt gegen Recht und Gesetz im Staate und in der Gemeinde!“
Knapp zusammengefasst in der Kommentierung der Neuen Zeitung:
„“Anschuldigungen der Friedensstörung, Franzosenfreundschaft und
Reichsverrätherei“
7. Wie kennzeichnet er die eigene Seite?
Vereinigung für den „inneren Frieden im deutschen Reiche sowie in jeder Gemeinde“
„zu Kaiser und Reich stehen in alter deutscher Treue“
v.Moltke als erfolgreicher Heerführer, „ treu zu Kaiser und Reich“, der bewiesen hat,
„dass er in jedem seiner Soldaten dessen Religion gleichmäßig ehrt und hochschätzt,
gleichviel, weß Glaubens er ist“
8. Welche Position nimmt die Vechtaer „neue Zeitung“ ein?
Klare Positionierung für das Zentrum, zugleich negative Kommentierung des 2.
Aufrufs, dessen „Verdächtigungen“ ein weiterer Aufruf zu einer „vernichtenden
Majorität“ für die „streitbaren Zentrumsmänner“ seien.
9. Wie beurteilst Du die beiden Aufrufe?
Verwunderung über das kämpferische Vokabular? Über die Schärfe der gegenseitigen
Vorwürfe? Über das Gewicht konfessioneller Argumente und Positionen?
Vergleiche mit heutigen Wahlkämpfen...
„Überparteiliche“ Zeitungen?
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