Ende der Devisenbeschränkungen in Südafrika – alles gut

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Economic Research
Allianz Group
Dresdner Bank
Working Paper
Nr.: 29, 03. Januar 2005
Autor:
Dr. Ingrid Angermann
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Ende der Devisenbeschränkungen in Südafrika – alles gut?
Südafrika steht unter einem guten Stern. Die Wirtschaft befindet sich im Aufschwung, die
Währung ist auf einem Fünfjahreshoch, das Vertrauen der Investoren nimmt zu und das
Land steht kurz vor dem Ende der Devisenkontrollen, die noch ein Relikt aus der Zeit der
Apartheid darstellen.
Abbau von Devisenbeschränkungen
Die Regierung hat bereits im Oktober 2004 die Gunst der Stunde genutzt und zunächst die
Devisenkontrollen für Unternehmensinvestitionen aufgehoben. Damit sind z.B. nun
Direktinvestitionen für südafrikanische Firmen im Ausland unbegrenzt möglich, auch
Dividenden müssen nicht mehr repatriiert werden. Für Privatpersonen wurden die
Bestimmungen erst begrenzt gelockert. Sie dürfen in Johannesburg notierte Auslandsaktien
zwar unbeschränkt erwerben, die Grenzen für Kapitaltransfers ins Ausland (umgerechnet
knapp 100.000 Euro) bleiben jedoch vorerst bestehen. Es ist zu erwarten, dass die
Regierung die verbliebenen Restriktionen für Privatpersonen im Frühjahr 2005, nach dem
Ende der Steueramnestie für vormals nicht deklarierte Auslandsguthaben, ebenfalls aufhebt.
Ausländische Direktinvestitionen erforderlich
Der Abbau der Devisenkontrollen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das Land ist auf
Kapitalzufuhr von außen angewiesen und dürfte generell von Deregulierungen profitieren. In
Zeiten eines starken Wirtschaftswachstums gerät die Leistungsbilanz nämlich schnell ins
Defizit. Dies gilt auch für die gegenwärtige Wirtschaftslage. Im Jahr 2004 sollte das reale
Bruttoinlandsprodukt um fast 3,5 % zulegt haben. Hinzu kommt der starke Rand, was einen
wahren Importboom ausgelöst hat. Dass der Anstieg des Leistungsbilanzdefizits mit ca.
1
2,5 % des BIP dennoch moderat ausfiel, ist auf das starke Exportwachstum bei den
Edelmetallen
zurückzuführen.
Als
weltgrößter
Platinexporteur
und
bedeutender
Goldproduzent profitiert das Land von der Edelmetallhausse und den damit einhergehenden
hohen Preisen.
Südafrika: Wirtschaftswachstum und Leistungsbilanz
8,0
Reales BIP in %, ggü. Vj.
Leistungsbilanzsaldo in % des BIP
6,0
4,0
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-2,0
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s
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2
19
8
19
8
0
-6,0
Quelle: Institute of International Finance (iif)
Auf der Finanzierungsseite fehlte es Südafrika bisher an substanziellen Nettozuflüssen
ausländischer Direktinvestitionen. Im Vergleich zu anderen Schwellenländern liegt Südafrika
auf einem der hinteren Plätze. Dem stehen allerdings hohe Portfolioinvestitionen
internationaler Investoren am liquiden südafrikanischen Aktien- und Rentenmarkt gegenüber.
Hierbei handelt es sich jedoch zu einem großen Teil um kurzfristig abziehbares Kapital, was
in unsicheren Zeiten auch sehr schnell wieder das Land verlassen kann. Welche
Turbulenzen damit einhergehen können, hat Südafrika zuletzt im Jahr 2001 während des
starken Kursrutsches beim Rand schmerzlich zu spüren bekommen.
2
Südafrika: Ausländische Direktinvestitionen und Portofolioinvestitionen (in Mrd. USD)
15,0
10,0
Ausländische Direktinvestitionen (netto)
Ausländische Portfolioinvestitionen (netto)
5,0
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19
91
-10,0
Quelle: International Financial Statistics¸ IMF
Südafrika benötigt die Kapitalzuflüsse aber auch, um das Wachstumspotenzial zu steigern.
Die bisherigen Wachstumsraten reichen nicht aus, um die hohe Arbeitslosigkeit abzubauen.
Die Schätzungen für die Arbeitslosenquote reichen von 25 – 40 %, wobei vor allem die
schwarze Bevölkerung betroffen ist. Um ausreichend Beschäftigung zu schaffen, müsste die
Wirtschaft jährlich sogar um 4 – 5 % wachsen, was gleichzeitig eine Belastung über höhere
Importe für die Leistungsbilanz bedeuten würde. Voraussetzung für mehr Investitionen wäre
ein entsprechend höheres Kapitalangebot. Die gesamtwirtschaftliche Sparquote ist mit rund
16 %
jedenfalls
nicht
ausreichend
und
die
ausländischen
Investoren
waren
mit
Direktinvestitionen bisher zurückhaltend. Die Regierung versucht daher seit einigen Jahren
mit zusätzlichen öffentlichen Investitionsmaßnahmen einzuspringen, bislang jedoch mit
bescheidenem Erfolg.
Kann Südafrika jetzt mehr Kapital anziehen?
Es stellt sich nun die Frage, ob die Regierung den Weg für langfristige Kapitalzuflüsse mit
dem Abbau der Devisenkontrollen tatsächlich ebnen kann. Die Devisenkontrollen bestanden
nämlich nur für Inländer. Eine Abschaffung der Devisenbeschränkungen würde damit
zunächst auf vermehrte Kapitalexporte hinauslaufen. So profitieren die inländischen
Konzerne von der Lockerung der Beschränkungen, die ihnen eine verstärkte Diversifikation
ermöglicht. Beispielsweise können die großen Minengesellschaften unrentable inländische
Minen stilllegen und dafür in den Nachbarländern investieren. Dies ist derzeit von
besonderer Relevanz, da die Edelmetallpreise zwar rasant gestiegen sind, doch der
gleichzeitige Höhenflug des Rand die damit verbundenen Gewinne weitgehend aufgezehrt
3
hat. Von allein entstehen also erst einmal gar keine Kapitalzuflüsse, sondern eher mit
Standortverlagerungen verbundene Kapitalabflüsse. Aber allein die Möglichkeit, in Zukunft
das eigene Kapital ungehindert ins Ausland bringen zu können, kann Investoren dazu
bewegen, im Inland zu investieren.
Investitionsumfeld beleuchten
Um vermehrte Kapitalzuflüsse zu erreichen, muss allerdings auch das Investitionsumfeld
stimmen. Direktinvestitionen werden oft in exportorientierten Branchen getätigt. Als
Sprungbrett für Exporte in die Nachbarländer eignet sich Südafrika jedoch wenig. Das
Bruttoinlandsprodukt
der
umliegenden
Länder
ist
gering
und
zudem
sind
die
Zukunftsaussichten wie beispielsweise im Falle von Simbabwe mit Fragezeichen behaftet.
Die südafrikanischen Exportmärkte liegen hauptsächlich in Europa und den USA. In diesem
Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass für Exporteure immer noch die
Verpflichtung besteht, die erwirtschafteten Devisen innerhalb von sechs Monaten in lokale
Währung zu tauschen. Konsequenterweise muß die Regierung auch solche Regularien
abbauen.
AIDS
Daneben stellt die hohe AIDS-Rate eine Belastung für das Investitionsklima dar. Die
Schätzungen für die Infektionsrate unter den Erwachsenen liegen zwischen 15 und 20 %. Da
von HIV-Infektionen vor allem die nicht-qualifizierten Arbeiter betroffen sind, fallen zunächst
kaum Mehrkosten für zusätzliche Ausbildung an. Nur im Bereich der angelernten Arbeit ist
mit zusätzlichen Ausbildungskosten zu rechnen. Südafrika will allerdings den niedrigen
Ausbildungsstand der schwarzen Bevölkerung verbessern, doch bedingt durch AIDS ist die
Ausfallquote bei den Ausbildungsmaßnahmen hoch. Darüber hinaus entstehen den
Unternehmen Produktionseinbußen durch Krankheitsausfälle. Neben den wirtschaftlichen
Kosten sind die sozialen Kosten (Ansteckungsgefahr) nicht zu vernachlässigen. Zur
Verbesserung des Investitionsumfelds müsste die Regierung folglich die Ausbreitung von
AIDS stärker bekämpfen.
Kriminalität
Die
bisherige
zurückzuführen.
Zurückhaltung
Die
von
Ursachen
Investoren
der
ist
Kriminalität
auch
liegen
auf
die
u.a.
hohe
in
den
Kriminalität
enormen
Vermögensunterschieden und in der hohen Arbeitslosigkeit unter der schwarzen
Bevölkerung, die gleichzeitig einen niedrigen Ausbildungsstand aufweist.
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Transformation nach der Apartheid
Für Südafrika spricht hingegen, dass die Transformation nach dem Ende der Apartheid
angesichts der Herausforderung gut verlaufen ist. Mit „Black empowerment“, was auf eine
administrative Bevorzugung schwarzer Arbeitskräfte hinausläuft, begeht die Regierung nun
eine riskante Gratwanderung: Einerseits kann dies einer optimalen Besetzung von
Arbeitsstellen zuwider laufen und damit das Produktivitätswachstum verlangsamen,
andererseits will man hierdurch die soziale Spannung zwischen Weiß und Schwarz abbauen,
wovon sowohl die politische Stabilität als auch das Investitionsklima profitieren können.
Privatisierungspotenzial
Möglichkeiten für Direktinvestitionen bieten unter anderem Privatisierungen, eine Strategie,
die vor allem osteuropäische Länder erfolgreich umsetzten. Auch in Südafrika ist das
Potenzial für Privatisierungen grundsätzlich vorhanden, z.B. im Versorgungssektor. Doch die
Regierung
ist
hier
bisher
zurückhaltend,
da
sie
auch
die
breiten
unteren
Einkommensschichten günstig versorgen will.
Fortschritt bei der Preisstabilität
Fortschritte sind in letzter Zeit vor allem im monetären Bereich zu verzeichnen. Während die
jährliche Inflationsrate im Jahr 2002 noch in der Spitze 13 % erreichte, ist sie seither
zurückgegangen und lag im November 2004 bei 3,7 % gegenüber Vorjahr. Zur
Preisstabilisierung hat insbesondere der Höhenflug des Rand beigetragen.
Südafrika: Preisentwicklung
%, ggü. Vj.
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Ja
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Ja
n
Ja
n
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0
Quelle: Ecowin
Wechselkurs
Zu einem attraktiven Investitionsumfeld gehört auch eine stabile Währung. Gerade in
früheren Jahren hatte die Volatilität des Wechselkurses den Zufluss an Direktinvestitionen
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beeinträchtigt. Anfang 2004 hat die Notenbank ihre offenen Nettodevisenpositionen, die in
früheren Jahren eine Angriffsfläche für Randspekulationen boten, endlich geschlossen. Die
Zentralbank betreibt seither einen zügigen Aufbau der Devisenreserven. Allein im Jahr 2004
haben sich die Devisenreserven auf rund 12 Mrd. US-Dollar verdoppelt. Der Devisenaufbau
kann der Stabilität der Währung nur förderlich sein, was letztlich auch die Unsicherheiten für
langfristig orientierte Investoren reduziert.
Südafrika: Wechselkursentwicklung
Rand zu USD
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Ja
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Ja
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Ju
Ja
n
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Quelle: Ecowin
Fazit
Insgesamt betrachtet, ist der Zeitpunkt für den Abbau der Devisenkontrollen günstig, schafft
für sich alleine genommen aber noch keinen Zufluß an Direktinvestitionen. Er ist vielmehr als
ein Zeichen für das gestiegene Vertrauen der Regierung in in- und ausländische Investoren
zu sehen und hat somit eine Signalfunktion. Denn wer Kapital anziehen will, muss auch
selbst Kapital abfließen lassen. Gleichzeitig muss auch das Investitionsklima stimmen. Hier
hat sich in den letzten Jahren einiges verbessert, an einigen Stellen besteht aber noch
Handlungsbedarf.
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