Alfred Adler - Der Hausarzt

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Zu
guter
Letzt
Der gebürtige Wiener war in seiner Heimatstadt als Arzt tätig und wurde 1902 von Sigmund Freud gebeten, sich einer Gruppe von
Kollegen anzuschließen, die sich die Erforschung der Psychoanalyse vorgenommen
hatten.
Prof. Dr. med.
Ganz offensichtlich entwickelten die MitKlaus-Dieter Kossow
glieder dieses Arbeitskreises eine ausgeprägEhrenvorsitzender
des Deutschen Hauste Psychodynamik. Bereits 1911 kam es zwiärzteverbandes e.V.
schen Adler und Freud zum offenen Bruch,
weil Freud das Konzept der Individualpsychologie Adlers nicht akzeptierte.
Besonders in Amerika, wo er seit 1935 niedergelassen war, und in der angelsächsischen
Welt hat Adler durch umfangreiche Lehrtätigkeit und Publikationen das Weltbild der
Ärzte in der Primärversorgung und das der
Pädagogen im 20. Jahrhundert
mitgeprägt. Er starb 1937 auf eiWichtige Werke Alfred Adlers
ner Vortragsreise in Aberdeen.
(1870-1937)
Während Freud bei der Psychoanalyse primär von der Frage
ausging, durch welche Ursachen
eine neurotische Störung verursacht wird, betrachtete Adler
zunächst die Ziele individuellen
Handelns und beschrieb diese
auf der Grundlage seiner Beobachtungen, die er dann auf der einen Seite
den Störungsursachen (Krankheiten) und auf
der anderen Seite einem gesunden und sozialverträglichen Leben zuordnete.
Auf dieser Grundlage stellte er systematisch
seine Beobachtungen und Gedanken dar und
erwies sich im Vergleich zu Freud als der
bessere Pädagoge, verwickelte sich weniger
in Widersprüche und schwer erklärbare
Hypothesen und war im Vergleich zu Freuds
▪▪ Menschenkenntnis
▪▪ Über den nervösen Charakter
▪▪ Der Sinn des Lebens
▪▪ Individualpsychologie in der Schule
▪▪ Heilen und Bilden
▪▪ Theorie und Praxis der Individualpsychologie
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Lehre mit nicht analytischen Konzepten wie
der Verhaltenstherapie und der von Rogers
entwickelten Gesprächstherapie besser vereinbar.
Nach Adlers Auffassung müssen Individuen
mit ihrem auf die Zukunft gerichteten Verhalten ganzheitlich als zielgerichtet handelnde Wesen betrachtet werden. Sie entwickeln aus Erfahrungen in der frühen
Kindheit und späteren Biografie Verhaltensstile, die über Krankheit und Gesundheit
bestimmen und zum Zwecke der Krankheitsbehandlung durch die Psychotherapie oder
ärztliche verbale Intervention bei entsprechender Kooperation der Patienten geändert
werden können.
Durch unterschiedliche Umwelteinflüsse
oder Erbanlagen oder göttliche Fügung sind
alle Menschen verschieden und sollten daher
individuell betrachtet werden. Als sozialistischer Atheist hat sich Adler mit der religiösen Prägung von Menschen nicht befasst. Für
ihn stehen pädagogische Erlebnisse (besonders durch die Eltern) im Vordergrund. Als
Resultante aller Einflüsse bilden Individuen
sogenannte „Leitlinien“ heraus, die dann für
die Zukunft verhaltensbestimmend wirken,
Krankheiten auslösen oder zu einem gesunden Leben verhelfen.
Auf der Grundlage dieses Konzeptes entstand nach Adler eine medizinische Anthropologie, in der zwischen nützlichen Leitlinien (Beispiel: „Ich muss durch Erfolg glänzen“) und nicht nützlichen Leitlinien („Ich
muss aggressiv sein“) unterschieden werden
kann. Nützliche Leitlinien sind mit Selbstbewusstsein, nicht nützliche mit Minderwertigkeitsgefühlen assoziiert.
Der Hausarzt 10/2015
Foto: picture alliance / United Archives/WHA
Alfred Adler
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