G. Rosa: Dame, oblate, converse e serventi 2005-1-177 - H-Soz-Kult

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G. Rosa: Dame, oblate, converse e serventi
Rosa, Giovanna: Dame, oblate, converse e serventi in educazione. I Conservatori riuniti femminili di Siena (1500 - 1900). Rom: Bulzoni Editore 2003. ISBN: 88-8319-846-8; 384 S.
Rezensiert von: Elena Taddei, Institut für Geschichte, Universität Innsbruck
Die Arbeit von Giovanna Rosa ist im Rahmen einer Untersuchungsreihe entstanden,
die am Institut für Erziehungswissenschaften
und am Institut für Philologien und Philosophie der Universität Siena angesiedelt ist und
der Erforschung der Geschichte der Leopoldinischen Schuleinrichtungen dient. Die drei
hier näher beleuchteten Sienesischen Institutionen sind das Conservatorio Delle Vergini
del Soccorso, delle Vergini Abbandonate und
di S. Maria Maddalena.
Die Untersuchung, die auf intensiver Quellenarbeit basiert, beginnt mit der Gründung dieser Einrichtungen und reicht bis
zur Umgestaltung dieser vormaligen Frauenklöster in Erziehungsstätten für Frauen. Diese Entwicklung war maßgeblich den Statuten des Motu-proprio1 des Habsburgers Leopold, Großherzog von Toskana, zu verdanken, dessen aufgeklärte Erziehung in einem
sehr ausführlichen Exkurs ebenfalls behandelt wird. Die Autorin verfolgt die Entwicklung der drei Erziehungsanstalten und untersucht dabei Studienpläne, Aufnahmebedingungen, Statutenänderungen, wirtschaftliche
und Vermögensverhältnisse sowie den Tagesablauf von Schülerinnen und Lehrenden. Die
Quellen dafür sind zahlreich und vielseitig
und zeugen von einer aufwändigen und systematischen Archivrecherche.
Der eigentlichen Untersuchung gehen einige allgemeine Bemerkungen zur Stellung der
Frau in der Gesellschaft von der Renaissance
bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts voran.
Eine Verallgemeinerung zum Thema Mitgift,
die beim Lesen der Einleitung verwundert
(S. 12, 21), wird jedoch in der Untersuchung
der Sienesischen Fallbeispiele wieder relativiert (S. 51, 56). Rosa behauptet nämlich zunächst, dass die Lösung des Mitgiftproblems
für viele Familien in einem Klostereintritt der
Tochter bestand, weil dann keine Mitgift notwendig war. Später wird dagegen zu Recht
zwischen Armenkloster und Damenstift für
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Adelsfrauen unterschieden: Hier war nämlich
die finanzielle Ausstattung der Frau eine Bedingung für die Aufnahme ins Kloster.
Einseitig ist auch die Behauptung, dass es
„Frauen unmöglich war, die eigenen Besitztümer zu verwalten“ (S. 57). Zahlreiche Studien zu Adels- und Bürgerfrauen haben gezeigt, dass es sehr wohl Möglichkeiten der Besitzverwaltung für Frauen gegeben hat, auch
wenn dies nicht die Regel war. Weiterhin irritiert auch die Verallgemeinerung, dass „die
Frau keine wirtschaftliche Macht und keine
Befugnisse oder Entscheidungsmöglichkeiten
innerhalb der Familie besaß“ (S. 60). Diese
pauschalen Überlegungen, die nicht zwischen
Fürstin, Bauern- oder Bürgerstochter, Stadt
und Land unterscheiden, sind in der Literatur hinreichend widerlegt worden. Kurz darauf wird diese These erneut von Rosa selbst
revidiert, wenn es heißt: „Auch die finanziell
unabhängigen Adelsfrauen hatten eine unterlegene Rolle und wenige Rechte.“ (S. 61)
Die Autorin verfolgt Schritt für Schritt die
Geschichte und Entwicklung des Ritiro (Vergini del Soccorso), also des Adelsstiftes, und
des Klosters für arme, meist verwaiste Mädchen unterer Schichten (Vergini Abbandonate). Gründer und Förderer beider Institutionen war Aurelio Chigi, Spross der römischen
Bankiersfamilie, dessen Werdegang die Autorin mit Genauigkeit verfolgt, wobei sie die LeserInnen mit der antiquierten und überstrapazierten Umschreibung „il Nostro“ („der Unsere“, S. 36ff.) quält. Dennoch ist die Rolle dieses Ordens- und Stiftsgründers interessant,
da solche frommen Aufgaben im 16. und 17.
Jahrhundert, jedenfalls in dem von der Autorin beschriebenen Ausmaß, meistens von
Frauen initiiert und getragen wurden.
Die Untersuchung der drei Klöster bzw. Erziehungsstätten bringt eine Reihe von neuen Erkenntnissen und Belegen für die Entwicklung religiöser Institute mit Erziehungsfunktionen zu einer gezielt eingerichteten Erziehungsanstalt. Weitere Ergebnisse liefert die
Autorin zu den Studienplänen, zur Einfüh1 Bei
dem in der Arbeit immer wieder genannten, aber
nicht genau definierten Motu proprio handelt es sich
um eine Klausel in einem weltlichen oder geistlichen
Souveränitätsakt, die bestätigt, dass der Beschluss allein auf Initiative und Entscheidung des Fürsten und
nicht auf Anraten eines Ministerrates oder Kardinalskollegiums erfolgte.
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rung neuer Fächer (Tanz, Naturwissenschaften), zur Entwicklung des LehrerInnenberufs
und schließlich zu der zunehmenden Bedeutung von Gesundheit und den Maßnahmen
zu ihrer Erhaltung (Pockenimpfung, Hygiene,
Bewegung).
Der Autorin gelingt es zwar, sehr viele Informationen in den einzelnen, oft sehr kurzen Kapiteln zu verarbeiten, deren StaccatoStil an die punktuellen Klosterverordnungen
erinnert; allerdings hat man das Gefühl, dass
Rosa noch viel mehr aus ihren Recherchen zu
berichten wüsste und es ihrer Leserschaft vorenthält, wenn sie oft das Ende des Kapitels
mit drei Punkten offen lässt.
In dieser Arbeit kann man die Entwicklung vom Kloster zur Schule, die Entstehung
von Didaktik und parallele Entwicklungen
wie z.B. die Bedeutung des Spiels verfolgen.
Gleichzeitig lässt sich die Wandlungsfähigkeit
dieser religiösen Institutionen, die sich, um
ihr Fortbestehen zu sichern, den hohen Ansprüchen der neuen gesellschaftlichen Erfordernisse anpassen mussten, beobachten. Die
Zitate aus den Quellen, die solche Entwicklungen belegen sollen, sind mehr als zahlreich, oft allerdings etwas zu ausgedehnt, zumal die Publikation mit einem Quellenanhang bereichert ist. Ihre Einarbeitung in den
Text hätte die Arbeit lesbarer und kompakter
gestaltet.
HistLit 2005-1-177 / Elena Taddei über Rosa, Giovanna: Dame, oblate, converse e serventi
in educazione. I Conservatori riuniti femminili di
Siena (1500 - 1900). Rom 2003, in: H-Soz-Kult
09.03.2005.
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