Kapitel 7: Formale Analyse des Zertifikatemarktes

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Kapitel 7
Formale Analyse des Zertifikatemarktes
7.1
Allokationseffizienz des Zertifikatemarkes
Im Folgenden gehen wir von den Emittenten i = 1, . . . , m aus, die durch ihre Anfangsemissionen e0i und ihre Vermeidungskostenkurven Ri (e0i − ei ) gekennzeichnet sein sollen. Dabei steht ei für die Restemission des i-ten Emittenten, so das e0i − ei das Niveau der
vom i-ten Emittenten vorgenommenen Vermeidungsaktivität angibt. Wir unterstellen
überproportional steigende Vermeidungskosten, d.h. Ri > 0, Ri > 0, so dass die Kostenfunktion einen Verlauf wie in Abbildung 7.1 annimmt.
Abbildung 7.1: Vermeidungskostenverlauf
R
i
R '
e i( p z)
p
e
i
0
e
i
z
e i( p z)
e
i
0
Der Preis für eine Einheit (z.B. in t) Emission beträgt pz . Entsprechend der EU-Regelung
wird angenommen, dass der Staat eine bestimmte Menge von Emissionsrechten Ē an
die Emittenten verschenkt. Jeder einzelne Emittent i verfügt damit über eine positive
Anfangsausstattung ēi mit Zertifikaten, wobei gilt
m
ēi = Ē.
i=1
Wenn ein Emittent eine bestimmte Menge ei (innerhalb eines bestimmten Zeitraums) an
Emissionen emittieren will, muss bzw. kann er die Differenz ei − ēi zum Zertifikatepreis
129
e
i
pz kaufen bzw. verkaufen. Damit entstehen ihm die Gesamtkosten in Höhe von
Ri (e0i − ei ) + pz (ei − ēi )
welche sich aus den Vermeidungskosten und den Kosten (bzw. Erlösen) aus den Zusatzkäufen (-verkäufen) zusammensetzen. Über die Minimierung der individuellen Gesamtkosten erhält man die Marginalbedingung
(7.1)
min Ri (e0i − ei ) + pz (ei − ēi )
ei
⇒
Ri (e0i − ei ) = pz .
Der i-te Emittent wird also bei kostenminimierendem Verhalten diejenige Zertifikatemenge
ei wählen, bei der seine Grenzvermeidungskosten gerade mit pz übereinstimmen. Implizit
wird durch diese Optimalbedingung auch die individuelle Nachfrage- (bzw. Angebots)kurve nach Emissionszertifikaten ei (pz ) definiert. Durch differenzieren der Optimalbedingung (7.1) erhalten wir nämlich:
1
dei
= − < 0
dpz
Ri (·)
Wenn der Preis der Zertifikate steigt, wird die individuelle Nachfrage sinken bzw. das
Angebot steigen. Grafisch lässt sich die individuelle Nachfragefunktion ei (pz ) nach Emissionszertifikaten also dadurch darstellen, dass man die Grenzvermeidungskostenfunktion
R (e0i − ei ) von e0i aus von rechts nach links abträgt (vgl. Abbildung 7.1).
Die Gesamtnachfragefunktion E(pz ) aller Emittenten ergibt sich dann durch horizontale
Aggregation der einzelnen Nachfragefunktionen, d.h. es gilt
E(pz ) =
n
ei (pz )
i=1
Wenn der Staat in Höhe der Gesamtemissionsmenge Ē Emissionszertifikate ausgibt, ist die
Angebotskurve für die Zertifikate eine Parallele zur pz -Achse. Das Angebot an Zertifikaten
ist auf den Wert Ē fixiert und somit vollkommen preisunelastisch. Das Marktgleichgewicht
mit dem Zertifikatepreis p̂z liegt dann dort, wo sich die Nachfragefunktion E(pz ) mit der
Angebotsfunktion Ē schneidet. Die Grenzvermeidungskosten aller Emittenten stimmen
im Marktgleichgewicht mit p̂z überein und sind somit auch untereinander gleich. Gerade
durch diese Eigenschaft ist aber die kosteneffiziente Optimallösung
m 0 charakterisiert, bei
der ein bestimmtes vorgegebenes Gesamtvermeidungsniveau i=1 ei − Ē mit minimalen
Gesamtvermeidungskosten erreicht wird. Daraus folgt, dass das aus ökonomischer Sicht
zentrale Ziel der (Vermeidungs-)Kosteneffizienz durch die Schaffung eines Zertifikatemarktes erreicht werden kann.
Abbildung 7.2 zeigt ein solches Gleichgewicht für m = 2 Firmen. Wichtig ist, dass die
Gesamtnachfragefunktion E(pz ) durch horizontale Aggregation der beiden individuellen
Nachfragefunktionen ei (pz ) ermittelt wird.
Wichtig ist nun, dass das Allokationsgleichgewicht unabhängig davon ist, ob die Zertifikate kostenlos an die Emittenten vergeben werden (sog. Grandfathering), oder von den
Emittenten ersteigert werden müssen. Aus Abbildung 7.2 ist erkennbar, dass die Nachfragekurve E(pz ) alleine vom Verlauf der Grenzvermeidungskostenkurve Ri (·) abhängt. Der
Zertifikatepreis ergibt sich endogen über die Emissionshöhe Ē. Eine kostenlose Zuteilung
130
Abbildung 7.2: Marktgleichgewicht im Zertifikatemarkt
R '
e2(p z)
E (p z)
e1( p z)
pˆ
z
e
1
e
1
e
1
e
0
2
e
2
e
2
0
E
e
1
0
+
e
2
0
e
i
unterscheidet sich von einer Versteigerung alleine durch die implizierten Verteilungswirkungen. Bei einer Versteigerung erhält der Staat den Versteigerungserlös in Höhe von
p̂z Ē. Bei einer kostenlosen Zuteilung in Höhe von ē1 + ē2 = Ē auf die beiden Emittenten,
ist die Verteilungswirkung alleine von den Zuteilungsmengen abhängig. Im Gleichgewicht
muss gelten
(7.2)
ē1 − e1 (p̂z ) = e2 (p̂z ) − ē2
Angebot
Nachfrage
Der Staat würde als auf seine Einnahmen verzichten, der erste Emittent würde dagegen
Einnahmen in Höhe von p̂z (ē1 − e1 (p̂z )) vom zweiten Emittenten erhalten.
In allokativer Hinsicht, d.h. im Hinblick auf die Handlungen der Wirtschaftssubjekte und
die sich daraus ergebenden Wohlfahrtseffekte, kommt es also nicht darauf an, wie das Vergabeverfahren ausgestaltet ist. Es spielt darüber hinaus auch keine Rolle, nach welchem
Schlüssel beim Grandfathering die Emissionsrechte im Ausgangszustand an die Emittenten verteilt werden. Dieses Neutralitätsresultat gilt genauso für ein gemischtes Verfahren,
in dem der eine Teil der Emissionsrechte frei und kostenlos ausgegeben, der andere Teil
aber versteigert wird.
Die beiden Vergabeverfahren unterscheiden sich aber deutlich im Hinblick auf die mit
ihnen verbundenen Verteilungswirkungen. Jeder Emittent, der eine echt positive Anfangsausstattung mit Zertifikaten erhält, stellt sich beim Grandfathering besser als bei einer
Versteigerung. Das Ausmaß dieses Vorteils hängt davon ab, nach welchen Kriterien die Gesamtzertifikatemenge auf die Emittenten verteilt wird. In der Entlastung der Emittenten
beim Grandfathering wird vielfach ein weiterer bedeutsamer Vorteil der Zertifikatelösung
gesehen, weil sich auf diesem Wege eine Doppelbelastung der Emittenten samt den damit verbundenen Wohlfahrtsrisiken zumindest teilweise vermeiden lässt. Im Gegenzug
entfallen aber mögliche volkswirtschaftliche Gewinne, welche sich durch die zusätzlichen
131
Steuereinnahmen aus der Versteigerung erzielen ließen, wenn diese zur Senkung verzerrender Steuern eingesetzt würden. Wenn das System so ausgestaltet wird, dass der Staat
zur nachträglichen Verbesserung der Umweltqualität (d.h. zu einer Senkung von Ē) den
Emittenten Emissionsrechte abkaufen muss, kommt es sogar zu einer Belastung des Staatshaushalts - mit der Gefahr von Steuererhöhungen und einer Vergrößerung der steuerlichen
Zusatzlasten.
7.2
Monopolistisches Verhalten auf dem Zertifikatemarkt
Im vorangegangenen Abschnitt wurde ein Markt mit vollkommener Konkurrenz unterstellt, auf dem alle Anbieter sich als Preisnehmer verhalten. Nun wollen wir annehmen,
dass es auf dem Markt m − 1 kleine Unternehmen gibt, welche keine Zuteilung erhalten (d.h. ē = 0) und mit derselben Vermeidungskostenfunktion R(e0 − e) operieren. Der
Monopolisten m bekommt dagegen die gesamten Emissionsrechte zugeteilt (also ēm = Ē)
und operiert mit der Vermeidungskostenfunktion Rm (e0m −em ). Wir wollen nun überlegen,
welches Marktgleichgewicht sich einstellen wird und welche Emissionsmenge E der Monopolist verkaufen wird.
Wir betrachten dazu zunächst das Verhalten der kleinen Unternehmen. Es sollte klar sein,
E
erwerben wird und
dass bei identischen Unternehmen jedes Unternehmen die Menge m−1
E
0
sich damit eine Vermeidungsmenge in Höhe von e − m−1 ergibt. (Wir setzten voraus, dass
(m − 1)e0 > Ē > E gilt). Der Marktpreis pz (E), welcher sich im Gleichgewicht einstellt
lautet dann (vgl. (7.1))
E
0
(7.3)
pz (E) = R e −
m−1
Der Monopolist kenn natürlich diesen Zusammenhang. Er maximiert seinen Gewinn mittels optimaler Wahl seiner Verkaufsmenge E, d.h.
E
0
0
(7.4) max pz (E)E − Rm (em − (Ē − E)) = R e −
E − Rm (E + e0m − Ē)
E
m−1
Für das optimale E ∗ muss daher gelten
E∗
E∗
∗
0
(7.5)
pz (E ) − R e −
(E ∗ + e0m − Ē) = 0.
− Rm
m−1 m−1
Wegen R > 0 muss folglich pz = R (·) > Rm
(·) sein. Dies ist jedoch nicht mit Kosteneffizienz vereinbar. Wenn die Grenzvermeidungskosten des Monopolisten kleiner sind als die
der anderen Unternehmen, wäre es zur Minimierung der Gesamtkosten sinnvoll, dass der
Monopolist mehr Zertifikate auf den Markt bringt und selbst noch mehr Vermeidungsaktivitäten übernimmt. Dies würde jedoch nicht seinen eigenen Gewinn maximieren, weil
dann die Preise auf dem Zertifikatemarkt sinken würden. Es kann sogar sein, dass es
sich für den Monopolisten lohnt, einen Teil der Zertifikatemenge zurückzuhalten. Wenn
nämlich seine ursprüngliche Emissionsmenge e0m sehr gering ist, kann es sein, dass für die
gewinnmaximierenden Verkaufsmenge E ∗ < Ē −e0m gilt. In diesem Fall ist jedoch die beim
Monopolisten verbleibende Zertifikatemenge Ē −E ∗ größer als die ursprüngliche Emission.
Der Monopolist wird deshalb einen Teil der Zertifikate stilllegen und die Gesamtemission
E ∗ + e0m bleibt unter dem Zielwert Ē.
132
Letzteres könnte erklären, warum anscheinend in einigen Ländern nicht alle zugeteilten
Zertifikate genutzt wurden in den vergangenen Jahren. Natürlich kann das Monopolproblem durch eine gleichmäßige Anfangsausstattung leicht verhindert werden. Aber das
geschilderte Monopolisierungsproblem lässt sich auch leicht übertragen auf den Fall, dass
sich mehrere Emittenten zusammenschließen oder dass Unternehmenszutritte über keine
Anfangsausstattung verfügen. Mit der Versteigerung von Zertifikaten kann das Monopolproblem zumindest abgemildert werden.
7.3
Dynamische Anreizwirkungen von Zertifikaten
Im Hinblick auf die Förderung des umwelttechnischen Fortschritts kann es beim Zertifikatesystem Probleme bereiten, dass der Preis für Restemissionen variabel ist und für
den einzelnen Emittenten vom Vermeidungsverhalten der anderen Emittenten abhängt.
Denn beim Umstieg einzelner Emittenten auf eine Vermeidungstechnik mit niedrigeren
Grenzvermeidungskosten geht der Zertifikatepreis zurück, so dass der Gewinn des einzelnen Emittenten aus dem Technologiewechsel sinkt. Es kann sogar der Fall eintreten, dass
bei einem Emittenten der Umstieg in eine neue Technologie beim ursprünglichen Zertifikatepreis sich lohnt, jedoch bei Berücksichtigung des neuen (niedrigeren) Preises sich
nicht mehr lohnt. Um dieses Problem darzustellen erweitern wir das bisherige Modell um
unterschiedliche Vermeidungstechnologien.
Wir betrachten zunächst das Entscheidungsproblem eines einzelnen Emittenten i, ob er
i (·) ersetzen soll. Der Zerseine bisherige Vermeidungstechnologie Ri (·) durch eine neue R
tifikatepreis sei pz und wir unterstellen, dass dieser Preis durch einen Technologiewechsel
nicht beeinflusst wird. Der individuelle Emissionsausstoß sinkt jedoch durch den technologiewechsel von ei auf ẽi . Die Vermeidungskosten verändern sich dadurch von Ri (ei − e0i )
i (ẽi − e0i ). Die eingesparte Emissionsmenge ei − ẽi kann der Emittent zum Preis pz
auf R
auf dem Zertifikatemarkt verkaufen. Wenn sich die Kosten für die neue Technologie auf K
belaufen, wird der Emittent die neue Technologie genau dann einsetzen, wenn seine Einsparungen bei den Vermeidungskosten plus der Erlös aus dem Zertifikateverkauf größer
als die Investitionskosten sind:
i − e0i ) − Ri (ei − e0i )] + pz (ei − ẽi ) > K.
−[R(ẽ
Abbildung 7.3 zeigt die relevanten Größen graphisch. Die Veränderung der Vermeidungskosten entspricht der Differenz der Flächen B + D (neue Vermeidungskosten) und C + D
(alte Vermeidungskosten). Es muss nicht notwendigerweise zu einer Reduktion der Vermeidungskosten kommen. Die Erlöse aus dem Verkauf der freigesetzten Lizenzen ergeben
die Fläche A + B. Insgesamt beträgt der Gewinn aus der Übernahme der neuen Technologie damit −[(B + D) − (C + D)] + (A + B) = A + C. Solange also A + C > K wird der
Emittent auf die neue Vermeidungstechnologie umsteigen.
Nun erweitern wir die Perspektive auf eine ganze Branche, welche zur Vereinfachung
aus n = 2 Emittenten besteht. Entscheidend ist, dass der Technologiewechsel zu einer
Verminderung des Zertifikatepreises führen wird. Abbildung 7.4 zeigt dies deutlich. Man
erkennt wieder die beiden Vermeidungstechnologien, allerdings werden nun auch die (horizontal) aggregierten Emissionsnachfragefunktionen eingezeichnet. Sofern beide Emittenten die alte Technologie verwenden, verläuft die aggregierte Nachfragekurve am steilsten
(klar?). Beim vorgegebenen Gesamtemissionsumfang von Ē ergibt sich der Zertifikatepreis
von p0z . Angenommen, es steigt ein Emittent auf die neue Technologie um. Damit wird
133
Abbildung 7.3: Technologiewechsel bei einzelnen Emittenten
R i'
~
R i'
P
z
A
C
B
e~
D
e
i
e°
i
i
die aggregierte Nachfragekurve (zumindest im unteren Preisbereich) flacher, so dass der
Gleichgewichtspreis auf p1z absinkt. Wenn beide Emittenten umsteigen, dann sinkt der
Gleichgewichtspreis in Abbildung 7.4 noch weiter auf p2z .
Abbildung 7.4: Technologiewechsel mit endogenen Preisen
p
z
R i'
p
z
1
p
p
~
R i'
o
z
z
2
e
o
E
i
E
e
i
0
Wichtig ist nun, dass mit dem Sinken der Preise auch der Anreiz zum Technologiewechsel abnimmt. Denn die schraffierte Fläche in Abbildung 7.4 wird immer kleiner, je mehr
Emittenten zur neuen Technologie überwechseln. Um eine stetige Innovation und Adaption von neuen Technologien zu fördern, muss der Staat deshalb in regelmäßigen Abständen
das Emissionsziel Ē reduzieren, so dass der Zertifikatepreis pz nicht sinken kann.
7.4
Sektorale Optimierung
In diesem Abschnitt soll die optimale Allokation der nationalen Zertifikate auf die volkswirtschaftlichen Sektoren untersucht werden. Die quantitative Abschätzung basiert auf
134
Böhringer u.a. (2005). Dort werden lediglich zwei Sektoren differenziert: Solche die am
Zertifikatehandel teilnehmen (also im Wesentlichen der Energiesektor sowie die energieintensiven Industrien) und solchen, welche nicht am Handel teilnehmen (also im Wesentlichen Haushalte und Verkehr). Erstere werden im Folgenden als regulierte(R-) und
letztere werden als nicht-regulierte (NR-) Sektoren bezeichnet. Angenommen sei, dass die
bzw. RN
beiden Grenzvermeidungskurven RR
R bekannt sind, außerdem ist der gesamte
Zertifikateumfang Ē sowie der EU-Zertifikatepreis pz gegeben. Die optimale (d.h. kostenminimale) Verteilung der Lizenzen auf die beiden Sektoren ergibt sich dann genau dort,
wo die jeweiligen Grenzvermeidungskosten mit dem Zertifikatepreis übereinstimmen. In
∗
Abbildung 7.5 erhält der nicht-regulierte Sektor die optimale Zuteilung EN
R , so dass die
∗
verbleibende Menge Ē − EN R dem regulierten Sektor zugeordnet wird. Letzterer benötigt
jedoch lediglich die Menge ER∗ , so dass insgesamt im Inland die Menge E ∗ emittiert wird.
Die Differenz Ē − E ∗ wird folglich auf dem EU-Zertifikatemarkt verkauft.
Abbildung 7.5: Optimale sektorale Lizenzverteilung
R
R
N R
R
'
'
R
p 1z
p
N R
' + R
R
'
E x p o rt
z
E
*
N R
1
E
*
N R
E
R
E
*
*
E
E
Als nächstes wird anhand von Abbildung 7.6 die Kostenwirkung einer intersektoralen
Fehlallokation der Emissionslizenzen betrachtet. Angenommen, aufgrund von politischen
Überlegungen entscheidet sich die Regierung, dem nicht-regulierten Sektoren die Zer1
∗
tifikatemenge EN
R > EN R zuzuweisen. Folglich erhält der regulierte Sektor nur noch
1
Ē − EN
R . Die Emissionsaktivität des regulierten Sektors bleibt weiterhin beim Optimum
∗
ER , allerdings stehen ihm nun nur noch Ē − E 1 Einheiten für den Verkauf auf dem EUZertifikatemarkt zur Verfügung. Insgesamt steigt also die inländische Gesamtemission von
E ∗ auf E 1 an. Der Emissionsanstieg allein sagt aber noch nichts über die Ineffizienz dieser
Lösung aus. Dazu muss die Kostenveränderung betrachtet werden. Im Vergleich zum Op∗
1
timum wird der nicht-regulierte Sektor seine Emissionen von EN
R auf EN R ausweiten. Die
Vermeidungskosten sinken dadurch um die Fläche unterhalb von RN
R . Der entgangene
1
∗
Erlös aus dem Verkauf von Zertifikaten beträgt jedoch genau pz (EN R − EN
R ). Das rechte
schraffierte Dreieck zeigt damit den mit der Fehlallokation verbundenen Kostenanstieg.
Umgekehrt könnte man sich natürlich auch überlegen, dass eine zu geringe Emissionszuteilung an den nicht-regulierten Sektor ebenso einen Kostenanstieg verursachen muss.
2
∗
Angenommen der nicht-regulierte Sektor erhält EN
R < EN R . Der nicht-regulierte Sektor muss dann seine Emissionen stärker als bisher reduzieren, wodurch Kosten in Höhe
135
Abbildung 7.6: Sektorale Fehlallokation und Kostenanstieg
R
p
N R
'
R
R R '
N R
' + R R '
z
E
2
N R
E
1
N R
E
R
*
E
2
E
1
E
E
der Fläche unterhalb der Grenzvermeidungsfunktion entstehen. Der regulierte Sektor hat
entsprechend mehr Zertifikate zur Verfügung und kann diese zum Preis von pz auf dem
internationalen Emissionsmarkt verkaufen. Netto verbleiben damit wieder Zusatzkosten
in Höhe des linken schraffierten Dreiecks (oberhalb von pz ) in Abbildung 7.6.
Böhringer u.a. (2005) messen die dem nicht-regulierten Sektor zugeteilte Zertifikatemenge
(in Prozent) durch den Allokationsfaktor
EN R
) × 100.
Ē
Je geringer also der Anteil der dem nicht-regulierten Sektor zugeteilten Zertifikate, desto
höher der Allokationsfaktor. Der optimale Allokationsfaktor zeigt das Kostenminimum
∗
bei (1 − EN
R /Ē) × 100. Je nach Verlauf der Grenzvermeidungskurven hängt die optimale
Aufteilung vom Zertifikatepreis pz ab. Tendenziell wird der optimale Allokationsfaktor
mit steigendem Zertifikatepreis pz ebenfalls ansteigen, weil dann die optimale Zuteilungsmenge für den nicht-regulierten Sektor sinkt, vgl. Abbildung 7.5. Umgekehrt hängen bei
gegebenem Allokationsfaktor die Zusatzkosten ebenfalls vom Zertifikatepreis ab. In Abbildung 7.6 kann man sich leicht klarmachen, dass bei einem Allokationsfaktor von 100
(also bei EN R = 0) die Zusatzkosten mit steigendem pz sinken werden (klar?). Böhringer
u.a. (2005) parametrisieren empirisch geschätzte Vermeidungstechnologien der Form
(1 −
Ri (ei − e0i ) = a1i (ei − e0i ) + a2i (ei − e0i )2 + a3i (ei − e0i )3
i = R, N R
und berechnen damit die Gesamtkosten der Emissionsbeschränkung Ē bei alternativen
Emissionspreisen und Zuteilungsregeln für Deutschland, vgl. Abbildung 7.7.
Der Verlauf der Kurve sollte klar sein.
Literatur:
Böhringer, C., T. Hoffmann und C. Marinique de Lara Penate (2005): The Efficiency
Cost of Separating Carbon Markets Under the EU Emissions Trading Scheme: A
Quantitative Assessment for Germany, ZEW Discussion paper No. 05-06, Mannheim.
136
Abbildung 7.7: Emissionskosten bei alternativer Zuteilungsregel für Deutschland
Quelle: Böhringer u.a. (2005), S. 8.
137
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