Folien 27.4.

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Gewaltenteilung/Bundesbehörden
Staatsrecht II
Vorlesung vom 27. April 2010
Frühjahrssemester 2010
Prof. Christine Kaufmann
Übersicht
• Fortsetzung letzte Stunde: Politische
Systeme
• Gewaltenteilung
– Rekapitulation: Gewaltenteilungslehre
– Verwirklichung in der BV
• Bundesbehörden
– Sitz
– Verantwortlichkeit
– Amtssprachen
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Schweizerisches System: Merkmale
• Volk kann Oppositionsrolle durch
direktdemokratische Rechte wahrnehmen
• Wahl der Regierung durch das Parlament
– Diskussion um Volkswahl des Bundesrats
– Vorzeitige Abwahl nicht möglich
• Kollegialregierung ohne Staatsoberhaupt
• Bundespräsident als „primus inter pares“, kein
Staatsoberhaupt
• Vielparteienregierung („Konkordanzsystem“)
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Staatsrecht II
Vorlesung vom 27. April 2010
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Schweizerisches System: Ausgestaltung (1/2)
• Stellung von Parlament und Regierung
– BV betont das demokratische Prinzip
• Überordnung der Bundesversammlung über den Bundesrat
• Direktdemokratische Rechte des Volkes
–
–
–
–
Bundesrat ist ein gleichberechtigtes Kollegium
Wahl der einzelnen Bundesräte alle vier Jahre
Strikte personelle Gewaltenteilung
Wichtigsten Einflussmöglichkeiten des Parlaments
•
•
•
•
Wahl der Bundesräte (und der Bundesrichter)
Gesetzgebung
Budgetrecht
Untersuchungskommissionen
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Schweizerisches System: Ausgestaltung (2/2)
• Konkordanzdemokratie als Folge
direktdemokratischer Rechte (Referendum)
– Vorlagen müssen mehrheitsfähig ausgestaltet werden
– Die grossen Parteien müssen in die Regierung
eingebunden werden, weil sie sonst durch ständige
Referenden die Politik blockieren könnten
– Auch Regierungsparteien können Referendum
ergreifen
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Schweizerisches System: Würdigung
• Macht wird – anders als im parlamentarischen
System – auf die wichtigsten Parteien aufgeteilt
• Trägheit des Systems infolge der breiten
Aufteilung der Macht sowie des
Referendumsrechts
• Initiativrecht kann politische Veränderungen
anstossen
• Grosse Beteiligungsmöglichkeiten des Volkes
• Zwang zu breiter Abstützung von politischen
Lösungen
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Europäische Union
Vor Lissabon
Europäische Union
EG
Euratom
[EGKS]
Gemeinsame
Aussen- und
Sicherheitspolitik (GASP)
Supranationale
Struktur
Integration
Polizeiliche
und justizielle
Zusammenarbeit (PJZS)
Völkerrechtliche Struktur
Kooperation
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Europäische Union: nach Lissabon
• Drei Säulen-Struktur wird aufgehoben
– PJZS neu im Raum der Freiheit, Sicherheit und des
Rechts im AEUV geregelt
– GASP weiterhin mit Sonderstatus, im EUV geregelt
– EU als Rechtsnachfolgerin der EG
• EU hat Rechtspersönlichkeit
• Grundrechtscharta wird verbindlich
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Gewaltenteilungslehre
(1/3)
• Dreiteilung der Staatsfunktionen
– Legislative: Rechtsetzung
– Exekutive: Verwaltung
– Judikative: Rechtsprechung
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Gewaltenteilungslehre
(2/3)
• Drei Forderungen von Montesquieu
– Organisatorische Gewaltenteilung
• Drei verschiedene, voneinander unabhängige Organe
• Keine Einmischung in andere Staatsfunktionen
– Personelle Gewaltenteilung
• Niemand gehört mehreren Gewalten gleichzeitig an
– Gewaltenhemmung
• Bestehen von gewissen Kontrollmechanismen
• Einmischung in andere Staatsfunktionen erforderlich
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Gewaltenteilungslehre
(3/3)
• Kritik an klassischer Gewaltenteilung
– „Nicht alle staatlichen Tätigkeiten können klar
zugeordnet werden“
– „Das kooperative Element wird vernachlässigt“
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Gewaltenteilung in der BV
(1/5)
• Organisatorische Gewaltenteilung
– Nicht explizit erwähnt
– Aber stillschweigend vorausgesetzt, indem die BV
folgende Zuteilungen vornimmt
• Rechtsetzung ist grundsätzlich Sache der Bundesversammlung
(BV 138 ff.)
• Dem Bundesrat wird die Verwaltungsfunktion zugewiesen
(BV 174)
• Bundesgericht ist oberste Recht sprechende Behörde (BV 188)
– Fazit: Organisatorische Gewaltenteilung als
ungeschriebene Verfassungsnorm
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Gewaltenteilung in der BV
(2/5)
• Personelle Gewaltenteilung
– Regelung in BV 144
– ParlG 14 sieht weitere Unvereinbarkeiten vor
– Personelle Gewaltenteilung gilt nur für Staatsorgane
auf der gleichen Ebene
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Gewaltenteilung in der BV
(3/5)
• Gewaltenhemmung
– Zwischen Parlament und Bundesrat
• BV 169 I: Oberaufsicht des Parlaments
• BV 168 I: Wahl des Bundesrates
• BV 171: Aufträge des Parlaments an den Bundesrat
• BV 181: Initiativrecht des Bundesrates
– Zwischen Parlament und Bundesgericht
• BV 169 I: Oberaufsicht des Parlaments
• BV 168 I: Wahl der Bundesrichter
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• BV 190: nur wenige Kontrollmöglichkeiten für Bundesgericht
Gewaltenteilung in der BV
(4/5)
• (Fortsetzung: Gewaltenhemmung)
– Zwischen Bundesrat und Bundesgericht
• Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit
• Umgekehrt keine Hemmungsmöglichkeiten des Bundesrates
– Fazit
• Vorrang der Bundesversammlung (BV 148 I)
• Starke Stellung des Bundesrates in der Praxis
• BV 190 schränkt Bundesgericht ein
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Gewaltenteilung in der BV
(5/5)
• Abweichungen von der org. Gewaltenteilung
– Bundesversammlung
• Regierungs-, Verwaltungs- und Rechtsetzungskompetenzen
• Beispiel: Entscheid über Gültigkeit von Volksinitiativen
– Bundesrat
• Erlass von Verordnungen
• Heute nur noch sehr wenige Rechtsprechungskompetenzen
– Bundesgericht
• Eigenständige Justizverwaltung
• Vereinzelte Rechtsetzungskompetenzen
Bundesbehörden
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(1/5)
• Sitz
– Grundsatz: BV 164 I lit. g
– Sitze der wichtigsten Bundesbehörden
• Bundesversammlung: Bern (ParlG 32 I)
• Bundesrat und Bundeskanzlei: Bern (RVOG 58)
• Bundesgericht: Sitz in Lausanne, doch hat mindestens
eine Abteilung ihren Standort in Luzern (BGG 4)
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Bundesbehörden
(2/5)
• Verantwortlichkeit
– Grundsatz
• BV 146: Bund haftet für Schäden, welche seine Organe in
Ausübung amtlicher Tätigkeiten widerrechtlich verursachen
• Relativierung dieses Grundsatzes durch Immunitätsbestimmungen für Parlamentarier und Bundesräte
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Bundesbehörden
(3/5)
• (Fortsetzung: Verantwortlichkeit)
– Vermögensrechtliche Verantwortlichkeit
• Schäden des Bundes VG 8
• Schäden von Dritten
– VG 3: Direkte Haftung des Bundes
– VG 7: Regress des Bundes
– Strafrechtliche Verantwortlichkeit
• Regelung VG 13 ff.
• Zu beachten sind jedoch die Immunitätsbestimmungen
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Bundesbehörden
(4/5)
• (Fortsetzung: Verantwortlichkeit)
– Disziplinarische Verantwortlichkeit
• Regelung in VG 17 f.
• Keine disziplinarische Verantwortlichkeit für Bundesrat
und Bundesrichter
• Nur eingeschränkte disziplinarische Verantwortlichkeit für
Mitglieder der Bundesversammlung (ParlG 13)
– Politische Verantwortlichkeit
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Bundesbehörden
(5/5)
• Amtssprachen
– Abgrenzung zu Landessprachen (vgl. BV 4)
– Amtssprachen des Bundes (BV 70 I)
• Deutsch, Französisch, Italienisch
• Rätoromanisch
– Bedeutungen der Amtssprachen
• Sprache im Umgang mit den Bundesbehörden
• Publikation der Gesetzestexte
– Kantone legen ihre Amtssprachen selbst fest (BV 70 II)
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