Herstellung und Untersuchung von Ammoniakkristallen als

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Herstellung und Untersuchung von
Ammoniakkristallen als polarisiertes Target für
das COMPASS-Experiment
von
Stefan Runkel
Diplomarbeit in Physik
angefertigt im
Physikalischen Institut
vorgelegt der
Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät
der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn
im November 2011
Ich versichere, daß ich diese Arbeit selbständig verfaßt und keine anderen als die angegebenen
Quellen und Hilfsmittel benutzt sowie die Zitate kenntlich gemacht habe.
Referent:
Korreferent:
Bonn, den 07.11.2011
Priv.-Doz. Dr. St. Goertz
Prof. Dr. F. Klein
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
2
Polarisationsmechanismen
2.1
2.2
3
5
6
7
Statistische (natürliche) Polarisation .
Dynamische Polarisation . . . . . . .
2.2.1 Solid-State-Effekt . . . . . . .
2.2.2 Differential-Solid-State-Effekt
2.2.3 Equal-Spin-Temperature . . .
11
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Grundlagen zu ESR/NMR
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
4
7
Resonanzen und Absorption von Radiowellen . .
Bloch-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . .
Bloch-Gleichungen mit Relaxation . . . . . . . .
Bloch-Gleichungen im rotierenden Bezugssystem
Die HF-Suzeptibilitäten . . . . . . . . . . . . . .
Linienform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.6.1 NMR-Protonsignal . . . . . . . . . . . .
11
13
13
17
17
19
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20
21
21
23
26
27
28
Ammoniak als Targetmaterial
31
4.1
31
Eigenschaften von Ammoniak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Herstellung und Bestrahlung der NH3 -Kristalle
37
5.1
5.2
5.3
37
38
40
Herstellung der NH3 -Kristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Aufbau des Bestrahlungskryostaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bestrahlung der NH3 -Kristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Radikalbestimmung mit Hilfe von ESR-Messungen
43
6.1
6.2
6.3
44
45
48
Aufbau und Funktionsweise des ESR-Spektrometers . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gewichtsbestimmung der Ammoniakproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bestimmung der Radikaldichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
NMR-Messungen bei 1 K
7.1
7.2
4 He-Verdampferkryostaten
Aufbau des
. . . . . . . . .
7.1.1 Das Kryostatsystem . . . . . . . . . . . . . .
7.1.2 Der Magnet und das Mikrowellensystem . . .
7.1.3 NMR-Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . .
Bestimmung der Polarisation und Relaxationszeiten . .
7.2.1 TE-Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.2 Frequenzabhängigkeit der Maximalpolarisation
7.2.3 Polarisationsmessungen . . . . . . . . . . . .
53
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53
54
54
55
55
55
57
57
5
7.3
Polarisation am COMPASS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
8
Neubau des Wärmetauschers
63
9
Zusammenfassung
67
Literaturverzeichnis
69
Abbildungsverzeichnis
71
Tabellenverzeichnis
73
Kapitel 1
Einleitung
Die Erforschung der Zusammensetzung der Materie stellt ein wichtiges Teilgebiet der Physik dar. Seit
gut einem Jahrhundert konnten im Bereich der Erforschung der kleinsten Bestandteile der Materie, dem
Gebiet der Teilchenphysik, große Erfolge erzielt werden. Um zu weiteren Erkenntnissen zu gelangen,
müssen teilchenphysikalische Messungen bei immer höheren Energien vorgenommen werden. Messungen bei immer höheren Energien stellen Forscher vor immer komplexere Probleme. So müssen die
Messungen beispielsweise hohen Anforderungen im Bezug auf Präzision genügen und erfordern viele
Datennamen für eine aussagekräftige Statistik.
Das COMPASS1 -Experiment am CERN2 in Genf dient zur Untersuchung der Struktur des Nukleons und der Vermessung des Hadronenspektrums. Vom SPS3 werden Protonen beschleunigt und auf
ein Produktionstarget gelenkt. Der entstehende Sekundärstrahl besteht hauptsächlich aus Pionen und
Kaonen, denen - speziell für das Myonprogramm- auf einer freien Flugstrecke genug Zeit gegeben wird
um größtenteils in Myonen zu zerfallen. Diese werden dann auf das Target gelenkt. COMPASS ist ein
Spektrometer mit festem Target, welches viele Forschungsprogramme in einem experimentellen Setup
vereint. Die physikalischen Forschungsprogramme lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:
• Das Hadronenprogramm am CERN beschäftigt sich mit der Hadronenspektroskopie und den
makroskopischen Eigenschaften von Hadronen, wie dem magnetischen Moment. Trotzdem das
einfache CQM4 -Model diese Zustände gut beschreibt, stellt die QCD5 - dies ist die Theorie der
starken Wechselwirkung - auch Zustände außerhalb dieses Modells dar, die nach dem CQM verboten sind. Diese Zustände werden in der QCD durch einen Gluonenbeitrag erklärt und als „spinexotics“ bezeichnet. Jedoch hat auch die QCD ihre Grenzen. Sie kann beispielsweise das Anregungsspektrum des Nukleons nicht im Detail beschreiben. Dies liegt daran, dass störungstheoretische Ansätze in diesem niederenergetischen Bereich versagen. Man ist in diesem Fall darauf
angewiesen, das Spektrum des Nukleons im Detail zu untersuchen, um die Wechselwirkung der
Quarks in diesem nicht-perturbativen Bereich zu beschreiben.
• Das Myonprogramm am CERN beschäftigt sich mit der inneren Struktur der Hadronen. Diese
sind nach unseren heutigen Erkentnissen aus fundamentalen Konstituenten, den Valenz- und Seequarks als Spin 12 -Objekte, die durch die sog. Gluonen mit Spin 1 gebunden sind, aufgebaut. Eine
wichtige Rolle spielt hierbei die Untersuchung des Nukleonenspins und seiner Zusammensetzung. Die EMC6 konnte nachweisen, dass der Nukleonenspin sich nur zu einem geringen Anteil
1
COmmon Muon Proton Apparatus for Structure and Spectroscopy
Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire
3
Super Proton Synchroton
4
Constituent Quark Model
5
QuantenChromooDynamik
6
European Muon Collaboration
2
7
Kapitel 1 Einleitung
aus den Spins der Quarks des Nukleons zusammensetzt. In den letzten 15 Jahren wurde die Spinstruktur am CERN eingehend studiert (z.B. von der CERN-SMC7 ) und in weiteren Experimenten detaillierter betrachtet (CERN-COMPASS, DESY8 -HERMES). Neben den Valenzquarks und
Gluonen tragen noch die sog. Seequarks zum Nukleonenspin bei. Diese entstehen aufgrund der
Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation für kurze Zeit als Quark-Antiquark-Paare im Nukleon.
Es sind dabei nicht nur u- und d-Quarks zu betrachten, sondern es muss ein dritter Quarkflavor
berücksichtigt werden, die strange-Quarks (s). Es ergibt sich für den Gesamtspin des Nukleons:
1
S = ∆Σ + ∆G + Lz
2
(1.1)
Dabei ist ∆Σ der Beitrag der Quarkspins, ∆G der Beitrag der Gluonenspins und Lz stellt den Beitrag der Drehmomente von Quarks bzw. Gluonen dar [A+ 89]. Nach den heutigen Erkenntnissen
tragen die Quarkspins zu etwa 30% zum Gesamtspin des Nukleons bei. Bisherige Messungen
zeigen, dass auch der Beitrag der Gluonenspins klein ist. Demnach rückt die Frage nach den
Bahndrehimpulsbeiträgen immer mehr in den Vordergrund. Durch tief inelastische Streuung erhält man Einblick in die Struktur des Nukleons. Mit diesen Messungen kann man die Parton
Distributionen g(x), in Abhängigkeit der Björken Skalenvariablen, bestimmen.
Speziell für das Myonprogramm wird aus Luminositätsgründen das weltweit größte polarisierte Festkörpertarget eingesetzt. Um die gesuchten Größen messen zu können, kann das Target sowohl longitudinal als auch transversal polarisiert werden, auf das ein ebenfalls polarisierter Myonstrahl mit
einer Energie von 160 GeV gelenkt wird [MM+ 09]. Seit 2002 werden im Rahmen des COMPASSExperiments polarisierte Myonen an polarisierten Nukleonen gestreut. Dabei werden an einem longitudinal polarisierten Nukleonentarget Spinasymmetrien für Zählraten mit hohem Transversalimpuls in
tief inelastischen Streuungen gemessen und daraus ∆G
G bestimmt. Hierzu wurde speziell präpariertes
6 LiD verwendet. 2006 wurden erste Messungen von transversalen Spinasymmetrien des Deuterons in
der semiinklusiven tiefinelastischen Streuung durchgeführt. Es wurden Deuteronenpolarisationen von
57% erreicht.
Seit 2007 werden weitere Messungen mit transversal polarisiertem Protonentarget durchgeführt. Hierzu wurde NH3 als Targetmaterial verwendet, welches in den 90iger Jahren für die SMC-Messungen
präpariert wurde [B+ 97]. Es konnten Protonenpolarisation in NH3 von ca. 90% nachgewiesen werden.
Während der Lagerung in flüssigem Stickstoff haben sich jedoch Aufbau- und Relaxationszeiten deutlich verlängert, so dass für das weitere Messprogramm ein neues Targetmaterial benötigt wurde. Mit
dem neuen Material werden schneller hohe Polarisationen erziehlt, wodurch mehr Messzeit zur Verfügung steht. Neben den hohen Protonenpolarisationen von Ammoniak, eignet sich das Material aufgrund
seines Dilutionfaktors besonders als Targetmaterial für das COMPASS-Experiment. Dieser ist höher als
bei Alkoholtargets.
Die Aufgabe der Arbeitsgruppe „polarisiertes Target“ besteht darin, das Target für solche teilchenphysikalische Experimente, am hauseigenen Beschleuniger ELSA9 wie auch an COMPASS, bereitzustellen.
Um hohe Nukleonenpolarisationen erzeugen zu können sind sowohl tiefe Temperaturen (T < 1 K) hohe
Kühlleistungen und hohe Magnetfelder (B > 2, 5 T) von Nöten.
7
Spin-Muon-Collaboration
Deutsches Elektronen-SYnchrotron
9
Elektronen-Stretcher-Anlage
8
8
Der benötigte Aufbau läßt sich in die grundlegenden Komponenten unterteilen:
1. Targetmaterial,
2. Kryostat,
3. Magnet,
4. Mikrowellensystem
5. NMR10
6. Überwachung/Auslese
Pumpstand
Magnet
NMR
Spule
Mikrowellengenerator
B
Targetmaterial
Kryostat
MagnetStromversorgung
Überwachung
Pumpstand
Abbildung 1.1: Die grundlegenden Elemente eines Kryostatsystems
In Abbildung 1.1 ist der grundlegende Aufbau zu sehen. Das Targetmaterial wird mit Hilfe des Kryostaten gekühlt. Das Mikrowellensystem dient zur dynamischen Polarisation, bei vorhandendem Magnet~ Mit Hilfe der eingezeichneten NMR-Spule und der NMR-Messaparatur kann die Polarisation
feld B.
bestimmt werden. Die Überwachung kontrolliert die Betriebsparameter des Systems.
Diese Arbeit befasst sich mit der Herstellung eines neuen Ammoniak-Targets für das COMPASSExperiment am CERN. Das Material wurde verfestigt und dann am Bonner LINAC bestrahlt, um die Radikaldichte zu erzeugen, die für eine dynamische Polarisation benötigt wird. Es wurden sowohl ESR11 wie auch NMR-Messungen vorgenommen, um zu gewährleisten, dass das Material die benötigte Radikaldichte und entsprechende Relaxationszeiten aufweist. Im Folgenden werden die physikalischen
Grundlagen der dynamischen Polarisation und der genutzten Messverfahren beschrieben (Kapitel 2 und
3). Es wird auf die Eigenschaften von Ammoiak als Targetmaterial eingegangen (Kapitel 4), auf die
Herstellung und Bestrahlung der Ammoniakkristalle (Kapitel 5) und abschließend werden die Qualitätsmessungen vorgestellt und analysiert (Kapitel 6 und 7).
10
11
Nuclear Magnetic Resonance
Elektronen Spin Resonanz
9
Kapitel 2
Polarisationsmechanismen
2.1 Statistische (natürliche) Polarisation
Betrachten wir das polarisierte Target im Detail, so können wir es als Ensemble von Nukleonen - also
aus Protonen und Neutronen - betrachten. Dieses Ensemble von Nukleonen wird nun in einem starken
Magnetfeld (ca. 2, 5 T) auf tiefe Temperaturen (1 K) abgekühlt. Der Zeeman-Effekt beschreibt wie die
Energieniveaus eines Teilchens mit Spin s in einem äußeren Magnetfeld in 2s + 1 Unterniveaus, gemäß der Multiplizität der Magnetquantenzahl m s , aufspalten. Diese haben eine potentielle Energie von
[HW04]:
~ = −gµN mB
Epot = −~µ B
mit
~ = B · êz
B
(2.1)
Hierbei bezeichnet ~µ das magnetische Moment, B das Magnetfeld, g den Landé-Faktor und m die
z-Komponente des Spins.
Befindet sich das Ensemble im thermischen Gleichgewicht, so sind die Besetzungszahlen der Unterniveaus nach der Boltzmann-Statistik verteilt (siehe Abbildung 2.1).
E
N2
N0
N1
N
Abbildung 2.1: Besetzung der Zeeman-Niveaus eines Spin- 12 -Systems
Betrachtet man ein zwei Niveau-System so ergibt sich:
gµ B
N1
− ∆E
− N (m −m )
= e kB T = e kB T 2 1
N2
(2.2)
T bezeichnet hierbei die Temperatur, kB die Boltzmann-Konstante und N die Besetzungszahl.
11
Kapitel 2 Polarisationsmechanismen
Für die Gesamtzahl der Teilchen im Zustand i der Energie Ei ergibt sich somit:
Ni =
E
N
− i
= e kB T
Z
Z=
mit
X
Ei
BT
−k
e
(2.3)
i
Definieren wir die Polarisation einer makroskopischen Probe wie folgt:
Pz :=
Iz
I
(2.4)
So ergibt sich für ein Spin- 21 -System:
1
1
N 1 − N− 1
Iz N 12 · 2 + N− 12 · − 2
2
P1 = =
= 2
2
I
N
1 + N 1
1
−
N1 + N 1
2
2
2
−2
(2.5)
2
Für ein Spin-1-System ergibt sich entsprechend:
P1 =
N1 − N−1
N1 + N0 + N−1
(2.6)
Mit µ̂ = gµB,K ergibt sich für den Polarisationsgrad eines Spin- 21 -Systems im thermischen Gleichgewicht, unter Verwendung von 2.2 und 2.3:
P1 =
N 1 − N− 1
2
2
µ̂B
=
e 2kB T − e
− 2kµ̂BT
B
µ̂B
= tanh
2kB T
!
(2.7)
µ̂B
− 2kµ̂BT
2k B T
B
e
+
e
2
2
Betrachtet man ein Teilchenensemble mit Kernspin I, so lässt sich die Polarisation allgemein beschreiben durch:
2
N 1 + N− 1
I
P
1
PI = ·
I
µ̂B
me kB T
m0−I
I
P
e
µ̂B
kB T
!
µ̂B
= BI (x)
= BI I
kB T
(2.8)
m=0−I
BI bezeichnet die Brillouin-Funktion und ist allgemein, für ein Spin-I-System folgendermaßen definiert:
!
"
! #
x
1
1
1
BI (x) := 1 +
(2.9)
coth 1 +
x − coth
2I
2I
2I
2I
Daraus folgt für die Polarisation eines Spin-1-Systems im thermischen Gleichgewicht:
4tanh 2kµ̂B
T
B P1 =
3 + tanh2 2kµ̂B
BT
(2.10)
Betrachtet man nun das System bei Temperaturen von ca. 1 K und einem Magnetfeld von 2, 5 T so
ergibt sich eine Polarisation der Protonen zu 0, 25%, der Deuteronen zu 0, 05% und eine Elektronenpolarisation von 93, 3%. Dies liegt daran, dass das magnetische Moment µe im Vergleich zum magnetischen
Moment des Protons µ p um einen Faktor von ca. 660 größer ist.
Eine solch niedrige Nukleonenpolarisation ist für teilchenphysikalische Experimente nicht ausreichend und muss deutlich erhöht werden. Dies kann man durch die sogenannte “Brute-Force”-Methode
12
2.2 Dynamische Polarisation
erreichen. Hierbei senkt man zum einen die Temperatur (< 20 mK) und zum anderen erhöht man die
Stärke des Magnetfeldes (> 10 T). Beides ist mit einem hohen technischen Aufwand verbunden. Unter
anderem ist die Temperatur durch den einfallenden Teilchenstrahl begrenzt, da die Kühlleistung eines
Kryostaten in diesem Temperaturbereich sehr gering ist und er die durch den Strahl eingebrachte Wärme
abführen muss. Bei dieser Methode wird die Strahlleistung reduziert, was die Meßzeit deutlich erhöht.
Weiterhin tragen zu hohe Magnetfelder zu einer unerwünschten Ablenkung geladener Teilchen bei. Zusätzlich ist man an hohe Polarisationsaufbauzeiten gebunden, welche Wochen bis Monate erreichen
können. Möchte man eine Invertierung der Polarisation im Rahmen eines Experimentes erreichen, so
ist dies kaum praktikabel. Eine Invertierung der Polarisation ist jedoch zur Minimierung systematischer
Fehler in teilchenphysikalischen Experimenten gefordert.
Als eine praktikable und erfolgreiche Methode hat sich die Methode der dynamischen Polarisation,
welche nachfolgend im Detail erläutert wird, erwiesen.
2.2 Dynamische Polarisation
Durch die dynamische Polarisation können Nukleonenpolarisationen von ca. 90% in relativ kurzen
Zeiträumen erreicht werden. Hat man einmal eine solch hohe Kernpolarisation erreicht, ist es möglich
die Polarisation mit einem deutlich schwächeren Magnetfeld als dem zur dynamischen Nukleonenpolarisation benötigten aufrecht zu erhalten. Je nach Targetmaterial sind Haltefelder von 0, 5 bis 0, 6 T bei
Temperaturen von 60 bis 70 mK ausreichend um die ausgerichteten Kernmomente „einzufrieren“, wodurch die Polarisation über mehrere Tage gehalten werden kann („frozen spin mode“). Eine Invertierung
der Polarisation lässt sich bei diesem Verfahren leicht realisieren.
2.2.1 Solid-State-Effekt
Der Solid-State-Effekt1 wurde erstmals von Abragam und Proctor am LiF beobachtet [AP58]. Beim
SSE macht man sich die Dipol-Dipol-Wechselwirkung des gekoppelten Elektronen-Kern-Spinsystems
zu nutze. Der Hamiltonoperator dieses Systems lässt sich schreiben als
Ĥ = νe Ŝ z − νI Iˆz
Zeeman
+ cŜ z Iˆ+ + c∗ Ŝ z Iˆ−
Dipol
' ĤZ + ĤD
(2.11)
Wobei Ŝ z dem Operator der z-Komponente des Elektronenspins, Iˆz dem Operator des Kernspin, νi
der jeweiligen Larmor-Frequenz, Iˆ± = Iˆx ± iIˆy dem Auf- bzw. Absteigeoperator des Kernspins und
c ∼ µBrµ3 K bezeichnet. Die Wechselwirkung zwischen Elektron und Kern findet aufgrund ihrer lokalen
Felder statt. Diese Dipolwechselwirkung führt zu einer geringfügigen Mischung der Zustände, die den
gleichen Elektronenspin haben. Der Grad dieser Beimischung liegt bei [AP58]:
|q| =
c
BS
'
≈ 10−4 .
hν p
B0
In Abb. 2.2 ist dies für ein Elektron-Protonen-System dargestellt.
1
im Folgenden SSE
13
Kapitel 2 Polarisationsmechanismen
Abbildung 2.2: Gekoppeltes Elektronen-Protonen-System
Durch die Mischung der Wellenfunktionen sind neben den erlaubten Übergängen 1,2 auch die verbotenen Übergänge 3 und 4 möglich. Diese können nun beispielsweise über Mikrowellenstrahlung gezielt angeregt werden. Bei diesen Übergängen ändert sich nicht nur der Elektronen- sondern auch der
Kernspin. Zum Erreichen einer möglichst hohen Polarisation ist nachstehende Bedingung zu erfüllen
[AG78]:
T 1p Np
T 1e
Ne
(2.12)
Demnach muss nicht nur die Elektronenrelaxationszeit T 1e - die Zeit die das Elektron im Mittel im
oberen Niveau bleibt bis es wieder in das untere Niveau zurückkehrt - deutlich kürzer sein als diejenige
der Protonen T 1p , sondern auch das Verhältnis von Protonen zu Elektronen stimmen, die einen Spinflip
vollziehen können. Durch diesen Umstand ist das Elektron in der Lage viele Kernspins umzuklappen
bevor der erste Kern wieder in den Ausgangszustand zurückkehrt. In Abb. 2.3 ist der Ablauf der Polarisationsvorgänge in einem Elektronen-Protonen-System dargestellt.
Abbildung 2.3: Übergänge im Elektron-Proton-System
Im Ausgangszustand befindet sich das System im niedrigsten Energieniveau (|d >).
14
2.2 Dynamische Polarisation
Strahlen wir nun eine Mikrowellenfrequenz von νe + ν p ein, so wird der verbotene Übergang 4 (was
einen simultanen Spinflip von Elektron und Proton zur folge hat) induziert. Nach der Elektronenrelaxationszeit T 1e kehrt das Elektron dann über den erlaubten Übergang 1 in den Anfangszustand zurück, während das Proton im angeregten Zustand verbleibt (|c >). Nun kann das Elektron mit anderen Kernspins
diesen Vorgang wiederholen und auf diese Weise bis zur Rückkehr des Protons in den Ausgangszustand
weitere Protonen (bis zu 106 ) umklappen. Es stellt sich eine negative Polarisation ein. Strahlt man die
Mikrowellenfrequenz νe − ν p ein, so erhält man eine positive Polarisation. Eine weitere zu erfüllende
Bedingung bezieht sich auf die Linienbreite der Elektronenspinresonanz. Diese sollte kleiner sein als
die Kernzeemanaufspaltung, damit immer nur ein Übergang induziert wird. Dies wird in Abbildung 2.4
illustriert.
νe-νn
HFS der ESR
[Uebergangswahrscheinlichkeit]
νe
νe+νn
Δνe
NMR
[Polarisationsgrad]
Abbildung 2.4: Linienbreite der Elektronenspinresonanz und Polarisationsverlauf beim Differential-Solid-StateEffekt
Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung zeigt eine r13 -Abhängigkeit (r bezeichnet hierbei den Abstand zwischen Elektron und Kern), wodurch nur wenige Kerne in der Nähe des Elektrons polarisiert werden.
Eine weitere Ausbreitung der Polarisation im Festkörper ist durch Spindiffusion möglich. Durch Diese
wird bei der Rückkehr des Kernspins in den Ausgangszustand ein benachbarter Kern in das höhere Niveau gebracht. Es wird die Polarisation auf Kerne übertragen, die nicht vom angeregten Elektron erreicht
werden. Erst wenn diese Ausbreitung per Spindiffusion genügend groß ist, kann eine hohe Polarisation
erreicht werden. Betrachten wir ein Spin-1-System so ist der Vorgang analog. In Abb. 2.5 werden die
Energieniveaus mit den entsprechenden Übergängen schematisch dargestellt. Wiederum treten die verbotenen Übergänge durch Mischung der Wellenfunktionen auf. Die doppelt verbotenen Übergänge sind
jedoch nochmals um einen Faktor 105 untersetzt und können damit vernachlässigt werden.
15
Kapitel 2 Polarisationsmechanismen
Abbildung 2.5: Schematische Darstellung der Übergänge eines Spin-1-Systems
HFS der ESR
[Uebergangswahrscheinlichkeit]
νe-νn
νe
νe+νn
Δνe
NMR
[Polarisationsgrad]
Abbildung 2.6: Linienbreite der Elektronenspinresonanz und Polarisationsverlauf beim Differential-Solid-StateEffekt
16
2.2 Dynamische Polarisation
2.2.2 Differential-Solid-State-Effekt
Beim Differential-Solid-State-Effekt2 ist die vorher vorausgesetzte schmale ESR-Linie nicht mehr gegeben. Wie aus Abb. 2.6 zu sehen, werden dadurch beide Übergänge (3 und 4 aus Abb. 2.1) entsprechend
der ESR-Linie, induziert. Daher ergibt sich eine Netto-Polarisation, die stets kleiner ist als beim reinen
SSE.
2.2.3 Equal-Spin-Temperature
Die dynamische Polarisation lässt sich nicht nur durch die vereinfachte Theorie des SSE oder des DSSE
beschreiben. Dies liegt daran, dass die Wechselwirkung der Elektronenspins untereinander zwar deutlich kleiner ist als die Zeeman-Wechselwirkung, jedoch aufgrund der hohen Elektronendichte nicht mehr
vernachlässigt werden kann. Diese Spin-Spin-Wechselwirkung führt zu einer Aufspaltung der Energieniveaus, da die Elektron-Kern-Systeme nicht mehr unabhängig voneinander sind. Hieraus ergeben sich
nun nicht mehr diskrete Zeeman-Niveaus wie in Abb. 2.2 sondern Bänder quasi-kontinuierlicher Zustände. Diese Bänderstruktur wird in Abbildung 2.7 (a) dargestellt.
E
E
e
−k
e
−k
E
B TSS
E
B TZe
e
N
TG = TSS = TZe
E
0 < TSS
N
< TZe
−k
E
B TSS
N
|TSS | < TZe
TSS < 0
Abbildung 2.7: Energiebänder der Elektronen im thermischen Gleichgewicht (a) und nach der Einstrahlung von
Mikrowellen (b und c) [Kau10]
Möchte man den Einfluss der Wechselwirkungsmechanismen mit Hilfe der Equal-Spin-TemperatureTheorie3 beschreiben, so muss man die Wechselwirkung von vier Wärmereservoirs berücksichtigen, die
jeweils mit einer Temperatur T charakterisiert werden:
2
3
DSSE
kurz EST
17
Kapitel 2 Polarisationsmechanismen
1. Die Temperatur des Spin-Spin-Wechselwirkungsreservoirs T S S : Sie steht im Zusammenhang mit
der räumlichen Verteilung der Elektronenspins.
2. Die Temperatur des Elektron-Zeeman-Reservoirs T Ze : Sie steht über die Boltzmann-Verteilung
im Zusammenhang mit der Besetzungszahldifferenz der Elektron-Zeeman-Niveaus zueinander.
3. Die Temperatur des Kern-Zeeman-Reservoirs T Z p : Diese steht über die Boltzmann-Verteilung im
Zusammenhang mit der Besetzungszahldifferenz der Zustände innerhalb eines Bandes.
4. Die Gittertemperatur TG , die der Badtemperatur des Kryostaten entspricht.
T Ze und T Z p stehen über die Besetzungszahldifferenz mit der Polarisation im Zusammenhang. Es
wird nun angenommen, das diese Wärmereservoirs im thermischen Kontakt zueinander stehen, so dass
ein Wärmeaustausch zwischen diesen Reservoirs stattfinden kann. Im thermischen Gleichgewicht sind
also alle vier Temperaturen identisch. Es ist jedoch prinzipiell möglich, dass die Temperatur T S S von
der Temperatur des Elektron-Zeeman-Reservoirs verschieden ist.
Liegt eine konstante Temperatur des Elektron-Zeeman-Reservoirs vor, so bedeutet dies lediglich, dass
die Zahl der Spins in Feldrichtung gemittelt konstant bleibt. Dies wird in Abbildung 2.8 verdeutlicht.
Abbildung 2.8: Spin-Systeme gleicher Polarisation (T Ze = const), aber mit unterschiedlicher Spin-SpinWechselwirkungsenergien (T S S , const) [Kau10]
Strahlen wir Mikrowellen geeigneter Frequenz ein, so ist es möglich Übergänge zwischen bestimmten Zeeman-Bändern zu induzieren. Strahlt man eine Frequenz von νe − δ - wobei δ die Breite des
Zeeman-Bandes ist - ein, so induziert man einen Übergang zwischen den energetisch höheren Bereichen
des energetisch günstigen Bandes zu den energetisch niederen Bereichen des energetisch ungünstigen
Bandes. Die Energie hδ, welche für diesen Übergang fehlt, wird durch Umordnung des Spins im SpinSpin-Wechselwirkungsreservoir bereitgestellt. Bei sättigender Strahlung sind beide Niveaus nun gleich
besetzt, was in Abbildung 2.7 (b) durch die gepunktete Linie dargestellt wird. Durch die Einstrahlung
der Mikrowellen geeigneter Frequenz kommt es also zu einer Absenkung der Temperatur T S S . Wird
mit einer Frequenz νe + δ eingestrahlt, so heizt sich das Spin-Spin-Wechselwirkungsreservoir auf. Führt
man diesen Prozess nun weiter, so wird T S S negativ, der Betrag dieser Temperatur wird jedoch weiter
verringert. Dies ist in Abbildung 2.7 (c) zu sehen.
Da das Spin-Spin-Wechselwirkungsreservoir durch die Hyperfeinwechselwirkung mit dem KernZeeman-Reservoir im thermischen Kontakt steht, ohne dass das Gitter daran beteiligt ist, gleicht sich
die Temperatur T Z p der viel tieferen Temperatur T S S an, die Kerne werden polarisiert. Eine kleine positive Temperatur T Z p beschreibt hierbei, über die Brillouin-Funktion, eine hohe positive Polarisation,
ein kleines negatives T Z p eine hohe negative Polarisation. Eine Ausführliche Darstellung kann [Goe04]
entnommen werden.
18
Kapitel 3
Grundlagen zu ESR/NMR
Die Spinresonanz ist eine der wichtigsten Methoden zur Untersuchung von Kern-, Festkörper- als auch
Moleküleigenschaften. Daher wird sie nicht nur in der Physik, sondern auch in vielen anderen wissenschaftlichen Bereichen eingesetzt.
Bei der Kernspinresonanz wird die zu vermessende Probe in ein starkes äußeres Magnetfeld gebracht,
in dem sich die magnetischen Momente teilweise ausrichten( siehe Abb. 3.2). Nun wird, mit Hilfe einer Spule ein zum äußeren Feld senkrecht stehendes hochfrequentes Wechselfeld eingestrahlt, wodurch
eine Präzessionsbewegung der magnetischen Momente hervorgerufen wird. Hierdurch entstehen Resonanzen, welche in der Spule eine Wechselspannung induzieren, die gemessen werden kann.
Magnet
Magnet
Probe
Spule
B
B
Targetmaterial
Resonator
Abbildung 3.1: Schema des ESR-Aufbaus
Abbildung 3.2: Schema des NMR-Aufbaus
Bei ESR-Messungen befindet sich die Probe in einem Hohlraumresonator einer Mikrowellenbrücke
(siehe Abb. 3.1. Diese Mikrowellenbrücke wird auf die Eigenfrequenz des Resonators abgestimmt. Der
Resonator wird mit einem Magnetfeld durchsetzt. Erfüllen Magnetfeld und eingestrahlte Mikrowellen
die Larmorbedingung eines Elektronenübergangs, wird dieser induziert und es entsteht eine Fehlanpassung des Systems, die detektiert wird.
In diesem Kapitel werden die physikalischen Grundlagen der Spinresonanz behandelt und es wird die
Signalform disskutiert.
19
Kapitel 3 Grundlagen zu ESR/NMR
3.1 Resonanzen und Absorption von Radiowellen
In Kapitel 2.1 wurde schon auf die Aufspaltung und Entartung der Energieniveaus eingegangen:
∆E = gµB B = hν
(3.1)
Die Niveaus eines Teilchens mit Spin s spalten also in 2s + 1 Zeeman-Unterniveaus auf, was in
~ resultiert. Für zwei
einer Ausrichtung der magnetischen Momente µ in einem äußeren Magnetfeld B
benachbarte Energieniveaus mit ∆m = 1 ergibt sich dann (3.1). Weiterhin bezeichnet h das PlanckscheWirkungsquantum und ν die einem Übergang entsprechende Frequenz. ν wird auch Larmor-Frequenz
genannt und ist definiert als:
1
γB
2π
ν=
(3.2)
Dabei ist das gyromagnetische Verhältnis γ charakteristisch für jedes Teilchen. Wird die Larmorfrequenz für Elektronen und Protonen bei einem Magnetfeld von 2, 5 T - bei dem in diesem Fall die
NMR-Messungen betrieben werden - berechnet, so ergibt sich:
νe− = 70, 14363 GHz
ν p = 106, 45 MHz
Für die beschriebenen ESR-Messungen ist noch die Larmor-Frequenz νe− −ESR = 9, 261 GHz bei
330 mT wichtig. Durch Einstrahlung eines hochfrequenten magnetischen Wechselfeldes, das mit der
~ steht, können ÜberLarmor-Frequenz oszilliert und senkrecht auf der Feldrichtung des Magnetfeldes B
gänge zwischen den betrachteten Energieniveaus induziert werden, was in Abbildung 3.3 dargestellt
wird.
E
nN −1
2
N0
hν=μB
n
N+1
1
N
Abbildung 3.3: Niveau-Schema eines Spin- 12 -Systems im thermischen Gleichgewicht. Der Pfeil symbolisiert
einen durch Radiowellen induzierten Übergang
20
3.2 Bloch-Gleichungen
3.2 Bloch-Gleichungen
~ 0 als z-Richtung, so ist die Spinpolarisation
Definiert man die Richtung des äußeren Magnetfeldes B
~ der Spins der Probe. Diese ergibt sich als
PS proportional zur z-Komponente der Magnetisierung M
Ensemble der einzelnen magnetischen Momente ~µi zu:
X
~ =
~µi
M
(3.3)
i
Im thermischen Gleichgewicht wird die z-Komponente der Magnetisierung als M0 bezeichnet. Die
transversalen Komponenten heben sich in diesem Fall auf.
~ unter Einfluss eines Magnetfeldes B
~ beWird nun die zeitliche Entwicklung der Magnetisierung M
trachtet, so geschieht dies durch die Bloch-Gleichungen [Blo46]. Dabei beginnt die Betrachtung bei der
Präzession eines magnetischen Moments ~µ mit Drehimpuls ~L im äußeren Magnetfeld, wodurch es ein
~ erfährt:
Drehmoment D
~
~ = d L = ~µ × B
~
D
dt
(3.4)
Hieraus ergibt sich mit ~µ = γ ~L:
d~µ
~
= γ ~µ × B
dt
~ zu:
Mit (3.3) ergibt sich die Blochgleichung für M
(3.5)
~
dM
~ ×B
~
=γ M
(3.6)
dt
So stellt sich die Magnetisierung unter Vernachlässigung von Relaxationsprozessen dar. Die Magne~ vollzieht also eine Präzessionsbewegung mit der Lamorfrequenz ω = γB um die Richtung
tisierung M
~
des Magnetfeldes B.
3.3 Bloch-Gleichungen mit Relaxation
Werden die Bloch-Gleichungen unter Berücksichtigung von Relaxationseffekten betrachtet wird zwischen zwei Relaxationszeiten unterschieden:
• T 1 : Spin-Gitter-, bzw. thermische oder longitudinale Relaxationszeit
• T 2 : Spin-Spin- oder transversale Relaxation
Anschaulich betrachtet ist T 2 die Zeit, nach der die x- und die y-Komponente der Magnetisierung
verschwindet, wenn zuvor ein äußeres Magnetfeld angelegt wurde. Sind zum Zeitpunkt t = 0 noch
alle Spins eines Spinensembles in Phase - in Bezug auf ihre Präzessionsbewegung - so laufen diese
durch ihre leicht unterschiedlichen Larmor-Frequenzen mit der Zeit außeinander. Diese Unterschiede
der Larmor-Frequenzen entstehen durch geringfügige Magnetfeldinhomogenitäten, welche später beschrieben werden. T 1 beschreibt die Zeit, die die z-Komponente zur Einstellung ihres Gleichgewichtes
braucht. Hierbei wird durch Umbesetzung der Energieniveaus die im Spinsystem gespeicherte Energie
21
Kapitel 3 Grundlagen zu ESR/NMR
an das Gitter abgegeben.
Ein Beispiel für einen Relaxationseffekt ist die Relaxation durch paramagnetische Zentren. Da Kerne
in einem Festkörper keinen Bahndrehimpuls besitzen, können sie den Phononendrehimpuls nicht aufnehmen. Andere Spin-Gitter-Relaxationsmechanismen führen auf Relaxationszeiten von 1010 s [Jef63].
Gemessene Relaxationszeiten können bis zu 10 min betragen, je nach Material und Temperatur. Für
diese schnellen Relaxationszeiten sind paramagnetische Zentren bzw. quasi freie Elektronen verantwortlich. In Folge dieser Elektronen wird am Kernort ein Magnetfeld erzeugt. Da dieses Feld durch den
umklappenden Elektronenspin fluktuiert induziert dieses Übergänge im Kernsystem. Diese Relaxation
ist stark ortsabhängig und es sind nur Kerne in unmittelbarer Nähe des Zentrums betroffen. Ein weiterer
Effekt ist die Spindiffusion. Dieser Effekt begünstigt nicht nur die dynamische Polarisation, sondern
auch die Ausbreitung der Relaxation [Boe74].
Unter Berücksichtigung der Zeitkonstanten T 1 und T 2 ergeben sich die Blochgleichungen zu [Blo46]:
ê M + êy My
~
(M0 − Mz )
dM
~ ×B
~ − x x
=γ M
+ êz
dt
T2
T1
(3.7)
Wobei ê x , êy und êy die Einheitsvektoren in x-, y- und z-Richtung sind. Wird nun ein äußeres Magnetfeld
~ = B0 êz angelegt, welches nach Definition in z-Richtung zeigt, so ergeben sich die BewegungsgleiB
chungen der Magnetisierung zu:
dM x
Mx
= ω0 My −
dt
T2
dMy
My
= −ω0 M x −
dt
T2
(Mz − M0 )
dMz
=−
dt
T1
(3.8)
ω0 = γB0 ist die Larmorfrequenz. Als Lösungen dieser Differentialgleichungen 1.Ordnung ergeben
sich:
M x (t) = e
− Tt
h
My (t) = e
− Tt
h
M x (0) cos (ω0 t) + My (0) sin (ω0 t)
i
My (0) cos (ω0 t) + M x (0) sin (ω0 t)
− t
− t
Mz (t) = e T1 Mz (0) + 1 − e T1 M0
i
2
2
(3.9)
Es wird ersichtlich, dass die x- und die y-Komponente der Magnetisierung gekoppelt sind, während
die z-Komponente unabhängig ist und mit der Zeitkonstanten T 1 exponentiell in den Gleichgewichtszustand Mz = M0 relaxiert. Die x- und y-Komponenten relaxieren mit der Zeitkonstanten T 2 exponentiell
zu M x = My = 0. Um die Bewegungsgleichungen zu vereinfachen werden sie meist in einem rotierenden Bezugssystem betrachtet.
22
3.4 Bloch-Gleichungen im rotierenden Bezugssystem
3.4 Bloch-Gleichungen im rotierenden Bezugssystem
~ eine Präzessionsbewegung mit der
Wie in Kapitel 3.2 schon erwähnt vollzieht die Magnetisierung M
~ Man kann Gl. (3.5) durch Übergang in
Larmor-Frequenz ω = γB um die Richtung des Magnetfeldes B.
ein rotierendes Koordinantensystem lösen. Die zeitliche Variation eines beliebigen Vektors F~ in einem
solchen System ist gegeben durch:
 
 
 d F~ 
 d F~ 
  =   − ω
~ × F~
dt rot
dt Lab
(3.10)
Demnach ergibt sich:
d~µ
dt
!
rot
d~µ
=
dt
~
~+ω
~ × ~µ = γ~µ × B
−ω
γ
Lab
!
!
(3.11)
~ 0 = B0 êz , so wird die Zeitliche Änderung des magnetischen
Liegt ein statisches Magnetfeld an B
Momentes umso langsamer, je kleiner die Differenz zwischen ω und γB0 wird, bis für ω = ω0 = γB0
d~µ
~ 0.
µ ein zeitlich konstanter Vektor ist. Im Laborsystem präzessiert ~µ jedoch mit ω0 um B
dt = 0 wird und ~
Um nun die gewünschten magnetischen Übergänge zu induzieren, wird das System einem Wechsel~ 1 ausgesetzt. Dieses steht senkrecht zu B
~ 0 und ist entlang der x-Achse des Rotierenden Koordifeld B
~ - in der x-y-Ebene - rotiert. In
natensystems orientiert, wodurch es bezüglich des Laborsystems mit ω
magnetischen Resonanzspektrometern werden HF-Felder der Form:


 cos(ωt) 
~ 1 (t) = B1  − sin(ωt) 
B


0
(3.12)
verwendet. Daraus ergibt sich für das Gesamtfeld:


 B1 cos(ωt) 
~ =  −B1 sin(ωt) 
B


B0
(3.13)
~ 1 ortsfest. Es ergibt sich mit ω0 = γB0 und
Für den Beobachter im rotierenden Bezugssystem ist B
ω1 = γB1 für die Magnetisierung:
dMz0
Mz0 − M0
= −ω1 My0 −
dt
T1
dM x0
M x0
= (ω0 − ω) My0 −
dt
T2
My0
dMy0
= − (ω0 − ω) M x0 −
dt
T2
(3.14)
Wenn nun ω = ω0 gilt, ist das System in Resonanz und M x0 und My0 sind voneinander entkoppelt,
My0 und Mz0 jedoch nicht. Die Magnetisierung rotiert im rotierenden Bezugssystem in der y0 -z0 -Ebene
~ 1.
um die Richtung des Magnetfeldes B
23
Kapitel 3 Grundlagen zu ESR/NMR
Ist nun die Frequenzvariation klein genug, kann das System als statisch angenommen werden und es
ergeben sich die Komponenten der Magnetisierung zu [Abr61]:
M x0 =
(ω0 − ω) ω1 T 22
M0
1 + T 22 (ω0 − ω)2 + ω21 T 1 T 2
ω1 T 2
My0 =
M0
2
1 + T 2 (ω0 − ω)2 + ω21 T 1 T 2
M =
z0
1 + (ω0 − ω)2 T 22
1 + T 22 (ω0 − ω)2 + ω21 T 1 T 2
(3.15)
M0
Bei der ESR oder Continuous-Wave-NMR können nun die Komponenten der Quermagnetisierung
My bzw. M x gemessen werden. Hierbei rotiert M x in Phase mit dem rotierenden Feld und stellt den
absorptiven Anteil des Signals dar, während die Magnetisierung My der dispersive Anteil des Signals
und um 90◦ Phasenverschoben ist. In Abbildung 3.4 werden beide Signale dargestellt.
Dispersion
Absorption
0
ω-ω0
Abbildung 3.4: Absoprtiver und dispersiver Anteil des Signals in Abhängigkeit der Frequenzdifferenz
Durch eine geeignete phasensensitive Verstärkung läßt sich nun entweder der Absorptionsanteil oder
der Dispersionsanteil heraus projiezieren und während des Resonanzvorgangs verfolgen. Strahlt man
kein HF-Feld ein (B1 = 0), so ist ω1 = 0 und die Gleichungen (3.15) gehen in den Gleichgewichtszustand über:
• M x0 = My0 = 0
• Mz0 = M0
Dieser Zustand liegt auch vor, wenn die eingestrahlte Frequenz weit von der Resonanzfrequenz entfernt liegt. Für den Fall ω ≈ ω0 präzediert der Magnetisierungsvektor zu einem sehr kleinen Teil in
24
3.4 Bloch-Gleichungen im rotierenden Bezugssystem
der x0 -y0 -Ebene und induziert damit - bei der NMR - eine Wechselspannung in die Spule, die gemessen
werden kann. Für die Messungen von Absolutwerten der Polarisation ist es erforderlich, dass der Polarisationsgrad um einen nicht messbaren Anteil vermindert wird. Dies ist der Fall, wenn die Amplitude
des Wechselfeldes klein gewählt wird [Blo46]:
B1 p
1
(3.16)
γ2 T 1 T 2
~ ⊥ zu:
Unter diesen Bedingungen ergibt sich eine Transversalmagnetisierung M


 cos α 
~ ⊥ = M⊥  sin α 
M


0
(3.17)
~ 1 . Der Betrag der Magnetisierung ergibt sich zu [Abr61]:
Dabei ist α der Winkel zwischen M⊥ und B
M⊥ =
q
M x20 + My20 =
ω1 T 2 M0
1 + T 22 (ω0 − ω)2
(3.18)
Die Phasenlage wird in Abbildung 3.5 illustriert und ergibt sich aus:
tan α =
My0
1
=
0
Mx
T 2 (ω0 − ω)
ω=ω
(3.19)
y'
0
α
M
M
α
ω=Ꝏ
⊥
y'
M
ω=0
x'
y',B1
Abbildung 3.5: Lage der Transversalmagnetisierung im rotierenden Bezugssystem in Abhängigkeit der Frequenz
des Wechselfeldes
Um die gesamte Resonanzlinie abzudecken, wird die Frequenz von einem Wert weit unterhalb der
Resonanz bis weit oberhalb dieser durchgestimmt. Somit wird nahezu der gesamte Kreisumfang in
~ ⊥ auf
Abbildung 3.5 überstrichen. Während der Messung betrachtet man die Projektion des Vektors M
0
die y -Achse.
25
Kapitel 3 Grundlagen zu ESR/NMR
3.5 Die HF-Suzeptibilitäten
Zur Beschreibung des Zusammenhangs zwischen dem Magnetfeld und der Magnetisierung bietet sich
die magnetische Suszeptibilität an. Die statische Suszeptibilität χ0 ist der Proportionalitätsfaktor zwi~ 0:
schen der Magnetisierung Mz und dem anliegenden statischen Magnetfeld B
Mz = χ0
1
B0
µ0
(3.20)
Nutzt man in (3.15) die Definition N(ω) := 1 + T 22 (ω0 − ω)2 + ω21 T 1 T 2 ergeben sich die Gleichungen:
1 1 + T 22 (ω0 − ω)2 M0
N(ω)
1
M x (ω) =
ω1 (ω0 − ω) T 22 M0
N(ω)
1
My (ω) =
ω1 T 2 M0
N(ω)
Mz (ω) =
(3.21)
Hieraus ergeben sich die Ausdrücke der Magnetisierung im Laborsystem zu:


 ω1 (ω0 − ω)T 22

ω1 T 2
M x = M x0 cos(ωt) + My0 sin(ωt) = M0 
cos(ωt) +
sin(ωt)
N(ω)
N(ω)


2

 ω1 (ω0 − ω)T 2
ω1 T 2

0
0
My = −M x sin(ωt) + My cos(ωt) = M0 −
sin(ωt) +
cos(ωt)
N(ω)
N(ω)
(3.22)
Das externe Feld im Laborsystem ist durch 3.13 gegeben. Betrachtet man die zum oszillierenden Feld
~
B parallele Komponente M x der Magnetisierung, so kann man - wie bereits erwähnt - die Quermagnetisierung in einen phasengleichen und einen um 90◦ phasenverschobenen Anteil zerlegen. Man definiert
nun als HF-Suszeptibilitäten:
M x0
2B1
My0
χ00 (ω) := µ0
2B1
χ0 (ω) := µ0
(3.23)
Mit ω0 = γB0 , ω1 = γB1 und der statischen Suszeptibilität ergibt sich:
T 22 (ω0 − ω)
1
χ0 (ω) := ω0 χ0
2
1 + T 2 (ω0 − ω)2 + ω2 T 1 T 2
2
1
1
T2
χ00 (ω) := ω0 χ0
2
2
1 + T 2 (ω0 − ω)2 + ω21 T 1 T 2
(3.24)
wodurch sich M x schreiben lässt als:
Mx =
26
2B1 0
(χ cos(ωt) + χ00 sin(ωt))
µ0
(3.25)
3.6 Linienform
3.6 Linienform
Nach der Bloch-Theorie sollte das absorptive Signal einer Lorentz-Kurve entsprechen. Im Experiment
ist diese Linienform jedoch üblicherweise nicht zu beobachten, da es z.B. durch Inhomogenitäten oder
zeitlich fluktuierende Magnetfelder beeinflußt wird und es zu einer apparativen Verbreiterung kommt.
Daher ergibt sich als Signal eine Faltung aus einer Lorentz- und einer Gauss-Kurve.
~ als Ensemble der einzelnen magnetischen MoBisher wurde das gesamte magnetische Moment M
~ erfährt in einem Magnetfeld ein Drehmoment und verhällt sich wie ein klasmente ~µi betrachtet. M
sischer Drehimpuls. Daraus folgten die Bloch-Gleichungen mit den Relaxationszeiten T 1 und T 2 und
somit die Resonanzlinie als Lorentzkurve. Dies folgt direkt aus dem exponentiellen Zerfall von M x und
My , da die Frequenzverteilung die Fouriertransformation eines exponentiellen Zerfalls darstellt mit der
Breite ∆ω = T12 .
Betrachten wir jedoch ein System magnetischer Dipole eines Festkörpers, wie es bei dem hier verwendeten Ammoniak der Fall ist, so führen eingeschränkte Beweglichkeit und andere Effekte zu inhomogenen Verbreiterungen der Resonanzkurve. Im Folgenden werden die wichtigsten Effekte für ESRund NMR-Signale vorgestellt.
ESR:
1. Unaufgelöste oder anisotrope HFS:
Ergeben sich viele Hyperfeinstrukturkomponenten, die nah beieinander liegen, so gehen die
einzelnen Resonanzsignale ineinander über und es wird nur noch die Einhüllende sichtbar.
Die HFS-Komponente kann raumabhängig sein, wenn die HFS durch dipolare ElektronKern-Wechselwirkung entsteht.
2. Anisotropie des g-Faktors:
Fehlordnungen im Kristall oder “quench” der Spin-Bahn-Kopplung sorgen für eine Abhängigkeit der Larmor-Frequenz vom Winkel zwischen Kristallachse und Feldvektor des
äußeren Magnetfeldes.
3. Dipol-Dipol-Wechselwirkung:
Benachbarte ungepaarte Elektronenspins erzeugen ein magnetisches Zusatzfeld am Ort des
betrachteten Elektrons, wodurch es zu einer Verschiebung der Larmor-Frequenz kommt.
Die fluktuierenden Querkomponenten dieses Elektronenspins führen auch zu Spinflips zwischen benachbarten Elektronen.
NMR:
1. Dipol-Dipol-Wechselwirkung:
Dieser Effekt lässt sich analog zur Dipol-Dipol-Wechselwirkung bei der ESR betrachten.
Hier werden lokale Felder durch benachbarte Kernspins erzeugt, welche einen gleichen
Kernspin besitzen. Zwischen ungleichen Kernspins existiert ein zu großer Unterschied zwischen beiden Larmor-Frequenzen, so dass ein Spinflip nicht möglich ist.
2. Quadropol-Wechselwirkung:
Bei Kernen mit Kernspin I > 21 führt die Wechselwirkung des Kernquadropolmoments mit
dem elektrischen Feld der atomaren Bindungen zu einer Verschiebung der Larmor-Frequenz
der jeweiligen Übergänge. Dieser Effekt kann bei den in dieser Arbeit betrachteten Proben
vernachlässigt werden, da Protonen mit I = 21 vorliegen.
3. Dipolare- bzw. Kontaktwechselwirkung mit ungepaarten Elektronen:
Besitzt ein ungepaartes Elektron eine nicht verschwindende Aufenthaltswahrscheinlichkeit
27
Kapitel 3 Grundlagen zu ESR/NMR
am Kernort, so übt es einen Einfluß auf die NMR-Linienbreite aus. Auch eine geringe Dichte
von ungepaarten Elektronen führt dazu, dass durch das hohe magnetische Moment ~µe− ein
zusätzliches Feld am Kernort entsteht und somit die Larmor-Frequenz verschoben wird.
3.6.1 NMR-Protonsignal
Abbildung 3.6: Proton NMR-Signale. links: Experimentell gemessenes NMR-Signal bei ±20%, ±40%, ±60%,
±80% und ±90% Polarisation, rechts: Theoretisch berechnetes NMR-Signal des Protons [B+ 97]
In Abbildung 3.6 ist das Proton NMR-Signal von Ammoniak bei verschiedenen Polarisationen zu
sehen. Bei niedrigen Polarisationen ist die Linienform sowohl für positive, als auch negative Polarisationen symmetrisch. Mit steigender Polarisation wird diese jedoch asymmetrisch. Es ergibt sich eine
Verschiebung des Peaks, die vom Vorzeichen der vorliegenden Polarisation abhängt. Dieser “Shift” kann
nicht durch Inhomogenitäten des äußeren Magnetfeldes verursacht werden, da diese für den beobachte−5 [B+ 97]).
ten Sachverhalt zu gering sind ( ∆B
B ∼ 3 · 10
Eine Ursache dieser Verschiebung könnten dipolare Wechselwirkungen im Kristall sein, welche aufgrund des schwachen magnetischen Moments des Stickstoffs nur durch die Protonenkonfiguration stattfindet. Diese Linien-Verschiebung - beeinflußt durch die Dipolare Wechselwirkung eines triangularen
Systems wie NH3 - wurde in [AB50] betrachtet. Demnach spalten die Zeeman-Niveaus mit einer zKomponente des Gesammtdrehimpulses von j = ± 21 in drei Unterniveaus auf, während die Niveaus mit
j = ± 23 verschoben werden (zu sehen in Abbildung 3.7). Das NMR-Signal besteht dann aus insgesamt
9 Übergängen zwischen diesen Unterniveaus, welche Abhängig von der relativen Orientierung der Molekülachse im äußeren Magnetfeld unterschieldich stark auftreten.
28
3.6 Linienform
E
j=3/2
a
b
j=1/2
e
f
j=-1/2
h i
g
c
d
j=-3/2
Abbildung 3.7: Aufspaltung der Zeeman-Niveaus bei Dipol-Dipol-Kopplung der drei Protonen eines Ammoniakmoleküls
Eine weitere Möglichkeit die Verschiebung des Linienschwerpunktes zu beschreiben ist die indirekte Spin-Spin-Wechselwirkung. Ursache hierfür können Störungen über das Hüllenelektron oder durch
Wechselwirkung mit dem S-Orbital sein [RP52]. Im Fall von Ammoniak ist diese Austauschwechselwirkung nur über das Stickstoffatom möglich. In [B+ 97] wurden Modellrechnungen basierend auf dem
Hamiltonian Ĥ ∝ Iˆ1 · Iˆ2 der indirekten Kopplung zwischen zwei Spins Iˆ1 und Iˆ2 durchgeführt. In Abbildung 3.6 rechts wurden diese Ergebnisse zusammengefasst. Sie beschreiben zwar die Verschiebung des
Linienschwerpunktes, weichen jedoch von der experimentellen Signalform ab.
29
Kapitel 4
Ammoniak als Targetmaterial
Eine der wichtigsten Komponenten des Polarisierten Targets bildet das Targetmaterial. Im Falle eines
polarisierbaren Festkörpertargets handelt es sich um Substanzen mit hohem Protonen- oder Deuteronengehalt. Neben dem Dilutionfaktor, welcher den Gehalt von Protonen/Deuteronen angibt, sind noch
Eigenschaften wie Strahlresistenz, Relaxationszeit, sowie die Möglichkeit einer hohen Kernpolarisation wichtig. Zur dynamischen Nukleonenpolarisation ist es notwendig in diamagnetische Substanzen,
paramagnetische Zentren zu implementieren. Je nachdem, welche Eigenschaften eine solche Probe besitzt, wird dies auf unterschiedliche Weise herbeigeführt. Es werden chemisch dotierte Alkohole wie
Butanol oder Probandiol1 dotiert mit TEMPO2 , Porphyrexid3 oder EHBA4 verwendet, sowie mit ionisierenden Teilchenstrahlen bestrahlte Materialien. In diesem Fall haben sich Lithiumhydrid/-deuterid
und Ammoniak bewährt. Eine ausführliche Beschreibung des hier verwendeten Ammoniak findet sich
im nachfolgenden Kapitel.
4.1 Eigenschaften von Ammoniak
Abbildung 4.1: Zweidimensionale Darstellung von Ammoniak
Ammoniak (zu sehen in Abbbildung 4.1) ist ein farbloses, diamagnetisches, stechend riechendes
Gas. Es ist chemisch sehr aggressiv und greift Kupfer, Aluminium, Kunststoffdichtungen, Kleber und
Vakuumfett an. Entsprechend seiner Molekülmasse5 ist es leichter als Luft. Dank seiner hohen kritischen
Temperatur von 140, 7 ◦ C, einem kritischen Druck von P = 113 bar und einer kritischen Dichte von ρ =
0, 236 cmg 3 , läßt es sich leicht zu einer farblosen, leicht beweglichen, stark licht brechenden Flüssigkleit
verdichten. Ammoniak ist leicht wasserlöslich. 1 Liter Wasser löst 1176 Liter Ammoniak bei 0 ◦ C und
702 Liter bei 20 ◦ C. Dies entspricht einer 35%igen Lösung. Die wichtigsten Eigenschaften werden in
Tabelle 4.1 und 4.2 dargestellt [HW95].
1
C3 H6 (OH)2
C9 H18 NO
3
C5 H9 N4 O
4
Na+ [C12 H20 O7 Cr · D2 O]−
5
Mr = 17
2
31
Kapitel 4 Ammoniak als Targetmaterial
Siedepunkt
Schmelzpunkt
Gitterstruktur
Dichte
NH3
ND3
239, 8 K
242, 25 K
195, 45 K
199, 15 K
kubisch flachenzentriert mit der Gitterkonstante a (T = 77 K)
5, 048 Å
5, 073 Å
siehe Tabelle 4.2 1, 009 cmg 3 bei 113 K
1, 020 cmg 3
Tabelle 4.1: Physikalische Eigenschaften von Ammoniak
Dichte ( cmg 3 )
T (K)
0, 863
0, 851
0, 844
0, 820
81
113, 4
137, 3
195, 2
Tabelle 4.2: Dichte von NH3 bei verschiedenen Temperaturen
NH3 besteht aus einem Stickstoff- und drei Wasserstoffatomen. Es ist bei Raumtemperatur gasförmig
und unter Atmosphärendruck liegt der Schmelzpunkt bei −78, 45 ◦ C (195, 45 K), der Siedepunkt bei
−33, 15 ◦ C (239, 8 K). Das Ammoniakmolekül hat die Form einer Pyramide. Die 3 H- bzw. D-Atome6
befinden sich hierbei in einer Ebene. Aufgrund von Röntgenuntersuchungen [OT59] kann man den
Ammoniak-Einkristall am besten der kubischen Raumgruppe P 21 3 zuweisen. Dies bedeutet der Kristall
besitzt eine Symmetrieachse entlang der Raumdiagonalen. Dreht man den Kristall 120◦ um diese Achse
so ergibt sich eine, mit dem Ausgangszustand identische Position (siehe Abb. 4.2).
Abbildung 4.2: Einheitszelle des Ammoniakkristalls
6
betrachten wir ND3
32
4.1 Eigenschaften von Ammoniak
In Abbildung 4.2 wird die Elementarzelle dargestellt. Dies bedeutet, dass sie die wesentlichen Informationen des Kristalls beinhaltet. Die Länge der Einheitszelle ist in Tabelle 4.1 zu finden. Die kleinere
Einheitszelle von ND3 läßt sich leicht erklären wenn man betrachtet, dass ND3 ein größeres Dipolmoment besitzt. NH3 hat ein Dipolmoment von 1, 46 D und ND3 eines von 1, 50 D. Dies ergibt eine
C
Differenz von 0, 4 D, wobei 1[Deybe] = 3, 33564 · 10−30 m
gilt [TDENB73].
Betrachtet man den NH3 Einkristall im Detail, so ist kein Molekül ausgezeichnet. Jedes Stickstoffatom geht sechs Wasserstoffverbindungen ein, drei kovalente Bindungen und drei Brückenbindungen zu
jeweils einem Wasserstoff. Die Wasserstoffatome bilden jeweils eine kovalente und eine Brückenbindung mit einem Stickstoffatom.
Abbildung 4.3: Nächste Nachbarn eines Ammoniakmoleküls im Kristall
Wählt man nun ein beliebiges Stickstoffatom aus und bezeichnet es mit N0 so hat es, wie man in
Abbildung 4.3 sieht, sechs enge Nachbarn. Drei dieser Nachbarn besitzen eine Wasserstoffbindung über
die Wasserstoffatome von N0, drei eine Brückenbindung. Die weiteren sechs Nachbarn, bilden keine
Wasserstoffbindung mit N0, besitzen aber eine Brückenbindung ihrer H-Atome mit den gemeinsamen
engen Nachbarn. Je nach Bindung zu N0 lassen sich die Stickstoffatome in typische Schichten bezüglich
der Diagonalen gliedern. Zuerst kommen die Moleküle, welche eine Wasserstoffbrückenbindung mit
N0 eingehen, dann kommt N0, woraufhin die drei Bindungspartner mit Brückenbindung kommen. Die
oberste Schicht bilden dann wieder drei Moleküle, die keine Wasserstoffbindung zu N0 gebildet haben.
Es existieren drei Molekültypen, die relativ zu N0 eine bestimmte Lage einnehmen. Es gibt also nur
bestimmte Winkel zwischen den N-H-Bindungen und der Raumdiagonalen, die sich ausbilden.
1.
2.
3.
4.
N0-H0a
N10-H10a
N10-H10b
N10-H10c
N0-H0b
N11-H11a
N11-H11b
N11-H11c
N0-H0c
N12-H12a
N12-H12b
N12-H12c
Tabelle 4.3: Bindungspartner im Ammoniak-Einkristall, unterteilt nach den auftretenden Winkeln
33
Kapitel 4 Ammoniak als Targetmaterial
In der Elementarzelle finden sich, unter Berücksichtigung der 120◦ - Symmetrie vier verschiedene
Winkel jeweils dreimal wieder (Tabelle 4.3). Die Abstände der jeweiligen Nachbarn werden in Tabelle
4.4 wiedergegeben.
H-H-Abstände
N-N-Abstände
enger Nachbar
weiter Nachbar
(N0-N10)
(N10-N11)
3, 352(11) Å
3, 883(18) Å
N-H-Abstände
kovalente Bindung
(N0-H0a)
Wasserstofffbindung (H0a-N4)
1, 005(23) Å
2, 374(28) Å
Winkel
H-N-H im Molekül
N-H.N H-Bindung
Abweichung des H
von der N-N-Linie
(H0a-N0-H0b)
(N0-H0a.N4)
(N4-N0-H0a)
110, 4◦
164, 0◦
11, 3◦
im Molekül
nächstes H zu einem
Molekül
mit
Wassserstoffbindung
übernächstes
zu
einem
Molekül
mit
Brückenbindung
zwischen H’s, die
am
gleichen N Brückenbindung haben
(H0a-H0b)
(H0a-H10c)
1, 651(24) Å
2, 342(29) Å
(H0a-H4a)
2, 772(09) Å
(H10c-H11c)
2, 545(40) Å
Tabelle 4.4: Abstände und Winkel der Einheitszelle
Einer der Vorteile von Ammoniak als Targetmaterial liegt im deutlich größeren Dilutionfaktor gegenüber Alkoholtargets. Der Dilutionfaktor ergibt sich als Quotient von polarisierbaren Nukleonen zur
Gesamtzahl der Nukleonen im Material:
k=
Npolarisierbarer Nukleonen
NNukleonen
Hieraus ergeben sich folgende Werte, welche aus theoretischen Überlegungen hervorgehen:
3
= 0, 176
17
10
=
= 0, 135
74
kAmmoniak =
kC4 H9 OH
Bei früheren Testmessungen, sowohl mit NH3 als auch ND3 , zeigte sich, dass NH3 ähnlich gute
Werte für Maximalpolarisation und Aufbauzeit7 erzielt wie Butanol. In Tabelle 4.5 findet sich eine
Zusammenfassung von Polarisationsdaten aus [Hav84], die um aktuelle Messdaten ergänzt wurde.
T [K]
1
0,5
0,2
a
NH3
35%
66%
94%
C4 H10 O
35%
65%
80%
ND3
3, 5%
11%
31%
C4 D10 O
10%
22%
80%a
Die hohe Polarisation für C4 D10 O wurde unter Verwendung des Finnland II Radikals erreicht.
Tabelle 4.5: Polarisationswerte
7
Zeit, in der 70% der Maximalpolarisation erreicht werden kann
34
4.1 Eigenschaften von Ammoniak
Ein weiterer Vorteil der Ammoniak gegenüber Alkoholtargets auszeichnet ist seine Strahlenresistenz.
Selbst unter hochintensiven Primärstrahlen ist die Polarisation eines NH3 -Target deutlich beständiger
als bei Butanol. Der Polarisationsabfall kann mit guter Näherung wie folgt beschrieben werden [M+ 83]:
!
s
P(s) = P0 exp −
s0
Hierbei ist P(s) Die Polarisation nach einer Strahlendosis s, P0 die Maximalpolarisation und s0 die
Strahlendosis, nach der die Polarisation auf 1e abgefallen ist. Da Ammoniak durch Bestrahlung mit
20 MeV-Elektronen die benötigten Radikale zur Polarisation beigebracht werden, werden auch andere
Fehlstellen während der Bestrahlung mit dem Primärstrahl in einem teilchenphysikalischen Experiment
erzeugt. Diese können dann zu zusätzlichen Relaxationsprozeßen führen [M+ 83] [Mey85b]. In Abbildung 4.4 wird dieser Sachverhalt dargestellt.
Abbildung 4.4: Strahlschäden in Butanol und Ammoniak [Mey04]
Die durch Tieftemperaturbestrahlung8 entstandenen Radikale rekombinieren wieder, wenn das Target auf Flüssig-Stickstofftemperatur9 erwärmt wird. Dieser Vorgang wird als Annealing bezeichnet
[Mey85b] [Mey04].
8
9
T <4K
T f lN2 = 77 K
35
Kapitel 5
Herstellung und Bestrahlung der NH3-Kristalle
Um Ammoniak als Targetmaterial nutzen zu können muss es zunächst verfestig werden. Hierzu wurde ein Verfahren genutzt, welches Gaseinschlüsse vermeidet, um die Unsicherheit auf den Füllfaktor
eines solchen Targets zu verringern. Danach wird es einem Teilchenstrahl ausgesetzt, um die für eine
−
dynamische Polarisation benötigte Radikaldichte von ca. 1019 eg zu erzeugen. Dafür wird ein Bestrahlungskrystat benötigt, der mit Argon betrieben wird. Das Ammoniak kann nicht direkt unter flüssigem
Stickstoff bestrahlt werden, da sonst eine explosive Mischung entsteht.
Im Folgenden Kapitel wird zunächst auf die Herstellung der Ammoniakkristalle eingengangen. Anschließend wird die Bestrahlungsapparatur beschrieben und dann auf die Bestrahlung der NH3 -Kristalle
eingegangen.
5.1 Herstellung der NH3 -Kristalle
Abbildung 5.1: Schematische Aufbau zur Verfestigung des NH3
Wurde das Gas erst einmal in flüssige Form gebracht, so kann es in zwei verschiedenen Verfahren
verfestigt werden. Bei der schnelleren Variante wird das flüssige Ammoniak in ein Bad aus flüssigen
Stickstoff geträufelt und es entstehen dadurch ähnlich wie bei der Herstellung eines Butanoltargets kleine Kügelchen aus Ammoniak [Mey85a]. Mit dieser Methode werden in kurzer Zeit große Mengen an
Material verfestigt. Jedoch entstehen Einschlüsse in den Kügelchen, so dass sie keine einheitliche Dichte haben und leicht brüchig werden. Dies sorgt für eine größere Unsicherheit im Füllfaktor des Targets
und die Brüchigkeit solcher Kügelchen sorgt dafür, das einige während Umladen und Bestrahlung ver-
37
Kapitel 5 Herstellung und Bestrahlung der NH3 -Kristalle
loren gehen.
Das für dieses Targetmaterial durchgeführte Verfahren ist zeitaufwändiger, minimiert aber die oben
genannten Nachteile [B+ 97]. In diesem Prozeß wird das gasförmige Ammoniak erst in einem Glaskolben verflüssigt und dann langsam eingefroren. Hierbei entsteht ein massiver Ammoniakblock, welcher
dann zerschlagen und nach kleinen Kristallen (2 bis 3 mm) ausgesiebt wird. Diese sind nicht nur stabiler, sondern haben auch eine höhere Dichte. In Abbildung 5.1 ist der Aufbau schematisch dargestellt.
Der Glaskolben in dem das Ammoniakgas erst verflüssigt und dann verfestigt wird befindet sich in
einem Ethanolbad. Dieses Bad wird mit Hilfe von flüssigem Stickstoff, welcher durch Kühlschläuche
geleitet wird, auf die gewünschte Temperatur gebracht. Diese wird mit einem PT100-Widerstand gemessen. Der Glaskolben wird vorher mit einer Drehschieberpumpe evakuiert, woraufhin der Kolben mit
Argon gespühlt wird. Diese Schutzatmosphäre sorgt dafür, dass weder Sauerstoff, Wasser, noch sonstige ungewollte Stoffe im Glaskolben kondensieren. Nun wird Ammoniak in den Kolben geleitet und
die Temperatur mit Hilfe der Ethanolkühlung auf −33, 15 ◦ C (239, 8 K) gebracht. Der Druck wird auf
1500 mbar stabilisiert. Unter diesen Bedingungen wird das Ammoniak zunächst verflüssigt. Hat sich
eine ausreichende Menge flüssiges NH3 am Boden des Glaskolbens gesammelt, wird die Temperatur
weiter auf −78, 45 ◦ C (195, 45 K) herabgesetzt, so dass das NH3 langsam verfestigt wird.
Ist die Flüssigkeit komplett gefroren, wird der Kolben belüftet, geöffnet und flüssiger Stickstoff eingeleitet. Dies verhindert, dass das NH3 während den folgenden Arbeitsschritten schmilzt. Der Ammoniakblock wird nun bei der Temperatur von flüssigem Stickstoff zertrümmert und die Trümmerstücke
gesiebt.
5.2 Aufbau des Bestrahlungskryostaten
In Abb. 5.2 wird der Bestrahlungskryostat, der für die Bestrahlung des Ammoniaks verwendet wird,
dargestellt. Die Bestrahlungskammer, in der der Probebehälter an einer drehbaren Achse eingehangen
wird, ist mit einem Plexiglasdeckel verschlossen. Auf diesem befindet sich ein Motor, der während der
Bestrahlung den Probenbehälter mit 1 rps rotiert, um eine möglichst gleichmäßige Bestrahlung zu gewährleisten.
Dieser Behälter ist mit einem Wärmetauscher verbunden in den Argon zugeführt wird. Der Wärmetauscher befindet sich in einem nach oben hin offenen Stickstoffbehälter, der durch ein Isoliervakuum
nach außen hin isoliert ist. Befindet sich Argon im Wärmetauscher und flüssiger Stickstoff im Stickstoffbehälter, so kann Argon verflüssigt werden. Über die Beschaltung nach Abb. 5.3 wird sowohl Argon,
als auch Stickstoff zugeführt. Die Stickstoffzufuhr wird über ein Elektroventil1 geregelt. Dieses wird
mit Hilfe einer Steuerung beschaltet, welche den Druck des Argons überwacht. Steigt der Druck auf
1100 mbar an, so wird EV1 geöffnet und Stickstoff zugeführt. Durch die Zufuhr von Stickstoff wird
die Verflüssigungsrate erhöht und der Druck im Argonkreislauf fällt. Erreicht das Argon einen Druck
von 1070 mbar wird EV1 geschlossen und die Stickstoffzufuhr unterbrochen, da sonst das Argon im
Bestrahlungskryostat festfrieren könnte. Es wird eine Druckhysteresekurve durchfahren.
1
Im Folgenden mit EV1 bezeichnet
38
5.2 Aufbau des Bestrahlungskryostaten
Abbildung 5.2: Schematische Darstellung des Bestrahlungskryostaten
Abbildung 5.3: Beschaltung des Kryostaten
39
Kapitel 5 Herstellung und Bestrahlung der NH3 -Kristalle
Sollte der Druck beim Befüllen des Kryostaten oder durch eine Unregelmäßigkeit auf 500 mbar über
Athmosphärendruck ansteigen wird ein Elektroventil2 im Argonkreislauf geöffnet und der Druck abgebaut. Für den Fall, dass die Elektronik aufgrund von Strahlungsschäden ausfällt befindet sich noch ein
mechanisches Überdruckventil im Argonkreislauf.
Isoliervakuum und Argonkreislauf können über eine Drehschieberpumpe evakuiert werden. Um Verunreinigungen des Argonbades entgegenzuwirken, wird der Argonkreislauf vor dem Befüllen einmal
evakuiert. Ist der Argonstand im Kryostat hoch genug, so wird die Argongaszufuhr abgedreht und das
Material eingesetzt. Während der Bestrahlung wird das im Kreislauf vorhandene Argon rückverflüssigt.
5.3 Bestrahlung der NH3 -Kristalle
Für den Prozeß der dynamischen Polarisation werden paramagnetische Zentren mit einer Dichte von
−
ca. 1019 eg benötigt [Dos86]. Bei Alkoholtargets werden diese durch Beimischung freier Radikale beigefügt. Im Fall von Ammoniak entstehen diese Radikale durch Bestrahlung mit Teilchenstrahlen. Das
Ammoniak wurde am Bonner LINAC3 mit 20 MeV-Elektronen bestrahlt, bis im Ammoniak die gewünschte Radikaldichte erreicht wurde. Hierbei findet folgende Reaktion statt:
˙ 2 + Ḣ + e−
NH3 + e−20 MeV → NH
˙ 2 Moleküle kann zur dynamischen Polarisation verwendet werden.
Das quasi freie Elektron der NH
Der Wasserstoff besetzt Zwischengitterplätze. Er ist zwar für den Prozeß der dynamischen Polarisation
nicht von Interesse, da er sehr flüchtig ist.
Ziel ist es nun die benötigte Radikaldichte zu erzeugen. Wie in Kapitel 6 detailliert beschrieben wird,
−
wurde eine mittlere Radikaldichte von (4, 24 ± 0.2) · 1019 eg über alle Bestrahlungen erreicht.
Abbildung 5.4: Probebehälter[B+ 97]
Das Material wird im Bestrahlungskryostaten in einem Probebehälter aufbewahrt. Dieser, in Abbildung 5.4 zu sehen, besteht aus zwei dünnen zylindrischen Wänden aus Titan. Deckel, Boden und
die Konstruktion, die dem Behälter Festigkeit verleiht bestehen aus Aluminium. Mit einer Bestrahlung konnten ca 150 bis 170 cm3 bestrahlt werden. Insgesamt wurden ca. 1, 5 L Targetmaterial hergestellt. Um die gewünschte Radikaldichte erzeugen zu können muss das Ammoniak einer Dosis von ca.
2
3
EV2
Linear Accelerator
40
5.3 Bestrahlung der NH3 -Kristalle
−
e
1017 cm
2 ausgesetzt werden. Der LINAC besitzt einen Bergoz-Monitor [Kla11] mit dem die momentane
Pulsladung gemessen werden kann. Rechnet man den Gesamtfluß in deponierte Ladung um, so ergibt
sich eine Ladung von 0, 513 C, welche das Targetmaterial durchfließen muss. Bei einer Pulsladung von
200 bis 300 nC und 50 Hz ergibt sich eine Bestrahlungszeit von 14, 25 bis 9, 5 h.
I
(a)
(c)
(b)
z
Abbildung 5.5: verschiedene Wedelprofile
für die Strahlführung des LINACS
Abbildung 5.6: Bestrahlungsprofil, aufgenommen mit Trovidurfolie
Um eine homogene Bestrahlung zu gewährleisten, wird ein Strahl benötigt, der die gesamte Füllhöhe
des Probenbehälters ausleuchtet. Da dies nicht durch Auffächern des Strahls möglich war wurde einer
der Strahlschieber verwendet, um mit dem Strahl entlang der Vertikalen zu „wobblen“. In Abbildung
5.5 werden verschiedene Wedelprofile dargestellt. Die Intensitätsverteilung der Kurve a entsteht durch
eine Dreieckspannung, mit welcher der Strahlschieber angesprochen wird. Kurve b entspricht einer Sinusspannung. Für eine optimale Bestrahlung wurde jedoch auf Profil c zurückgegriffen. Dies entsteht
indem man eine Dreieckspannung fährt und an den Wendepunkten jeweils 7% des Zeitintervalls mit
dem Strahl verweilt. In Abbildung 5.6 ist eine Aufnahme des Strahlprofils zu sehen. Diese wurde mit
Trovidur aufgenommen, welches vor der Bestrahlungskammer des Kryostaten angebracht wurde. Die
Folie färbt sich unter Bestrahlung schwarz, wodurch der ausgeleuchtete Bereich sichtbar wird.
Die homogene Verteilung der Radikale kann direkt nach der Bestrahlung eingeschätzt werden. Das
Ammoniak färbt sich unter der durchgeführten Prozedur blau-violett. Wenn das Material gleichmäßig
bestrahlt wurde, so ist die Intensität der Farbe auch gleichmäßig. Nach der Bestrahlung steht das Material für Qualitätsmessungen bereit. In diesem Fall wurden ESR-Messungen stichprobenartig von allen
Bestrahlungen vorgenommen. Zusätzlich wurden NMR-Messungen bei einer Temperatur von 1 K und
einem Magnetfeld von 2, 5 T durchgeführt.
41
Kapitel 6
Radikalbestimmung mit Hilfe von
ESR-Messungen
−
Wie in 5.3 erwähnt, benötigt man eine Radikaldichte von ca. 1019 eg um durch dynamische Polarisation hohe Polarisationswerte erreichen zu können. Hierzu wurde während jeder Bestrahlung darauf
geachtet, dass das Ammoniak einer Ladung von 0, 513 C ausgesetzt wurde, was einer Bestrahlung mit
e−
ca. 1017 cm
2 entspricht. Um zu gewährleisten, dass die benötigte Radikaldichte nach der Bestrahlung
vorliegt, wurden am ESR-Spektrometer MEDUSA1 Qualitätsmessungen vorgenommen (siehe Kapitel
6.3). In Kapitel 3 wurden die benötigen Grundlagen zur Beschreibung der Spinresonanz bereits dargestellt. Die Bloch Gleichungen beschreiben das Verhalten eines Spins in einem Magnetfeld und wie sie
beeinflusst werden um eine Resonanz zu erzeugen. Diese Resonanz kann mit verschiedenen Verfahren
gemessen werden.
Bei der ESR wird eine Probe in ein Magnetfeld gebracht und die HFS-Übergänge mittels Mikrowellen angeregt. Diese werden von einem Mikrowellengenerator mit wohldefinierter Frequenz erzeugt. Die
Probe befindet sich in einem Hohlraumresonator, der über eine Hohlleiterschaltung abgestimmt wird.
Nun wird das äußere Magnetfeld variiert, bis die Larmorbedingung für einen Übergang erfüllt wird.
Bei der Anregung dieses Übergangs ändert sich, aufgrund des Spinflips des Elektrons, die Anpassung
der Mikrowellenbrücke und es entstehen Reflexionen, die gemessen werden. Das aufgenommene Signal
wird dazu genutzt mittels Vergleichmessung die Radikaldichte zu bestimmen. Hierzu wurde als Eichprobe TEMPO dotiertes Butanol verwendet, da die Radikaldichte bekannt ist. Wird nun das Gewicht
der Ammoniakkristalle bestimmt, so ist eine Vergleichsmessung über das ESR-Signal der beiden Proben möglich.
Da das Gewicht der Kristalle in der Größenordnung 10−3 g liegt und die Kristalle bei Raumtemperatur
verdampfen, ist es schwer das Gewicht mit einer Präzisionswaage zu bestimmen. Daher wurde eine
Methode unter Verwendung des idealen Gasgesetzes verwendet, welche in 6.2 genauer beschrieben
wird. Im Folgenden wird der Versuchsaufbau dargelegt.
1
Modular Electron Spin Detector Using Signal Amplification
43
Kapitel 6 Radikalbestimmung mit Hilfe von ESR-Messungen
6.1 Aufbau und Funktionsweise des ESR-Spektrometers
SW
φ
T
Legende:
• Z1: 4-Port-Zirculator
D1
Z2
• Z2: 3-Port-Zirculator
A2
Lock-In
• MR: Mikrowellen Resonator
MG
~
T
A1
Z1
• D1/D2: Mikkrowellen Dioden
MT
• MT: Magic-T
Lock-In
D2
• A1/A2: Abschwächer
• SW: Waveguide Switch
• T: Terminator
MR
• ϕ: Phasenstempel
Abbildung 6.1: Blockschaltbild des ESR-Sketrometers
In Abbildung 6.1 ist der Aufbau des benutzten ESR-Spektrometers zu sehen. Die Mikrowellen werden mit einer Frequenz von ca. 9, 26 GHz in einem Mikrowellengenerator erzeugt und anschließend auf
zwei Wellenleiterzweige geleitet. Der erste Zweig ist der sogenannte Messarm. In Diesem werden die
Mikrowellen in den Hohlraumresonator gekoppelt. Der zweite Arm ist der Referenzarm. Das Verhältnis
der eingekoppelten Mikrowellenleistung von Mess- zu Referenzarm beträgt 1 : 100.
Im Resonator befindet sich die zu vermessende Probe. Während der Messung wird der Resonator von
einem starken Magnetfeld durchsetzt (ca. 330 mT). Die Stärke des Magnetfeldes kann geregelt werden,
wie auch das Intervall welches durchfahren werden soll. In beiden Armen befinden sich Abschwächer,
welche zur Dämpfung der Mikrowellenleistung dienen. Am Ende der beiden Mikrowellenarme befindet
sich ein Magic-T, welches so beschaltet wird, dass es die beiden eingehenden Signale zu je 50% auf
beide Ausgänge gibt. Zusätzlich kommen beide Signale an einem Ausgang phasengleich an, am anderen um 180◦ phasenverschoben, wodurch sie einmal addiert, einmal subtrahiert werden. Diese werden
mit Hilfe einer Diodenschaltung als modulierte Gleichspannung bzw. niederfrequente Wechselspannung
abgegriffen. Da lediglich das Messarmsignal um die Referenzarm-Gleichspannung oszilliert, hat die niederfrequente Wechselspannung keinen Nulldurchgang. Die hier vorliegende Differenzmessung hat drei
Vorteile. Da das Messsignal sehr klein ist, ermöglicht eine Differenzmessung die Detektion des Signals.
Der Referenzarm liefert zudem in dieser Konfiguration die benötigte Arbeitsspannung der Dioden. Außerdem besteht das zu untersuchende Messsignal aus einem Absorptions- und einem Dispersionssignal,
welche um ∆ϕ = 90◦ phasenverschoben sind (vgl. 3.4). Durch Überlagerung des Messsignals mit dem
Signal aus dem Referenzarm ist es möglich das Dispersionssignal zu unterdrücken.
Um das Signal zu Rausch Verhältnis zu verbessern, wird bei ESR-Messungen mit Hilfe des Lock-In
44
6.2 Gewichtsbestimmung der Ammoniakproben
Verfahren gemessen. Es wird das quasi-statische Magnetfeld mit einem im Audiobereich oszillierenden
Wechselfeld überlagert. Dadurch wird die Resonanz sowohl quasi-statisch, als auch periodisch durchfahren. Es ist zu beachten, dass die Amplitude der Magnetfeldmodulation (δB) stehts kleiner als 13
der natürlichen Linienbreite ist, um Signalverzerrungen zu vermeiden. Eine Konsequenz der Lock-InVerstärkung ist, dass man nicht mehr die Lorentzkurve wie in Kapitel 3 erhällt, sondern die Ableitung
dieses Signals.
Mit diesem Aufbau ist es also möglich bei fester wohldefinierter Mikrowellenfrequenz, durch Modulation des anliegenden B-Feldes die Resonanzkurve zu durchfahren. Die Mikrowellenbrücke wird
außerhalb der Resonanz abgestimmt. Dies geschieht über die Parameter Mikrowellenfrequenz, Phasenlage des Referenzarms und Einkopplung der Mikrowellen in den Resonator. Durchfährt man nun die
Resonanz der Probe mit dem Magnetfeld, so findet eine Fehlanpassung statt, die als Absorption gemessen wird (siehe Kapitel 3).
6.2 Gewichtsbestimmung der Ammoniakproben
Zur Berechnung der Radikaldichte einer Probe wird ihr Gewicht benötigt. Da Ammoniak ein Gas ist,
die Kristalle einen Durchmesser von 2 bis 3 mm besitzen und damit ein Gewicht von ca. 10−3 g einhergeht, ist es schwierig ihre Masse mit Hilfe einer Präzisionswaage zu bestimmen. Dies liegt daran, dass
die Ammoniakkristalle bei Raumtemperatur schnell verdampfen. Zusätzlich wird die Messung durch
Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit erschwert, welche beide an den Ammoniakkristallen kondensieren können. Auch die Kristalle in einem Stickstoffbad zu wiegen erweist sich als schwierig, da dieser kocht
und ständig an Masse verliert. Eine Möglichkeit dies zu umgehen liegt darin, die Probe in einem festen
Volumen kontrolliert zu verdampfen und mit Hilfe einer Druckmessung und dem idealen Gasgesetz auf
die Teilchenzahl (n) zurück zu schließen. Hat man diese, kann man mit dem Molekülgewicht die Masse
des zu vermessenden Kristalls bestimmen. Demnach gilt also:
PV = nkB T
PV
n=
kB T
(6.1)
P ist hierbei der Druck, nach verdampfen der Probe bei Raumtemperatur, V das Volumen in dem
die Probe verdampf, kB die Boltzmann-Konstante mit (kB = 1, 3806488 · 10−23 KJ [NIS10]) und T
die Raumtemperatur. Die Masse des Ammoniakkristalls ergibt sich (mit dem Molekülgewicht mNH3 =
g
17, 03 mol
[HW95]) zu:
MKristall = n · mNH3 =
PV
· mNH3
kB T
(6.2)
In Abbildung 6.2 wird der hierfür verwendete Aufbau dargestellt. Der Glaskolben mit einem Volumen von (120 ± 1) ml wird mit flüssigem Argon von außen gekühlt. Dies hat den Vorteil, dass der
Glaskolben innen knapp oberhalb der Temperatur von flüssigem Sauerstoff liegt und dieser nicht im
Kolben und an der Probe kondensieren kann. Wird der Ammoniakkristall in den Kolben gegeben, so
wird er verschloßen und evakuiert, womit die Druckmessung stark vereinfacht wird. Außerdem wird
hierdurch vermieden, dass sich während des Verdampfungsprozesses kondensierte Stoffe im Kolben befinden, welche die Messung verfälschen. Ist der Kolben evakuiert, kann man das Ventil schließen und
ihn aus dem Argonbad nehmen. Befindet sich der Kolben auf Raumtemperatur, kann die Druckände-
45
Kapitel 6 Radikalbestimmung mit Hilfe von ESR-Messungen
Glaskolben
V1
V2
PT-100
Pumpe
Druckmessung
Argonbad
Abbildung 6.2: Schematischer Aufbau zur Ammoniak-Gewichtsbestimmung
rung aufgenommen und mit Hilfe von Gleichung 6.2 berechnet werden. Die Ergebnisse sind in Tabelle
6.1 dargestellt. Dieses Gewicht kann dazu genutzt werden die Radikaldichte zu bestimmen, wie weiter
unten beschrieben. Das Volumen V des Kolbens und der Anschlüsse wurde ausgelitert. Bei der Temperatur T wurde ein Fehler von 1 K angenommen, aufgrund der Messungenaugkeit des Thermometers und
dem Temperaturgradienten über die Wand des Glaskolbens. Die Unsicherheit auf die Druckänderung
P ergibt sich zu 5 mbar, wenn man beachtet, das beim Umfüllen der Probe Wasser oder Sauerstoff am
Kristall kondensieren kann. Hiermit wurde der Fehler nach Gauss berechnet. Es ergibt sich eine durchschnittliche Unsicherheit von ca. 3, 9%. Um Einflüsse durch Kondensation besser entgegen zu wirken
wurde der Glaskolben vor dem Beladen unter Stickstoff gesetzt, so dass sich möglichst wenig Stoffe im
Behälter befinden, die bei diesen Temperaturen kondensieren.
46
6.2 Gewichtsbestimmung der Ammoniakproben
Bestrahlung 2
Bestrahlung 1
P [Pa]
14958
10305
12519
n · 1020
3,68
2,52
3,07
T [K]
294,735
296,345
295,645
m [mg]
10,400
7,126
8,677
∆m [mg]
0,3547
0,3491
0,3515
P [Pa]
21588
13690
15155
n · 1020
5,25
3,34
3,69
1020
T [K]
298,145
296,845
297,445
m [mg]
14,838
9,451
10,441
∆m [mg]
0,3578
0,3510
0,3516
m [mg]
13,928
9,257
9,978
10,200
9,346
∆m [mg]
0,3564
0,3514
0,3517
0,3519
0,3505
m [mg]
10,077
10,056
9,509
8,168
12,260
∆m [mg]
0,3490
0,3489
0,3477
0,3457
0,3505
m [mg]
12,075
9,584
8,799
12,663
8,173
∆m [mg]
0,3534
0,3505
0,3494
0,3544
0,3521
Bestrahlung 4
m [mg]
11,881
7,834
8,328
∆m [mg]
0,3528
0,3470
0,3483
P [Pa]
20250
13387
14454
14775
13552
n ·
4,93
3,27
3,53
3,61
3,30
m [mg]
11,144
11,241
12,969
6,957
10,667
∆m [mg]
0,3529
0,3526
0,3517
0,3437
0,3465
P [Pa]
14715
14685
13909
11963
17980
n · 1020
3,56
3,56
3,36
2,89
4,34
P [Pa]
17550
13911
12776
18405
11752
1020
Bestrahlung 3
P [Pa]
17285
11420
12113
n · 1020
4,20
2,77
2,95
P [Pa]
16159
16322
19021
10213
15722
n · 1020
3,94
3,98
4,59
2,46
3,77
P [Pa]
14067
13443
9775
4453
7876
1020
T [K]
298,145
298,745
298,045
Bestrahlung 5
T [K]
297,145
297,545
300,545
300,845
302,045
Bestrahlung 6
Bestrahlung 7
n ·
3,43
3,27
2,38
1,08
1,92
T [K]
297,45
297,45
297,45
297,45
297,45
T [K]
297,945
296,345
296,845
296,845
297,145
T [K]
299,245
299,245
299,745
300,145
300,545
Bestrahlung 8
m [mg]
9,691
9,261
6,734
3,068
5,426
∆m [mg]
0,3506
0,3501
0,3474
0,3451
0,3464
n ·
4,27
3,39
3,11
4,48
2,89
T [K]
297,845
297,445
297,545
297,845
294,645
Bestrahlung 9
P [Pa]
12222
11668
12554
14175
1020
n ·
2,98
2,85
3,06
3,46
T [K]
297,245
296,945
296,945
297,045
m [mg]
8,426
8,052
8,664
9,779
∆m [mg]
0,3493
0,3493
0,3500
0,3512
Tabelle 6.1: Gewicht der NH3 -Bestrahlungen
47
Kapitel 6 Radikalbestimmung mit Hilfe von ESR-Messungen
6.3 Bestimmung der Radikaldichte
5
4
Amplitude [V]
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
300
310
320
330
340
Magnetfeld [mT]
350
360
Abbildung 6.3: Übersichtsaufnahme eines Ammoniakkristalls
In Abbildung 6.3 ist eine Gesamtaufnahme des ESR-Spektrums einer Ammoniakprobe zu sehen. Das
˙ 2 -Radikal, welches für die dynamiSignal im Zentrum ergibt das durch Bestrahlung herbeigeführte NH
˙
sche Polarisation benötigt wird. Die Fläche unter dem Signal des NH2 ist proportional zur Radikaldichte.
Wie in Kapitel 6.1 erwähnt wird nicht das eigentliche Signal als Lorentzprofil, sondern seine Ableitung
aufgenommen. Daher erhällt man die Fläche des Signals durch zweifache Integration. Die beiden Signale links und rechts davon sind die Hyperfeinübergänge des Wasserstoffgrundzustandes. Es ist also
ersichtlich, dass der durch Bestrahlung gelöste Wasserstoff sich in der Ammoniakmatrix auf Zwischengitterplätzen stabilisieren kann.
Für die dynamische Polarisation interessiert das Signal im Zentrum. In Abbildung 6.4 ist eine Detai˙ 2.
laufnahme zu sehen. Die verschiedenen Peaks ergeben sich durch die HFS-Wechselwirkung des NH
Die ESR-Linienform ist entscheidend für die dynamische Polarisation. Der ESR-Hamiltonoperator läßt
sich ausdrücken als:
Ĥ = ĤZ + ĤS I
(6.3)
ĤZ besteht hierbei aus dem Zeeman- und dem Feinstrukturterm. Da die Feinstruktur auf der SpinBahn-Kopplung des Elektrons basiert, führt dies zu einer Verschiebung des g-Faktors vom g-Faktor des
freien Elektrons. Diese sehr kleine Anisotropie des g-Faktors ([Goe02] und [D+ 98])
∆g g⊥ − gk
=
' 10−3
g
ḡ
führt dazu, dass die ESR-Linie auch bei hohen Magnetfeldern von der HFS-Aufspaltung dominiert
wird. Die Halbwertsbreite ergibt sich zu ca. 120 MHz und ist nahezu Magnetfeld unabhängig. Entschei-
48
6.3 Bestimmung der Radikaldichte
5
4
Amplitude [V]
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
-5
315
320
325
330
335
340
345
Magnetfeld [mT]
˙ 2
Abbildung 6.4: Detailaufnahme des NH
˙ 2 Radikal ist der Hyperfeinstrukturterm ĤS I , welcher sich aus der klassischen Dipoldend beim NH
Dipol-Wechselwirkung und einer quantenmechanischen Kontaktwechselwirkung zusammensetzt. Da
deren Stärke von der Wellenfunktion am Ort des Kerns abhängig ist, ist sie schwer zu berechnen. Der
Dipolterm besitzt eine Winkelabhängigkeit (1 − 3 cos (θ)). Die Hyperfeinstruktur unterscheidet sich daher von Kristall zu Kristall, da nie eine identische Ausrichtung gewährleistet werden kann. Liegt eine
polykristaline Struktur vor, so sollte diese Winkelabhängigkeit verschwinden, da in diesem Fall über alle
Raumwinkel integriert werden muss. Zudem ist die Hyperfeinstruktur in diesem Fall verschmiert. Diese
Anisotropie hat jedoch keinen Einfluss auf die hier durchgeführten Messungen, da sie den Flächeninhalt
des Signals nicht wesentlich beeinflusst. Ist die Hyperfeinkonstante klein gegenüber dem Zeeman-Term,
so hängt ĤS I nur von der z-Komponente des Elektronenspins Ŝ und des Kernspins Iˆ ab. Es ergibt sich
also schlußendlich folgender Hamiltonoperator:
X
Ĥ = ĤZ + ĤS I = gµB BŜ +
aH Ŝ i IˆiH + aN Ŝ IˆN
(6.4)
i
Wobei sich die Hyperfeinkopplungskonstanten zu
aN
' 15 G und aH ' 23 G ergeben [D+ 98].
Als Referenzprobe wurde TEMPO dotiertes Butanol benutzt. Dies eignet sich recht gut, da das ESRSignal der Butanolprobe (zu sehen in Abbildung 6.5) einen änlichen Flächeninhalt aufweist, wie die der
Ammoniakprobe.
Durch die Gewichtsbestimmung nach 6.2, kann man die Radikaldichte des Ammoniak bestimmen.
49
Kapitel 6 Radikalbestimmung mit Hilfe von ESR-Messungen
8
6
Amplitude [V]
4
2
0
-2
-4
-6
-8
315
320
325
330
335
340
345
Magnetfeld [mT]
Abbildung 6.5: ESR-Aufnahme des TEMPO dotierten Butanol
Nutzt man hierzu eine Referenzprobe so ergibt sich nach [SP71]:
ρi =
AF (i) · m j g j S j (S j + 1) T i (∆Bi )2
·
·
·
· ρj
AF ( j) · mi gi S i (S i + 1) T j (∆B j )2
(6.5)
Mit:
• ρ Die Radikaldichte
• AF die berechnete Fläche des Signals
• m die bestimmte Masse der Probe
• gS (S + 1) der quadratische Betrag des magnetischen Dipolmoments
• T die Temperatur, bei der die Messung durchgeführt wurde
• ∆B der Bereich des Magnetfeldsweeps
In unserem Fall messen wir bei gleichem Magnetfeldsweep und gleicher Temperatur (T i = T j =
77 K). Auch ist die Fläche in unserem Fall nicht proportional zu gS (S + 1) sondern zu g. Da Eichprobe
und Ammoniak einen ähnlichen g-Faktor besitzen, vereinfacht sich die Gleichung zu:
ρNH3 =
AF (NH3 ) · mBut
· ρBut
AF (But) · mNH3
(6.6)
Das Gewicht der Butanolproben lässt sich gut auf einer Präzisionswaage bestimmen, da Butanol bei
Raumtemperatur nicht gasförmig ist. Hat man nach Aufnahme der ESR-Kurven die Fläche unter dem
Signal durch zweifache Integration und die Massen der einzelnen Proben bestimmt, errechnet sich die
50
6.3 Bestimmung der Radikaldichte
Bestrahlung
1
2
3
4
5
6
7
8
9
ρNH3 [·1019
4, 16
4, 08
4, 10
4, 16
4, 43
4, 16
4, 17
4, 48
4, 51
e−
g]
−
∆ρNH3 [ eg ]
Standartabweichung [%]
6, 67 · 1017
6, 215 · 1017
6, 34 · 1017
7, 368 · 1017
6, 92 · 1017
1, 77 · 1018
6, 03 · 1017
6, 41 · 1017
7, 368 · 1017
3, 40
1, 70
2, 26
5, 40
7, 13
6, 42
6, 49
2, 78
4, 83
Tabelle 6.2: Mittlere radikaldichte der einzelnen Bestrahlungen
Spindichte nach obiger Formel 6.6. Der Fehler wurde sowohl nach Gauß berechnet, als auch die Standardabweichung betrachtet. Insgesamt ergibt sich eine Mittlere Radikaldichte über alle Bestrahlungen
von
< ρNH3 >≈ (4, 24 ± 0, 2) · 1019
e−
g
Für jede Bestrahlung wurden mindestens 3 Ammoniakproben vermessen. Die Signale wurden numerisch integriert und der Flächeninhalt bestimmt. Die Ergebnisse werden in Tabelle 6.2 zusammengefasst. Es wurden auch Vergleichsmessungen an Ammoniak gemacht, welches 1995 schon für das
SMC-Experiment2 am CERN unter vergleichbaren Bedingungen bestrahlt wurde. Hierbei ergab sich
eine mittlere Radikaldichte von:
< ρ0 95 >≈ (3, 96 ± 0, 6) · 1019
e−
g
Demnach weisen beide Materialien eine ähnliche Radikaldichte auf. Wird berücksichtigt, dass beide Targetmaterialien unter ähnlichen Bedingungen bestrahlt wurden kann man davon ausgehen, dass
die herbeigeführten Radikale stabil sind, sofern das Material nicht die kritische Temperatur von 113 K
[Mey04] überschreitet. Es ergibt sich eine Standardabweichung von bis zu 7% der Radikaldichten innerhalb des Materials einer Bestrahlung. Hierbei ist zu beachten, dass die Ungenauigkeit der Masse
den größten Einfluss auf das Endergebnis hat. Beim Verladen der Probe kann nie vollständig verhindert werden, dass Feuchtigkeit, oder Sauerstoff an der Probe kondensiert. Bei früheren ESR-Messungen
wurde das Gewicht der Ammoniakproben unter Benutzung einer Prazesionswaage bestimmt. Hieraus
ergaben sich Abweichungen von bis zu 14%. Es konnte somit die Genauigkeit der Radikalbestimmung
verbessert werden.
2
The Spin Muon Collaboration
51
Kapitel 7
NMR-Messungen bei 1 K
Neben der Radikaldichte sind für den Prozess der dynamischen Polarisation Aufbau- und Relaxationszeiten von Interesse. Daher wurden in einem 4 He-Verdampferkryostat mittels NMR-Messungen Polarisationssignale bei 1 K und einem Magnetfeld der Stärke 2, 5 T aufgenommen. Im Wesentlichen wurden
Polarisationssignal und Theorie der Spinresonanz schon in Kapitel 3 behandelt, für eine genauere Betrachtung der NMR-Messtechnik wird auf [Kau10] verwiesen. Wie in Kapitel 1 erwähnt kann man die
wichtigen Komponenten in:
1. Targetmaterial,
2. Kryostat,
3. Magnet,
4. Mikrowellensystem
5. NMR
6. Überwachung/Auslese
unterteilen. Im Folgenden wird kurz auf die Elemente des Kryostaten eingegangen und die Ergebnisse
dieser Messungen dargestellt. Anschließend werden die gemessenen Polarisationen am COMPASSExperiment im Dilutionkryostaten dargelegt.
7.1 Aufbau des 4 He-Verdampferkryostaten
In Abbildung 7.1 ist ein Blockschaltbild eines Kryostaten dargestellt. Das Target befindet sich in der
Spitze des Kryostaten und wird von flüssigem Helium gekühlt. Mit Hilfe des Pumpstandes wird der
Druck über dem Heliumbad erniedrigt, wodurch die Temperatur des Bades bis auf 1 K gesenkt werden
kann. Ein supraleitender Solenoid erzeugt ein Magnetfeld, welches das Ammoniaktarget durchsetzt. Der
Mikrowellengenerator erzeugt Mikrowellen, die in den Kryostaten zum Target geleitet werden. Hierdurch wird es polarisiert. Mit Hilfe der NMR-Spule - welche sich im Targetbehälter befindet - und der
restlichen NMR-Apparatur wird die aufgebaute Polarisation gemessen. Im Kryostaten sind verschiedene Messwiderstände zur Temperaturmessung und Drucksensoren angebracht, welche zur Überwachung
der verschiedenen Betriebsparameter dienen.
53
Kapitel 7 NMR-Messungen bei 1 K
Pumpstand
Magnet
NMR
Spule
Mikrowellengenerator
B
Targetmaterial
Kryostat
MagnetStromversorgung
Überwachung
Pumpstand
Abbildung 7.1: Die grundlegenden Elemente des Verdampferkryostatsystems
7.1.1 Das Kryostatsystem
Für hohe Polarisationen von Festkörpertargets werden tiefe Temperaturen benötigt. Daher wurde für
diese Messung ein 4 HE-Verdampferkryostat eingesetzt, welcher das Targetmaterial auf ca. 1 K kühlt.
Der Kryostat wird mit flüssigem Helium betrieben, welches direkt zum Separator geleitet wird. Der
Separator dient dazu, die bis dahin entstandene Gasphase wieder herauszuführen. Dies geschieht über
einen Wärmetauscher um mit dem rückströhmenden Gas den obeneren Bereich des Kryostaten zu kühlen. Das flüssige Helium gelangt über weitere Wärmetauscher, oder über einen Bypass direkt in die
Cavity. Mit Hilfe des Pumpstandes wird das Helium abgepumpt und kühlt durch Expansion die Spitze
in der sich das Material befindet. Der Bypass dient dazu flüssiges Helium ohne Umwege in die Cavity zu leiten, denn erst wenn sich flüssiges Helium in der Cavity befindet werden hohe Kühlleistungen
erreicht. Ist dies einmal der Fall können der Fluss über den Bypass und den Wärmetauscher verringert
werden, bis sich ein stabiler Betrieb eingestellt.
7.1.2 Der Magnet und das Mikrowellensystem
Der hier eingesetzte 2, 5 T-Magnet besteht aus einem Heliumgekühlten supraleitenden Solenoid. Das
Feld am Targetort hat eine Homogenität von 10−6 T [Dut89]. Die Stabilität der Stromversorgung ist von
gleicher Qualität. Außerdem hat die Stromversorgung eine Quenchdetektion, welche ein Quenchen des
Magneten verhindern soll.
An das Mikrowellensystem werden ähnliche Anforderungen gestellt, wie an das Magnetfeld. Der
Aufbau ist in Abbildung 7.2 zu sehen. Im Mikrowellengenerator werden mit Hilfe einer Impatt-Diode
Mikrowellen mit einer Frequenz von 70 GHz erzeugt. Die Frequenz wird mit einem Frequenzzähler
gemessen und über ein Spannungsnetzteil stabilisiert, bzw. im Bereich von 69 − 71 GHz eingestellt.
Mit Hilfe des Abschwächers wird die Leistung der Mikrowelle reduziert, um die eingebrachte Wärme im Kryostaten zu minimieren. Durch den Schalters kann dann die Mikrowelle entweder in einen
Sumpf, oder in den Kryostaten geleitet werden. Die Mikrowellenleistung kann mit einem Abschwächer
54
7.2 Bestimmung der Polarisation und Relaxationszeiten
entsprechend eingestellt werden.
Frequenzzähler
Abschwächer
MikrowellenGenerator
Isolator
RichtFrequenzkoppler
Zähler
Sumpf
Schalter
Kryostat
Abbildung 7.2: Die grundlegenden Elemente des Mikrowellensystems [Kau10]
7.1.3 NMR-Messtechnik
Die Polarisationsmessung erfolgt durch eine in Bonn entwickelte NMR-Apparatur. Für eine genauere Beschreibung wird auf [Kau10] verwiesen. Das Targetmaterial ist mit einer Spule aus ein bis zwei
Wicklungen umgeben, welche Teil eines abstimmbaren Schwingkreises ist. Das durch die Spule in~ 1 schwingt mit der Lamorfrequenz der Kerne und steht senkrecht zum Magnetfeld des
duzierte Feld B
~ 1 bewirkt, daß einige Spins - proportional zur bestehenden Polarisation - umklappen
2, 5 T Magneten. B
(vgl. Kap. 3). Je nachdem ob positive, oder negative Polarisation besteht wird dem Hochfrequenzfeld
Energie entzogen, oder zugeführt. Dies führt zu einer Impendanzänderung des Schwingkreises und kann
gemessen werden. Durch eine phasensensitive Verstärkung wird das Dispersionssignal gefiltert, so dass
nur das Absorptionssignal gemessen wird. Die Fläche unter dem Absorptionssignal ist proportional zur
Polarisation, da diese proportional zur gesamten Energiedifferenz ist.
7.2 Bestimmung der Polarisation und Relaxationszeiten
Den Absolutbetrag der Polarisation gewinnt man aus dem Vergleich der Fläche des Signals mit demjenigen, welches im thermischen Gleichgewicht aufgenommen wurde. Der Polarisationsgrad des TE1 Signals kann bei bekannter Temperatur und Magnetfeld mit (2.7) oder (2.10) bestimmt werden. Demnach ergibt sich der Grad der dynamischen Polarisation zu:
Pdyn = PTE
Adyn
ATE
(7.1)
Die Signale werden mit einem Rechner aufgenommen und ausgewertet.
7.2.1 TE-Signal
Zunächst muss das TE-Singal im thermischen Gleichgewicht des Materials aufgenommen werden. Das
Target wird mit dem Kryostaten auf möglichst tiefe Temperaturen gebracht und das Polarisationssingal bei einem Magnetfeld von 2, 5 T aufgenommen, so dass die Resonanzfrequenz der Protonen dem
1
Thermal Equilibrium
55
Kapitel 7 NMR-Messungen bei 1 K
gewünschten Betrag von 106, 3 MHz entspricht. Die benötigte Stromstärke für den supraleitenden Solenoid beträgt hierbei 63, 11 A. Nach der typischen Relaxationszeit des Materials befindet sie sich im
thermischen Gleichgewicht und man erhält ein TE-Signal wie in Abbildung 7.3 zu sehen.
0.0005
0
Amplitude [V]
-0.0005
-0.001
-0.0015
-0.002
-0.0025
-0.003
-0.0035
-0.004
106
106.1
106.2
106.3
106.4
Frequenz [MHz]
106.5
106.6
Abbildung 7.3: NMR-Signal im thermischen Gleichgewicht (TE)
Es werden nun diverse TE-Signale mit einer Sweepzahl von 200 aufgezeichnet. Jeder Sweep stellt
eine Messung dar, welche anschliessend gemittelt werden, um das Signal zu Rausch Verältnis zu verbessern. Die Temperatur wird über einen Rubidium-Oxid-Widerstand bestimmt. Der gemessene Widerstand ist temperaturabhängig und kann anschliessend mit einer Eichkurve in eine Temperatur umgerechnet werden. Die Fläche des Signals wird direkt vom Messprogramm bestimmt. Hiermit ergibt sich
Tabelle 7.1. Die Signale wurden über einen Zeitraum von 1 h aufgenommmen.
R [Ω]
2246
2250
2258
2261
2262
2262
2263
2263
2263
2264
2265
T [K]
1,1013
1,0974
1,09
1,0872
1,0862
1,0862
1,0853
1,0853
1,0853
1,0844
1,0835
P[%]
0,232
0,233
0,235
0,235
0,235
0,235
0,236
0,236
0,236
0,236
0,236
FE
-0,178
-0,194
-0,198
-0,203
-0,201
-0,205
-0,203
-0,206
-0,204
-0,201
-0,204
FE
%
-0,767
-0,833
-0,844
-0,863
-0,854
-0,871
-0,862
-0,874
-0,866
-0,852
-0,864
Tabelle 7.1: Messdaten derr TE-Signale
Im Mittel ergeben sich 0, 85 ± 0, 019 Flächeneinheiten pro % Polarisation. Mit diesem Wert werden
die nachfolgenden Polarisationswerte berechnet.
56
7.2 Bestimmung der Polarisation und Relaxationszeiten
7.2.2 Frequenzabhängigkeit der Maximalpolarisation
Um die optimalen Frequenzen für positive und negative Polarisation zu bestimmen wurde die Polarisation in Abhängigkeit der Frequenz vermessen. Hierzu wurde über ein bestimmten Zeitraum polarisiert
und die erreichte Polarisation gemessen. Zu Beginn wird mit einer Mikrowellenfrequenz von 69, 8 GHz
eingestrahlt. Es wird so lange polarisiert, bis die Polarisation sich nur noch wenig verändert. Anschließend wird die Mikrowellenfrequenz bis hin zu 70, 225 GHz erhöht. Die Ergebnisse wurden in Abbildung
7.4 zusammengefasst.
8
6
Polarisation [%]
4
2
0
-2
-4
-6
69.75 69.8 69.85 69.9 69.95 70 70.05 70.1 70.15 70.2 70.25
Frequenz [GHz]
Abbildung 7.4: Polarisation in Abhängigkeit der eingestrahlten Mikrowellenfrequenz
Als optimale Frequenzen zur Polarisation dieses Ammoniaktargets ergeben sich:
νP+ = 69, 9 GHz
νP− = 70, 175 GHz
7.2.3 Polarisationsmessungen
Es werden nun die Mikrowellen mit einer Frequenz von 69, 9 GHz in den Kryostaten geleitet. Dies
entspricht in etwa der Elektronen-Larmor-Frequenz, welche für die dynamische Polarisation geringfügig erniedrigt werden muss um eine positive Polarisation zu erreichen. Dabei ist zu beachten, dass bei
höherer Besetzung der energetisch günstigen Niveaus eine positive Polarisation definiert wird. Bei resonanter Einstrahlung wird dem NMR-Schwingkreis nun Energie entzogen, wodurch die Signalamplitude
negativ ist. Entsprechend liegt bei einer negativen Polarisation ein positives Signal vor.
Die Polarisation wurde im Abstand von 15 s über einen Zeitraum von 10 min mit 50 Sweeps gemessen. Es ergibt sich eine maximale Polarisation von bis zu 8, 7%. Das Signal für maximale positive
Polarisation ist in Abbildung 7.5 zu sehen.
57
Kapitel 7 NMR-Messungen bei 1 K
0.02
0
Amplitude [V]
-0.02
-0.04
-0.06
-0.08
-0.1
-0.12
-0.14
106
106.1
106.2
106.3
106.4
Frequenz [MHz]
106.5
106.6
Abbildung 7.5: NMR-Signal bei einer Polarisation von 8, 7%
Anschliessend werden die Mikrowellen abgeschaltet und die Polarisation über einen Zeitraum von
15 min alle 15 s gemessen. Abbildung 7.6 zeigt sowohl die Polarisationsaufbau-, als auch die Relaxationskurve mit ihrem jeweiligen Exponentiellen Fit. Als Aufbau- und Relaxationszeit wurde bestimmt:
τ+auf = 3, 01 ± 0, 06 min
τ+rel = 5, 5 ± 0, 13 min
9
8
Polarisation [%]
7
6
5
4
3
2
1
0
0
5
10
15
20
25
Zeit [min]
Abbildung 7.6: Polarisationsaufbau- und Relaxationskurve für positive Polarisation
Mit einer Frequenz von 70, 175 GHz wurde dieser Vorgang für negative Polarisation wiederhohlt. Die
Polarisation sollte sich also umkehren. Es stellt sich eine Maximalpolarisation von 6, 5% ein. Die gerin-
58
7.2 Bestimmung der Polarisation und Relaxationszeiten
gere Maximalpolarisation für negative Polarisation lässt sich dadurch erklären, dass die Impatt-Diode ihren optimalen Arbeitspunkt unterhalb einer Frequenz von 70 GHz hat. Daher wird in Richtung negativer
Polarisation mit weniger Leistung polarisiert. Das Signal wird in Abbildung 7.7, Polarisationsaufbauund Relaxationskurve für negative Polarisation in Abb. 7.8 dargestellt. Es ergibt sich:
τ−auf = 3, 08 ± 0, 09 min
τ−rel = 5, 05 ± 0, 07 min
0.12
0.1
Amplitude [V]
0.08
0.06
0.04
0.02
0
-0.02
106
106.1
106.2
106.3
106.4
Frequenz [MHz]
106.5
106.6
Abbildung 7.7: NMR-Signal bei einer Polarisation von −6, 5%
1
0
Polarisation [%]
-1
-2
-3
-4
-5
-6
-7
0
5
10
15
20
25
Zeit [min]
Abbildung 7.8: Polarisationsaufbau- und Relaxationskurve für negative Polarisation
59
Kapitel 7 NMR-Messungen bei 1 K
Der Vergleich mit den Relaxationszeiten des Ammoniak - welches 1995 für die SMC bestrahlt wurde
(τrel = 35 min) - zeigen, dass das neue Material deutlich kürzere Aufbau und Relaxationszeiten aufweist
und somit in kürzerer Zeit hohe Polarisationen erzielt werden können.
0.05
0.3
0
0.25
-0.05
0.2
Amplitude [AU]
Amplitude [AU]
7.3 Polarisation am COMPASS
-0.1
-0.15
0.15
0.1
-0.2
0.05
-0.25
0
-0.3
106.1
106.2
106.3
106.4 106.5
Frequenz [MHz]
106.6
106.7
106.8
Abbildung 7.9: NMR-Signal positiver Polarisation
-0.05
106.1
106.2
106.3
106.4 106.5
Frequenz [MHz]
106.6
106.7
106.8
Abbildung 7.10: NMR-Signal negativer Polarisation
Das Targetmaterial wurde am COMPASS-Experiment erfolgreich in den Dilutionkryostaten eingesetzt und polarisiert. Mit dem am COMPASS vorhandenen Setup wurde bei einer Temperatur von ca.
200 mK und einem Magnetfeld von 2, 5 T - welches mit einem supraleitenden Solenoid aufgebaut wird
- polarisiert. Der Targetbehälter besteht aus drei Zellen, die mit insgesamt 10 NMR Spulen vermessen werden. Eine genauere Beschreibung des Kryostaten an COMPASS findet sich in [D+ 04]. Für jede
Zelle wird dann die Polarisation gemittelt. Die beiden äußeren Zellen werden in die selbe Richtung
Polarisiert, die mittlere in die Entgegengesetzte. Dies geschieht durch zwei voneinander unabhängige
Mikrowellensysteme. In Abbildung 7.9 und 7.10 sind zwei NMR-Signale zu sehen, einmal für positive
einmal für negative Polarisation. Die in Kapitel 3.6.1 beschriebene Asymmetrie bei hohen Polarisationen (Peakshift) ist deutlich erkennbar. Die mittlere Polarisation der verschiedenen Targetzellen wurde
bestimmt zu:
• vordere Zelle: |P| ' 93%
• mittlere Zelle: |P| ' 90%
• hintere Zelle: |P| ' 94%
Die Richtung der Polarisation wird geändert, indem das Feld des supraleitenden Solenoid gedreht
wird. Aufgrund des Dilutionprinzips ist es möglich niedrigere Temperaturen als mit einem Verdampferkryostaten zu erreichen. Es werden Temperaturen bis zu 50 mK erreicht, wodurch eine deutlich höhere
Polarisation als in einem Verdampferkryostaten möglich wird. Eine genaue Beschreibung des Dilutionprinzips findet sich in [Lon51].
60
7.3 Polarisation am COMPASS
Abbildung 7.11: Polarisation des Ammoniak-Targets am COMPASS[Ber11]
In Abbildung 7.11 ist der Polarisationsverlauf des hergestellten Targetmaterials zu sehen. Es ist zu
bemerken, dass eine höhere Polarisation erreicht wurde als zuletzt mit dem 1995 bestrahlten Ammoniak, welches 2010 Spitzenpolarisationen von ca. 80% erreichte. Beide Materialien wurden im selben
Kryostaten polarisiert. Die Figure of Merrit klassifiziert ein Targetmaterial nach den benötigten Eigenschaften für teilchenphysikalische Experimente und -ist definiert als:
1
∝ FOMsolid Target = ρ · κ · P2T · f 2
tMess
(7.2)
Hierbei ist:
• ρ = 0, 863
g
cm3
die Dichte des Materials
• κ = 0, 58 der Füllfaktor
• PT die Targetpolarisation
• f = 0, 176 der Dilutionfaktor des Targetmaterials
Es wurde nicht nur Messzeit durch die kurzen Aufbauzeiten des Targets gewonnen, sondern aufgrund
der höheren Polarisation und der Relation tMess ∝ P2T verkürzt sich die Messzeit, die für eine aussagekräftige Statistik benötigt wird.
61
Kapitel 8
Neubau des Wärmetauschers
Abbildung 8.2: Innerer Aufbau des Wärmetauschers
Abbildung 8.1: Konstruktionsansicht des Wärmetauschers
Abbildung 8.3: Schnitt durch den Wärmetauscher
63
Kapitel 8 Neubau des Wärmetauschers
Nachdem eine ausreichende Menge an Ammoniak für das COMPASS-Experiment bestrahlt wurde, zeigte sich ein Kälteleck in der Bestrahlungsapparatur. Dieses Leck konnte nicht genau lokalisiert
werden. Zusätzlich ist ein solches Kälteleck schwer zu verschließen, so dass ein Neubau der Wärmetauschereinheit erforderlich wurde. Dabei wurden zwei Änderungen vorgenommen:
1. Die Wandstärke der Kupferrohre im Wärmetauscher wurde von 1 mm auf 0, 75 mm reduziert.
2. Der Vorratsbehälter für das flüssige Argon wurde mit einem Flansch befestigt.
Ersteres führt zu einem besseren Wärmefluss durch die Kupferwandung des Wärmetauschers. Die
Wärmeleitung durch die Wandung berechnet sich zu [HKZ04]:
A
)∆T
(8.1)
d
Hierbei ist λ die Wärmeleitfähigkeit der Kupferrohre, A die Austauschfläche des Kupferrohres, d die
Wandstärke und ∆T die Temperaturdifferenz zwischen innerem und äußerem Bereich. Der Faktor 22
ergibt sich aus der Tatsache, dass der Wärmetauscher aus einem Bündel von 22 Rohren besteht. Die
Wandstärke d wurde nun auf 34 der Wandstärke des alten Wärmetauschers reduziert. Wird dies in Gl.
8.1 eingesetzt so erhöht sich der Wärmedurchgang durch die Wandung des Wärmetauschers um einen
Faktor 43 . Daher kann die eingebrachte Wärme schneller abgeführt werden, was eine höhere Verflüssigungsrate zur Folge hat. Dies führt zu einer kleineren Zeitkonstante des Systems, wodurch es schneller
auf äußere Einflüsse reagieren kann.
Pdurchgang = λ(22 ·
Die zweite Änderung sorgt für einen besseren Zugang zum Inneren des Wärmetauschers. Hierdurch
wird es einfacher ihn zu reinigen oder eine Leckage zu schließen. Der Betrieb während der Bestrahlung bleibt unverändert. In Abbildung 8.1, 8.2 und 8.3 ist eine Gesamtansicht, der innere Bereich und
ein Schnitt der Wärmetauschereinheit zu sehen. Der Bestrahlungskryostat wird mit ∼ 3, 3 L flüssigem
kJ
Argon betrieben. Diese Menge Argon hat (mit ρAr flüssig = 1, 3940 kg
L und qAr = 160, 8 kg [HW95]) eine
Verdampfungswärme von:
QDampf = ρ · VAr · qAr
(8.2)
∼ 749 kJ
Beim Verflüssigen muss also diese und die Wärmemenge abgeführt werden, welche einer Kühlung
von Raumtemperatur auf 87, 3 K entspricht:
Q87,3 K = m · c p · ∆T
∼ 562 kJ
64
(8.3)
Die höchste Kühlleistung wird während dem Verflüssigen des Argons benötigt. Es wurde ein mittlerer Füllstand von 9 cm während diesem Vorgang festgestellt. Die Wärmeübertragung eines Systems,
welches aus zwei Medien und einer Trennwand besteht errechnet sich zu:
P = k · (22 · A) · ∆T
(8.4)
wobei A die Kontaktfläche, ∆T die Temperaturdifferenz zwischen den Außenflächen der Trennwand
und
k=
1
1
αN
+
d
λ
+
1
αAr
(8.5)
den Wärmedurchgangskoeffizient des Systems darstellt. d und λ sind wiederum Wandstärke und Wärmeleitfähigkeit des Kupfers und αi die Wärmeübergangskoeffizienten für Stickstoff und Argon an Kupfer [HKZ04]. Der Faktor 22 ergibt sich durch die Anzahl der Rohre. Für den Vorgang der Verflüssigung
sind bis auf die Parameter αi alle Größen des alten Wärmetauschers bekannt. Das Argon wurde innerhalb von t = 20 min verflüssigt, es ergibt sich daher eine benötigte Kühlleistung von:
PVerflüssigung =
QDampf + Q87,3 K
' 1, 09kW
t
W
, A = 0, 005 m2 - die Fläche ergibt sich durch die Füllhöhe und den
Mit d = 1 mm, λ = 380 m·K
Rohrradius von r = 18 mm - und der Temperaturdifferenz zwischen Stickstoffbad und Argon von
∆T = 223 K ergibt sich mit Gl. 8.4 und Einsetzen von k eine Abschätzung der gesuchten Größe zu:
P=
⇒
(22 · A) · ∆T
1
αN
+
d
λ
+
1
αAr
1
(22 · A) · ∆T d
W
1
+
=
− ' 43, 7 2
αN αAr
P
λ
m K
(8.6)
Diese Abschätzung können wir nun verwenden um die maximale Kühlleistung des neuen Wärmetauschers zu berechnen. Demnach ergibt sich mit einem maximalen Füllstand von h = 380 mm, der neuen
Wandstärke von d = 0, 75 mm und sonst gleichbleibenden Parametern eine Leistung von:
P ' 4, 6 kW
Wobei Gl. 8.4 verwendet wurde. Bei dieser Rechnung wurde angenommen, dass sich die Koeffizienten αi nicht ändern. Es ergibt sich eine Ungenauigkeit, da es sich um bauteilabhängige Größen handelt.
Da bis auf die Änderung der Wandstärke der alte Aufbau übernommen wurde, kann man die Unsicherheit dieser Parameter für eine Abschätzung der Kühlleistung vernachlässigt werden. Diese Rechnung
soll darlegen, dass der Wärmetauscher ausreichend dimensioniert wurde. Er hat mehr als die vierfach
benötige Kühlleistung und damit ist diese ausreichend für die Anwendung. Bisher wurden Verluste und
Grundlast des Kryostaten vernachlässigt. Dies liegt daran, das der Füllstand des Stickstoffbehälters im
Gleichgewichtszustand - Argon wird rückverflüssigt, keine Strahllast - nur etwa 1 bis 3 mm beträgt und
vernachlässigt werden kann. Auch die Strahllast von Pe− = 300 W ist geringer als die benötigte Kühlleistung zur Verflüssigung und kann problemlos bewältigt werden. Pe− lässt sich leicht berechnen, wenn
man eine Pulsladung von 300 nC bei 50 Hz annimmt.
65
Kapitel 9
Zusammenfassung
Um die Aufbauzeiten der dynamischen Polarisation am COMPASS-Experiment zu verbessern, wurde
ein neues Targetmaterial hergestellt. Hierzu wurde Ammoniak aufgrund seiner hohen Protonenpolarisationen und seines Dilutionfaktors ausgesucht.
Es wurden ca. 1, 5 L Ammoniak mit einem Verfahren verfestigt, welches Stickstoffeinschlüsse verhindert, so dass ein optimaler Füllfaktor erzielt werden kann. Das Material wurde erfolgreich bestrahlt
und Mittels ESR-Messungen wurde eine mittlere Radikaldichte von:
ρNH3 ≈ (4, 24 ± 0, 2) · 1019
e−
g
bestimmt. Als Eichprobe wurde TEMPO dotiertes Butanol verwendet, da die Radikaldichte wohl
bekannt ist. Die erzeugte Radikaldichte im Ammoniak ist mehr als ausreichend für den Prozess der dynamischen Polarisation. Mittels Massenbestimmung über das Gasvolumen konnte die Gewichtsbestimmung der Ammoniakkristalle verbessert werden, wodurch eine höhere Genauigkeit bei der Bestimmung
der Radikaldichte erzielt werden konnte. Vergleiche mit alten Proben aus der SMC ließen darauf schlie˙ 2 -Radikale über einen sehr langen Zeitraum
ßen, dass die durch die Bestrahlung herbeigeführten NH
stabil sind.
Das Material wurde in einem 4 HE-Verdampferkryostaten bei einem Magnetfeld von 2, 5 T und einer Temperatur von ca. 1 K polarisiert. Zunächst wurden die optimalen Mikrowellenfrequenzen von
69, 9 GHz für positive Polarisation und 70, 175 GHz für negative Polarisation bestimmt um möglichst hohe Polarisationen zu erreichen. Anschließend wurden Aufbau- und Relaxationszeiten zu τ+auf =
3, 01 min und τ+rel = 5, 5 min bzw. τ−auf = 3, 08 min und τ−rel = 5, 05 min bestimmt, welche geringer als
beim Material aus der SMC sind. Daher können mit dem neuen Targetmaterial schneller hohe Polarisationen erreicht werden.
Das Material wurde erfolgreich in den Dilutionkryostaten am COMPASS-Experiment eingesetzt und
erzielte dort bei einer Temperatur von 200 mK und einem Magnetfeld von 2, 5 T Polarisationen von:
• vordere Zelle: |P| ' 93%
• mittlere Zelle: |P| ' 90%
• hintere Zelle: |P| ' 94%
Diese Werte sind deutlich höher als Polarisationswerte, die 2010 mit dem SMC-Material erzielt werden konnten und sorgen aufgrund der „Figure of Merrit“ dafür, dass die für eine aussagekräftige Statistik
benötigte Messzeit reduziert werden konnte.
67
Kapitel 9 Zusammenfassung
Aufgrund eines Kältelecks wurde es nötig den Wärmetauscher des Bestrahlungskryostaten neu zu
konstruieren. Hierbei wurden zwei wesentliche Änderungen vorgenommen:
1. Die Wandstärke der Kupferrohre im Wärmetauscher wurde reduziert.
2. Der Vorratsbehälter für das flüssige Argon wurde mit einem Flansch befestigt.
Ersteres verbessert die Verflüssigungsrate des Wärmetauschers. Die zweite Änderung vereinfacht den
Zugang zum Wärmetauscher und die Wartung.
68
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70
Abbildungsverzeichnis
1.1
Die grundlegenden Elemente eines Kryostatsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1
2.2
2.3
2.4
Besetzung der Zeeman-Niveaus eines Spin- 12 -Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gekoppeltes Elektronen-Protonen-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Übergänge im Elektron-Proton-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Linienbreite der Elektronenspinresonanz und Polarisationsverlauf beim Differential-SolidState-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schematische Darstellung der Übergänge eines Spin-1-Systems . . . . . . . . . . . .
Linienbreite der Elektronenspinresonanz und Polarisationsverlauf beim Differential-SolidState-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Energiebänder der Elektronen im thermischen Gleichgewicht (a) und nach der Einstrahlung von Mikrowellen (b und c) [Kau10] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Spin-Systeme gleicher Polarisation (T Ze = const), aber mit unterschiedlicher Spin-SpinWechselwirkungsenergien (T S S , const) [Kau10] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
14
14
Schema des ESR-Aufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schema des NMR-Aufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Niveau-Schema eines Spin- 12 -Systems im thermischen Gleichgewicht. Der Pfeil symbolisiert einen durch Radiowellen induzierten Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . .
Absoprtiver und dispersiver Anteil des Signals in Abhängigkeit der Frequenzdifferenz .
Lage der Transversalmagnetisierung im rotierenden Bezugssystem in Abhängigkeit der
Frequenz des Wechselfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Proton NMR-Signale. links: Experimentell gemessenes NMR-Signal bei ±20%, ±40%,
±60%, ±80% und ±90% Polarisation, rechts: Theoretisch berechnetes NMR-Signal des
Protons [B+ 97] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Aufspaltung der Zeeman-Niveaus bei Dipol-Dipol-Kopplung der drei Protonen eines
Ammoniakmoleküls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
19
2.5
2.6
2.7
2.8
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
.
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9
15
16
16
17
18
20
24
25
28
29
4.1
4.2
4.3
4.4
Zweidimensionale Darstellung von Ammoniak . . . . .
Einheitszelle des Ammoniakkristalls . . . . . . . . . . .
Nächste Nachbarn eines Ammoniakmoleküls im Kristall
Strahlschäden in Butanol und Ammoniak [Mey04] . . .
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31
32
33
35
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
Schematische Aufbau zur Verfestigung des NH3 . . . . . . . .
Schematische Darstellung des Bestrahlungskryostaten . . . . .
Beschaltung des Kryostaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Probebehälter[B+ 97] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
verschiedene Wedelprofile für die Strahlführung des LINACS .
Bestrahlungsprofil, aufgenommen mit Trovidurfolie . . . . . .
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37
39
39
40
41
41
71
Abbildungsverzeichnis
72
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
Blockschaltbild des ESR-Sketrometers . . . . . . . . . . . .
Schematischer Aufbau zur Ammoniak-Gewichtsbestimmung
Übersichtsaufnahme eines Ammoniakkristalls . . . . . . . .
˙ 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Detailaufnahme des NH
ESR-Aufnahme des TEMPO dotierten Butanol . . . . . . .
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44
46
48
49
50
7.1
7.2
7.3
7.4
7.5
7.6
7.7
7.8
7.9
7.10
7.11
Die grundlegenden Elemente des Verdampferkryostatsystems . . . . .
Die grundlegenden Elemente des Mikrowellensystems [Kau10] . . . .
NMR-Signal im thermischen Gleichgewicht (TE) . . . . . . . . . . .
Polarisation in Abhängigkeit der eingestrahlten Mikrowellenfrequenz
NMR-Signal bei einer Polarisation von 8, 7% . . . . . . . . . . . . .
Polarisationsaufbau- und Relaxationskurve für positive Polarisation .
NMR-Signal bei einer Polarisation von −6, 5% . . . . . . . . . . . .
Polarisationsaufbau- und Relaxationskurve für negative Polarisation .
NMR-Signal positiver Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
NMR-Signal negativer Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Polarisation des Ammoniak-Targets am COMPASS[Ber11] . . . . . .
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54
55
56
57
58
58
59
59
60
60
61
8.1
8.2
8.3
Konstruktionsansicht des Wärmetauschers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Innerer Aufbau des Wärmetauschers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schnitt durch den Wärmetauscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
63
63
Tabellenverzeichnis
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
Physikalische Eigenschaften von Ammoniak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dichte von NH3 bei verschiedenen Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bindungspartner im Ammoniak-Einkristall, unterteilt nach den auftretenden Winkeln
Abstände und Winkel der Einheitszelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Polarisationswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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32
32
33
34
34
6.1
6.2
Gewicht der NH3 -Bestrahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Mittlere radikaldichte der einzelnen Bestrahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
51
7.1
Messdaten derr TE-Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
73
Danksagung
Dieses Kapitel ist all denjenigen gewidmet, die mich während meines Studiums begleitet und unterstützt
haben.
Zunächst möchte ich mich bei Priv.-Doz. Dr. Stefan Goertz für die Ermöglichung dieser Arbeit und
die fachliche Unterstützung bedanken.
Ebenso gilt mein Dank Dr. Hartmut Dutz für seine Betreuung und Unterstüzung während der gesamten Arbeit, sowie für das Korrekturlesen
Prof. Dr. Friedrich Klein danke ich für die Zusage zur Zweitkorrektur dieser Arbeit.
Weiterhin danke ich der gesamten Crew der Bonner PT-Arbeitsgruppe für die Unterstützung während meiner Diplomzeit. Thomas Ludwig danke ich für die Hilfe bei der Inbetriebnahme des 4 HeVerdampferkryostaten. Ebenso gilt mein Dank Toni Hanfland für die stetige Versorgung mit flüssigem
Helium.
Mein Dank gilt Prof. Dr. Werner Meyer und der Crew des Bochumer PT für die Unterstützung während der Bestrahlungen, die mir einige Nachtschichten erspart hat. Besonders Sonja Kunkel danke ich
für die Verfestigung des Targetmaterials.
Ein herzliches Danke schön geht an meine Verlobte Marie-Christine und meine Eltern, die mich immer unterstützten und für mich da waren, wenn ich sie brauchte.
Vielen Dank!
75
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