Das Hansaviertel - Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

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Das Hansaviertel
Denkmal – energetische Herausforderungen –
kleinteiliges Wohnungseigentum in großen Häusern
Ingrid Krau / Rainer Vallentin
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Lageplan Hansaviertel
Die Zahlen beziehen sich auf die untersuchten Einzelgebäude.
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Das Hansaviertel
Denkmal – Energetische Herausforderungen –
kleinteiliges Wohnungseigentum in großen Häusern
Endbericht zur Studie
„Verbesserung der Energieeffizienz im Berliner Hansaviertel”
im Auftrag der Senatsverwaltung Stadtentwicklung und Umwelt Berlin
Ingrid Krau / Rainer Vallentin
Verfasser
Bearbeiter und Mitarbeitende
Prof. Dr. Dipl.-Ing. Ingrid Krau Architektin BDA und Planerin München
Dr.-Ing. Rainer Vallentin Architekt
Dipl.-Ing. Alexander Reichmann
Dipl.-Ing. Elisabeth Notter
vallentin+reichmann
architekten ingenieure energiekonzepte münchen
Dipl.-Ing. Wiltrud Weber Architektin Energieberaterin Berlin
Dipl.-Ing. Olaf Hildebrandt Ingenieurbüro ebök Tübingen
Dipl.-Ing. Peter Voit Transsolar Stuttgart
Sibylle Christlein SCENARIO München (Layout)
Katharina Korinth München (Skizzen)
Christian Michael Gladis (Zuarbeit Recherche)
Fotografie
Anna Rosa Krau Fotografin
Thilo Geisler, Ingrid Krau, Rainer Vallentin, Wiltrud Weber
München, Dezember 2012 / März 2013
Dank
Voran danken wir
- dem Bürgerverein, vertreten durch den ersten und zweiten Vorsitzenden,
die uns die Zugänge zu Eigentümern und auch Mietern ermöglichten,
- den Beiräten von Eigentümergemeinschaften und interessierten Eigentümern aus dem Hansaviertel,
die an der Arbeitsgruppe ’denkmalgerechte energetische Sanierung im Hansaviertel‘ mit ganzem Engage­
ment teilnahmen und uns zum Quartier wie auch zu Einzelgebäuden Auskunft gaben
- den Bewohnern, die bei der Ortsbegehung Hinweise gaben.
Für die konstruktive Unterstützung, umfassende Information und den Diskurs danken wir ganz besonders
- dem Landesdenkmalamt
- den Hausverwaltungen der untersuchten Gebäude
- der Unteren Denkmalschutzbehörde Berlin-Mitte
- dem Bauaufsichtsamt Berlin-Mitte
- der Vattenfall Wärme AG Berlin
Durch Informationen und fachliche Hinweise haben uns weiter unterstützt:
- das Architekturbüro Brenne, das Ingenieurbüro CRP zur Sanierung von Bauten der Nachkriegsmoderne,
das Ingenieurbüro BBI zur Kita Klopstockstr. und das Architekturbüro Die Baupiloten zum Studentenwohn­
heim Siegmundshof
- Haus und Grund Deutschland zu rechtlichen Fragen bei Wohnungseigentümergemeinschaften
und zu Fragen der Förderung
- das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zu Eigentümerstandortgemeinschaften
- die Fa. CalCon Deutschland AG zum Instandhaltungsmanagement
- Prof. Dr.-Ing. Felsmann,TU Dresden zu Fragen der Fernwärme
- Herr Bräuer, Energiebeauftragter des Bezirksamtes Mitte von Berlin, zum Energieverbrauch der öffentlichen
Gebäude des Landes Berlin
- Herr Dipl.-Ing. Potthoff im Rahmen des Lehrforschungsprojekts zum Hansaviertel im WS 2012/13 am Fach­
gebiet Bau- und Stadtbaugeschichte an der TU Berlin
00
Baudenkmale
voll-/bedingt sanierbarer Bestand
Gartendenkmal
Baudenkmal
Denkmalbereich (Ensemble/Gesamtanlage)
bedingt sanierbarer Bestand
voll sanierbarer Bestand
Inhalt
Einleitung
Was macht das Hansaviertel denkmalwert?
Was muss das Denkmal zum Klimaschutz beitragen?
Das Hansaviertel heute - Handeln in einer Dreiecksgeschichte
S. 9
S. 11
S. 12
Fokus der Untersuchung und Eingrenzung
- Vorausschauende Szenarien zum größeren Zusammenhang des Energieeinsatzes
- Quartiersebene
- Vertiefter Blick auf Einzelgebäude
- Instandhaltungsmanagement und Beteiligungsansätze
S. 13
S. 13
S. 14
S. 14
S. 15
Das Hansaviertel der Interbau 1957
- Das Hansaviertel - unwiederholbar Geschichte
- Das Hansaviertel - ein mögliches Zukunftsbild
S. 17
S. 18
Das Hansaviertel - ein Quartier für sich
- Städtebauliche Charakteristika
- Sozialer Wandel und Privatisierung als Verbindendes
- Bauzeitliche Gemeinsamkeiten der Gebäude und Folgen für den Energiebedarf
- Baukonstruktionen und Baustoffe der großen Häuser
- Fernwärme und Quartier
S. 20
S. 20
S. 21
S. 22
S. 23
S. 24
Die Einzelgebäude
Auswahlkriterien der einbezogenen Gebäude
Zum Entwurfsverständnis der Architekten
S. 27
S. 27
Gebäudecharakteristika
- Das Wohnhochhaus als Turm
- Das Wohnhochhaus als Scheibe
- Neue Wohnformen
- Energieverbrauch
S. 28
S. 28
S. 28
S. 28
S. 29
Die Wohnhäuser im Einzelnen
- Bartningallee 7 - Haus van den Broek und Bakema
- Bartningallee 11/13 - Haus Lopez - Beaudouin
- Bartningallee 16 - Haus Schwippert
- Altonaer Straße 3-9 - Haus Jaenecke/Samuelson
- Altonaer Straße 4-14 - Haus Niemeyer
- Händelallee 3-9 - Haus Gropius
S. 30
S. 30
S. 37
S. 42
S. 47
S. 51
S. 55
- Klopstockstraße 30 + 32 Haus Aalto
- Klopstockstraße 14-18 Haus Vago
- Bartningallee 12 - Haus Senn
S. 59
S. 63
S. 66
- Schlussfolgerungen im Quervergleich
S. 68
Handeln im Wohnungseigentum
- Aufgabenteilung zwischen Eigentümern, Beiräten und Hausverwaltungen
- Abwägende Lösungssuche mit dem Denkmalschutz
- Finanzierungsbedarf für Instandhaltung und Sanierung und
zielgerichtete Gestaltung der Instandhaltungsrücklage
S. 70
S. 71
- HANDLUNGSANSATZ: Fördermöglichkeiten der KfW nutzen
- HANDLUNGSANSATZ: QUARTIERSFORUM
- HANDLUNGSANSATZ: Instandhaltungsmanagement
S. 72
S. 74
S. 77
Bildnachweis
Literatur
S. 78
S. 79
S. 72
Hansaviertel: Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
- Gebäude erzählen Geschichte
- Energiewende und Klimaschutz
- Anlässe und Gelegenheiten
- Ausgangszustände
- Bewertung der Eingriffsempfindlichkeit
- „Das Primat der Baukultur“
- Szenarien und Ergebnisse (Öffentliche Gebäude, Wohnbauten)
- Klimaschutzstandards
- Öffentliche Gebäude – Nichtwohnungsbau
- Wohngebäude
- Versorgungskonzepte
- Gebäudehülle - Lüftung
- Klimaschutzstrategien
- Sind Denkmal- und Klimaschutz miteinander vereinbar?
- „Das Dilemma der mittleren Qualität“
S. 80
S. 81
S. 83
S. 84
S. 85
S. 86
S. 87
S. 89
S. 90
S. 91
S. 92
S. 93
S. 94
S. 95
S. 96
Bildnachweis
Literatur
S. 97
S. 97
Das Hansaviertel heute
Einleitung
Das Hansaviertel 1962
9
Das Hansaviertel steht heute wieder im Blickfeld des öffentlichen Interesses,
Besuchergruppen ziehen täglich hindurch, neue Publikationen und Veranstal­
tungen halten es in Erinnerung und es ist ein möglicher Kandidat für die Zu­
gehörigkeit zum Weltkulturerbe. Wir schauen dabei zurück aus der Gegenwart,
mit unseren heutigen Vorstellungen und Ansprüchen. Auch die Themen der
Energieeffizienz und des Klimaschutzes, des Denkmalwerts der Moderne und die
Frage, wie Eigentümergemeinschaften ein Baudenkmal erhalten sollen, sind im
wesentlichen heutige auf das Hansaviertel gerichtete Anforderungen; damals
1957 existierten sie nicht oder waren Randthemen. Dieses ,Damals‘ der Ent­
stehung soll uns also interessieren, wenn wir heutige Weiterentwicklungen und
Anpassungen entscheiden wollen. Wir wollen daher die fachliche Abhandlung
mit der Erzählform verbinden, soweit möglich.
Für einen Gebrauchsgegenstand wie eine Wohnsiedlung ist es erstaunlich, dass
sie zum Denkmal erklärt wird. Für das Hansaviertel geschah das 1995, nach 40
Jahren. Bis dahin war den Bewohnern und Eigentümern zwar bewusst, dass sie
in einem besonderen Quartier mit außergewöhnlicher Architektur wohnen.
Doch war der Umgang mit der Bausubstanz vor allem von pragmatischen Über­
legungen und Notwendigkeiten geprägt. Die Berliner Denkmalschutzbehörden
bemühen sich seither, das ursprüngliche Erscheinungsbild zurückzugewinnen
und sie haben Erfolge. Die Eigentümer und Bewohner zeigen sich als Unterstüt­
zer, die sich ihrem Quartier stark verbunden sehen und schon 2004 einen höchst
aktiven Bürgerverein ins Leben gerufen haben.
Was macht nun das Hansaviertel denkmalwert?
1 Senator Mahler, zit. nach Bauwelt 35/1953,
S. 682, Bausenator Schwedler 1958 zit. nach:
Das Hansaviertel wird diskutiert 1960, S.7
2 Senatsakten it. nach Hanauske, D. 1995, S. 354,
Bausenator Schwedler, zit. nach Bodenschatz, H.
1987, S. 170
- Die Ausstellung...ein klares Bekenntnis der Architektur zur westlichen Welt.
Sie soll zeigen, was wir unter modernem Städtebau und anständigem Wohnen
verstehen im Gegensatz zu dem falschen Prunk der ,Stalin-Allee‘/ das Hansavier­
tel, eine demonstrative Dokumentation der Freiheit / getragen vom großen Inte­
resse...am Aufbau der deutschen Hauptstadt.1
So klangen die amtlichen Parolen und zeigen uns Heutigen, wie stark das
Denkmal Dokument mit politischer Symbolwirkung ist.
Es erinnert an das Nachkriegs-Westberlin der 1950er Jahre als einer Enklave
innerhalb des Machtblocks der UdSSR, dem weiter die Züge der Stalinzeit an­
hafteten. Konfrontiert mit der Hauptstadtexistenz Ostberlins legte sich dieses
Inselberlin seinerseits auf den Hauptstadtanspruch eines künftig wiederver­
einten Deutschlands im westlichen Bündnis fest. Beide Seiten trugen ihr Feind­
bild in zugespitzter Konfrontation bis in die ideologisierte Städtebaupolitik
hinein.
So stehen denn die beiden Großprojekte des Städtebaus, die Karl-Marx-Allee,
gebaut als Stalin-Allee, und das Gegensymbol für ,Demokratie und freiheit­
liches Leben‘ heute erneut im Fokus der Aufmerksamkeit - als sichtbare Zeu­
gen für die nachgekommenen Generationen, die die Frontstadt und die Zwei­
teilung nicht erlebt haben.
- Eine klassenlose Gesellschaft ist im Werden / Der Wiederaufbau... (soll)...echte zu­
kunftsvolle Baugesinnung und neuen Lebensstil zum Ausdruck bringen.2
Wir lesen das Hansaviertel zugleich als Dokument der Architektur und des
Einleitung
10
Städtebaus der Moderne und ihrer Weiterentwicklung zur Nachkriegs­
moderne, mit ihren Qualitätsansprüchen und den Visionen einer besseren,
bewusst gestalteten Zukunft, die vom zuvor Gewesenen befreien sollten.
Man verschrieb sich dem Fortschritt und Neubeginn, die alles ver­
bessern konnten. Das machte auch neue Techniken und Materialien
interessant, Beton hieß der Stoff, aus dem die Zukunft entstehen sollte.
Und selbst das urbane Zusammenleben wurde neu interpretiert – oder doch
eher erst in kleinen Schritten erworben?
- Die große Stadt als Garten für viele, oder...Familie und Hauswirtschaft als Sache
unserer Frauen, Schutzraum vor den Gefahren der Großstadt...? War die Stadt von
morgen vielleicht doch nur die Stadt von heute Abend und damit die Stadt von
gestern, wie häufig wiederholt? Nicht zuletzt ist das Hansaviertel auch Doku­
ment der gesellschaftlichen Vorstellungen zum Wohnen, samt aller zugehö­
rigen Normierungen und Techniken.
Wir mögen dieses Erbe aus Beton heute als Zeugnis der Wandelbarkeit von
Gesellschaftssystemen, von Ökonomie und Kultur verstehen, oder auch seine
stadträumliche Wirkung auf die eigene Person und auf das urbane Leben nach­
empfinden – unabhängig vom heutigen Zeitgeist bleibt es ein Dokument des
Geisteslebens der Stadt und dient es dem Grundbedürfnis nach Erinnerung.
Aus all diesen Gründen ist das Hansaviertel 1995 als Ensemble, als städtischer
Garten- und Landschaftsraum mit all seinen Einzelgebäuden als Denkmal unter
Schutz gestellt worden, seine Erhaltung und Pflege liegt im öffentlichen Interesse.
Die übergeordneten denkmalpflegerischen Ziele geben vor, dass
- der Erhalt der historischen Substanz bei Eingriffen in die historische Substanz
Vorrang hat;
- Eingriffe unter Wahrung der Authentizität des Denkmals, insbesondere der
Geschichtlichkeit und des Alterswertes, auf das Notwendigste zu beschränken
sind;
- die Ziele aus der Besonderheit des Denkmals bestimmt werden, getragen von
vielschichtigen Wertzuschreibungen und Bedeutungsebenen;
- aber auch das öffentliche Interesse an der Denkmalerhaltung seine Grenzen in
der zumutbaren Belastung privater Eigentümer findet.3
Ein bewohntes Denkmal, das auch privater Lebensraum ist und sich im Wesent­
lichen aus Einzeleigentum zusammensetzt, für viele zugleich finanzielle Sicher­
heit und Alterssicherung, wirft spezielle Fragen auf und zugleich die der Zukunfts­
orientierung. Das kann von der Denkmalpflege immer nur im Konsens mit den
Eigentümern gelöst werden. Für unsere Studie war daher die Zusammenarbeit
mit den Eigentümern, ihren Beiräten und den Hausverwaltungen eine geradezu
selbstverständliche Voraussetzung.
3 zitiert nach Leitbild Denkmalpflege, herausge­
geben von der Vereinigung der Landesdenkmal­
pfleger in der Bundesrepublik Deutschland,
Petersberg 2011, S. 26-28
Einleitung
11
Was muss das Denkmal zum Klimaschutz bei­
tragen?
Wir leben heute mit dem Paradigma, einer befürchteten Klimakatastrophe durch
umfassende Maßnahmen zur CO2-Reduktion aktiv gegenüberzutreten; das hat
alle Handlungsebenen erfasst, die dazu beitragen können. Als eine der entschei­
denden wurde der Gebäudebestand und insbesondere der Bestand an Wohn­
gebäuden ausgemacht. Relativ bald wurde mit dem Dämmen der Gebäudehül­
len eine einspareffiziente und leicht verständliche Handlungslinie gefunden. Es
gelang, in relativ kurzer Zeit nachvollziehbare Strategien mit relativ einfachen
Rechennachweisen in Genehmigungs- und Förderungswege zu verankern, die
schnelle Umsetzbarkeit bewirkten. Mit steigenden Energiepreisen zahlen sich
Dämmmaßnahmen inzwischen in kürzerem Zeitraum aus und sind darüber um
so populärer geworden. So konnte sich eine gewisse Unbekümmertheit gegen­
über den Fassaden historischer Ensembles und baulicher Denkmale entwickeln.
Es hat zum Verblassen des historischen Erscheinungsbildes vieler bedeutsamer
Ensembles beigetragen. So entstand der Wunsch, sie vor dem Zugriff zu schüt­
zen und sie von der energetischen Sanierung auszunehmen oder besser, andere
Wege der Energieeinsparung zu suchen. Und tatsächlich haben sich abseits des
Mainstreams des Dämmens umfassende Erkenntnisfortschritte zu bauphysika­
lischen und thermischen Wirkungen, zu Materialeigenschaften und zu energie­
sparender Haustechnik durch verstärkte Forschung und praktische Anwendung
entwickelt. Für die Standardwohngebäude des Bestands hat sich längst gezeigt,
dass Dämmen nur im Zusammenhang mit Lüftung und Wärmerückgewinnung
erfolgreich ist.
Für Baudenkmale heißt es daher nicht nur, sie vom Beitrag der Energieeinsparung
auszunehmen, sondern die komplexeren und subtileren Wege angepasster En­
ergieeinsparung zu erschließen, um ihren Charakter authentischer Zeitzeugen­
schaft zu sichern, aber auch Auswirkungen baulicher und technischer Mängel, die
den Wohnkomfort beeinträchtigen, zu mildern. Inzwischen wird dies zunehmend
anerkannt und werden der Denkmalsubstanz eigene Maßstäbe zugebilligt. In
diesem Jahr wurden so die Förderbedingungen der KfW um die Förderkategorie
„Effizienzhaus Denkmal“ erweitert. Der anerkennbare Katalog der Einsparmaß­
nahmen ist inzwischen stattlich:
- Die energetische Quartiersbilanz erlaubt nun größere Flexibilität, wie und wo
Einspareffekte in Bestandsquartieren erzielt werden. So kann, wenn alle übrigen
Bestandsgebäude energieeffizient saniert werden, das Denkmal mit seinem
Einleitung
12
minderen Beitrag von den besseren „mitgezogen“ werden. Das hilft dem Klima,
senkt aber nicht den Endenergieaufwand und mithin die Energiekosten für das
Einzeldenkmal.
- Als weiterer denkbarer Lösungsansatz wird auch ein Nahwärmenetz in die
Betrachtung einbezogen: Wäre ein solches Netz mit eigenem Blockheizkraftwerk und lokaler Wärmeversorgung ein sinnvoller Energieeinsparbeitrag für
das Quartier? Vor allem ist es eine Kostenfrage.
- Doch auch für das Einzeldenkmal gibt es ein ganzes Arsenal von Einsparlösungen abseits der Fassadendämmung: die kontrollierte Lüftung, die Wärmerückgewinnung, die ins Erdreich geführte Wärmepumpe, die erneuerte
Gebäudeheizung, die bessere Regelungstechnik, der Ersatz der Fenster, die
Innendämmung der Wände, die Wärmedämmung von Dach und Kellerdecke –
längst etablierte Lösungsansätze, die fortlaufend weiter verbessert werden.
Was dem jeweiligen Denkmal zuträglich ist, muss jeweils ermittelt werden,
dabei geht es um die ganzheitliche Betrachtung aller Möglichkeiten.
Bei der energetischen Sanierung von Wohngebieten der Nachkriegsmoderne
ist die Konzeptentwicklung besonders wichtig. Nicht alle der hier aufgeführten
Maßnahmen lassen sich im Hansaviertel problemlos umsetzen. Die Zwänge der
Nachkriegszeit, sparsam zu bauen, setzen spezifische Herausforderungen. Auch
ist mit der Fernwärme bereits eine effiziente Quartierslösung vorhanden. Die verschiedenen Möglichkeiten müssen also gegeneinander abgewogen werden.
Alle genannten Möglichkeiten wurden von uns in die Betrachtung einbezogen. Doch wäre nichts gewonnen, aus einem wohlmeinenden Klimaschutzverständnis und vorrangigen Einzelinteressen heraus den authentischen Denkmalcharakter Schritt um Schritt auszuhöhlen. Am Ende stünde ein nicht wiedererkennbares Quartier. Unser Beitrag sucht daher die Ansatzpunkte zur
energetischen Sanierung, die dies zu vermeiden erlauben.
Das Hansaviertel heute - Handeln in einer
Dreiecksgeschichte
Von den markanten, weithin ausstrahlenden Wohngebäuden befinden sich die
meisten im Besitz großer Wohnungseigentümergemeinschaften. Sie umfassen
60 bis 80 Wohnungen und kaum weniger Einzeleigentümer. Die Eigentümergemeinschaften sichern über die kontinuierliche Instandhaltung den Werterhalt
ihres Eigentums. Mit der in Deutschland unablässig geführten Debatte zur Energiewende fragen sich auch die Eigentümer und Bewohner des Hansaviertels, wie
sie das betrifft, denn zur Bauzeit ihrer Wohnungen 1957 war der bauliche Wärmeschutz ein eher nebensächliches Feld und Heizkosteneinsparung bei niedrigen Energiepreisen noch kein Thema. Mit den absehbaren Preiserhöhungen
für Strom, Heizwärme und Warmwasser wird auch im Hansaviertel ein gewisser
Handlungsdruck sichtbar, energetisch „etwas“ zu tun. Doch noch fehlt das Wissen,
was am besten zu tun ist.
Keiner der technisch lösbaren und denkmalpflegerisch zulässigen Schritte ist
ohne die Wohnungseigentümer möglich, die ihre Umsetzung zu zahlen haben.
Einleitung
13
Wir beobachten heute ihre gewachsene Bereitschaft, in die Langlebigkeit ihres
Eigentums und in den Wohnkomfort zu investieren, die auch vor Baudenkmalen
nicht halt macht und nach praktikablen Handlungsansätzen verlangt.
So haben wir es mit einem Handlungsdreieck zu tun, das Denkmalschutz,
Klimaschutz und Wohnungseigentum zusammenspannt. Alle Lösungsansätze
berühren diese drei Akteursgruppen zugleich und müssen zwischen ihnen ge­
klärt und ausgetragen werden. Jede Gruppe hat dabei ihre eigenen Ansichten
und Interessen, von denen viele miteinander geteilt werden, doch auch einige
konträr zueinander stehen. Einvernehmliche Lösungen brauchen daher voraus­
gehende Dialoge zwischen den Akteuren.
Fokus der Untersuchung und Eingrenzung
Vorausschauende Szenarien zum größeren Zusammenhang des Energieein­
satzes
Heute ist es selbstverständlich, den Energiebedarf des einzelnen Hauses im
Gesamtzusammenhang des vorgeschalteten Aufwands für die Erzeugung und
Bereitstellung der Energie zu sehen. So unterscheidet man nach dem Endener­
giebedarf für das einzelne Haus und dem Primärenergiebedarf, der den vor­
gelagerten Energieaufwand einbezieht. Beide Ebenen tragen letzten Endes zur
Belastung des Klimas bei. So müssen auch auf beiden Ebenen Beiträge zur Min­
derung erzielt werden.
Unsere Studie hat daher auf beiden Ebenen einen Beitrag zu leisten. Die über­
geordneter Ebene bezieht sich auf die Entwicklung der Primärenergiebilanz für
das Hansaviertel Interbau als eigenständiges Quartier und für den Ortsteil Hansaviertel als übergreifende Versorgungseinheit. Die Bilanzierung des künftigen
Energieverbrauchs geschieht in der Form von Szenarien, ausgehend vom IstZustand der Energieinfrastruktur, ergänzt um eigene Annahmen zur Entwicklung
des Primärenergieeinsatzes bis 2060 für ganz Berlin, da keine offiziellen vorliegen.
Zum andern schätzen die Szenarien die möglichen Entwicklungen des Endener­
giebedarfs im Gebäudebestand ein, ausgehend von unserer Bestandsaufnahme
der heutigen Gebäudesubstanz und der Einschätzung ihres künftigen Energie­
verbrauchs. Damit kann die Bandbreite möglicher Entwicklungen erfasst und für
Quartiers- und Ortsteilebene verglichen werden.
4 Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Ver­
braucherschutz. Klimapolitisches Arbeitsprogramm
Berlin 2008
Vorab sei schon darauf hingewiesen, dass dieser Szenarienbetrachtung der „state
of the art“ der einschlägigen Wissenschaft zugrunde liegt, sie allerdings eigenstän­
dig bleibt, soweit sie über energiepolitische Vorgaben des Landes Berlin not­
gedrungen hinausgehen muss. Das Land Berlin hat sich im klimapolitischen
Rahmenprogramm von 2008 das Ziel einer angestrebten Reduktion des CO2-Aus­
stoßes bis 2020 um über 40 % gegenüber den Werten von 1990 gegeben, jedoch
sind die Ziele und Strategien darüber hinaus noch nicht bindend festgelegt.4 Die
sieben Jahre bis 2020 sind ein Kurzfristzeitraum, in dem die vorhandene Infrastruktur
aus Heizwerken,Heizkraftwerken und Fernwärmenetzen auf fossiler Basis nur geringe
Veränderungen hin zu höherer Effizienz und hin zu einem höheren Anteil regene­
rativen Energieeinsatzes ermöglichen. Tiefergreifende Veränderungen werden
Einleitung
14
erst danach stattfinden und einen Zeitraum bis über 2050 hinaus beanspruchen.
Eine detailliertere Beschreibung der Vorgehensweise ist dem Kapitel „Hansa­
viertel: Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060“ am Ende der Broschüre zu
entnehmen.
Quartiersebene
Das Quartier „Hansaviertel Interbau“ bildet eine weitgehend eigenständige
Handlungsebene. Das folgt aus der separaten Lage zwischen S-Bahn und Tiergar­
ten, aus Nimbus und Erscheinungsbild der Internationalen Bauausstellung 1957
und nicht zuletzt aus der Identifikation der Eigentümer, die im wesentlichen auch
die Bewohner sind, mit ihrem Quartier.
Aber auch seine vom engen Zeitfenster der Jahre 1956 bis 1958 bestimmten Bau­
weisen schaffen Gemeinsamkeiten, die Denkmalschutzaspekte, Instandhaltungs­
fragen und energetische Sanierung betreffen.
Quartierskonzepte sind heute eine anerkannte Strategie, Wissen zu teilen, um
sinnvolle Lösungsansätze zu entwickeln. Doch bleiben sie, das sei gleich gesagt,
eine ergänzende Strategie für das, was Wohnungseigentümergemeinschaften
mit ihren Hausverwaltungen zu leisten haben. Aber vielfach erprobte Ansätze
vom Quartiersmanagement bis zu Eigentümerstandortgemeinschaften zeigen,
dass es hier um sinnvolle Unterstützung des privaten Handelns gehen kann.
Die über den Bürgerverein Hansaviertel kurzfrist zustande gekommene Arbeits­
gruppe zur „EnergetischenSanierung Hansaviertel“ hat uns über ihr fortgesetztes
Engagement gezeigt, dass hier besondere Potentiale gegeben sind.
Vertiefter Blick in die Einzelgebäude
Im Rahmen der zeitlich beschränkten Vorstudie musste eine zugleich Erkenntnis
fördernde und Arbeit reduzierende Strategie gefunden werden. Wir entschie­
den uns, Gebäude mit erkennbar höherem Energieverbrauch und für die Bauzeit
symptomatischen energetischen Schwachstellen auszuwählen und für diese das
Gemeinsame als Handlungsansatz auf Quartiersebene zusammenzutragen.
Wesentliche Hilfe boten dazu die zeitgenössische Berichterstattung der Jahre
1955-1958 der Fachzeitschriften, voran der Bauwelt, der amtliche Katalog der
Interbau 1957, sowie bautechnisch und auch wärmetechnisch aufschlussreiche
Berichte aus der Bauforschung und Fachdiskussion von 1960.
Gute Ergänzung boten einige neuere Publikationen, besonders der Bd. 26 der
„Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin“ des Landesdenkmalamtes von 2007, der
sich den Fragen der Instandhaltung des Hansaviertels widmet und auch ge­
tätigte Instandhaltungsmaßnahmen aufführt. Weitere sind dem Kapitel „Die
Einzelgebäude“ zu entnehmen. Im Landesdenkmalamt war ergänzend die Ein­
sichtnahme in Gutachten und Dokumentionen zu Instandhaltungs- und Sanie­
rungsmaßnahmen möglich. Damit war ein Grundstock gelegt, der um mehrfache
Ortsbegehungen der Gebäude, Befragungen der Beiräte der Wohnungseigen­
tümergemeinschaften (im Rahmen der Arbeitsgruppe des Bürgervereins) und
der Hausverwaltungen sowie einiger Bewohner ergänzt wurde. Für vier Gebäude
wurden die Bauakten eingesehen, für zwei gab es Gespräche bzw.Telefonate mit
den sanierungsbeauftragten Architektur- und Ingenieurbüros. Bei drei Gebäuden
wurden die Fernwärmeübergabestationen in Augenschein genommen.
Einleitung
15
Das ergab für die neun betrachteten Gebäude einen hinreichenden Einblick in
die baukonstruktive Beschaffenheit, die energetischen Schwachstellen und parti­
ell auch in die Haustechnik. Auf dieser Grundlage konnte der uns für die Gebäude
mitgeteilte Jahresheizwärmebedarf bzw. daraus errechnete Endenergiebedarf
zu den verursachenden Gegebenheiten in Bezug gesetzt werden. Damit war ein
Baustein zum Herausarbeiten energetischer Sanierungsansätze gegeben.
Instandhaltungsmanagement und Beteiligungsansätze
Unsere Arbeit ist, wie schon erwähnt, maßgeblich durch Bürgerverein, Arbeits­
gruppe und Einzelpersonen aus dem Quartier unterstützt worden. Hier wurden
zuletzt auch die Ergebnisse und Vorschläge zu
- Verbesserungen des Instandhaltungsmanagements und
- einem Quartiersmanagement, das die Umsetzung von denkmalverträglichen
Maßnahmen
der energetischen Sanierung unterstützen kann, vorgestellt und kritisch erörtert.
Die Aspekte des Managements, der Instandhaltungsplanung sowie von Betei­
ligungsmodellen wurden über aktuelle Veröffentlichungen, unterstützt durch
Gespräche und Telefonate mit Haus und Grund Deutschland, dem BBSR, der
Calcon AG und einigen Hausverwaltungen vertieft.
16
Die neue Perspektive im Juli 1960
Das Hansaviertel der Interbau 1957
17
Das Hansaviertel - unwiederholbar Geschichte
Baustelle Hansaviertel 1956
Die Geschichte des Hansaviertels nimmt ihren Anfang schon weit vor seiner
Planung mit der allgemeinen Kritik an der hochverdichteten steinernen Stadt
vor dem Ersten Weltkrieg. In den dichtesten Stadtvierteln konzentrierten sich
Infektionskrankheiten, Armut und soziale Unruhen; so galt die „aufgelockerte
und gegliederte Stadt“ als Lösungsweg auch der sozialen Fragen. Auch nach
dem Zweiten Weltkrieg blieb unstrittig, dass der Wiederaufbau der weitgehend
zerstörten Wohngebiete dieser Maxime zu folgen habe. Ja, der Befreiungschlag
stand erst jetzt nach dem Zweiten Weltkrieg so richtig an und das Ausmaß der
Zerstörungen setzte den großzügigen Rahmen. Er sollte zugleich einen für alle
gleichen Wohnstandard zu sozialen Bedingungen erschaffen, sparsames Bauen
mit bescheidenem Auftreten galt dabei in West wie Ost als selbstverständlich.
Daher war die Westberliner Öffentlichkeit nicht wenig erstaunt, als 1953 mit der
Stalinallee eine Wohnbebauung mit geradezu imperialer Achse und historisie­
renden Fassaden die propagandistische Frontrolle erhielt, den Sozialismus als
das aus der Sicht des Ostens bessere Gesellschaftssystem im baulich Konkreten
vorzuführen und damit zugleich den Alleinvertretungsanspruch als Hauptstadt
eines wiedervereinten Deutschlands in Szene zu setzen.
Westberlin sah sich auf der ganzen Linie herausgefordert, mit der Architektur
„ein klares Bekenntnis zur westlichen Welt“, „modernem Städtebau“ und „anstän­
digem Wohnbau“ in einem ähnlich ausstrahlenden Projekt entgegen zu stellen.1
Noch im gleichen Jahr führte die Idee, in Westberlin eine Mustersiedlung des
sozialen Wohnungsbaus zu errichten und im Rahmen einer Internationalen
Bauausstellung zu präsentieren, zu einem städtebaulichen Ideenwettbewerb. Er
sollte „ein Dokument der städtebaulichen und menschlichen Gestaltkraft freier
Menschen und ein sichtbarer Beweis für den Geist, die Kraft und den Willen der
Berliner Bevölkerung sein, ihre Freiheit zu behaupten“.2
Ohne Zweifel ist das Hansaviertel so Dokument unwiederholbarer Vergangen­
heit und für die seit 1990 aufwachsenden Generationen ein Dokument ent­
schwundener Geschichte.
1 Bausenator Karl Mahler 1953 zu seiner Idee einer Inter­
nationalen Bauausstellung 1956, in: Bauwelt 1953, S. 682
2 Bundeswohnungsbauminister Preusker 1955, zit. nach
Hanauske, D. 1995, S. 356
3 Senatsvorlagen, zit. nach Bodenschatz, H. 1987, S. 165 f.
Man stritt damals heftig, wie diese Ansprüche innerhalb des Gestaltkanons der
Moderne einen Ausdruck finden sollten. Die Architekten Kreuer und Jobst, Preis­
träger des Wettbewerbs, sahen in der Zwanglosigkeit der aus dem rechten Win­
kel ausbrechenden und in umschließende Räume eingebundenen Gebäude den
entscheidenden Gegensatz zu „diktatorisch ausgerichteten Bauten“. Gebaut
wurde dennoch eine weitgehend am rechten Winkel orientierte Ordnung, in der
sich gebaute „Individualitäten“ der Raumbildung widersetzten, verstanden als
demonstrativer „Eigentümeraufbau“, der sich dem „Kollektivismus des Ostens“
entgegenstellt.3 So war es konsequent, die international renommiertesten Ar­
chitekten zu beauftragen, ihre Vorstellungen von Freiheit und Individualität hier
weitgehend unabhängig voneinander darzulegen.
Daher zeigt sich uns der Städtebau des Hansaviertels nicht mehr als Bild der für
die frühe Nachkriegsmoderne typischen Bescheidenheit mit ästhetischem Un­
Das Hansaviertel der Interbau 1957
18
derstatement, sondern als eine Versammlung ausgezeichneter Solitäre, zusam­
mengehalten vom wohlkomponierten Landschaftsraum, der sich dem Tiergarten
verbindet. Architektur und Grün waren in der Gestaltung gleichrangig; die Gar­
tenarchitekten füllten bald auch die Lücke der städtebaulichen Detailplanung.4
Bei den neueren der 100.000 bis 1957 in Westberlin errichteten Sozialwohnun­
gen hatte sich der Senat bereits um erweiterte Bauqualitäten bemüht; nun aber
sollten mit dem Hansaviertel neue Maßstäbe für das künftige soziale Bauen bei
der Gestaltung, den Baukonstruktionen und den Wohnungsgrundrissen vorge­
führt und in die Öffentlichkeit getragen werden.5 Doch sollten sich die kühnen
Vorstellungen den engen Bauvorschriften, Normen und Baumethoden der Zeit
unterwerfen; es folgte ein zähes Ringen, das seine Spuren hinterlassen hat. Daher
haftet den Gebäuden entgegen allem äußeren Anschein eine breite Palette bau­
licher Gemeinsamkeiten an.
Das Hansaviertel - ein mögliches Zukunftsbild
Stadtgrün im Frühling
4 Dolff-Bonekämper 1999, Das Hansaviertel, S. 33-36
5 Interbau Berlin 1957, Amtlicher Katalog S. 24
Das Hansaviertel der Interbau 1957
19
Kann uns dieses städtebauliche Denkmal Anregungen für die vor uns liegende
städtebauliche Zukunft geben?
In der besonders in Berlin heftig geführten Debatte, was der moderne Städtebau
noch wert sei und ob nicht die verdichtete historische Stadt der Parzellen und
Blockränder die bessere sei, bleibt das Hansaviertel ein anschauliches und unmittelbar erlebbares Zeugnis der mit Hilfe großer Baukörper aufgelockerten und
durchgrünten Stadt. Wer nicht schon mit vorgefasster Meinung kommt, erfährt
seine Wirkung in körperlicher und visueller Wahrnehmung. Die meisten Besucher empfinden das spontan, und nicht nur die Bewohner mit Kindern wissen die
Vorzüge des Aufenthalts im Grünen inmitten der Großstadt, angereichert um diverse Annehmlichkeiten, zu schätzen. Dazu gehören die Ansätze der Nutzungsmischung und die für jedes Haus selbstverständlichen Gemeinschaftsflächen,
die unter dem Thema gemeinschaftlicher und individueller Aneignung wieder
hochaktuell geworden sind. Der konkrete Ort belehrt einseitige Ideologen und es
ist nicht auszuschließen, dass er angesichts der Klimaerwärmung auch in unseren
Breiten, demnächst als Wohn- und städtischer Aufenthaltsraum, der der Überhitzung widerstrebt, zum leuchtenden Beispiel wird.
Die Moderne zeigt sich hier als weiterhin ernst zu nehmende Option, die in der
Stadt der Vielfalt ihren festen Ort behalten hat. Fragt man die Bewohner, stößt
man auf freudige Zustimmung. Das Viertel erfreut sich aber weit über die Bewohner hinaus besonderer Beliebtheit, allen Leerständen in der Stadt zum Trotz
übertrifft hier die Nachfrage das Angebot. Das Hansaviertel lehrt, über enge
ideologisch aufgeladene Sichten hinwegzudenken und ist damit unverzichtbares
Zeugnis, die Zukunft der Stadt nicht nur als Reparaturprojekt zugunsten der
historischen Stadt zu verstehen, sondern den ästhetischen Ausdruck besonderer
Lebensqualität und das soziale Miteinander als eigene Kategorie anzuerkennen.
Aus all diesen Gründen geht es um den Erhalt des Quartiers in einer Langfristperspektive, eben um Nachhaltigkeit im Sinne des Wortes. Dazu gehört ohne
Frage auch sein Beitrag zu Klimaschutz und CO2-Einsparung über Beiträge zur
Energieeffizienz.
Das Quartier befindet sich weitgehend in privatem Besitz, mit der Besonderheit
vieler großer Wohnungseigentümergemeinschaften. Zur Bauzeit 1957 war Heizenergie noch sehr preiswert, der bauliche Wärmeschutz ein eher nebensächliches
Feld, die heutigen Erfordernisse nach Heizkosteneinsparung und CO2-Minderung
noch unbekannt.
Die Zukunft des Hansaviertels als Denkmal kann nur die des lebendigen Wohnquartiers sein, aus dem heraus Akzeptanz entsteht. Darin sind Aspekte der Sicherung der Bewohnbarkeit und der Lebensqualität einzuschließen und mit den
subtilen Anforderungen des Denkmalschutzes und den in diesem Rahmen möglichen energetischen Verbesserungen zu verbinden. Nichts geht hier aber ohne
die Wohnungseigentümer, die für alle notwendigen Maßnahmen des Erhalts und
der Verbesserung zu zahlen haben. Nur wenn sich alle Beteiligten mit ihrem Wissen und ihren Interessen in das Dialogfeld der Akteure einbringen können, kann
ein gemeinsamer Lernprozess zu akzeptierten Lösungen führen.
Das Hansaviertel der Interbau 1957
Modell Hansaviertel aus der Planungszeit
20
Das Hansaviertel - ein Quartier für sich
Städtebauliche Charakteristika
Das Viertel ist mit dem Planungsbegriff ,offene Bauweise‘ nicht hinreichend be­
schrieben. Wir sahen schon, dass das Sichtbarwerden prägnanter Einzelarchitek­
turen beabsichtigt war. Dennoch wird eine Ensemblewirkung erzielt. S-BahnFahrer erkennen das Hansaviertel an den fünf gereihten Hochhaustürmen, von
denen zwar jeder anders ist, die aber doch ein Ensemble bilden. Spaziergänger
erfreut das Zusammenspiel von Landschaftspark und großen Wohngebäuden,
die der Geschosszahl nach gerade schon Hochhäuser sind und gerade noch die
inzwischen mächtigen Bäume überragen. Berlinbesucher werden überrascht,
dass die berlintypischen breiten Straßenachsen das Gebiet einfach so durch­
trennen dürfen und finden nach dem Überqueren unverhofft ein Einfamilien­
hausgebiet und entlang der S-Bahn friedlich gereihte viergeschossige Zeilen. Die
Belesenen wissen, aha, das ist das Ergebnis der Ausstellung Interbau 1957, die
einen Querschnitt durch das Wohnen der Zeit bieten wollte.
Wir Architekten als Fachkundige kritisieren den Städtebau meist; er sei inkonsis­
tent, den urbanen Ansprüchen einer Metropole nicht angemessen, weil er keine
Blockränder bildet. Hier habe nach dem Verwerfen des auf Raumwirkung ange­
legten Entwurfs des 1. Preisträgers der Kompromiss die Hand geführt.
Das Hansaviertel der Interbau 1957
21
Letzteres ist mehrfach schriftlich belegt.1 Doch fragen wir die Bewohner und die
fachkundigen Besuchergruppen, hat das gebaute Ergebnis eine eigene Qualität,
vielleicht gerade weil das Quartier nicht in die kategorialen Schubladen passt
und einfach so im Miteinander von wohlkomponiertem Landschaftsgarten und
Architektur unverhoffte Wirkung erzielt.
Unter energetischen Aspekten betrachtet, kehrt die offene Bauweise immer vier
Fassaden nach außen, was ungünstiger ist als aneinander gebaute. Im Falle der
großen kompakten Gebäude des Hansaviertels wirkt sich aber das A/V-Verhältnis
positiv aus, also das Verhältnis von Außenhülle zu innerem Volumen. Wir sollten
hier allerdings gleich ,eigentlich‘ dazusetzen, denn die vier dem öffentlichen Au­
ßenraum zugewandten Fassaden verlangen eine besondere architektonische
Gestaltung, was selbstverständlich von den Architekten genutzt wurde. Das hat
besonders bei den Turmhochhäusern zu energetisch ungünstigen Fassadenent­
würfen geführt. Energieeinsparung war eben damals nicht das Thema. Wir kom­
men darauf bei Betrachtung der Einzelgebäude zurück.
Oft wird auch ins Feld geführt, dass freistehende Gebäude stärker dem Wind
ausgesetzt sind als zusammengebaute. Tatsächlich hat Berlin in den kälteren
Jahreszeiten viel Wind und zunehmende Windgeschwindigkeiten mit niedrigen
Temperaturen. Für die meisten Gebäude wird der Wind durch den inzwischen
hohen Baumbewuchs gebrochen, vermutlich schneidet das Hansaviertel daher
nicht so viel schlechter ab gegenüber manchen Straßenschluchten der kompakt
bebauten Stadt. Doch für die Hochhäuser des Gebiets zeigt sich der Wind als ein
Problem, die Nutzung der Dachterrassen wurde bald eingestellt, auf die Ausküh­
lung der oberen Geschosse kommen wir noch.
Stadtlandschaft 2012
1 nachzulesen in: Hoffmann, H. 1957, Das Unternehmen
Interbau. Bauen und Wohnen 1957, S. 215 f.
Senatsvorlage 1954, Verwendbarkeit des preisge­
krönten Entwurfs... zit in Bodenschatz, H. 1987, S. 165
Punkthäuser und werdender Landschaftsraum 1961
Sozialer Wandel und Privatisierung als Verbindendes
Als erstes über einen städtebaulichen Wettbewerb geplantes Wohnbaugebiet im
westlichen Nachkriegsberlin war es für das Projekt Hansaviertel in Zeiten immer
noch großer Wohnungsnot selbstverständlich, Sozialwohnungen zu errichten.
Für den Einsatz der Mittel des Sozialen Wohnungsbaus gab es enge Vorschriften,
die so gar nicht dem entsprachen, was man sich für eine Internationale Bauaus­
stellung und als Demonstration gegenüber der Stalinallee in Ostberlin dachte.
Mithilfe der Sondermittel der Demonstrativbauvorhaben des Bundes und wei­
Das Hansaviertel der Interbau 1957
Das einem Teppich ähnelnde Einfamilienhaus­
gebiet überragt von der Ostfassade des VagoHauses
22
teren Ausstellungssondermitteln wurde der enge Rahmen erweitert. Undenkbar
war, diese zusätzlichen Baukosten auf die Mieter umzulegen. Es blieb für alle bei
der üblichen Kaltmiete zwischen 1,43 und 1,65 DM/qm. Damit wurden die Bauten
bzw. die Mieter weit über Durchschnitt subventioniert. Besonders zwei der Turm­
hochhäuser benötigten wegen ihrer architektonischen Besonderheit in hohem
Maße öffentliche Fördergelder2, was schon 1958 mit Auflösung der Hansa AG
wegen der Schuldenlast zum Verkauf an Wohnungseigentümergemeinschaften
führte und den gehobenen Mittelstand anzog.3
Die Modernität der Architektur, der weite Blick, der Komfort der zentralen Be­
heizung und der Bäder und die Extras der Wohnungsausstattung bei niedrigen
Mieten machten das neue Hansaviertel attraktiv. Die Nachfrage überstieg das
Angebot, wer es hineinschaffte, sah sich als Gewinner.4 Auch wenn sich jeder An­
spruchsberechtigte des Sozialen Wohnungsbaus bewerben konnte, führte das
bildungsbürgerliche Vorwissen um die Qualitäten der Moderne zu einer gewis­
sen Selektion.
Die meisten großen Häuser gerieten mit der Auflösung der Hansa AG an Privat­
unternehmen. Ab Mitte der 1970er Jahre, als erstmals größere Instandhaltungs­
maßnahmen anstanden und dann in den 1980er Jahren, bemühten sich etliche
dieser Unternehmen um den Verkauf an Einzeleigentümer. Damit verstärkte sich
die Mittelstandsorientierung des Viertels. Doch hielten auch etliche Alteigen­
tümer einen Mehrfachbesitz, auf steigende Immobilienpreise setzend. Mit dem
Erstarken der Immobilienmärkte der letzten Jahre stehen die Wohnungsbestän­
de des Viertels zunehmend hoch im Kurs, mit Bildern der Moderne beworben,
und sind auch für internationale Geldanleger interessant geworden.
Die Wohnungseigentümer, die eine oder zwei Wohnungen besitzen und weitge­
hend auch die Bewohner sind, sowie nicht wenige Mieter mit meist akademisch­
kulturellem Hintergrund, die sich bewusst für die Wohnformen der Moderne
entschieden haben, sind seit vielen Jahren offensichtlich die Träger des Bürger­
bewusstseins und des auffallenden bürgerschaftlichen Engagements zugunsten
des Quartiers, darunter auch manche Architekten. Besorgt schauen sie auf die
neuen Käufer, die hier in erster Linie Kapital anlegen wollen. Doch ist die weitaus
größte Zahl der Wohnungen in festen Händen.Wie weitgehend das Engagement
geht, ist an der Hansabibliothek zu studieren. Von selbstorganisierten Veranstal­
tungen über Büchertausch zu Fördergruppen für Kinder, Jugendliche und wei­
tere wird hier alles möglich, was der Wissensmehrung und dem kommunikativen
Miteinander dient. Hier wurde auch manche Forderung und Aktion geboren
und in Taten umgesetzt (wie z.B. die Initiative zum Welterbeantrag gemeinsam
mit dem Bürgerverein der Karl-Marx-Allee). Im Ergebnis dürfte das Hansaviertel
einen der engagiertesten Bürgervereine Berlins haben mit starker Identifikation
mit dem eigenen Viertel.
2 SenBauWo 1960, Die Interbau wird diskutiert, S. 27-35
3 lt. Bauakten der Bauaufsicht Tiergarten-Mitte
4 anschaulich nachzulesen bei Lidia Tirri, Wohnlabor...
2007
Bauzeitliche Gemeinsamkeiten der Gebäude und Energiebedarf
Alle Wohngebäude des Hansaviertels wurden zwischen 1956 und 1958 entwor­
fen und auch realisiert. Unter energetischen Gesichtspunkten ist es daher von
Bedeutung, sich mit den Rahmenbedingungen des Wohnbaus in dieser Zeit aus­
einanderzusetzen.
Das Hansaviertel der Interbau 1957
23
Baukonstruktionen und Baustoffe der großen Häuser
All diese Häuser wurden gleichermaßen als Betonbauten errichtet. Allerdings darf
man sie nicht generell als Stahlbetonbauten einstufen. Die Zeit verlangte Spar­
samkeit, was zu Mischbauweisen führte. So gibt es einfache unbewehrte Schütt­
betonwände (oder auch leicht bewehrte Wände) als tragende Scheiben sogar
über die ganze Höhe von Hochhäusern; das empfahl sich dort,„wo auf die Ver­
wendung besonders hochwertigen Betons aus Kostengründen verzichtet werden
soll.“ 5 Auch Hohlblocksteine kamen zum Einsatz. Standfest wurden die Konstruk­
tionen über das Einbinden der Stahlbetonwände und -decken in die Wände der
Treppenhäuser. Am günstigsten erwies sich der Schottenbau (Schwippert-Haus,
Lopez-Beaudouin-Haus, Haus Jaenecke-Samuelson, Hassenpflug-Haus, Haus van
den Broek-Bakema). Mischbauweisen, bei denen der Stahlbeton entwurfsbe­
dingt stärker hervortritt, sind beim Niemeyer-, Gropius- und Vago-Haus zu finden.
Das ist für die energetische Betrachtung insoweit wichtig, als die geringer wer­
tigen Wände dicker bemessen werden mussten, also mehr Masse aufweisen, was
schon damals als bessere Wärmespeicherfähigkeit und folglich Verzögerung des
Auskühlens im Winter gewürdigt wurde. Es galt als Beitrag zum Wärmeschutz.
Bei allen Häusern kam zudem Ziegelsplittbeton sowohl bei Innen- wie Außen­
bauteilen zum Einsatz, durch Zermahlen aus den zerbombten Ziegelwänden
Berlins hergestellt, im Hansaviertel direkt vor den künftig neuen Haustüren.
Seine besseren Wärmedämmeigenschaften waren bekannt, Nachweise zum
Wärmedurchgangswiderstand für Bauten des Hansaviertels fanden wir aller­
dings nicht, auch nicht in den umfangreichen Bauakten, aber folgende Hinweise
in der Literatur:
„Ziegelsplittwände sind gut wärmedämmend. Für unser Klima ist eine Wand mit
der Dicke von 30 cm in Bezug auf den Wärmeschutz ausreichend. Bei gebrannten
Vollziegeln sind Außenwände von 38 cm erforderlich. Wände aus Ziegelsplitt­
beton erfordern für ihre Herstellung geringere Kohlemengen und sind auch
kostenmäßig betrachtet wirtschaftlicher als Wände aus gebrannten Vollziegeln.
Bei geschütteten Wänden und Hohlblockwänden wird eine Kostenersparnis von
25-30 % erreicht.“ 6
5 Deutschmann 1960, Zur statisch-konstruktiven Gestal­
tung..., S. 11-16
6 Kurzbericht des Hauptamtes für Baulenkung Berlin
1949, S. 649, zit. nach Hanauske, D. 1995, S. 498
7 Wendehorst 1961, Bautechnische Zahlentafeln, Stutt­
gart
Der Wendehorst von 19617 teilt für Ziegelsplittbeton folgende Wärmeleitzahlen
(kcal/mh °C) mit:
- Ziegelsplittleichtbeton bei 1200 kg/cbm Rohgewicht - 0,40
- Ziegelsplittbeton mit geschlossenem Gefüge bei 1600 kg/cbm - 0,65
- desgleichen bei 1800 kg/cbm - 0,80
- Ziegelsplittbeton als Stahlbeton bei 2000 kg/cbm - 0,90.
Gegenüber dem normalen Beton (geschlossenes Gefüge) mit 1,75 - 2,00 kcal/mh ° C
ist das eine erhebliche Minderung des Wärmedurchgangs beim Baustoff Beton.
Nur der damals auch schon verwendete Gasbeton übertraf den Ziegelsplittbe­
ton noch mit 0,20 kcal/mh ° C bei 600 kg/cbm Rohgewicht. All diese Betonarten
kamen bei den Gebäuden des Hansaviertels zum Einsatz, wie den Baubeschrei­
bungen zum jeweiligen Bauantrag in den Bauakten zu entnehmen ist (sie sollten
bei der Erstellung bedarfsorientierter Energiepässe genutzt werden).
Das Hansaviertel der Interbau 1957
Die auskragende Balkonplatte, typische Wärmebrücke im Hansaviertel o.M.
24
Dass die Wärmedämmeigenschaften der Außenwände und Fenster im Hansaviertel nach heutigen Maßstäben dennoch unzureichend sind, ist den Bemessungsgrundlagen der damaligen DIN 4108 „Wärmeschutz im Hochbau“ und der
DIN 4107„Regeln für die Berechnung des Wärmebedarfs“ geschuldet, eine ebenfalls verbindende Gemeinsamkeit des Quartiers.8 Gemeinsam sind ihm auch die
sogenannten Wärmebrücken, also jene Bauteile, die als Balkonplatten oder Laubengänge oder als gestaltbildende Stahlbetonvorsprünge, Pfeilervorlagen oder
auskragende Schotten die Gebäudehülle durchstoßen und als Kühlrippen wirken, die den innenliegenden Räumen die Wärme entziehen. Dabei hatte es doch
die fachliche Leitung der Interbau so ganz anders beabsichtigt. Der amtliche Katalog zeigt, dass man schon über grundlegende Erkenntnisse zum Wärmeschutz
bei Betonbauten verfügte:
„Es bedarf immer sorgfältigster Detailplanung... Hierzu gehören vor allem die
Bildung von Kältebrücken (heute nennen wir sie bauphysikalisch korrekt Wärmebrücken), das Fehlen der Isolierung von herauskragenden Bauteilen und die
falsche Lage von an sich ausreichenden Dämmschichten im Wand- oder Deckenquerschnitt.“ 9
Allerdings stand die thermische Trennung diesen Bauteilen noch nicht zur Verfügung.
Fernwärmeversorgung und Quartier
Das Hansaviertel wurde 1957 mit einem Fernwärmenetz ausgestattet als damals
modernster und auch besonders preiswerter Heiztechnologie. Das mit heißem
Wasser betriebene Dreileitersystem erhielt zwei getrennte Vorlaufleitungen für
Heizwärme zu 90° C und Warmwasserversorgung zu 60° C und einen gemeinsamen Rücklauf. Die drei Stahlrohre wurden mit 50 mm Glaswolle ummantelt in
einem Stahlbetonkanal in 1,20 m Tiefe verlegt. Vom Hauptstrang, der ungefähr
entlang der Klopstockstraße verläuft, wurden Nebenleitungen zu den Übergabestationen der Mehrfamilienhäuser geführt (abgebildet im Kapitel ,Perspektivische Szenarien‘); die Einfamilienhäuser wurden nicht angeschlossen.10 Diese mit
heute unüblichem Aufwand hergestellte Leitungsinfrastruktur wird auch heute
noch unverändert so genutzt. Die Wärmedämmung entspricht allerdings heutigen Standards nicht mehr. Seit 1995 wurden die Häuser vom Energieversorger mit
Temperaturregelungsanlagen ausgerüstet. In den Hausanschlussräumen kamen
vereinzelt durch die Eigentümergemeinschaften finanzierte neue Wärmezähler,
Pumpen, Wärmetauscher oder auch Regelungstechnik hinzu.
In das Berliner Fernwärmeverbundnetz wird fast ausschließlich Wärme aus Heizkraftwerken eingespeist. Hierbei wird die Abwärme der Stromerzeugung, die
sonst über Kühltürme o.ä. in die Umwelt gelangen würde, einer sinnvollen Nutzung zugeführt. Die gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme führt im Gesamtresultat zu einer spürbaren Erhöhung der Energieeffizienz (bei derzeitigem
Stand um etwa 20 %). Es werden dominant fossile Energieträger (Kohle, Erdgas)
eingesetzt.
8 zum Hansaviertel: Caemmerer, W. 1960, Wärmetechnische Untersuchungen..., S. 99-112
9 Amtlicher Katalog der Interbau 1957 S. 176
10 Interbau 1957, Amtlicher Katalog, S. 206, 280 f.
Zur weiteren Effizienzsteigerung der vorhandenen Fernwärmeinfrastruktur des
Berliner Verbundnetzes sollen - gemäß der Klimaschutzvereinbarung mit der
Stadt Berlin - die mit Kohle betriebenen Anlagen allmählich durch gasbetriebene
Das Hansaviertel der Interbau 1957
25
KWK-Anlagen ersetzt werden. Zudem soll künftig ein Anteil von 10% Holz aus der
Region eingesetzt werden. Biomasse kann hierbei übergangsweise in den Kohle­
kraftwerken mit verbrannt werden.
Aufgrund der hohen Wärmedichte sind die Wärmeverteilverluste - bezogen auf
die versorgten Nutzflächen - gering. Dadurch hat die Fernwärme auch in Zukunft
die Chance, konkurrenzfähig zu bleiben. Der durch die voranschreitende ener­
getische Gebäudesanierung sinkende Fernwärmebedarf kann derzeit und auch
in absehbarer Zukunft nach Angaben des Betreibers Vattenfall durch Neuan­
schlüsse kompensiert werden.
Für unseren Betrachtungszeitraum scheint es unstrittig zu sein, dass das Hansaviertel Interbau mit Fernwärme versorgt wird – in fernerer Zukunft könnte auch
dies in Frage stehen, wie die aktuellen Diskussionen zum Einsatz von neuen For­
men gas- und strombasierter Energieversorgungsysteme zeigen, die auf neue
technologische Entwicklungen setzen, um Großstädten eine höhere Nutzung
regenerativer Energiequellen zu ermöglichen. Darauf wird das abschließende
Kapitel zu den perspektivischen Szenarien eingehen, das stärker aus der Sicht des
Klimaschutzes argumentiert, während der erste Teil der gebäude- und quartiers­
bezogenen Betrachtung stärker auf den Werterhalt von Gebäuden und Quartier
bis etwa 2030 orientiert ist.
Für die Quartiersebene, für die auch der Sinn eines Nahwärmenetzes geklärt
werden soll, ist es allerdings von Bedeutung, wie eine fernere Zukunft vor­
zustellen ist. Lohnt es sich, für einen auf wenige Jahrzehnte reduzierten
Zwischenzeitraum den Bau eines Nahwärmesystems ins Auge zu fassen?
Die Frage muss aus diesem Blickwinkel wohl eher mit einem Nein beantwortet
werden. Ein neues Nahwärmesystem müsste auch eine noch effizientere KraftWärmekoppelung ermöglichen, um gerechtfertigt zu sein und um auch das
Problem der Spitzenlast im Winter genauso effizient lösen. Für die nächs­
ten Dekaden ist es ökonomisch nicht sinnvoll, das technische Bestandssys­
tem zu ersetzen. Es ist nach Verbesserungsmöglichkeiten am vorhandenen
System zu suchen. Ein neues Nahwärmesystem als Quartierslösung könnte
auch nicht, wie manchmal erhofft, Maßnahmen zur Energieeinsparung am
Gebäude kompensieren. Wir sehen das als Denkansatz, der genauerer Über­
prüfung nicht standhält. Denn energetische Verbesserungen am Haus sind
eng mit den allfälligen Maßnahmen der Instandhaltung verbunden und
immer zugleich auch Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität
bzw. des Wohnwerts. Wir haben es also bei Betrachtung der Quartiersebene mit
der bescheideneren Aufgabe der Verbesserungen an den Bestandssystemen zu
tun. Auch da ist von einem Quartiersansatz zu sprechen.
Dazu sollte die bessere Wärmedämmung der vorhandenen Fernwärmeleitun­
gen im Quartier gehören. Eine weitere Möglichkeit besteht im Absenken der
hohen Vorlauftemperatur dieser Leitungen von heute 110° C durch entsprechende
Wärmetauscher an der Schnittstelle zum übergeordneten Leitungssystem. Die
notwendigen Temperaturregelungsanlagen in den Hausübergabestationen sind
ja schon eingebaut. Die Absenkung auf Quartiersebene zeitigt allerdings Fol­
Das Hansaviertel der Interbau 1957
26
gen für die gebäudeinternen Heizsysteme, die die Wohnungen versorgen – sie
müssen für die Temperaturabsenkung erneuert werden. Das berührt auch Fragen
der Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Häuser. Letzten Endes würden sich
daraus jedoch Effizienzgewinne für das Haus ergeben. Das liegt bereits außer­
halb des Fokus Quartiersebene.
HANDLUNGSEMPFEHLUNG
Auch wenn die kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen wenig spektakulär sein
mögen, so sind sie wegen der vergleichsweise geringen Investitionen attraktiv.
Sowohl der hydraulische Abgleich in den Häusern als auch die Dämmung zu­
gänglicher und heute nicht gedämmter Leitungen sowie Regelungsanpassungen
haben im Verhältnis zu den Kosten ein gutes Einsparpotential. Eine zusätzliche
Dämmung des Fernwärmenetzes ist an ohnehin anstehende Instandsetzungen
zu koppeln, eine Absenkung der Vorlauftemperaturen im Fernwärmenetz des
Quartiers mit seinen gebäudebezogenen Voraussetzungen ist ein Thema, das
die Vertiefung in einer eigenen Studie erforderlich macht.
Verlegung der Fernwärmeleitungen 1957 im Betonkanal
Die Einzelgebäude
27
Auswahlkriterien der einbezogenen Gebäude
-
-
-
-
für die Bauzeit und die Interbau 1957 typische Wohnhochhäuser
auf Erstbegutachtung hin interessant hinsichtlich des Energieverbrauchs
Wohnungen im Besitz von Wohnungseigentümergemeinschaften
Zugang zu deren Beiräten
Ausgewählte Gebäude:
- Hochhaustürme
1 Bartningallee 7 (Architekten Johannes Hendrik van den Broek /
Jacob Berend Bakema)
2 Bartningalle 11/13 (Architekten Raymond Lopez / Eugène Beaudouin)
3 Bartningallee 16 (Architekt Hans Schwippert)
- Hochhausscheiben
4 Altonaer Str. 3-9 (Architekten Fritz Jaenecke / Sten Samuelson)
5 Altonaer Str. 4-14 (Architekt Oscar Niemeyer)
6 Händelallee 3-9 (Architekt Walter Gropius)
- Doppelwohnhochhaus
7 Klopstockstr. 30 + 32 (Architekt Alvar Aalto)
- Vergleichsbauten
8 Klopstockstr. 14-18 (Architekt Pierre Vago) als Haus mit Mietwohnungen
9 Bartningallee 12 (Architekt Otto Senn) als viergeschossiges kompaktes
Gebäude
(Die Nummerierung bezieht sich auf den Lageplan S. 2)
Zum Entwurfsverständnis der Architekten
Die Auswahl galt international bekannten Architekten, einige namhafte deutsche
eingeschlossen, die das Bekenntnis zur Moderne verband. Genauer gesagt, ein­
te sie über alle Unterschiede hinweg eine aufgeklärte Moderne, getragen vom
Grundverständnis des Neubeginns nach Nationalsozialismus und zwei Weltkrie­
gen mit dem Wunsch, die Zukunft neu zu gestalten. Dolff-Bonekämper bezeich­
net es als Suche nach Gegenbauten zur Herrschaftsarchitektur und nach Archi­
tektur als Medium der Versöhnung im universellen Sinne.1 Die Eingeladenen
konzentrierten sich bewusst auf das Wohnen als Ausdruck neuer Lebensformen,
sie sahen sie entgegen den offiziellen Verlautbarungen jenseits des Politischen,
aber durchaus in sozialem Kontext. So präsentierte sich die Architektur des
Hansaviertels nicht als kämpferisches Gegenbild des Kalten Krieges, allen öffent­
lichen Beschwörungen zum Trotz.
1 Dolff-Bonekämper, G.1999, Das Hansaviertel, S. 25-31
Nicht zuletzt die architektonischen Eigenwilligkeiten in Grundriss- und Fassaden­
gestaltung, konstruktiven Details, Erdgeschoss- und Dachzonen zeigen, wie stark
trotz aller technischen Normen, Sparzwänge, Normen des Sozialen Wohnungs­
baus und bauaufsichtlichen Korrekturen die Entwürfe bis in dieDetaillierungen
hinein von einer Ästhetik bestimmt sind, die vom Bewohnen ausgeht.
Die Einzelgebäude
28
Gebäudecharakteristika
Das Wohnhochhaus als Turm
Schauen wir zurück: Seit 1954 entstanden Wohnsiedlungen mit einzelnen schlan­
ken Wohnhochhäusern als ,städtebauliche Dominanten‘ quer durch die Bundes­
republik. Die „aufgelockerte und gegliederte Stadt“ sollte darüber einprägsamer
und interessanter werden. An den Rändern von London und Paris waren da be­
reits Ensembles aus Gruppen von Punkthochhäusern mit starker dynamischer
Wirkung zu sehen. Das Punkthochhaus wurde trotz der höheren Kosten zum
Inbegriff der Modernität. Das erste in Berlin war 1951 in Ostberlin an der Weberwiese entstanden, Westberlin erhielt 1953 und 1954/5 seine ersten Wohntürme.
Das Hansaviertel war herausgefordert. Die Reihung der fünf Türme entlang der
S-Bahn war daher zweifellos als kräftige Dominante gedacht, wurde aber offiziell
mit der Notwendigkeit der Verdichtung begründet.
Mit einer Höhe von gut 50 m bei 16 bzw. 17 Geschossen und einer Geschoss­
fläche zwischen 480 und rd. 600 qm, von der 20-30 % für Erschließung und Schäch­
te benötigt wurde, durfte man an sie nicht den Maßstab der Wirtschaftlichkeit
legen. Die drei von uns ausgewählten Türme (der Architekten van den Broek/
Bakema, Lopez-Beaudouin und Schwippert) sind Architektur mit elaboriert in­
einander verschränkten Maisonetten oder höhenversetzten Wohnungen, kon­
zipiert als dreidimensionale Raumkörper, was sich auch bis in die Fassadenge­
staltung hinein zeigen soll.
Das Wohnhochhaus als Scheibe
Die große und hohe Scheibe, die bei den Entwürfen von Niemeyer, Jaenecke/
Samuelson und Gropius mit 8-10 Geschossen Höhen von 27 - 31 m und Längen
von 64-85 m erreicht, zeigt sich als kraftvoller Gebäudetyp, der in dieser Zeit erst
Anerkennung finden musste. Der Architekt Hilberheimer hatte ihn bereits 1929
in strenger rechtwinkliger Struktur und paralleler Ausrichtung entworfen, der
den historischen Stadtkern Berlins durch glasharte Rationalität ersetzen sollte.
Das 1946-56 errichtete Quartier der Grindelhochhäuser in Hamburg hat das dann
realisiert. Die Reaktionen waren heftig, als der erste Preis im städtebaulichen Wett­
bewerb Hansaviertel für diese Großkörper eine weiche raumbildende Anordnung
als Gegenbild vorschlug. Das Leitungsgremium der Interbau entschied sich je­
doch für den rechten Winkel mit in den Landschaftsraum eingebetteten Solitären.
Zugunsten der Belichtung sind die Scheiben nur zwischen 11 und 12,5 m tief,
nur das Niemeyer-Haus erreicht mit seiner Kernzone innenliegender Treppen­
häuser, Bäder und Küchen eine Tiefe von 15 m. Auch dies wurde zur umstrittenen
Prinzipfrage. Aus heutiger Sicht ist die Gebäudeform geringer Tiefe energetisch
nicht optimiert. Zur damaligen Zeit war dies kein Thema.
Neue Wohnformen
In den gestapelten Maisonetten sahen die Architekten die Möglichkeit, ein
dem Einfamilienhaus ähnliches Wohnen in verdichteter Form zu schaffen. Von
größtem Interesse waren die neuen Wohnformen, die die Interbau vorführte.
Die Architekten hatten versucht, die bescheidenen Normgrößen des Sozialen
Wohnungsbaus durch sorgfältig durchdachte Grundrisse, Einbaumöbel und
hochästhetische und platzsparende Möbelkollektionen auszuhebeln. Das neue
Wohngefühl wurde in dieser Zeit rückgewonnener Alltagsfreuden zum Ge­
Die Einzelgebäude
29
sprächsstoff Nummer eins, von vielen Berlinern aber auch abgelehnt. Wir kön­
nen uns heute kaum noch vorstellen, welche Provokation ganz besonders die
skandinavischen Grundrisse der Architekten Aalto, Jaenecke/Samuelson und
Jacobsen darstellten. Offene Allräume, die zum kommunikativen Wohnen ge­
dacht waren und von Vater, Mutter, Kindern zu den Schlafräumen hin durchquert
werden mussten, stellten die deutsche Familienhierarchie auf den Kopf. Auch
transparente Balkonbrüstungen und Freiflächen ohne Zäune stießen auf Kritik.
Bei aller Sparsamkeit erhielten die großen Häuser des Viertels großzügige Ge­
meinschaftsflächen, so Wasch- und Trockenräume im obersten Geschoss, für die
gar eine Wohnung geopfert wurde. Die Hausarbeit der Frauen verdiente den
besten Ort; doch gab es auch Raum für selbstbestimmtes Tun und Geselligkei­
ten jenseits der Wohnung, großzügige Eingangsfoyers, Gemeinschaftsloggien,
Dachterrassen. Es muss starke Wünsche nach Gemeinsamkeit gegeben haben,
die diesen Luxus trugen. Später wurden diese Räume überflüssig und standen
leer. Heute zeigen sich mit dem Generationenwechsel erste neue Ideen, sie wie­
der nutzbar zu machen.
Energieverbrauch
Mit den uns zur Verfügung gestellten Zahlen zum jährlichen Heizenergiever­
brauch unterscheiden sich die beiden Gebäudetypen auffallend. Die einbezogenen
Türme der Architekten van den Broek/Bakema, Lopez/Beaudouin und Schwippert
ergeben für den klimabereinigten Durchschnitt der drei Jahre 2009 bis 2011 einen
Durchschnittswert von 191,3 kWh/qma (Kilowattstunde pro Quadratmeter und Jahr).
Am ungünstigsten zeigt sich das Lopez/Beaudouin-Haus, aber die beiden ande­
ren liegen nur wenig darunter.2 Unter Klimaschutzgesichtspunkten ist allerdings
der Endenergieverbrauch einschließlich Warmwasser zu betrachten. Danach
ergibt sich ein Durchschnittswert für die drei Türme von 208,4 kWh/qma in
ähnlicher Spreizung. Dies liegt deutlich über den Werten des IWU-Instituts für
annähernd ähnliche Bauten der gleichen Zeit.3 Die einbezogenen Hochhausscheiben und der Aaltobau liegen insgesamt im besseren Bereich mit einem
Durchschnittswert für den Heizenergieverbrauch von 140,23 kWh/qma und von
154,35 kWh/qma für den Endenergieverbrauch, also mit dem Energieaufwand
für Warmwasser, aber ohne Betriebsaufwand. Das 4-geschossige Vergleichshaus
Bartningallee 12 bleibt geringfügig darunter.
Der Energieverbrauch für Warmwasser liegt zwischen 12,3 und 20,5 kWh/qma.
Die durchaus erheblichen Unterschiede bei gleichermaßen von Vattenfall zu
60° C angeliefertem Warmwasser ergeben sich aus dem unterschiedlichen Mo­
dernisierungstand der Pumpen und der Regelungstechnik der Häuser.
2 In Absprache mit den Beiräten und Hausverwaltungen
geben wir keine Einzelwerte zu den Häusern an.
3 Vallentin, R. 2010, Energieeffizienter Städtebau...Diss.,
Tab.4.1.1
Man darf die Unterschiede im Heizenergieverbrauch nicht nur in der Gebäudeform und der Geschosszahl sehen. Eine Reihe von baulichen Faktoren trägt
dazu bei, die wir nun für die Einzelgebäude betrachten. Dazu gehören Er­
schließung, Baukonstruktion, Bauweise, Fassadenausbildung, energetische Schwach­
stellen, getätigte Sanierungen, im Rahmen dieser Vorstudie nur ansatzweise
die Haustechnik. Als Grundlage der Beurteilung gelten immer die unverzicht­
baren Grundsätze des Denkmalschutzes.
Die Einzelgebäude
Bartningallee 7 - Hochhaus der Architekten van den Broek und Bakema
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Die Einzelgebäude
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Die Wohnhäuser im Einzelnen
Bartningallee 7
Hochhaus der Architekten Hendrik van den Broek und
Jacob Berend Bakema
Entwurf mit zweitem Treppenhaus und gebaute Fassung mit nur einem Treppenhaus
Höhe 52 m, Grundfläche 20x24 m, 24.000 cbm, Wohnfläche 5.385 qm, 16 Stock­
werke, 73 Wohnungen, davon 48 Wohnungen auf zwei Ebenen mit 2,5 Zimmern
zu 86 qm und 24 Einraumwohnungen zu je 30 qm.
Form ist das Sichtbarmachen des Zusammenhanges, durch den alles lebt und ent­
steht, mit Materialien und Konstruktionen. Mehr als andere sollte der Architekt seine
Vorstellungskraft zur Beobachtung der Beziehungen zwischen den Dingen ent­
wickeln, beschreibt Bakema den Grundgedanken.1
1 Bakema, J.B. Gedanken zur Architektur, in: Joedicke, J.
1971, Geschichte der ... S. 111
Die um ein halbes Geschoss
versetzten Wohnungen
Die Einzelgebäude
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Der Schlüssel liegt im Erschließungskonzept, das nur in jeder dritten Etage einen
Flur vorsieht, über den je 2x4 übereinander liegende Dreizimmerwohnungen mit
vier um ein halbes Geschoss versetzten Einzimmerwohnungen zu einer nachbar­
schaftlichen Gruppe verbunden sind. Im Entwurf sind die sechs Nord-Süd gerich­
teten Flure untereinander und mit dem Zugangsfoyer im Erdgeschoss über das
in der Mitte gelegene Treppenhaus verbunden. An ihrem Südende liegen jeweils
Gemeinschaftsloggien. Der westliche und der östliche Gebäudeteil verspringen
gegeneinander um 1,50 m, die von West nach Ost durchgehenden Wohnungen
zeigen einen Höhenversprung von einem halben Geschoss, der sich deutlich
nach außen im Gebäudekörper abzeichnet.
Das Haus wurde verspätet 1958-1960 errichtet, erst nach der Beseitigung eines
Althauses, das im Wege stand. Mit der Verzögerung griffen auch neue Sparmaß­
nahmen, denen das interne Treppenhaus geopfert wurde. An seine Stelle wurde
der zweite Fahrstuhl gesetzt, so blieben ungenutzte Schächte und Nischen übrig.
Der Grundgedanke,das gestapelte Einfamilienhaus eingebettet in einen gemein­
schaftlichen Zusammenhang, wurde davon beeinträchtigt, fortan verband an er­
ster Stelle der Fahrstuhl.
Baukonstruktiv handelt es sich um einen Betonbau in Mischbauweise mit be­
wehrten Scheibenträgern, die auf Stahlbetonstützen im Erdgeschoss ruhen.
Die Wohnungstrennwände in Ost-West-Richtung sind als unbewehrte Schotten
ausgebildet. Die Standfestigkeit sichern Stahlbetonelemente, so die Fenster­
brüstungen der Nord- und Südfassade, die Geschossdecken und der Kasten des
inneren Erschließungskerns. Diese Bauweise führt zu Bauten mit größerer Masse
als der reine Stahlbetonbau, was den Verlust an Wärme verzögern könnte, sofern
sich die Wärmeverluste über die Gebäudehülle in engen Grenzen halten.
Die energetisch wirksame Hüllfläche besteht aus Betonwänden mit vorge­
hängten Fertigteilelementen aus Waschbeton und einer Innendämmung aus 3,5
cm dicken Holzwolle-Leichtbauplatten sowie Holzverbundfensterelementen. Das
entsprach der damaligen DIN 4108, wird aber heute von Bewohnern als Beein­
trächtigung der Aufenthaltsqualität im Wand- und Fensterbereich empfunden.
Die Hülle hat mehrere Schwachstellen, so tragen die Stahlbetonkonstruktionen
des Erd- und 1. Obergeschosses, die Decke über den offenen Teilen des Erdge­
schosses sowie die eingeschnittenen Loggien zur Auskühlung der Wohnungen
bei. Nach Informationen von Vattenfall konnte der Wärmebedarf des Gebäudes
von 1986 bis 2005 um gut ein Viertel gesenkt werden. Das dürfte auf bereits voll­
zogene bauliche und haustechnische Maßnahmen wie auch auf ein geändertes
Nutzerverhalten zurückzuführen sein.
Größere Investitionen waren 2005-2008 die Erneuerung der vertikalen Leitungs­
stränge im Haus und 2010 die Fassadenneuverfugung mit Verdübelung der
Waschbetonvorsatzplatten. In Absprache mit dem Denkmalpfleger wurde auch
optisch ein sehr gutes Resultat erzielt. Eine stärkere Wärmedämmung hinter den
Vorsatzplatten erfolgte nicht, es hätte die Anschlüsse an die angrenzenden Bau­
teile optisch stark beeinträchtigt. Die Eigentümergemeinschaft hat die höheren
Kosten aufgebracht und ist stolz auf das hervorragende Ergebnis.
Die Einzelgebäude
Glaswand am Treppenhaus
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Ein größeres Problem in energetischer Hinsicht stellt das nördliche und einzige
Treppenhaus in Verbindung mit den sechs Erschließungsfluren dar. Als Flucht­
treppenhaus muss es von den Erschließungsfluren aus über die offene Loggia
jeweils durch zwei Glastüren hindurch betreten werden. Über die ganze Höhe
wird es durch einfache Drahtglasausfachungen in ebenso simplen Stahlprofilen
belichtet, die in einer schlanken Tragkonstruktion aus Stahlbetonfertigteilen
sitzen. Diese Glaswand ist instabil und hat zur Zeit eine Notsicherung für die
maximale Dauer von zehn Jahren. Bis dahin muss eine technisch machbare und
zugleich denkmalverträgliche Lösung der Sanierung gefunden werden. Dieses
nunmehr einzige Treppenhaus ist aufgrund der undichten Glaswand von hefti­
gem Kaminsog betroffen, was sich in Zugerscheinungen bis in das Foyer im
Erdgeschoss hinein fortsetzt. Die teilweise heftigen Berliner Winterwinde haben
die fragile Konstruktion und ihre Verankerung gelockert und Lüftungsfenster
herausgedrückt, von denen die meisten verschweißt wurden.
Von Anbeginn wurden Treppenhaus und Flure mit Heizkörpern bestückt und
gegen die Zugwirkung beheizt. Das machte man damals so, als Energie wenig
kostete. Auch das Foyer im Erdgeschoss mit seinem großen Blumenfenster in
einfacher Stahlrahmenkonstruktion wurde mit einem mächtigen Heizkörper
versehen, der gegen Auskühlung und Zug von Eingang und Treppenhaus her
anheizt. Es stellt sich also die Frage, wie man hier zu mehr Aufenthaltsqualität
und zugleich Energieeinsparung kommen kann, ohne die Denkmalsubstanz zu
beeinträchtigen.
EMPFEHLUNGEN zu denkmalverträglichen energetischen Maßnahmen
Die erste Frage lautet: Soll das nördliche Treppenhaus wieder zu einer kommuni­
kativen Verbindung werden?
Unsere Sanierungsalternative 1 verneint dies wegen des Zwangszugangs über
die offene Loggia und beschränkt das Treppenhaus auf eine noch annehmbare
interne vertikale Verbindungsfunktion für die Bewohner.
Wir schlagen vor, es als außerhalb der zu beheizenden Gebäudehülle liegend zu
betrachten. So kann es ein kaltes Treppenhaus bleiben, das über die ganze Höhe
zur konstanten Frostschutztemperatur von 4° C beheizt wird. Im Winter herrschen
also Manteltemperaturen darin. Bei dieser Lösung kann es auch weiterhin mit
Einfachverglasung ausgestattet bleiben, was der Forderung des Denkmalschut­
zes nach Bestandserhalt entgegenkommt. Wenn man die Gebäudehülle so defi­
niert, beschränkt sich die Anforderung nach Aufenthaltsqualität auf die innerhalb
der Hülle liegenden Erschließungsflure. Hier wird es erforderlich, die Zugangstür
vom Erschließungsflur zur nördlichen Loggia mit Wärmeschutzverglasung aus­
zustatten und ihre Schließfunktion zu verbessern. Dies muss auch mit der Tür zur
Südloggia geschehen, um die Zugerscheinungen im Erschließungsflur zu min­
dern und damit seine Beheizung herunterfahren zu können, bzw. sogar darauf
zu verzichten.
Der mit dem Foyer im Erdgeschoss verbundene vertikale Luftraum des Treppen­
hauses wie auch die mit den Loggien verbundenen Erschließungsflure sind von
Luftströmungen betroffen, die sich auf Energiebedarf und Aufenthaltsqualität
2 Siehe dazu die Begleitbroschüre Transsolar Energie­
auswirken. Über eine dynamische Simulation hat das Ingenieurbüro Transsolar
technik GmbH „Untersuchung der Energiesparpotentiale
diese Luftströme für uns in den Blick genommen 2. Danach ist bei Sanierungsalterim Bereich Treppenhaus und Erschließungsflure durch
dynamische Simulation“
native 1 eine Energieeinsparung möglich, um so mehr, wenn die Solltemperatur
Die Einzelgebäude
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möglichst niedrig gehalten wird. Je kälter es draußen wird, desto mehr sinkt bei
Einfachverglasung allerdings die gefühlte Temperatur gegenüber der tatsächlichen. Dem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis des geringeren Instandsetzungsaufwandes steht hier also eine weiterhin geringe Aufenthaltsqualität gegenüber.
Erdgeschossgrundriss mit Darstellung der auskragenden Deckenteile
Eingang und Blumenfenster
Eingangsfoyer mit großem Blumenfenster
Die Einzelgebäude
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Eine denkbare Sanierungsalternative 2 gesteht den Bewohnern ein Treppenhaus
mit höherer Aufenthaltsqualität zu als nutzungsfreundliche Verbindung zwischen
den Etagen, allerdings weiterhin mit Zwangszugang über die offene Loggia.
Das macht eine Wärmeschutzverglasung der vertikalen Wand wie auch der bei­
den Durchgangstüren in ebenfalls winddichter Konstruktion erforderlich wie
ebenso eine verbesserte Schließfunktion, die im Brandfall noch leicht zu öffnen ist.
In diesem Fall gehört das Treppenhaus in das Innere der zu beheizenden Gebäudehülle und muss über die vorhandenen Heizkörper weiter temperiert werden.
Nach den dynamischen Berechnungen von Transsolar ist diese Variante auch un­
ter dem Gesichtspunkt der Energieersparnis interessant: Durch die Wärmeschutz­
verglasung könnte der Gesamtenergieverbrauch des Gebäudes um 5 % gesenkt
werden. Der höhere Aufenthaltskomfort wird hier bei gleichzeitig geringerem
Energieverbrauch erzielt als bei der mit Einfachverglasung ausgestatteten Vari­
ante 1. Die an das Treppenhaus westlich angrenzende Wohnung profitiert zudem
von der höheren Innentemperatur des Treppenhauses.
Seit kurzem gibt es eine Wärmeschutzverglasung mit stark reduziertem Gewicht.
Zu prüfen wäre, ob diese in die bestehende Stahlbetonfertigteilkonstruktion mit
ihrer geringen und konisch zulaufenden Profilstärke eingebaut werden kann,
falls die im Beton angegriffene Konstruktion zu retten ist. Dabei wären die Ver­
ankerung im Mauerwerk und auch die Entrauchung im Brandfall neu zu lösen.
Wenn eine solche Bestandssanierung nach gründlicher Prüfung nicht möglich ist,
geht es um die Rekonstruktion der Glaswand – und das gilt dann für beide Sanie­
rungsalternativen.
Die Wahl zwischen den beiden aufgezeigten Alternativen kann nicht ohne die
Eigentümer getroffen werden.Wie immer die Entscheidung und auch das Prüfer­
gebnis zur Bestandssicherung ausfallen, die Investition ist etwa 2020 notwendig
und muss neben der Instandhaltungsrücklage für laufende Maßnahmen ange­
spart werden. Beide Alternativen verlangen die fachkundige Entwicklungsarbeit
in Kooperation von Denkmalschutz und hochqualifizierten Fachleuten.
Weitere bauliche Energieeinsparmaßnahmen sind von der Eigentümergemein­
schaft vermutlich erst ab 2020 finanzierbar oder auch erst dann fällig. Eine spä­
tere Erneuerung der Fenster, die im Sondereigentum stehen, fällt hingegen den
Einzeleigentümern zu. Die noch vorhandenen ursprünglichen Fenster sollen
solange erhalten bleiben, bis sie ihren Dienst versagen. Dann aber sollten ther­
misch bessere Fenster im alten Erscheinungsbild eingebaut werden zuguns­
ten des Wohnkomforts und des Werterhalts. Die Einzeleigentümer sollten über
WEG-Beschluss auf ein handwerklich und thermisch hochwertiges Muster ver­
pflichtet werden, das nach Bedarf eingebaut werden kann. Die Dämmung der im
Freien liegenden Deckenbereiche unter dem 1.Obergeschoss lässt sich hingegen
nicht so einfach durchführen. Wie das Foto zeigt, enden die filigranen Rahmen
der Fenster passgenau an der Unterkante der Decke, ein hochästhetisches De­
tail. Hier bleibt wohl nur übrig, innen den Estrich aufzunehmen und eine bessere
Dämmschicht zwischen Estrich und Stahlbetondecke einzubringen.
3 WTA = Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft
für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege Darmstadt
Die Innendämmung der Außenwände ist eine weitere Option, die sich möglicher­
weise in Eigeninitiative einzelner Wohnungseigentümer anbahnt. Eine vom WTA 3
Die Einzelgebäude
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wissenschaftlich begleitete Mustersanierung, die nach privatem Investitionsver­
mögen ab etwa 2020 einzeln abrufbar wäre, erscheint sinnvoll. Es zeigt sich also,
dass jede Einzelmaßnahme mit Blick auf Erscheinungsbild und Bauphysik eine
eigene Entwicklungsmaßnahme ist.
In einem kürzeren Zeitraum realisierbare energetische Einsparmaßnahmen sehen
wir bei den technischen Anlagen: Hydraulischer Abgleich, Heizgradneueinstel­
lung, Nachtabsenkung der Heizanlagen und qualifizierte jährliche Wartung kön­
nen hier noch Effizienzgewinne bringen, die kurzfristig zu erzielen sind. Bei der
Warmwasserbereitstellung liegt das Haus noch deutlich über den Werten der an­
deren Häuser, bei denen technische Verbesserungen an Pumpen und Regelungs­
technik durchgeführt wurden, was zu Energieeinsparungen zwischen 10 und 15 %
des Energieverbrauchs der Anlage führte. Für die Anlagen der Heizwärmebereit­
stellung wäre gleiches zu prüfen. Bei den technischen Anlagen scheinen also bei
diesem Haus bei gutem Kosten-Nutzen-Verhältnis und ohne Zugriff auf die Denk­
malsubstanz offensichtlich noch weitere Effizienzgewinne zu erzielen sein.
Literatur
Dolff-Bonekämper 1999 S. 52-56 amtl. Katalog 1957 S. 69 - 71 Braun in Bauforschung 1960, S. 29, 34, 35, 39 Deutschmann in dgl. S.15/16 Cremer in dgl. S. 56
LDA 2007 Bd. 26 S. 48/49 Schulz+Schulz 2008, Das Hansaviertel ... S. 52-55 Joedicke, 1971 Geschichte der ... S. 106-109 Bauwelt 40/1956, S. 951, 952 Bauakten: Prüfbericht Prüfstatiker
Garrecht/Leimer 2009 WTA-Tag 2009
Die Einzelgebäude
Bartningallee 11/13 - Hochhaus der Architekten Raymond Lopez und Eugène Beaudouin
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Die Einzelgebäude
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Bartningallee 11/13
Hochhaus der Architekten Raymond Lopez und
Eugène Beaudouin
Grundriss Normalgeschoss mit versetzbaren Wänden
Höhe 51 m, 15 Wohngeschosse, quadratischer Grundriss 22x22 m, 24.754 cbm,
Wohnfläche 4.671,84 qm, Rastermaß 2,23 m, 87 Wohnungen 40-61 qm, hoher
Anteil von 1Zi-Wohnungen mit Kochnische
Über flexible Wohnungsgrundrisse mit verschiebbaren Wänden wollten die Architekten den technischen Fortschritt zugunsten neuer Lebensformen in Dienst
nehmen; das versuchten auch weitere Architekten im Hansaviertel; aber der
Lösungsansatz von Lopez und Beaudouin ist der radikalste: Sie verbannten die
der Flexibilität im Wege stehenden Leitungsstränge als „dienende Elemente“ aus
dem Inneren der Wohnung vor die Fassade; die Idee hat 1971 die Architekten
Piano und Rogers beim Centre Pompidou inspiriert.
So wurden die Heizleitungen mit Vor- und Rücklauf und die Entwässerung in
Lisenen vor der Fassade gebündelt. Auch die Fassadenelemente in Stahlrahmen
künden von Leichtigkeit und Dienstbarkeit des industriellen Fortschritts, das Raster wird spielerisch, die eingeschnittenen Loggien werden unregelmäßig über
die Fassade verteilt. Wärmeschutz wird verbal bewältigt:
„Die Wand hat zwar eine geringere Wärmespeicherung, dafür aber eine erhöhte
Wärmedämmung...unter Einsatz von Stahlblech, Vermiculite, Steinwolleplatten
...“ schreibt ein Gutachter 1960.
Die Brüstungsausfachungen der Fensterelemente entsprachen selbst den damaligen niedrigen Anforderungen des Mindestwärmeschutzes für Außenwände
nicht, stellt ein zweiter Gutachter fest.
Dabei hatte schon der amtliche Katalog der Interbau 1957 die wärmetechnischen
Mängel der Fassade mit geringer Wärmedämmung, Wärmebrücken der verspringenden Loggien (damals noch Kältebrücken genannt) und der Führung der Heizungsrohre aufgeführt. Ohne Zweifel ist aus der kompositorischen Grundeinstellung ein besonders schönes Fassadenspiel entstanden.
Hier wurden beide Treppenhäuser des Entwurfs gebaut. Auch bei diesen Trep-
Die Einzelgebäude
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penhäusern werden die Wärmeverluste der gebäudehohen Einfachverglasung
über das stärkere Beheizen kompensiert.
Das Haus wurde ebenso als Mischkonstruktion errichtet, Stahlbetonstützen und
die Wandscheiben der Nord- und Südfassade haben tragende Funktion, die unbewehrten Schotten leiten die lotrechten Lasten ab.
Schnitt Nord - Süd
Die aus der Mischbauweise resultierende höhere Gebäudemasse kann wegen
der hohen Transmissionsverluste der Hülle auch hier in ihrer Wärmespeicherfähigkeit nicht genutzt werden. Daher ist die mit der laufenden Fassadensanierung durch das Architekturbüro Brenne verbesserte Winddichtigkeit der
Hülle ein auch energetisch sinnvoller erster Schritt, selbst wenn zugunsten der
Wiederherstellung des ursprünglichen eleganten Erscheinungsbildes auf energetische Verbesserungen an den Fassadenelementen verzichtet wurde.
Ursprüngliches Fassadenelement
Die thermisch nicht getrennten Profile der Stahlfenster waren bei den üblichen
Eigenschaften des Stahls, mit sinkenden Temperaturen zu schrumpfen und sich
bei steigenden auszudehnen, bald von Tauwasserbildung, Rosten und Undichtig-
Die Einzelgebäude
40
keit betroffen. Sie wurden nun bei der vollzogenen Sanierung der Westfassade in
einer ertüchtigten Variante mit den ästhetisch bedeutsamen geringen Profilstär­
ken der Entstehungszeit beispielhaft eingesetzt. Inzwischen ist eine Variante mit
ebenso geringer Profilstärke, aber thermischer Trennung auf den Markt gekom­
men, was Anlass zur Weiterentwicklung der Fenstererneuerung bietet.
Dabei spielen auch die hohen Kosten eine Rolle. Gerade dieses Haus ist ein Bei­
spiel für das Zusammenspiel von Werterhaltung und energetischen Verbesse­
rungen. Die Eigentümer zogen in der Phase zunehmender Undichtigkeit aus, die
Mieter wechselten häufig. Schon die Sanierung der Westfassade beginnt, diesen
Trend zu stoppen. Die hohen Umlagen, die die Eigentümergemeinschaft zu­
gunsten der Werterhaltung aufbringen muss, stehen in engem Zusammenhang
mit den realisierbaren Mieten. Die eher bildungsbürgerlichen Kreise, die an den
Wohnungen im Hansaviertel interessiert sind, sind letztlich auch die Träger der
Werterhaltung.
1981-1988, also noch vor der Unterschutzstellung, wurden zahlreiche Original­
fenster und Balkontüren durch Kunststoffelemente mit breiteren Profilen ersetzt.
Die beeinträchtigende Wirkung lässt sich vor Ort nachvollziehen. Der Austausch
erfolgte durch die Einzeleigentümer, nachdem eine Musterwohnung die Kunst­
stoffelemente vorführte. Auch dies ist Teil einer längeren Geschichte. In Berlin
setzte in diesen Jahren die Rückbesinnung auf die gestalterischen Qualitäten
früheren Bauens in homogenen Stadtvierteln ein. Aber der ruppige Pragmatis­
mus galt noch etliche Jahre weiter. Die Wende im Erkennen von Gestaltungs­
qualitäten fällt dann in etwa mit der politischen Wende zusammen. Darüber
bleibt nachzudenken.
Nebeneinander von Stahlfenster und Kunststofffenstern heute
Die Einzelgebäude
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EMPFEHLUNGEN
So gelungen der beschrittene Weg der Fassadensanierung ist, energetisch bleibt
das Haus ein prekärer Sonderfall; mit steigenden Energiekosten müssen auch
hier bei besonders hohem Wärmebedarf energetische Verbesserungen gesucht
und umgesetzt werden. Dies dürfte ohne Beeinträchtigung des Denkmals mit
folgenden Maßnahmen erreichbar sein, wenngleich dadurch kein befriedigender
energetischer Status erreicht werden kann:
Die Sanierung der Ostfassade sowie der Nord- und Südfassade mit besserer
Dämmung der Heizrohre in den Lisenen und energetischer Verbesserung am
Anschlusspunkt der Lisenen zur Fassade hin (wie vom Büro Brenne entwickelt)
sollten mit Priorität weitergeführt werden. Doch sollten energetisch höherwer­
tige Brüstungselemente und schlanke Fenster mit nunmehr thermischer Tren­
nung eingebaut werden (lösbar mit den Secco-Profilen, wie vom Büro Brenne
vorgeschlagen). Daher empfiehlt es sich, in der jetzigen Phase des Ansparens
diese Weiterentwicklung vorzubereiten und als künftig gültige Lösung weiterzu­
führen. Mit Blick auf Wohnkomfort und Energiekosten sollten Fenster mit ther­
misch getrennten Secco-Profilen von den Einzeleigentümern bereits vor 2020
eingebaut werden können.
Beheiztes nördliches Treppenhaus
Literatur
Bauakte (Auszug) im LDA
Interbau 1957, amtl. Katalog S. 253, 254
Braun 1960, Wandbauarten, in:
Bauforschung ... S. 33, 34
Deutschmann in dgl. S. 15
Caemmerer in dgl. S. 108, 109
Steinkampf 1960, in: Die Interbau wird diskutiert S. 38/39
LDA Ordner 09050387
Fischer, Burckhardt2002, Bestandserhebung...Denkmal­
pflegerisches Gutachten
LDA, Restaurator. Farbuntersuchung
LDA 2007, Bd. 26 S. 197, 198
Fischer, Burckhardt 2007, Bericht zur... Mustersanierung...
2006
Brenne/Hoffmann 2012, Denkmalgerechte Sanierung
Parallel zum weiteren Ansparen über mehrere Jahre bis etwa 2020 sollte bereits
heute ein Energieeinsparkonzept vorbereitet werden:
- Dämmung des Flachdachs
- Rückführung der beiden Treppenhäuser auf einen minimal beheizten Zustand.
Die innenliegende Erschließungszone zwischen beiden Fahrstühlen wird
auch bisher nicht beheizt. Es empfiehlt sich rechnerisch zu prüfen, welche Ein­
sparungen es bringt, die vertikalen Treppenhausverglasungen Nord und Süd
mit Wärmeschutzverglasung zu versehen und die Fugendichtigkeit der hier
vorhandenen Fensterrahmen zu verbessern. Auch hier wäre eine dynamische
Simulation der Luftströme sinnvoll.
- Wie der Schnitt zeigt, grenzt die Decke über dem Erdgeschoss im zurücksprin­
genden Eingangsbereich an die Außenluft, sodass eine Dämmung dieser
Zone sinnvoll ist.
- Weitere Einsparpotentiale können bei der Haustechnik und insbesondere bei
der Fernwärme- und Warmwasser-Übergabestation im Hausanschlussraum
erzielt werden. Der spezifische Energieverbrauch für die Warmwasserbereit­
stellung pro qm und Jahr liegt deutlich über den Vergleichswerten der Häuser,
bei denen Wärmetauscher und Pumpen erneuert und neue Regelungstechnik
eingebaut wurde.
Abhängig von der Entwicklung der Energiepreise könnte der Handlungsbedarf
früher akut werden - aber auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieser Investitionen
günstiger werden. Die hohen Ausgaben für die Instandsetzung der Fassade legen
nahe, die Möglichkeiten einer Förderung zu klären. Da seit diesem Jahr die KfW
beim Denkmalbestand keine Grenzwerte für den zu erzielenden Energiever­
brauch mehr zur Bedingung macht, könnten die angedachten thermischen Ver­
besserungen an der Fassade die KfW-Mittel erreichbar machen,was ohne energe­
tischen Zugewinn nicht möglich ist. Es empfiehlt sich, dies zu prüfen.
Die Einzelgebäude
Bartningallee 16 - Hochhaus des Architekten Hans Schwippert 2012
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Die Einzelgebäude
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Bartningallee 16
Hochhaus des Architekten Hans Schwippert
Grundrisse in Höhe der 2-geschossigen Loggien
Höhe 51 m, 16 Geschosse, Geschosshöhe 3 m, Grundriss in ein Quadrat von 25x25 m
eingeschrieben, 35 Etagen- u. 26 Maisonette-Wohnungen (ca. 90 qm) Kubatur ca.
32.000 cbm, Wohnfläche 4.699,91 qm, 4.639,99 qm beheizte Fläche.
Der Entwurf lebt von seiner Ausstrahlung nach außen. Das Entwurfskonzept folgt
ebenfalls dem Gedanken des gestapelten Einfamilienhauses mit Hilfe von Maisonettewohnungen. Im 4., 8. und 12.OG gibt es daher keine Erschließungsflure.
Die Bündelung der Verkehrswege hatte das Wohnen in einer Hausgemeinschaft
im Blick. Auch der Wasch- und Trockenraum in der Größe einer Wohnung
im obersten Geschoss dient diesem Gedanken. Um die Vertikale zu betonen, ist
das Gebäude durch stark vorspringende Wandscheiben gegliedert. Dies und die
tiefen, teilweise doppelgeschossigen Loggien geben ihm einen skulpturalen
Charakter.
Auch hier wurde in der kostenreduzierenden Mischbauweise von geschütteten,
unbewehrten Wandscheiben und aussteifenden Bauteilen aus Stahlbeton gebaut. Der Einsatz vor Ort hergestellter geschosshoher Fertigteile in Sichtbeton
erfolgte in der schwedischen Allbetonbauweise, die über die Verringerung des
Arbeitsaufwandes auch die der Baukosten anstrebte. Sie befand sich im Hansaviertel allerdings noch im Erprobungsstadium und erfüllte die Hoffnungen nicht,
die Baupreise stiegen aus anderen Gründen weiter.
Das Schwipperthaus ergab bei der Nachkalkulation 1960 die mit deutlichem Abstand höchsten Gesamtherstellungskosten (trotz günstiger Herstellungskosten
bei den Wandkonstruktionen), aufgrund des entwurfsbedingten höheren Aufwands und des ungünstigen Verhältnisses von Kubatur zu Wohnfläche. Dieser
Raumflächenfaktor bedingt aus heutiger Sicht auch ein energetisch ungünstiges
Zahlenverhältnis.
Für den Energiehaushalt des Gebäudes gilt auch hier, dass die höhere Gebäudemasse der Mischbauweise ihre speichernde Wirkung durch die gewählte Ausformung der Gebäudehülle kaum nutzen kann. Die skulpturale Ausbildung der
Die Einzelgebäude
44
Der Turmdrehkran
als Rationaliserungsabsicht
Hülle, zudem in Sichtbeton, verstärkt den „Kühlrippen“-Effekt, d.h. die Wärme
fließt verstärkt in Richtung des kalten Außenraumes ab.
„Um die Wärmedämmung zu erhöhen, sind die Außenwände mit 5 cm dicken auf
der Baustelle vorgefertigten Betonplatten als verlorene Schalung belegt, an deren
Rückseiten 2 cm dicke Isolierplatten aus Schaumstoff angegossen sind“, heißt es
im amtlichen Katalog von 1957. Die Doppelschaligkeit war schon zur Bauzeit bei
nur 2 cm Kunstharzschaumplatte zwischen der Wand aus 23 cm Ziegelsplittbeton und der Betonvorsatzschale von 5 cm als thermische Trennung ungenügend.
Da half auch die höhere Dämmeigenschaft des Ziegelsplittbetons nur wenig.
Zur Hülle gehören auch die Fenster. Die ursprünglichen Holzverbundfenster sind
wesentlich für das Erscheinungsbild des Hauses. Die davon abweichenden Fenster, die vor Unterschutzstellung 1995 eingebaut wurden (z. T. in Kunststoff), wurden damals bauaufsichtlich genehmigt und genießen Bestandsschutz. Die nach
1995 mit Zuschüssen aus dem Schallschutzprogramm der Deutschen Bahn eingebauten zeigen etwas größere Profilstärken als die ursprünglichen. Der Denkmalschutz empfiehlt, sie längerfristig durch neue mit höherem energetischen
Standard zu ersetzen, die im Erscheinungsbild den ursprünglichen entsprechen.
Schwippert - Haus 1958
Fassadendetail mit Fugenbändern
und Scheinfugen
Die Einzelgebäude
45
Die vor 1995 zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität von Einzeleigentümern
vorgenommenen Loggienverglasungen haben das Aussehen des Gebäudes ver­
ändert. Sie wären aus Denkmalsicht wieder zu entfernen, soweit bauaufsichtlich
genehmigt auf freiwilliger Basis. Der Rückbau empfiehlt sich auch aus energe­
tischen Gründen, da diese gegen die Auskühlung von darunter liegenden offe­
nen Loggien teilweise sogar beheizt werden.
Ein besonderes Problem für die energetische Gesamtbilanz ergibt sich aus der
Ausbildung des nordgerichtetenTreppenhauses. Als das einzige musste es ein
Fluchttreppenhaus sein. Es ist auf drei Seiten mit Betonwänden von den angren­
zenden Erschließungsfluren abgetrennt. Von diesen wird es über den Fluchtbal­
kon mittels zweier Zwischentüren betreten. Diese Zwangswege über die offenen
Fluchtbalkone erzeugen vertikalen Kaminsog im Treppenhaus und Zug in den
Erschließungsfluren. Man nutzt daher vorzugsweise die Fahrstühle. Die Flure wer­
den in der Folge stärker beheizt, um das Entweichen von Wärme bei der Zwangs­
öffnung auszugleichen. Der starke Windsog reißt zudem die Türen immer wieder
von allein auf. Der Hausverwaltung wurde vorgeschlagen, nach Verstärkung des
Schließmechanismus die Heiztemperatur auf 12 Grad Manteltemperatur abzu­
senken.
EMPFEHLUNGEN zu denkmalverträglichen energetischen Maßnahmen
Für die Senkung des Energieaufwands ist die Lösung der Treppenhausproblema­
tik ein wichtiger Teilschritt. Hier ist die Beheizung der verglasten Erschließungs­
flure bedeutsam, wie die Rechenergebnisse von Transsolar 1 zeigen. Würde man
diese schlecht schließenden Glastüren durch dicht schließende mit Wärmeschutz­
verglasung ersetzen, könnte der Wärmeverbrauch des gesamten Gebäudes
um gut 15 % gesenkt werden, selbst bei beibehaltener Beheizung der Flure zu
Aufenthaltstemperatur. Ein gemindertes Beheizen der Flure zu 12 ° C ohne Wär­
meschutzverglasung der Türelemente würde zu 6 % Energieersparnis für das
gesamte Gebäude führen, dies aber bei stärkerem Wärmeabfluss aus den Woh­
nungen.Eine Wärmeschutzverglasung der Türelemente ist daher die Empfehlung
auf lange Sicht. Sie sorgt für thermischen Komfort bei gleichzeitig niedrigeren
Heizkosten und mehr Gerechtigkeit.
Schwippert - Haus 2012
An erster Stelle ist der Schließmechanismus der Türen zu verbessern. Damit die
Türen im Brandfall von jedermann geöffnet werden können, darf der Kraftauf­
wand nicht zu hoch sein, während zugleich eine starke Verschlusswirkung gegen
den Windanfall gefordert ist. Möglicherweise brächte ein Zweistufenmechanis­
mus, der sich über einen Bewegungsmelder reguliert, eine brauchbare Lösung.
Eine regelmäßige Wartung der Schließanlage durch eine qualifizierte Firma ist in
jedem Fall erforderlich.
1 Transsolar 2012, Untersuchung der Energieeinsparpotentiale im Bereich Treppenhaus und Erschließungs­
flure für das Haus Bartningallee 16 durch dynamische
Simulation
Ein höherer energetischer Standard der Fenster mit besserer Winddichtigkeit
würde einen größeren Beitrag zur Energieeinsparung leisten, aber zu beacht­
lichen Kosten führen, jedoch bei gutem Kosten-Nutzen-Verhältnis in der Lang­
zeitbetrachtung für die Einzeleigentümer. Dies kann die geringe Dämmqualität
der Außenwände jedoch nur beschränkt kompensieren.
Daher stellt auch die Innendämmung der Außenwände eine langfristige Option
Die Einzelgebäude
46
dar. Dazu gelten auch hier die zur Bartingallee 7 gemachten Ausführungen (Innendämmung einer Musterwohnung, bauphysikalische Begleitung).
Beim Schwippert-Haus muss einer Innendämmung jedoch ein wichtiger Sanierungsschritt vorausgehen: die Neuverfugung der Sichtbetonfassade. Sie erfolgte
2001 über Fugenbänder unelegant und in technisch fragwürdiger Ausführung,
eindringendes Wasser kann daher nicht mehr entweichen. In einigen Jahren ist
sie zu erneuern mit erheblichen Kosten, da ein teures Gerüst aufgestellt werden
muss.
Sichtbetonbauteile mit partieller Wärmedämmung im Bereich der Loggien
(Skizze o.M. nach Angaben der Bewehrungspläne)
Wir empfehlen, bei dieser Gelegenheit den Zustand des Daches und aller Flachdachanschlüsse zu überprüfen. Reparaturen sollten während der Gerüststandzeit
mit ausgeführt werden. Wünschenswert wäre, für das gesamte Flachdach das
Aufbringen einer Wärmedämmung mit zu erledigen.
Nach den Sanierungsprioritäten steht aktuell auch der Ersatz der undicht gewordenen gusseisernen Fallrohre im ganzen Haus an. Sie liegen zwischen den Wänden der Erschließungsflure und der Vorsatzschale, was wegen der umfangreichen
Stemmarbeiten zu erheblichen Kosten führt.
Energetische Einsparmaßnahmen bei den technischen Anlagen der Übergabestation scheinen nach Inaugenscheinnahme begrenzt: Eine Heizgradneueinstellung, die Nachtabsenkung und eine jährliche Wartung der Anlagen könnten
möglicherweise noch gewisse Effizienzgewinne bringen. Die Warmwasserbereitstellung zeigt nach etlichen Verbesserungsmaßnahmen der letzten Jahre schon
relativ gute Werte. Potentiale könnten noch bei besserer Wartung der Heizkörper
und ihrer Zuleitungen bestehen.
Literatur
Südlicher Fassadenschnitt o.M.
Zeichnung: Veronika Kovalchuk
Lehrforschungsprojekt
LDA Bd. 26 2007, S. 200-205, 230, 231
Dolff-B. 1999, S. 79-81
Bauwelt 24/1957, S. 595-600
Amtl.Kat.1957, S. 77, 78, 232, 240, 242-249
Braun in Bauforschung 1960, S. 30, 32, 38, 40, 42, 43
Deutschmann 1960, Zur statisch-konstruktiven Gestaltung..., S. 11-16
LDA Ordner 09050387
Die Interbau wird diskutiert 1960, S. 30-32
Triebel in Bauforschung 1960, S. 85
Roedler in dgl. 1960, S. 96
Bauakten Bezirksamt Mitte-Tiergarten
Landesarchiv B Rep 169/292, 293
Die Einzelgebäude
Altonaer Str. 3-9 - Hochhaus der Architekten Fritz Jaenecke und Sten Samuelson
Altonaer Str. 3-9
Hochhaus der Architekten Fritz Jaenecke und
Sten Samuelson
Grundriss des ausgeführten Skelettbaus
Grundriss, der den Bau als Schottenbau erscheinen lässt
47
Die Einzelgebäude
48
10-geschossiges Scheibenhochhaus, 85 m lang, 11 m tief, 31 m hoch, 68 Woh­
nungen, 6.590 qm Wohnfläche, vier 5-Zi-Wohnungen zu 115 qm im 9. OG, 64 4-ZiWohnungen zu 95 qm, also groß für die damalige Zeit.
Die Besucher der Interbau und die Bewohner waren von diesem Haus besonders
angetan und tauften es bald „Das Schwedenhaus“, wie es heute im Quartier noch
heißt. Schon während der Bauzeit bewegten sich wahre Pilgerzüge darauf zu.
Was mochte das ausgelöst haben? Die skandinavischen Länder standen für
Modernität und neue Lebensformen, die Wohnungen waren über Wegnehmen
oder Hinzufügen leichter Zwischenwände an Veränderungen im Familienleben
anpassbar, das Wohnzimmer war ein offener „Allraum“ ohne Türen und auch
die Fußbodenheizung zählte zu den Innovationen, die viele interessierten, auch
wenn sie dann doch nicht so wohnen wollten. Auch die jungen Architekten der
Nachkriegszeit reisten nach Norden, um Anregungen zu erhalten. In den Woh­
nungen wurde und wird viel umgebaut, Zwischenwände rein oder raus, aber das
ist ja das Konzept der Architekten und darf hier im Rahmen des Denkmalschutzes
erfolgen.
Noch heute gibt es Altbewohner, die stolz auf die skandinavischen Einbau­
schränke und -küchen sind.
Das „Schwedenhaus“ während der Interbau 1957
Das System der Fußbodenheizung
Die Einzelgebäude
49
Das Schwedenhaus gilt auch als frühes leuchtendes Beispiel energiebewussten
Bauens. Und es leuchtet auch wegen der einfallsreichen und differenzierten Verwendung des Sichtbetons. So wurden etliche Betonflächen in rauer, gespundeter
Schalung mit sichtbarer Schalbrettstruktur hergestellt. Wegen der erwünschten
Flexibilität wurde es als Stahlbetonskelettbau errichtet, in den gut gedämmte
Leichtbauelemente als Außenhülle eingefügt wurden. Es bekam eine Dreifachverglasung der Fenster und hatte schon damals Sensoren auf dem Dach, die zur
Heizungsregulierung die Außentemperatur maßen. Das Flachdach bekam eine
doppelte Isolierung. Auch die unverbaute Orientierung zur Südsonne hat einen
energetischen Nutzen.
Sehen wir auf den Heizenergieverbrauch, ist er geringer als der der anderen
Scheibenhochhäuser, aber er ist keineswegs so gut, wie vermutet wird. Also gibt
es doch ein paar Haken und Ösen, die sich benennen lassen:
- Die nackten Betondecken kragen beidseits ungeschützt aus - bei Balkonen
wie Laubengängen, so dass über diese Wärmebrücken die Wärme von innen
nach außen abfließt. Eine thermische Trennung war noch nicht machbar.
- Die über eine Umwälzpumpe betriebene Fußbodenheizung zeigt sich als träges Heizsystem, das nur mit erheblicher Verzögerung auf die Außentemperatur reagiert. Es kann auch auf plötzlichen Sonnenschein, der die Südseite aufheizt, nicht sofort reagieren. Also wird überschüssige Wärme von den Bewohnern zum Fenster rausgelüftet.
Flexibles Wandsystem der Wohnungen und Wärmedämmung der Stirnseiten
- Auch die Erdgeschosszone mit schlecht gedämmten offenen Deckenbereichen verschlechtert die Bilanz, denn die Fußbodenheizung überträgt einen
Teil der Wärme nach unten. Die Gewerbeeinheiten werden herkömmlich mit
Radiatoren beheizt.
- Die Lage der Heizschlangen nahe zu den auskragenden Balkonplatten zeigt
deutlich das Denken der Zeit, gegen den Wärmeabfluss anzuheizen.
Auf der energetischen Habenseite zählen insbesondere
- die dreischeibigen Verbundfenster aus abgelagertem Holz, die man auch
heute nicht ersetzen muss
Die Einzelgebäude
50
- die zur Bauzeit technisch wohl besonders sorgfältig ausgelegte Fernwärme­
übergabestation im Hausanschlussraum, die zudem mit neuer Technik nach­
gerüstet wurde. Das wie bei allen Häusern von Vattenfall zu 60° C zugeführte
Warmwasser wird hier am effizientesten über neue Wärmetauscher, Speicher­
kessel und Pumpen weiterverteilt.
Nordfassade mit Laubengängen
EMPFEHLUNGEN
Für das äußere Erscheinungsbild des Denkmals schließen sich außenliegende
Wärmedämmmaßnahmen aus, mit der Ausnahme der Stirnseiten, bei denen
geschosshohe Vorsatzschalen aus Beton schon beim Bau vorgesehen wurden.
Wegen der Schäden am Beton waren sie zu erneuern und man entschied sich,
dies mit besserer Wärmedämmung zu verbinden. So wurden die Stirnseiten vor
einigen Jahren mit einem hochwertigen Wärmedämmverbund-System saniert.
Daher gibt es nun Scheinfugen anstelle der früheren echten Fugen zwischen den
geschosshohen Betonplatten. Das Putzimitat entspricht nicht den hohen Anfor­
derungen des Denkmalschutzes, sondern gilt als Kompromiss mit Blick auf die
Kosten.
Literatur
Interbau 1957, amtl. Katalog S. 88, 89
Schulz u. Schulz 2008, ...S. 80-83
LDA Bd. 26 S. 48, 49, 165-172
Bauwelt 24/1957, S. 595, 598, 599
LDA Ordner 09050387
Dubrau 2010, Architekturführer Nr. 909
Cremer in Bauforschung 1960, S. 65
Caemmerer in dgl. S. 108, 109
Bauwelt 32/1957, S. 811/812
Potentiale zu weiterer Energieeinsparung sehen wir im Richten der Fenster und
der Verbesserung der Fugendichtigkeit. Die dreifach verglasten Verbundfenster
zeigen auch heute noch hohe Qualität und bieten bei geringer Nachbearbeitung
wieder vollwertigen Wärmeschutz. Diese Arbeiten sind von den Eigentümern
durchzuführen. Auch die bessere Dämmung der Decke über dem EG und des
Flachdachs ist zu empfehlen.
Im weiteren sollte mit diesem Haus gelebt werden, wie es sich heute energetisch
darstellt.
Die Einzelgebäude
Altonaer Str. 4-14 - Scheibenhaus des Architekten Oscar Niemeyer
Altonaer Str. 4-14
Scheibenhaus des Architekten Oscar Niemeyer
Grundriss 5. OG (Verteilergeschoss)
Grundriss Normalgeschoss
51
Die Einzelgebäude
52
Höhe 27 m, 8 Geschosse, 78 Wohnungen mit 5.089 qm Wohnfläche, Grundflä­
che 72x15 m auf 14 V-förmigen Betonstützen (Pilotis), 6 innenliegende Trep­
penhäuser, Zweispänner-Erschließung. Das Haus fällt nicht unter die Hochhaus­
bestimmungen, da es keine Wohnnutzung im obersten Geschoss enthält. Ganz
besonders für Niemeyer war Wohnen in großen Häusern mehr als eine Stape­
lung einzelner Wohnungen, es ging ihm um das Zusammenleben.
Der Architekt Oscar Niemeyer aus Rio de Janeiro zählte schon zu den großen
Namen der Moderne, als man ihn zur Interbau nach Berlin einlud - seine Bauten
für Brasilia, mit denen wir ihn heute identifizieren, waren da allerdings noch nicht
gebaut. Die wohlproportionierte große Scheibe auf den kühnen V-Stützen ist
ein Beispiel der grenzüberschreitenden internationalen Moderne, die von Le
Corbusier maßgeblich mitgeprägt wurde.
Das offene leicht angehobene Erdgeschoss mit den Treppenhauszugängen, das 5.
Obergeschoss mit seiner offenen, multifunktional nutzbaren Fläche über die
gesamte Länge von 72 m und der ebenso lange Dachraum im 8. Obergeschoss
sind gemeinsam nutzbare Räume und zugleich Verteilerebenen, die Verbindung
zwischen den sechs Treppenhäusern und dem herausgerückten Aufzugsturm
herstellen. Dieses Entwurfskonzept wird über die V-Stützen, die Gliederung der
Westfassade und den expressiven Turm auf der Ostseite nach außen hin in Szene
gesetzt. „Hier wird ... das Streben deutlich, die in einem Gebäude zusammenge­
fügten Wohnzellen zu einem Gemeinwesen werden zu lassen. ,Conjunto‘ nennt
man in Brasilien diese Wohnform,“ schreibt der amtliche Katalog von 1957.
Ausgeführt wurde auch hier eine Schottenbauweise aus Ziegelsplittbeton. Doch
stehen die Schotten auf den Gabelarmen der V-Stützen, ein statisches Sonderpro­
blem bei instabilem Untergrund, das besonderen Aufwand für die Standfestig­
keit der V-Stützen und bei der Queraussteifung des Gebäudes verlangte. Das 8.
Obergeschoss besteht aus Stahlbetonrahmen, Stahlbetonrippendecke und nicht
tragenden Außenwänden aus Hohlblockmauerwerk in Gebäudelänge, das starke
Rissbildung zeigt. Eine außenliegende Wärmedämmung mindert nun die Tem­
peratureinwirkung auf die Westfassade; jetzt sucht man eine Lösung für die Ost­
fassade.
Quer- und Längsschnitt o.M.
Dachgeschoss
Die Einzelgebäude
53
Das Gebäude lebt auch von der differenzierten Oberflächenbehandlung des
Betons: Für die Pilotis wurde glatter grauer Sichtbeton gewählt; für Deckenun­
tersichten und Schotten im Bereich der Loggien Sichtbeton mit sägerauen Ober­
flächen und sichtbaren Fugen schmaler Schalungsbretter; nur der Fahrstuhl­
turm wurde verputzt und ist mit intarsienartig eingelegten graugrünen Schei­
ben in Kreisform strukturiert, die beiden Aufzugsbrücken zeigen wiederum eine
sägeraue Betonoberfläche, den Gegensatz zwischen glatten und strukturierten
Oberflächen betonend.
Daher blieb für die Betonaußenwände nur übrig, sie von innen mit 3 cm starken
Holzwolleleichtbauplatten auszukleiden. Die Schotten auf der Westseite sind als
seitliche Begrenzung der Loggien weit herausgezogen und verursachen mit den
Bodenplatten, beides der Zeit entsprechend ohne thermische Trennung, starke
Wärmebrücken mit Auskühlung im fassadennahen Innenbereich. 2000 - 2003
erfolgte eine umfangreiche denkmalgerechte Betonsanierung mit Hydropho­
bierung und Lasur mit mineralischen Keimfarben an den Stirnseiten in Abstim­
mung mit dem Denkmalpfleger. Die Fenster/Tür-Elemente der Westseite wurden
im Auftrage der Einzeleigentümer in Holz nachgebaut mit geringfügig stärkeren
Profilen, um die Isolierverglasung zu tragen; die Türen erhielten wieder den
Schwenkmechanismus mit 180-Grad-Öffnung.
Wesensmerkmale der Architektur und zugleich Wärmebrücken
Denkmalverträgliche Maßnahmen der Energieeinsparung am Gebäude zeigen
sich hier als limitiert. Erfolgreich war hingegen die 2005 durchgeführte Neuein­
stellung der Heizgrade mit Nachtabsenkung, die den Energieverbrauch um 10 %
senkte und 2007/08 die Erneuerung der Warmwasseraufbereitung, was eine Ener­
gieersparnis von 20 % bei der Warmwasserbereitstellung ermöglichte. Der Wär­
metauscher für die Fernwärme wurde ebenfalls vor wenigen Jahren erneuert.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat 2011 einen Energieberatungsbericht
erstellen lassen, der die Energieverluste nach Bauteilen und das Kosten-Nutzen­
verhältnis darauf bezogener energetischer Sanierungsmaßnahmen ermittelt hat,
um weitere Einsparpotentiale zu nutzen. Der Bericht stellt wie erwartet fest, dass
die Transmissionswärmeverluste rd. drei Viertel aller Wärmeverluste ausmachen.
Als weitere Maßnahmen nennt er eine bessere Dachdämmung und das Aus­
Die Einzelgebäude
54
blasen der über dem offenen Erdgeschoss freiliegenden Rippendecke mit
Dämmmaterial, wofür er zusammen eine Absenkung um 10 % ansetzt (zu
bedenken bleibt hier der Zugang zu den Leitungen). Die Erneuerung der
Fenster der Ostseite brächte danach eine Einsparung um 5,5 % bei hohen Kosten.
Doch hängen Einsparung und Kosten sehr stark von Standard und Ausführung
ab. Standardwerte helfen nicht weiter; bei intensiver Suche nach der bestmög­
lichen Lösung kann man zu anderen Ergebnissen kommen. So führte der Bericht
auch noch zu keinem Beschluss der Eigentümergemeinschaft. Der Bericht stellt
auch fest, dass der tatsächliche Verbrauch den errechneten Heizwärmebedarf um
ca. 15 % unterschreitet. Das könnte auf ein energiebewusstes Nutzerverhalten
hindeuten oder aber darauf, dass die Bauteilberechnung nach EnEV dem Gebäu­
de nur begrenzt gerecht wird.
Ersichtlich ist, dass sich weitere Einsparpotentiale aus mehreren Maßnahmen am
Gebäude zusammensetzen werden und dass für diese immer ein Stück Entwick­
lungsarbeit mit bestmöglicher fachkundiger Beratung begleitet von der Denk­
malpflege erforderlich ist.
EMPFEHLUNGEN
Zum Ausblasen der Decke über dem Erdgeschoss sollten Alternativen geprüft
werden (z. B. Ersatz des Oberbodenaufbaus durch dämmstarke Materialien bei
Eigentümer- /Mieterwechsel).
Weiter empfiehlt sich die handwerkliche Nachbearbeitung der Bestandsfenster
insbesondere der Ostseite, um die Luftdichtigkeit zu verbessern. Ein Ersatz der
Fenster durch denkmalgerechte neue mit höherer Dämmqualität sollte später
erfolgen, wenn die Bestandsfenster ihren Dienst versagen. Diese größere Maß­
nahme muss gründlich vorbereitet werden.
Mit genügend Zeit für Entwicklung und Mustersanierung ist längerfristig sicher
auch die Innendämmung eine Option.
Literatur
Hofer, Brigitta 2008, Beton als ... In: Denk-mal an Beton!
S. 92-99
Dolff-Bonekämper , Gabi 1999, S. 52-56
LDA 2007, Bd. 26, S. 173-177 u. S. 229
Bauakten des Bezirks Mitte
Amtl. Katalog 1957, S. 90-92
Deutschmann in Meyer-Ehlers 1960, S. 15
Dubbers, Franco, Energieberatungsbericht für die WEG
Altonaer Str. 4-14
LDA Ordner 09050387
Bauwelt 24/1957, S. 594-600
Bauwelt 37/1957, S. 992
Bauwelt 10/1958, S. 230
Bauwelt 1/1959, S. 10
Bauwelt 19/1959, S. 9-11
Die Einzelgebäude
Händelallee 3-9 - Hochhaus des Architekten Walter Gropius
55
Die Einzelgebäude
56
Händelallee 3-9
Hochhaus des Architekten Walter Gropius
Grundriss Dachgeschoss
Grundriss Normalgeschoss
Höhe 25 m, 10 Geschosse, davon 8 Wohngeschosse und ein zurückgesetztes Dachgeschoss, leicht gekrümmtes Scheibenhochhaus, 80 m lang, 10 m tief, 5.167 qm
Wohnfläche, 67 Wo. (heute 64 Wo. durch Zusammenlegung in der Dachzone).
Das Haus bietet eher konventionelle Wohnungsgrundrisse mit abgetrennten Einzelzimmern und kleiner Küche. Die Wohnräume gehen nach Süden, ein kleineres
Zimmer allerdings nach Norden.
Auch hier zwang der schlechte Untergrund trotz Verdichtung mit Ziegelsplitt
zu Vorsicht, vier zusammengeschobene Einzelhäuser mit Trennfuge ersetzten ein
durchgehendes, was auch dem Schallschutz diente. Das Gropius-Haus ist nun
tatsächlich ein Stahlbetonskelettbau, aber unter Hinzufügen von Schotten
„weiterentwickelt“, um über den Einsatz geringwertigeren Betons Kosten zu
sparen und ausgemauert mit einfachen Hohlblocksteinen.
Bauakustische
Nebenwegsunterbrechung
Die Einzelgebäude
57
Die Außenwirkung ist mit besonderer Sorgfalt entwickelt worden. So sind die
äußeren Betonflächen weiß mit blinkendem Glimmeranteil, die gemauerten Au­
ßenflächen eierschalenfarben abgesetzt, die Untersicht der Balkone kräftig ko­
baltblau, die Stützen der Balkone und Loggien sienarot, die Balkonbrüstungen
aus grauen Eisengittern und weißem Emailblech, das wie geblähte Segel im
Wind wirkt; die Innenseiten der seitlichen Loggien sind pompejanisch rot die
Treppentürme und Gebäudesockel mit rotbraunen Spaltplatten verkleidet, die
Stahlfenster grau gestrichen. Schon das zeigt uns auch hier, wie wichtig Pflege
und Erhalt der ursprünglichen Materialien sind - eine Veränderung durch äußere
Dämmmaßnahmen schließt sich definitiv aus. Immerhin hat die Wohnungseigen­
tümergemeinschaft dazu einige Varianten durchgespielt, bis sie sich entschloss,
ab 2013 eine Erneuerung des Außenputzes in der alten Struktur zu wagen.
Das Haus ist außergewöhnlich genau dokumentiert:
So wollte Gropius Stahlfensterrahmen, das wurde nicht zugelassen – eingebaut
wurden Holzrahmenfenster als Einfachfenster mit Doppelscheibenverbundglas,
4 mm Luftzwischenraum, Rahmen grau gestrichen. Um die Profile schmal zu hal­
ten, gab es möglichst viel feststehende Verglasung und nur wenige Lüftungs­
flügel; zwei Blindfelder pro Fensterelement hatten nach außen Ornamentglas
und nach innen eine 8 mm Sperrholzplatte, dazwischen 10 mm Schaumkunst­
stoff, vermutlich war das nach außen dekorative Blindfeld nach innen ein Schrank
oder Regal. Die Fugendurchlässigkeit des Gesamtelements entsprach den Vor­
gaben der damaligen DIN 4701.„Der Wärmedurchlasswiderstand der Blindfelder
ist über 60 % niedriger als die damalige DIN 4108 für Leichtbauarten vorschreibt“,
sagt der Gutachter 1960. Bewohner klagen nach Einzug über undichte Fenster.
Auch die „Blindfenster“ lösten Kritik aus.
Holzrahmen-Einfachfenster
Beim Jahresheizwärmeverbrauch liegt das Gropius-Haus in der gleichen Größen­
ordnung wie das Niemeyer- und das Aalto-Haus trotz erheblicher Unterschiede
in der architektonischen Ausprägung der Gebäude. Beim Gropius-Haus scheinen
die nach der 1957 gültigen DIN 4108 bemessenen Wärmedämmungen und
Außenwandausfachungen mit Hohlblocksteinen d=24 cm und die Wärme­
brücken des ungeschützt an die Außenluft grenzenden Stahlbetontragsystems
zusammenzuwirken. Hinzu kommen Wärmeverluste durch Fugenundichtigkeit.
Die Einzelgebäude
58
EMPFEHLUNGEN
Daher sind bei der energetischen Sanierung die Schwachstellen zu prüfen, um
zu verbessern, was denkmalverträglich möglich ist (die Bemessung der Bauteile
incl. Wärmedämmung bei Errichtung ist detailliert im „Bericht über die Prüfung
technischer Sonderfragen“ incl. Nachtrag in den Bauakten aufgeführt):
Dachdämmung, Dämmung der Loggiendecken unter Wohnungen, Loggien­
böden über Wohnungen, Dämmung der Erdgeschossdecke über dem offenen
Durchgang zeigen sich danach als energetische Schwachstellen. Möglich er­
scheint auch - nach dem Lebensende der Bestandsfenster - die Verbesserung der
Dämmeigenschaften der Holzfenster bei Wahrung des Erscheinungsbildes der
Altfenster.
Durch diese Maßnahmen kann der Heizenergieverbrauch des Hauses in additiven
Schritten verringert und bezogen auf die benachteiligten Einzelwohnungen zu­
gleich der Wohnkomfort verbessert werden.
Die Fernwärme kommt direkt ins Haus ohne Wärmetauscher. Energieeinspa­
rungen scheinen über die Sanierung und technische Neuzustellung der Über­
gabestation im Hausanschlussraum möglich. Ein hydraulischer Abgleich wäre
die Voraussetzung, um einen Wärmetauscher zu installieren und die Steuerung
der Wärmeverteilung zu optimieren. Auch die Warmwasseraufbereitung ist noch
verbesserbar. Auch wäre Klarheit zu schaffen, welche Kosten Vattenfall und wel­
che die WEG zu übernehmen hätte.
Literatur
Amtl. Katalog 1957, S. 80-82
Dolff-Bonekämper 1999, S. 155-161
Bauwelt 24/1957
Meyer-Ehlers in: Die Interbau wird diskutiert 1960
Cremer in Bauforschung 1960, S. 63
Caemmerer in Bauforschung 1960, S. 100
Baumeister 8/1957, S. 534
Bauakten Bauarchiv Berlin-Mitte
Gropius - Haus Südfassade
Die Einzelgebäude
Klopstockstr. 30+32 - Hochhaus des Architekten Alvar Aalto
59
Die Einzelgebäude
60
Klopstockstr. 30+32
Hochhaus des Architekten Alvar Aalto
Höhe 28 m, 8 Geschosse, Tiefe ca. 10 m, 78 Wohnungen, 26.752 cbm, 5.732 qm
Wohnfläche, unterschiedliche Wohnungstypen zwischen 38 und 90 qm Wohn­
fläche.
Das Aalto-Haus 1959
Für Aalto waren das Wohnen und die Wohnung zentrale Themen, die er für das
Hansaviertel mit besonderer Sorgfalt durchdachte. Der „Allraum“ als Wohnmittel­
punkt für ein nicht hierarchisches Familienleben ist hier mit besonderer Raum­
wirkung und etlichen liebevollen Details entwickelt. Leichte verglaste Trenn­
elemente aus Holz verbinden Küche und Allraum und geben den Blick frei auf die
wohlgestaltete aber auch technisch höchst funktionale Einbauküche mit Absau­
gevorrichtung. Jede Wohnung wurde mit einem Einbauschrank ausgestattet und
Die Einzelgebäude
61
einer tief eingezogenen Loggia vor dem Allraum.
Heute sind die für Aalto typischen Einbauschränke und -küchen z.gr.T. verschwunden; sie werden bei Neuvermietung herausgeschlagen. Liebhaber versuchen nun dem zuvorzukommen und letzte Exemplare zu retten.
Auch für Aalto ist die Gemeinschaftsorientierung kennzeichnend, zweimal fünf
Wohnungen sind um eine großzügig belichtete Treppenhalle gruppiert, die der
Kommunikation dient, im angehobenen Erdgeschoss gibt es in der Gebäudemitte eine äußerst elegante offene Säulenhalle mit Durchblick in den Landschaftsraum, über Treppe und Rampe zu erreichen, in dem seit der Sanierung das rekonstruierte Aalto‘sche Deckengemälde in dunklem Blau wieder voll zur Wirkung
kommt.
Der klassische Wohnungsgrundriss mit „Allraum“
Schnitt mit thermischer Trennung der Loggienplatten o.M. Zeichnung: Can Yasemin Lehrforschungsprojekt
Auch dieses Gebäude wurde als Mischkonstruktion aus Ziegelsplittbeton errichtet. Die Außenwände wurden mit besonderem Aufwand gestaltet: Die 20 cm
starken Wände aus bewehrtem Ziegelsplittbeton sind außen mit LECA-Platten
(bestehend aus 2 cm Hartbetonschicht außen auf 8 cm wärmedämmendem Blähton) bekleidet. Das war mit Abstand die teuerste Außenwandkonstruktion des
Hansaviertels, dennoch blieb das Aaltohaus trotz seiner „Extras“ in den Gesamtherstellungskosten im unteren Bereich, wie die nachträgliche Begutachtung von
1960 (Evaluierung würden wir heute sagen) feststellte.
Man könnte also meinen, dass dieses Haus eines kälteerprobten finnischen Architekten im Energieverbrauch besonders gut abschneiden müsse. Die Deckenplatten der Loggien weisen eine thermische Trennung auf, ihre Seitenwände sind
gedämmt, beides aber nach den Normen der damaligen DIN 4108, so auch die
Brüstungen der bodentiefen Holzverbundfenster. Daher ist die an die offene Loggia grenzende Zone des Allraums im Winter unterkühlt. Eine nachträgliche Wärmedämmung im Bestand scheint schier unmöglich. Die Fugendurchlässigkeit der
Fenster kann und muss allerdings verbessert werden. Schon eine Untersuchung
von 1958/9 stellte fest: „Die mittlere Fugendurchlässigkeit der Fenster ... ist beinahe doppelt so groß, wie nach DIN 4701 angenommen werden soll.“
Weil es sich irgendwie kalt anfühlte, wurden später teilweise billigere Aluminiumfenster mit Isolierverglasung eingebaut, allerdings mit thermisch nicht getrennten Rahmen, durch die nun deutlich fühlbar Wärme abfließt. Der Jahresheizenergieverbrauch liegt bei all diesen Mängeln nur im Mittelfeld der Großbauten des
Hansaviertels trotz der LECA-Fassade.
Die Einzelgebäude
62
Ende 1990er wurde die Fassade gereinigt und neu verfugt. 2011 folgte die Sanierung des Flachdaches mit Wärmedämmung gemäß EnEV 2009 (U-Wert 0,20 W/
qmK, WLG 035 d=20 cm, 2-lagig mit PUR-Kleber im Gefälle aufgebracht). Auch die
Attikaaufkantungen und die Aufzugsmaschinenräume wurden wärmegedämmt.
Leider liegen noch keine klimabereinigten Verbrauchswerte vor, um zu sehen,
was die Maßnahme an Energie einspart.
EMPFEHLUNGEN
Aus Denkmalschutzgründen sind nur marginale weitere Dämmmaßnahmen
möglich; selbst im offenen Durchgang möchte man dem rekonstruierten
Aalto‘schen Deckengemälde nicht zugunsten von Dämmmaßnahmen zu Leibe
rücken, vielleicht später einmal, wenn die Witterung es aufgezehrt hat. An der
Fernwärme-Übergabestation und der Warmwasserbereitstellung sind mit Blick
auf die Vergleichszahlen anderer Gebäude wie auch über Nachbearbeitung der
alten Fenster und Ersatz der Alufenster durch energetisch bessere noch Effizienzgewinne zu holen. Auf Niedrigenergiestandard wird man das Haus dadurch nicht
bringen.
Literatur
Landesarchiv B Rep 169/268-272
amtl. Katalog 1957, S. 86, 87, 258-260, 266, 268
Braun in: Bauforschung 1960, S. 38
Die Interbau wird diskutiert 1960, S. 31
Wiederaufbau 1957, S. 246
Bauwelt 17/1957, S. 390/1
Bauwelt 24/1957, S. 595
LDA Ordner 09050387
Caemmerer in: Bauforschung S. 103, 108, 109, 99-112
Loggia über dem Sockelgeschoss
Die Einzelgebäude
63
Klopstockstraße 14-18 - Scheibenhochhaus des Architekten Pierre Vago
Klopstockstraße 14-18
Scheibenhochhaus des Architekten Pierre Vago
Grundriss
Höhe 28,1 m, 64 m lang, 12,5 m tief, 4.675,28 qm Wohnfläche, 59 Wohnungen, 1bis 5 Zimmer-Wohnungen 30-118 qm, 24 Wo sind 1,5 Geschosse hoch, 12 haben
einen Wohnraum mit größerer Raumhöhe, 12 weitere vertiefte Fußböden. Nach
Osten gibt es 6 Geschosse (H=4,20 m), nach Westen 9 Geschosse. Wc und Bäder
liegen innen mit Lüftungsschächten. Das Haus gehört keiner Wohnungseigen­
tümergemeinschaft,sondern einem einzigen Eigentümer, der die Wohnungen
vermietet. Es wird von uns zum Vergleich der Sanierungspraxis einbezogen.
Die Einzelgebäude
64
Das Wohnkonzept Vagos konzentriert sich auf das elaborierte Spiel mit versetz­
ten Raumhöhen, was sich auch in der Ostfassade abbildet, ergänzt um offene
Raumvolumen im Erdgeschoss und auf dem Dach für gemeinsame Nutzung.
Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Wohnungstypen im regelmäßigen Konstruk­
tionsraster sollte individuelles Wohnen auf rationale Weise ermöglicht werden.
Die Gemeinschaftsterrasse auf dem Dach ist allerdings heute gesperrt.
Querschnitt Ost - West
Das Haus wurde als Stahlbetonkonstruktion mit Rahmenbindern ausgeführt,
ausgefacht mit Stahlbetonwandscheiben und Hohlblocksteinen. Die Standsicher­
heit wird über die Wohnungstrennwände und Treppenhäuser aus Stahlbeton
erreicht. Die Außenwände wurden als Schüttbeton hergestellt in 15-20 cm Stärke
und innen mit 3,5 cm Holzwolleleichtbauplatten belegt. Die Wohnungstrennwän­
de, ebenfalls aus Beton sind 15 cm stark und erhielten zu erhofftem Schallschutz
eine Leichtbauplattenschicht. Die Stahlbetondecken wurden trittschallisoliert.
Die markante Fassadengestaltung zeigte nach West und Süd einen Glasplatten­
belag, farblich differenziert in Weiß, Grau, Blau und Gelb, nach Nord hellgrauen
Kratzputz. Die Ostfassade ist durch Balkone mit Sichtbetonbrüstungen in ausge­
prägter rauer Holzschalung gegliedert.
Vago zeigt mit der Wahl von Stahlfenstern seine damalige Orientierung am In­
dustriebau und an der Fertigung der Eisenbahnzüge. Zu den teils feststehenden,
teils beweglichen Einfachfenstern aus Stahl mit Doppelscheibenverbundglas
und Gummidichtung bei 11 und 14 mm Luftzwischenraum bemerkt der Gut­
achter 1960: Die Fugendurchlässigkeit der Stahlfenster ist durch die Gummidich­
tung um 35-40 % niedriger als von der DIN 4701 gefordert; „ein außerordentlich
geringer Wärmedurchlasswiderstand der Stahlrahmen“ führe zu Tauwasserbil­
dung bereits bei +1 Grad Außentemperatur.
Die Einzelgebäude
65
Stahlfenster mit Gummidichtung
So wundert es nicht, dass 1971-1977 in zeitgebunden pragmatischer Sicht kon­
ventionelle Isolierglasfenster mit etwas stärkeren Profilen eingebaut und die Au­
ßenfassade wärmegedämmt wurde. Dieser Zugriff auf das Erscheinungsbild des
Hauses wurde 2008 durch die sensible Vollsanierung der Pensionskasse der Be­
wag als einzigem Eigentümer in Teilen rückgängig gemacht. So wurde die Glas­
Rahmen-Fassade rekonstruiert, allerdings nicht mit Glaspaneelen, sondern einem
preiswerteren Ersatz. Die Qualitäten der Sichtbetonbrüstungen sind wieder gut
zu erkennen.
Literatur
amtl. Katalog 1957, S. 83-85
Braun in Bauforschung 1960, S. 29
Die Interbau wird diskutiert 1960, S. 18-21
Dubrau Architekturführer 2011 Nr.901
LDA Ordner 09050387
Bauwelt 2/1957, S. 39
Bauwelt 24/1957, S. 595, 599
Baumeister 8/1957, S. 542
Cremer in Bauforschung 1960, S. 67
Caemmerer in Bauforschung 1960, S. 108, 109
Die Sichtbetonbrüstungen im Streiflicht
Die Einzelgebäude
66
Bartningallee 12
Viergeschossiges Wohnhaus des Architekten Otto Senn
Grundriss des vermeintlichen Kompaktbaus
Das viergeschossige im Grundriss kompakt wirkende der Kreisform angenäherte
Fünfeck hätte eigentlich ein Hochhaus werden sollen, man spürt das der Form
noch an. Daher gibt es nur 16 Wohnungen mit zusammen 1.089 qm Wohnfläche im Haus, die sich um einen zentralen fünfeckigen Flur gruppieren. Bäder
und Küchen liegen innen und werden künstlich belüftet.
Das abgesenkte und daher freiliegende Sockelgeschoss mit dem Eingang und
den Nebenräumen ist unbeheizt und gegenüber den Obergeschossen zurückgesetzt. Auch das oberste Geschoss springt zurück zugunsten von Dachterrassen. Zusammen mit den Balkonen, die die üblichen Wärmebrücken der thermisch
nicht getrennten Wandscheiben und Bodenplatte aufweisen, löst sich die kompakte Form bei genauerem Hinsehen in eine zergliederte Struktur auf, deren
Hülle an vielen Stellen Wärme nach außen entlässt.
Für den Wärmeabfluss nach außen typische Konstruktionsdetails
Die Einzelgebäude
67
Die ursprünglichen Holzverbundfenster waren als Schiebekonstruktionen ausge­
bildet Fenster, ebenso die Balkontürelemente. Beide schließen nicht hinreichend
dicht und lassen sich auch schlecht putzen. Die Eigentümer haben sie bereits
großteils durch Isolierglasfenster mit Drehkippflügeln und den zugehörigen Be­
schlägen ersetzt. Im Treppenhaus gibt es Drahtglasfenster in Einfachverglasung.
Dem Gutachten zum Energieausweis von 2007 (also gemäß EnEV 2007erstellt )
ist der Aufbau der Außenwände zu entnehmen: 12 cm Stahlbeton mit innen an­
gebrachter Gasbetonvorsatzschale, ebenfalls d=12 cm, innen verputzt. Für diese
gibt das Gutachten einen U-Wert von 1,336 W/qmK an. Ein daraufhin zunächst
angedachtes außenliegendes Wärmedämmverbundsystem wurde vom Verwal­
ter in Abklärung mit dem Denkmalschutz verworfen. Zunächst wurde erst einmal
das Dach gedämmt.
Die sensible Sichtbetonfassade war zunächst sandfarben hell, obwohl der Archi­
tekt einen graublauen Ton wollte im Kontrast zu den gelb gestrichenen Balkonseitenwänden. Der jetzige Grauton, der die Sichtbetonqualität mit deckender
Schicht gemindert hat, kommt dem eigentlich gewollten nicht annähernd nahe,
auch das Balkongelb ist verschwunden. Über die Rückführung wird nachgedacht.
Der tatsächliche Endenergieverbrauch liegt weit über dem für den Energiepass
nach Bauteilen errechneten und das, obwohl eine Wohnung über einen längeren
Winterzeit leer stand und unbeheizt blieb. Es bestätigt uns, dass mit der vorge­
gebenen Rechenmethode offensichtlich die tatsächlichen Problempunkte nicht
hinreichend erfasst werden. Die gemessenen Fernwärmeverbrauchsdaten ent­
sprechen hingegen der beschriebenen Situation.
Eine energetische Verbesserung kann durch die Dämmung der Geschossdecke
über dem unbeheizten Sockelgeschoss und die sorgfältige Entwicklung einer
energetisch möglichst hochwertigen Fensterlösung, die dem Denkmalschutz
gerecht wird, erzielt werden. Ob eine Innendämmung zusätzlich zu der vorhan­
denen innenliegenden Gasbetonschicht bauphysikalisch einen Sinn macht, wäre
erst einmal zu untersuchen.
Literatur
amtlicher Katalog 1957, S. 110, 111
Bauwelt 34/1956, S. 807
Bauwelt 45/1958, S. 1095-1097
Dolff-Bonekämper 1999, S. 91-93
Gutachten Ingenieurbüro Gläser 2007
Die Einzelgebäude
68
Schlussfolgerungen im Quervergleich
Wir sehen, bei allen untersuchten Häusern sind Maßnahmen der Energieein­
sparung an der Bausubstanz ohne Beeinträchtigung der Denkmaleigenschaften
möglich.Trotz deutlicher Unterschiede wiederholen sich viele und ähneln sich im
Anforderungsprofil, da die Gebäude in der gleichen Bauzeit mit den damals üb­
lichen, sich wiederholenden bauhandwerklichen Bauweisen und Materialien und
nach den gleichen Normen errichtet wurden. Wir sahen auch, dass ihre für die
Architektur der Nachkriegsmoderne typischen Merkmale äußerst geringe Spiel­
räume für bauseitige energetische Verbesserungen gewähren. Mit ihren freiste­
henden Baukörpern haben sie jeweils vier sensible Fassaden zum Außenraum hin,
deren Erscheinungsbild nicht verändert werden soll. Ihre Fassaden bilden keine
geschlossenen Hüllen, sondern zeigen vielfache baukonstruktive Wärmebrücken,
die den Wärmeabfluss nach außen begünstigen. Die betonte ästhetische Behand­
lung des Betons bewirkt zudem eine weit höhere Eingriffsempfindlichkeit gegen­
über energetischen Maßnahmen als Denkmale aus der Gründerzeit mit nur einer
Fassade zum öffentlichen Raum hin und homogenem Mauerwerksgefüge.
Doch scheinen die Möglichkeiten der Energieeinsparung an den haustechnischen
Anlagen noch nicht ausgeschöpft.Wie am van den Broek-Bakema-Haus zu sehen,
haben technische Fortschritte hier in den letzten Jahrzehnten eine erhebliche
Senkung des Wärmebedarfs bewirkt, weitere scheinen möglich. Eine Option zu
weiterer bauseitiger Energieeffizienz und zur Erhöhung des Wohnkomforts wird
von der Ausstattung der Wohnungen mit Innendämmung erwartet. Sie muss sich
jedoch erst über Mustersanierungen bewähren, um zum ausgereiften und aner­
kannten Lösungsweg zu werden.
Die bauphysikalisch ausgereifte Innendämmung und die damit verbundene Be­
lüftung der Innenräume kann nur in diesem Kontext zum erfolgreichen Thema
auf Quartiersebene werden. Das nötige Expertenwissen sollte von der Wissen­
schaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denk­
malpflege (WTA) eingebracht werden.Weiter empfehlen wir das über Jahrzehnte
systematisch entwickelte und daher avancierte französische Fachwissen zu In­
nendämmung und Lüftung dem Hansaviertel zu erschließen.1
1 praxisnah dargestellt im Handbuch: de Jean / Martin
2011 Le Guide ABC, Amélioration thermique...
Für die Gebäude mit den charakteristischen Holzverbundfensterelementen wird
nach dem Auslaufen ihrer durch Pflege verlängerten Lebensdauer eine denk­
maladäquate Erneuerung mit höherem Dämmwert und verbesserter Fugendich­
tigkeit vorgeschlagen, was eine künstliche Belüftung über Lüftungsanlagen not­
wendig machen dürfte, um Schimmelbildung zu vermeiden. Für die Abluft sind
die in allen Gebäuden vorhandenen vertikalen Schächte nutzbar.
Zu untersuchen bleibt, ob die betrachteten Gebäude über die denkmalverträg­
lichen baulichen Maßnahmen mit den vorgeschlagenen Mitteln in einen ener­
getischen Standard zu versetzen sind, der in die Nähe des Niedrigenergiehauses
mit weniger als 100 kWh/qma kommt. Wir gehen davon aus, dass die Hochhausscheiben, die heute einen Endenergieverbrauch zwischen 140 und 160 kWh/qma
aufweisen, im Rahmen des Denkmalschutzes und in der Kombination von bau­
lichen und haustechnischen Maßnahmen, auf ein deutlich niedrigeres Niveau
gebracht werden können, wenn sich die Innendämmung an diesen Gebäuden
Die Einzelgebäude
69
als bauphysikalisch beherrschbare Technologie erweist. Für die drei untersuchten
Punkthochhäuser, deren Energieverbrauch zwischen 190 und 230 kWh/qma liegt,
scheinen nur geringere Standards erreichbar zu sein und auch dazu sind Sonder­
lösungen jenseits der Innendämmung nötig. Hier sind es vor allem die hohen Ko­
sten der bauseitigen Maßnahmen, die Lösungen erst zwischen 2020 und 2050
möglich machen – in Abhängigkeit von der Höhe der erforderlichen Investitionen
und dem Finanzierungsvermögen der Eigentümergemeinschaften. Dazu wird
auch der Einsatz von Fördergeldern mit einzuplanen sein.
Am Beispiel der Kaminwirkung der nördlichen Treppenhäuser mit Einfachvergla­
sung bei den drei betrachteten Punkthochhäusern zeigt sich bei ebenfalls ge­
meinsamer Problemlage, dass kurierende Maßnahmen mitunter relativ beschei­
den ausfallen können, wenn das Problem erkannt ist. Die herkömmliche Ermitt­
lung nach statischen Bauteilen, wie es nach EnEV für den Energiepass gefordert
ist, erfasst nicht das Geschehen der Luftströmungen, die gerade bei diesen Trep­
penhäusern den Wärmeabfluss deutlich mitbestimmen.Die von Transsolar erstell­
ten Berechnungen auf der Basis dynamischer Betrachtung der Luftströme und
die darauf aufbauenden gemeinsam entwickelten Instandsetzungsvorschläge
zeigen, dass auch von noch unentdeckten Potentialen der Minderung des Ener­
gieverbrauchs ausgegangen werden kann.
Das Beispiel zeigt uns zudem, wie sehr Energieeinsparmaßnahmen mit Fragen
der Behaglichkeit verknüpft sind. Schon aus diesem Grunde lassen sich energe­
tische Verbesserungen an der Bausubstanz nicht durch Effizienzsteigerungen auf
der übergeordneten Ebene der Energieversorgung ersetzen.Weiter gilt, dass jedes
Gebäude einem Prozess von Abnutzung und Verfall ausgesetzt ist und folglich
instandgehalten werden muss. Es muss also immer wieder zugegriffen werden,
was eher als Chance verstanden werden sollte, Fragen von Energieeinsparung
und Lebensqualität im Rahmen der Vorgaben der Denkmalpflege dann einzube­
ziehen. Doch ist auch die Ebene der Energiebereitstellung mit ihren erheblichen
Effizienzpotentialen, die gerade jetzt in neuen Dimensionen erkennbar werden,
mit zu betrachten (siehe dazu das Kapitel „Perspektivische Energiebilanzen“).
Das Hansaviertel ist ein Wohnquartier, das nach Aussagen von Beiräten und
Hausverwaltungen fast keine Wohngeldausfälle kennt und hohe soziale Stabi­
lität aufweist. Es wird von seinen Eigentümern kontinuierlich instandgehalten.
Mit Blick auf den Werterhalt sind sie im allgemeinen auch gegenüber aufwen­
digeren denkmaladäquaten Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen
aufgeschlossen. Die Einzelhausbetrachtung hat uns deutlich gemacht, dass es im
Gebäudebestand des Quartiers der Interbau ähnliche Herausforderungen gibt, ja
dass diese wegen der gemeinsamen Bauzeit jetzt auch etwa zeitgleich anstehen.
Planung und Ausführung werden aber jeweils getrennt von den Eigentümer­
gemeinschaften und Hausverwaltungen durchgeführt. Der Austausch von ge­
sammelten Erfahrungen und Know-How auf Quartiersebene wäre mit Sicherheit
ein Gewinn für alle Beteiligten. Daher werden wir uns im nächsten Kapitel fragen,
wie sich dies organisieren ließe.
Handeln im Wohnungseigentum
70
Handeln im Wohnungseigentum
Die Eigentümergemeinschaften und die für sie tätigen Hausverwaltungen stoßen,
wie wir sahen, bei der Instandhaltung auf die gleichen Grundvoraussetzungen:
- gleiches Baualter mit ähnlichen Bauweisen, Normen,Vorgaben
- ähnliche energetische Mängel, ganz besonders an den Gebäudehüllen
- baualtersbedingt etwa gleiche Zeiträume, in denen meist umfangreichere
Maßnahmen anstehen
- gleiche Fragen bei der Auswahl geeigneter Fachfirmen
- gleichermaßen Bedarf, neue Produkte auf ihre Tauglichkeit einzuschätzen
- ähnlicher Bedarf zu sinnvoller Koppelung von Instandhaltung und energe­
tischen Maßnahmen
- ähnliche Herausforderungen an die Instandhaltungsplanung, die notwendi­
gen Investitionen kalkulierbar zu machen.
Aufgabenteilung zwischen Eigentümern, Beiräten und Hausverwaltungen
Grundlage ist das Wohnungseigentumsgesetz von 1951, zuletzt geändert am
10.05.2012.2
Das Gebäude unterteilt sich danach in das Sondereigentum der Einzeleigentümer
und das gemeinschaftliche Eigentum, an dem die Einzeleigentümer einen Mit­
eigentumsanteil haben. Zum Gemeinschaftseigentum gehören das Grundstück
und die Teile des Gebäudes, die den Bestand und die Sicherheit betreffen, so­
wie Anlagen für den gemeinsamen Gebrauch. Zu den Aufgaben des Verwalters
gehören die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung und das An­
sammeln einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung. Der Verwalter muss
die Eigentümer mindestens einmal jährlich zu einer Wohnungseigentümerver­
sammlung einberufen, um Beschlüsse zu fassen, die der Verwalter umsetzt. Der
von der Eigentümergemeinschaft gewählte Verwaltungsbeirat unterstützt den
Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Er trifft sich dazu mit dem Vor­
sitzenden nach Bedarf.
2 Wohnungseigentumsgesetz im Wortlaut abrufbar unter
www.juris.de
Soweit die formale Ebene. Wir fragen uns nun, wie es bei den diffizilen Instand­
haltungs- und Instandsetzungsaufgaben des Denkmalbestands in der Hand von
Eigentümergemeinschaften im Hansaviertel zu fachlich fundierten Entschei­
dungen kommen kann. Auf der einen Seite hat sich das Minimum der einmal
jährlichen Versammlungen der Eigentümer als Regel etabliert; auf der anderen
Seite sind die Eigentümer immer weniger bereit, es bei dem förmlichen Proce­
dere bewenden zu lassen. So ist die Kommunikation zwischen Verwaltung und
Beirat zu einem entscheidenden Faktor geworden und hat die Abstimmung auf
informellen Ebenen und damit die Vermittlungstätigkeit der Beiräte erheblich
zugenommen. Die Beiräte binden sich selbst in Problemklärung und Entschei­
dungsgang der Instandhaltung ein oder werden eingebunden. Das ist eine Frage
des Engagements und der Kommunikationsbereitschaft beider Seiten. Innerhalb
der von uns einbezogenen Häuser haben wir gleich drei positive Beispiele weit­
gehender Einbindung gefunden.
Hier hat der Beirat teil an der Abklärung
- der Dringlichkeit von Maßnahmen
- der möglichen Lösungswege und Kosten
Handeln im Wohnungseigentum
71
- der Auswahl der ausführenden Firmen
und auch an den Abklärungen mit der Unteren Denkmalbehörde, bevor über ge­
nehmigungspflichtige Maßnahmen von der Behörde entschieden wird.
Der Abstimmungsbedarf zwischen Hausverwaltung und Eigentümern ist in den
letzten Jahren erheblich angewachsen, wobei Vorbereitung und Betreuung der
komplexen Instandsetzungsarbeiten in der Regel seitens der Hausverwaltungen
professionell erfolgen. Da es aber keinen Qualifikationsnachweis für Hausverwal­
ter gibt und auch keine Fortbildungspflicht, ist das Know-How unterschiedlich.
Das Verständnis für die subtilen Denkmalbelange verbessern sie über Learning­
by-Doing, ihnen fehlen aber mitunter das Grundverständnis und spezifisches
Fachwissen. Der angemessene Umgang mit dem Denkmal fordert zudem erheb­
lichen Zeitaufwand im Vorfeld wie in der Ausführung, der auch als Kostenfaktor
gesehen werden muss.
Soweit wir Einblick bekamen, sind die meist langjährig tätigen Beiräte mit En­
gagement in die baulichen Vorklärungen mit der Hausverwaltung, der Unteren
Denkmalbehörde und auch mit Gutachtern eingebunden. In guter Kooperation
mit der Hausverwaltung haben auch sie über die Jahre hin Sachverstand erwor­
ben, Fachargumente zu verstehen. In einem Fall stießen wir auf ein Vorbild set­
zendes Kommunikationsnetz. Die Kontakte zwischen Beirat und Hausverwaltung
sind dabei sehr eng; drei- bis viermal im Jahr gibt es ein gemeinsames Treffen.
Daneben gibt es beinahe wöchentlich Telefonkontakte. Die anstehenden Sanie­
rungsmaßnahmen werden ausführlich besprochen und die Erkenntnisse über
eingeholte Informationen von mal zu mal vertieft. Die Bewohner werden über ei­
nen E-Mail-Verteiler in engen Abständen informiert (so von der Hausverwaltung
bestätigt). Das ist ein Konsens stiftender Weg, der zu empfehlen ist.
Denn zu hören ist auch, dass die früher erzielbare Einstimmigkeit bei Beschlüssen
heute nicht immer gegeben sei: zu lange ungelöste Fragen erzeugten Besorgnis,
für die ehrenamtlich aufgebrachte Zeit der Beiräte bestehe nicht immer Verständ­
nis, auf das Einzeleigentum beschränktes Denken sei stärker in den Vordergrund
getreten. Dass heute Mehrheitsbeschlüsse für viele Instandsetzungsmaßnahmen
ausreichen, führe zwar zu Entscheidungen, aber stärke die Hausgemeinschaft
nicht. Die geringste Kommunikationsdichte besteht wohl dort, wo frühere Alt­
eigentümer noch eine größere Zahl von Wohnungen im Haus besitzen, was die
Entscheidungsfindung erschweren kann.
1 Haspel, Martin,Wenz, Drewes 2008, Denkmalschutzrecht in Berlin
Abwägende Lösungssuche mit dem Denkmalschutz
Das „Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin“ von 1995 (das ältere in Ost- wie
Westberlin ersetzt) in der fortgeschriebenen vom 14.12.2005 dient der Aufgabe,
„Denkmale zu schützen, zu erhalten, zu pflegen (und) wissenschaftlich zu erfor­
schen“ und definiert dies als„Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang“ 1. Dazu wur­
de es mit weitgehenden behördlichen Durchgriffsmöglichkeiten ausgestattet, so
gibt es die Erhaltungspflicht, Genehmigungspflicht bei Instandsetzungsmaß­
nahmen, Auskunfts- und Duldungspflicht, die Mitwirkungspflicht zur Begehung
des Denkmals und die Kostentragungspflicht des Investors (dgl. der Wohnungs­
eigentümer) bei Instandsetzung. Zuwiderhandlungen können als Ordnungswid-
Handeln im Wohnungseigentum
72
rigkeiten und mit Geldbußen und Wiederherstellungsgeboten geahndet werden.
Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, empfehlen die Kommentatoren konsen­
suale Lösungen, die dem Denkmal noch gerecht werden.2 Eine abwägende und
dialogische Lösungssuche zwischen Denkmalbehörde und Eigentümern ist nicht
Gegenstand des Gesetzes, wird aber auch nicht ausgeschlossen. Sie hat vor allem
die Aufgabe, den fachlich-kulturellen Hintergrund obrigkeitlicher Anordnungen
nachvollziehbar und akzeptabel zu machen, gewährt der Behörde umgekehrt
besseren Einblick in Nutzeraspekte, die ein Abwägen als sinnvoll erscheinen las­
sen. Im Wohnungsbestand des Hansaviertels ist das ein unverzichtbarer Schritt,
um zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen.
Finanzierungsbedarf für Instandhaltung und Sanierung und zielgerichtete
Gestaltung der Instandhaltungsrücklage
Im Normalfall kennt die Hausverwaltung das ihr anvertraute Objekt so gut, dass
sie mit der monatlich als Bestandteil des Hausgeldes zu zahlenden Instandhal­
tungsrückführung den Bedarf trifft. Ergänzend richtet sie sich nach der Allge­
meinformel 1,00 EUR/qm und Monat als Rücklage. Bei Häusern höheren Alters
wird empfohlen, diesen Betrag pro Lebensaltersjahr anzuheben, was beim Hansaviertel bedeuten würde, Rücklagen von deutlich über 1,00 EUR/qm und Monat
zu beschließen. Bei unseren Beispielen fanden wir eine Instandhaltungsrücklage
von 1,00 EUR bis 2,00 EUR/qm und Monat. Hier zeigte sich, dass eine zu niedrig
bemessene monatliche Rückstellung unweigerlich Sonderumlagen nach sich
zieht. Die letzteren können allerdings auch notwendig werden, wenn unerwar­
tete Bauschäden auftreten oder neue Instandhaltungsansprüche auf die Eigen­
tümer zukommen.
Gut organisierte Hausverwaltungen kalkulieren lieber mit der dem Lebensalter
des Gebäudes angemessenen höheren monatlichen Rücklage, um auf Sonder­
umlagen verzichten zu können. Die Eigentümer wissen diese Stetigkeit zu schät­
zen, besonders wenn es dazu eine vorausschauende Planung gibt, was wann
fällig wird und mit den verfügbaren Rückstellungen auch finanziert werden kann.
Die Akzeptanz höherer Sonderumlagen hängt deutlich ab von der erwartbaren
Wertsteigerung des Gebäudes durch die Maßnahmen, die sie auslösen. Die Rück­
führung einer Fassade auf das ursprüngliche elegante Erscheinungsbild in Ab­
stimmung mit der Denkmalbehörde kann erheblich zur Wertsteigerung bei­
tragen und damit auch höhere Kosten interessant machen. Auch in den großen
Eigentümergemeinschaften des Hansaviertels ist heute nicht mehr auszuschlie­
ßen, dass einzelne Eigentümer nicht mehr in der Lage sind, solche Umlagen mit­
zufinanzieren. Daraus folgt, dass angekündigte Sonderumlagen einen zeitlichen
Vorlauf bis zur Fälligstellung brauchen. Der Denkmalschutz tut gut daran, seine
Wünsche mit noch größerem Vorlauf und in abwägender Lösungssuche zur Dis­
kussion zu stellen, auch wenn er mit dem Berliner Denkmalschutzgesetz durch­
setzungsstark handeln kann.
2 Haspel, Martin,Wenz, Drewes 2008, Denkmalschutz
recht in Berlin, S. 194
HANDLUNGSANSATZ Fördermöglichkeiten der energetischen Sanierung im
Denkmalbestand nutzen
Erst seit 2012 ist es dank des Einsatzes der Landesdenkmalpfleger möglich, Denk­
male von der pauschalen Vorgabe auszunehmen, dass alle Bestandsgebäude
gleichermaßen zur Verbesserung der Energieeffizienz beizutragen hätten.
Handeln im Wohnungseigentum
73
„Das neue KfW Fördersegment ,Effizienzhaus Denkmal‘ setzt wesentlich auf die
Qualitätssicherung durch eine qualifizierte Planung und Baubegleitung. Ziel ist
es, den Druck von der Fassade zu nehmen‘. ... Die Qualität der baulichen Hülle von
Baudenkmalen und ausgewiesener sonstiger erhaltenswerter Bausubstanz wird,
abweichend von den üblichen Förderbedingungen, nicht mit einem Anforde­
rungswert an den mittleren Wärmedurchgang belegt. Im Rahmen einer verpflich­
tenden qualifizierten Planung durch einen sachverständigen ,Energieberater für
Baudenkmale‘ ist vielmehr zu prüfen, welche energetischen Sanierungsmaß­
nahmen sinnvoll, mit der Wahrung des Erscheinungsbildes von Baudenkmalen
und erhaltenswerten Gebäuden vereinbar und somit als Bedingung für die För­
derung durchzuführen sind. Dieses Vorgehen ermöglicht eine Einzelfallbetrach­
tung, eine Eingriffsbewertung und eine Berücksichtigung der spezifischen Zeug­
niswerte von Kulturdenkmälern über die bisherige Bewertung nach technischen
und bauphysikalischen Kriterien hinaus. Insgesamt wird das KfW-Förderspektrum
auf ein sinnvolles, denkmalverträgliches und damit optimiertes Maß der energe­
tischen Effizienzsteigerung für Kulturdenkmäler und sonstige erhaltenswerte
Bausubstanz erweitert.“ 3
Die KfW fördert nun die energetische Sanierung im Denkmalbestand mit dem
Programm „Effizienzhaus Denkmal“ und hält auch Wege bereit zur Förderung von
Sanierungsmaßnahmen durch Wohnungseigentümergemeinschaften.
Seit Juni 2012 ist eine Überschreitung bis zu 160 % des Primärenergiebedarfs des
baugleichen Referenzgebäudes förderfähig. (Das Referenzgebäude ist ein fiktives
baugleiches Gebäude, das die energetischen Standards der EnEV2009 erfüllt.)
Der zugrunde zu legende Primärenergiebedarf muss also für jedes Gebäude aus
den von der EnEV2009 festgelegten Höchstwerten für den Wärmedurchgang der
einzelnen Bauteile ermittelt werden. Dieser Rechenwert darf beim Denkmal nun
bis maximal 160 % überschritten werden, um die KfW-Förderung zu erlangen.
Damit scheint es nun auch möglich, die KfW-Förderung für die Denkmale der
Nachkriegsmoderne in Betracht zu ziehen. Jedoch muss das für jedes einzelne
Gebäude rechnerisch nachgewiesen werden.
Zum zulässigen Transmissionswärmeverlust macht die KfW keine quantita­
tiven Vorgaben. Allerdings sind zumindest an zwei unterschiedlichen Bauteilen
der Gebäudehülle (z.B. Dach, Kellerdecke, Fenster, Balkontüren) bauliche Maß­
nahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz durchzuführen. Sofern auch die
160 % aus denkmalpflegerischen Gründen nicht erreicht werden können, kann
alternativ eine „optimale Reduzierung“ der Transmissionswärmeverluste den
Zugang zum Förderprogramm „Effizienzhaus Denkmal“ ermöglichen. Das ist eine
interessante neue Perspektive für alle Häuser im Hansaviertel mit hohen Trans­
missionswärmeverlusten im denkmalgeschützten Fassadenbereich - und das
sind so ziemlich alle.
3 Presseinformation des Deutschen Nationalkomitees
für Denkmalschutz und Vereinigung der Landesdenk­
malpfleger in der Bundesrepublik Deutschland vom
24.02.2012
Das KfW-Programm erlaubt, die Kreditvariante oder die Zuschussvariante zu wäh­
len. Bei den Hochhäusern des Hansaviertels empfiehlt sich die Kreditvariante. Sie
könnte ermöglichen, den langen Zeitraum des Ansparens einer Rücklage zur en­
ergetischen Sanierung zu verkürzen. Seit Juni wurden die Zinssätze für Kredite
aus dem Programm „Energieeffizient Sanieren“ auf 1 % abgesenkt. Allerdings ist
Handeln im Wohnungseigentum
74
wegen der begrenzten Energieeinsparung nur die niedrigste Förderstufe mit
2,5 % Tilgungszuschuss auf den zugesagten Kredit zu erreichen. Die aus Denk­
malschutz- und energetischen Gründen erforderliche komplexe Untersuchung
und Vorplanung (ebenfalls förderfähig) und die zugehörige Beschlussfassung
der Wohnungseigentümergemeinschaft zur erforderlichen Instandhaltungs­
rücklage verschieben die Durchführung auf einen späteren Zeitpunkt. Ein Sach­
verständiger hat die Angemessenheit der Maßnahmen unter Berücksichtigung
der Auswirkungen auf die thermische Bauphysik und energetische Haustechnik
am gesamten Gebäude sowie die Übereinstimmung mit der Anlage „Technische
Mindestanforderungen“ zu bestätigen. Ein denkmalpflegerisch abgeklärtes ener­
getisches Sanierungskonzept und eine konkrete Maßnahmenplanung müssen
vor Antragstellung erarbeitet werden. Die Abruffrist nach Darlehenszusage be­
trägt nur 12 Monate. Bei Überschreitung muss eine Bereitstellungsprovision ge­
zahlt werden.Weiter muss die Baumaßnahme neun Monate nach Vollauszahlung
abgeschlossen sein. Daher sollte der Antrag erst gestellt werden, wenn die ge­
nannten Schritte erledigt sind.
Der Tilgungszeitraum beträgt mindestens vier, kann aber bis zu 30 Jahre betra­
gen. Die Kredite werden über die von der WEG gewählte Hausbank ausgezahlt.
Diese verlangt Sicherheiten für den ausgereichten Kredit. Angesichts unsicherer
Einkommensverhältnisse und häufiger Eigentümerwechsel reagieren die Ber­
liner Hausbanken auf Anträge von Wohnungseigentümergemeinschaften eher
vorsichtig. In den Ländern Bremen und Hamburg haben die Landesbanken ihnen
bereits Wege eröffnet; so wird bei Förderanträgen einer WEG die Solvenz der
Einzeleigentümer über die SCHUFA abgefragt. Allerdings können Eigentümer­
gemeinschaften nicht insolvent werden. Die solventen Eigentümer haben für die
nicht solventen einzutreten. Kostenintensive Maßnahmen der Instandhaltung
müssen also auch unter dem Aspekt der Zumutbarkeit durchdacht sein. 4
Es empfiehlt sich, diese neuen Fördermöglichkeiten über das nachfolgend be­
schriebene Quartiersforum an die Eigentümergemeinschaften heranzutragen.
4 Alle Angaben sind unter www.kfw.de zu finden
5 BMVBS / BBSR 2012, Gemeinsam für das Quartier Eigentümerstandortgemeinschaften
HANDLUNGSANSATZ QUARTIERSFORUM
Da mit Eigentümerstandortgemeinschaften in den letzten Jahren positive Erfah­
rungen gemacht wurden, Einzeleigentümer zu gemeinsamem Handeln auf Quar­
tiersebene zu führen, ist zu fragen, inwieweit dieses Organisationsmodell auch für
das Hansaviertel taugt. Bisher dient es hauptsächlich dazu, Einzeleigentümer in
abwärts tendierenden Quartieren miteinander handlungsorientiert zu vernet­
zen. Ziel ist die Stabilisierung des Quartiers. Das kann mit dem Sichkennenlernen
beginnen und über das Suchen eines gemeinsamen Handlungsansatzes bis zur
gemeinsam finanzierten Maßnahme, vorzugsweise im öffentlichen Raum, füh­
ren. Die Beteiligten bringen Kreativität, ihr Engagement in ehrenamtlicher Arbeit
und möglichst auch privates Geld ein. Im Rahmen der Städtebauförderung sind
so Fördergelder zu erlangen. Meist sollen der öffentliche Raum und das angren­
zende Privateigentum aufgewertet werden. Ein wichtiger Impuls sind Eigenkrea­
tivität und Gestaltungsspielraum in einem sozialen Prozess.5
Im Falle des Hansaviertels sind weder solche gestalterischen Freiräume möglich,
noch muss ein wirtschaftlicher oder sozialer Abwärtstrend gestoppt werden,
noch müssen sich die Eigentümer erstmals finden und zusammentun. Vor allem
aber gibt es mit den Wohnungseigentümergemeinschaften bereits formal eta­
Handeln im Wohnungseigentum
75
blierte Institutionen mit gesetzlich geregelten Verfahren der gemeinsam finanzierten Instandhaltung der Gebäude. Das Hansaviertel der Interbau bietet als
Denkmal keine Spielräume zum Schalten und Walten. Andererseits besteht ein
Vermittlungsdefizit in Bezug auf bereits erfolgreich getätigte ,Best Practice‘ und
der Erfahrungsaustausch der Eigentümergemeinschaften und Beiräte untereinander bei ähnlichen Problemlagen und Lösungsansätzen der Instandhaltung.
Zwischen den Hausverwaltungen herrscht eher harter Wettbewerb mit Abschottungstendenzen. Ein Defizit ist auch hinsichtlich der Fortbildung bei den Hausverwaltungen auszumachen.
In unserer für die Vorstudie gebildeten Arbeitsgruppe des Bürgervereins fand
sich eine größere Zahl von Beiräten des Quartiers erstmals auf fachlicher Ebene
zusammen. Sie stellte erstaunt fest, dass der Quervergleich Erkenntnis fördert
und Zugang zu neuem Wissen ermöglicht, im Rahmen der Vorstudie allerdings
zeitlich viel zu kurz bemessen, um zu Strategien des Handelns führen zu können. Deutlich wurde, dass zu vielen Fragen der Zugang zu Fachwissen fehlt. Man
wünscht sich daher den Dialog der Akteure im Handlungsdreieck Energie - Denkmal - Eigentum. Erfahrungen und Wissen teilen, Rat von den qualifiziertesten
Fachleuten einholen, Wissensweitergabe organisieren, Erfahrungen austauschen
und nicht zuletzt Konsens bei unterschiedlichen Interessenslagen stiften, gehört
zu den zu lösenden Aufgaben in diesem Handlungsdreieck.
Handeln im Wohnungseigentum
76
QUARTIERSFORUM für Information - Beratung - Diskussion
Unsere Empfehlung, ein QUARTIERSFORUM im Hansaviertel Interbau zu schaffen,
verfolgt mehrerer Ziele:
- allgemein gesagt, soll es die Pflege des Denkmalbestands durch Wissens­
transfer an die Adresse der Akteure im Quartier auf eine bessere Basis stellen
- dazu soll es die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem qualifizierten Umgang
mit Bauten der Nachkriegsmoderne, die von Expertenteams in den letzten
Jahren in Berlin gewonnen wurden, breiter nutzbar machen
- den Wohnungseigentümergemeinschaften und ihren Hausverwaltungen Be­
ratung und Fortbildung in den Fragen der Instandhaltung bieten (weitere Ak­
teure, die Denkmalbestand im Quartier bzw. im größeren Ortsteil Hansaviertel
besitzen oder verwalten, eingeschlossen)
- den Quartiersbezug und das hier vorhandene bürgerschaftliche Engagement
unterstützen und zugleich im Sinne der Denkmalpflege nutzen.
Man mag fragen, ist der Anspruch nicht zu hoch aufgehängt, kann man die For­
derung nach ein wenig mehr Energieeffizienz im Denkmalbestand nicht eine
Nummer kleiner als separaten Aspekt behandeln und mit einer Folge informa­
tiver Flyer bedienen? Wir hoffen, mit unserer Studie einsichtig gemacht zu haben,
dass die Schritte der energetischen Verbesserungen, so bescheiden sie sein mö­
gen, nur im Zusammenhang von Instandhaltung und denkmalpflegerischem
Handeln erledigt werden können und umgekehrt die Instandhaltung nicht an
der Herausforderung zu energiebewusstem Handeln vorbeilaufen darf, soll dem
Hansaviertel eine Zukunft als Wohnquartier gesichert werden. Natürlich bietet
der vorgeschlagene Ansatz darüber hinaus auch eine Chance, den Qualitätsan­
sprüchen eines möglichen Weltkulturerbestatus zu entsprechen.
Zur Struktur des vorgeschlagenen QUARTIERSFORUMS, wie in der Grafik verdeut­
licht:
- Der EXPERTENPOOL, der in unmittelbarem Kontakt mit dem LANDESDENK­
MALAMT und der zugeordneten Unteren Denkmalschutzbehörde steht, ist
als eine zunächst virtuelle Datei zu verstehen,die Experten aus den Disziplinen
zusammenfasst, die sich bei der Instandhaltung der Nachkriegsmoderne
qualifiziert haben (Rechtsfragen des Wohnungseigentums, Verwaltungs- und
Instandhaltungsmanagement, Finanzierung und Förderung eingeschlossen).
Er kann zu anstehenden Fragen aktiviert werden.
- Das FORUM ist ebenfalls eine nach Bedarf tätig werdende Einrichtung, von
einem KOORDINATOR / einer KOORDINATORIN betreut und möglichst auch mit
einer konkreten Anlaufstelle im Quartier. Es bietet den Wohnungseigentümer­
gemeinschaften, Beiräten, Hausverwaltungen und den weiter genannten
Interessenten einen Rahmen für Beratung, Information und Diskussion. Dazu
stehen ihm der EXPERTENPOOL sowie die Denkmalbehörde zur Verfügung.
Der Koordinator / die Koordinatorin sollte organisatorische Qualifikation haben
und aus dem Baubereich stammen,jedoch nicht selbst beratend tätig werden.Nach
vorliegenden Erfahrungen aus Quartiersmanagement und Eigentümerstand­
ortgemeinschaften sollte es um eine eigenständige Aufgabenwahrnehmung
gehen im Sinne einer informellen Zusammenarbeit, die nicht öffentlich-rechtlich
Handeln im Wohnungseigentum
77
eingebunden ist. Da das Hansaviertel kein Städtebauförderungsgebiet ist (und
auch nicht werden sollte), ist die Finanzierung der Stelle nur aus Landesmitteln
möglich.
HANDLUNGSANSATZ Instandhaltungsmanagement
Instandhaltungsmanagement dient der Suche nach Wegen, mehr Rationalität
und Übersicht in komplexes Tun einzubringen. In der Regel geht es um die Ge­
genüberstellung von Instandsetzungsmaßnahmen und verfügbaren finanziellen
Ressourcen auf einem Zeitpfad, um danach abzuschätzen, wie groß die Instand­
haltungsrücklage zu bemessen ist. Dies wird inzwischen von den meisten Haus­
verwaltungen mithilfe einfacher Software erledigt.
Spezifische Software kann auch die Objektqualitäten der Bauteile und ihres Zu­
stands erfassen und mit den zur Instandsetzung geeigneten Produkten, Lösungs­
wegen und Kosten verbinden. Diese Systeme 6 bieten zunächst eine Art Gerüst,
das das Gebäude detailliert erfasst und zu Handlungsoptionen der Instandhal­
tung in Beziehung setzt. Über den Vergleich mit möglichst vielen ähnlichen Fällen,
die das spezifische Softwaresystem eingespeichert hat, können übliche bis inno­
vative technische Lösungen, vorhersehbare Zeitpunkte der Sanierungsfälligkeit
und absehbare Sanierungskosten im Zeitablauf erschlossen werden. Man spricht
daher von intelligenten Lösungen, die die Zeit-, Planungs- und Kostensicherheit
vergrößern und für das Gebäude eine Lebenszyklusbetrachtung erlauben.
Was könnte nun ein solches System leisten, wenn wie in unserem Fall die Gebäu­
de eher einzelnen Primadonnen gleichen, für die Instandhaltungslösungen mit
erheblichem Aufwand im Zusammenspiel von Denkmalpflege und einer Reihe
qualifizierter Fachexperten entwickelt werden müssen? Der unmittelbare Nutzen
für die Hausverwaltung läge sicher in der Verfügung über ein Gedächtnis, das
bereits gewonnene Information verfügbar hält,Übersicht schafft und Fälligkeiten
aufzeigt.Weiter lassen sich Maßnahmenpakete bündeln, deren kombinierte Aus­
führung Kosten erspart. Die Datentransparenz erlaubt auch, die Instandhaltungs­
rücklagen der WEG auf anstehende Maßnahmen zu beziehen und somit zu ge­
wissem Grad planbar zu machen. Allerdings bleibt die Vorabeinschätzbarkeit bei
erst zu entwickelnden Lösungen begrenzt. Das auf Standardlösungen und üb­
liche Kosten optimierte System, das eine Budgetplanung erlaubt, ohne Angebote
einzuholen, kann also nur eingeschränkt genutzt werden.
6 Wir haben uns dazu mit dem Softwareangebot epqr
der Calcon Deutschland AG, einer Ausgründung des
Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP, auseinander­
gesetzt, die aus einem Forschungsprojekt der EU zur
einheitlichen Bewertung von Bestandsimmobilien
hervorgegangen ist und bei größeren Wohnungsbau­
gesellschaften wie auch Hausverwaltungen erfolgreich
genutzt wird.
Weiter sei auf die „Geislinger Konvention“ verwiesen,
die einen Arbeitskreis der Immobilien- und
Wohnungswirtschaft und der Hochschule Nürtingen/
Geislingen bezeichnet, der das Ziel der Betriebskosten­
optimierung von Wohnimmobilien verfolgt.
Von Vorteil erscheint uns die Ablage aller Bestandsdaten, vollzogenen Maßnah­
men und beschrittenen Lösungswege samt Kosten, über die Hausverwaltungen
und planende Büros verfügen, in eine Datei für die Denkmalpflege einzuspeisen.
Es würde die Dokumentationspflicht sinnvoll erweitern und das vorhandene
denkmalpflegerische Wissen stärker mit konkretem Wissen der technischen und
auch energetischen Bauwerksunterhaltung verknüpfen. Es sprechen jedoch auch
Gründe dafür, es bei der jetzigen Arbeitsteilung zu belassen und Fachkompetenz
auf neuestem Wissensstand von Fall zu Fall hinzuzuziehen. Wichtiger erscheint
uns, den beschrittenen Weg fortzusetzen, über Einzelprojekte hinaus kreative
Teamkompetenz zwischen Amt und Externen zu sichern.
Wege zu einem verbesserten Instandhaltungsmanagement wären ein wichtiges
Fortbildungsangebot des Quartiersforums.
Handeln im Wohnungseigentum
78
Bildnachweis
Landesarchiv Berlin Fotosammlung - S. 9, 21, 44, 48, 60
Geisler, Thilo Berlin - Titelseite, S. 8, 11, 18, 20, 21, 22, 58, 77
Interbau 57, Katalog - S. 26
Kaiser Rudolph Architekten Berlin - Lageplan
Korinth, Katharina München - S. 12, 19, 75, 78
Krau, Anna Rosa Berlin - S. 30, 37, 42, 47, 51, 54, 55, 62, 63, 65
Krau, Ingrid München - S. 33, 34, 40, 41, 44, 45, 50, 52, 53
Vallentin, Rainer München - Plan Baudenkmale im Vorspann, S. 67
Die Abbildungen der Grundrisse, Schnitte und Detailzeichnungen wurden der Bauwelt, dem Baumeister, Bauen und Wohnen, der Publikation LDA 2007 Bd. 26,
Dolff-Bonekämper 1999 bzw. Joedicke 1963 entnommen. Die Detailzeichnungen auf S. 39, 57 und 65 entstammen Meyer-Ehlers Bauforschung 1960.
Handeln im Wohnungseigentum
79
Literatur
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Textvorlage S. 1-11
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Hansaviertel:
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
80
Gebäude erzählen Geschichte
Historische Aufnahme Interbau 1957
Akademie der Künste und das SchwippertHochhaus, Aufnahme 2012
1 Im sog.„Schwedenhaus“ der Architekten Jaenecke und
Samuelson kamen dreifach verglaste Fenster und Wär­
medämmungen mit Stärken um 10 cm statt der damals
üblichen 2-3 cm zum Einsatz, vgl. Interbau-Katalog, S. 89.
Gebäude durchleben in vielfältiger Weise Geschichte und schaffen damit selbst
Geschichte. Das beginnt mit ihrer Planung und Erstellung, in der die Vorstellun­
gen der Zeit und ihre technologischen Möglichkeiten zum Ausdruck kommen.
Dies geht über die direkt sichtbaren Aspekte wie Fassaden- und Raumgestaltung,
die verwendeten Baukonstruktionen sowie die gewählte städtebauliche Anord­
nung weit hinaus. Immer bilden sich auch die sozialökonomischen Randbedin­
gungen und das Gesellschaftsbild der Zeit im Gebauten mit ab. Die Stadt und ihre
Gebäude sind somit Ort von Geschichte und der sich wandelnden Vorstellungen
zur gestalteten Umwelt für ihre Bürger und Institutionen. Bei der Internationalen
Bauausstellung 1957 stand für den zeittypischen Umgang mit den ökonomischen
und natürlichen Ressourcen die Frage im Vordergrund, wie man bezahlbaren
Wohnraum mit hohem Wohnkomfort und -qualitäten schaffen kann. Energie war
verfügbar und spottbillig. Mit wenigen Ausnahmen1 wurde nicht in eine gut ge­
dämmte Hülle investiert.Für den notwendigen Ausgleich sollte die Heizung sorgen.
Gebäude sind langlebige Güter.Weil nichts ewig hält, müssen auch bei den Denk­
malen alle Bauteile und Technikkomponenten regelmäßig gepflegt,gewartet und
so instandgehalten werden, dass ihre Standzeit verlängert werden kann, bis sie
erneuert werden müssen. Normale Gebäude, wie sie im Hansaviertel - Nord domi­
nieren, durchleben hingegen regelmäßige und in etwa vorhersehbare Instand­
setzungs- und Erneuerungszyklen. Im Hansaviertel-Interbau geht es somit um
möglichst lange Bestandssicherung unter den Entstehungsbedingungen.Wie sich
unter dieser Prämisse die für die Energiewende und Klimaschutz notwendigen
Transformationsprozesse in einem Quartier mit hohem Denkmalbestand ausge­
stalten lassen, davon handelt die nun folgende Geschichte.
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
81
Energiewende und Klimaschutz
Spätestens seit der UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1990 ist der Klimaschutz als
globale Herausforderung und globaler Imperativ auf gesellschaftlicher und politischer Ebene etabliert. Über die nationalen Klimaschutzziele Deutschlands besteht weitgehend Einigkeit: Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2050
gegenüber dem Stand von 1990 um 80-95 % 2. Weil die Treibhausgasemissionen
dominant energiebedingt sind, ist es möglich, klimaverträgliche Pro-Kopf-Primärenergiepfade anzugeben. Unter Primärenergie versteht man hierbei den Energieinhalt der eingesetzten Energieträger inklusive aller Aufwendungen für Exploration, Förderung, Transport, Verarbeitung und sonstiger Herstellungsaufwendungen wie z. B. Kraftwerksbau.
Zwischen 1950 und 1980 ist in Deutschland der Primärenergieverbrauch pro Kopf
stark angestiegen. Danach blieb er bis heute auf hohem Niveau in etwa konstant.
Ab 1980 sinkt der Anteil fossiler Primärenergie, zunächst durch Nutzung der Kernenergie und ab 2000 durch den Ausbau erneuerbarer Energien. Für eine klimaverträgliche Entwicklung darf der fossile Primärenergiebedarf bis 2050 nur noch
ein Drittel des heutigen Niveaus betragen. Er liegt dann ungefähr bei der Hälfte
des Niveaus von 1960. Dabei ist zu beachten, dass bis 2050 gleichzeitig ein Ausstieg aus der energetischen Kohlenutzung zu erfolgen hat. Hinsichtlich der gesamten Primärenergie existieren jedoch größere Gestaltungsspielräume. Es ist in
gewissen Grenzen möglich, entweder stärker auf einen Ausbau erneuerbarer Energieträger zu setzen oder noch stärker auf eine Steigerung der Energieeffizienz.
Die umstrittene Speicherung von Kohlendioxid in geologischen Speichern würde
nur zu einer geringfügigen Erhöhung des zulässigen Pro-Kopf-Primärenergiebedarfs führen. Für die folgenden Betrachtungen wurde der mittlere Pfad zugrunde
gelegt 3. Er basiert auf einer Kombination wirtschaftlich sinnvoller Klimaschutzstrategien und lässt die CO2-Speicherung in geologischen Lagern außen vor.
2 vgl. Energiekonzept Land Berlin 2020, S. 1 ff.
und Energiekonzept Bundesregierung S. 5.
3 vgl. Nitsch u. a. 2010
Klimaverträgliche Primärenergiepfade für Deutschland 1990 – 2100.
Angabe als Pro-Kopf-Werte. Zur besseren Orientierung ist auch die
Entwicklung seit 1950 mit aufgetragen.
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
82
Klimaschutzpfade
Im Mittelpunkt unserer energetischen Betrachtung steht die Frage, wie die En­
ergiewende in Verbindung mit den Klimaschutzzielen gelingen kann. Welche
Strategien führen zum Erfolg und welche Vorschläge sind - trotz vordergründiger
Plausibilität - kontraproduktiv für den Klimaschutz? Trotz des breiten Konsens´
in Deutschland über die generelle Zielsetzung, ist weit weniger klar, wie hoch
der Beitrag zum Klimaschutz in den einzelnen Sektoren oder Handlungsfeldern
ausfallen kann und soll. Noch weniger wurde bislang betrachtet, wie die Klima­
schutzziele in kleineren räumlichen Einheiten – mit ihren ort- und stadtspezi­
fischen Besonderheiten – konkret gefasst werden können. Hier betritt die Studie
teilweise Neuland. Es interessiert hier nicht alleine die Frage, wie ein Klimaschutz­
ziel formuliert werden könnte, sondern auch, wie der Weg dorthin ausgestaltet
werden kann. Nur dann kann man im strengen Sinne von einer Klimaschutzstra­
tegie reden.
Zielkorridor Hansaviertel
Mit Hilfe der Ergebnisse der Dissertation des Autors 4 konnte durch die dort vor­
genommene Differenzierung des Wohngebäudeparks in verschiedene strate­
gische Gruppen zunächst ein Zielkorridor für den Klimaschutz im Hansaviertel
bestimmt werden. Wichtig bei dieser Festlegung ist, dass in energetischer Hin­
sicht an die Baudenkmale geringere Anforderungen gestellt werden. Es kann
nicht erwartet werden, dass eine Kompensation für die baukulturell bedingten
Restriktionen und Hemmnisse erfolgt. Dies würde zu sehr hohen Kosten füh­
ren, die die Hausbesitzer der Baudenkmale oder die öffentliche Hand zu tragen
hätten. Für den notwendigen Ausgleich sorgen bei dieser Betrachtungsweise –
bezogen auf ganz Deutschland – der gleichzeitig stattfindende Neubau und die
Sanierungstätigkeiten im voll sanierbaren Bestand, bei denen, wie noch gezeigt
wird, sehr weitgehende Klimaschutzmaßnahmen durchgeführt werden können,
die wegen der dort günstigen Randbedingungen auch wirtschaftlich durchführ­
bar sind.
Die durch die Gebäude und ihre Nutzung im gesamten Hansaviertel verursach­
ten Treibhausgasemissionen sind bis 2050 um einen Faktor 6 – 9 zu reduzieren,
d. h. von heute etwa 18.350 Tonnen pro Jahr auf 2.000 – 3.000 Tonnen im Jahr 2050.
Weil im Hansaviertel die Wohnnutzungen dominieren, kann das Minderungs­
ziel auch als personenbezogener Kennwert für den Sektor der privaten Haus­
halte formuliert werden. Das Klimaschutzziel entspricht dann einer Verringerung
der jährlichen Pro-Kopf-Emissionen von 2,4 Tonnen/Person im Jahr 2010 auf 0,3
- 0,4 Tonnen/Person. In den Szenarien wird davon ausgegangen, dass die Bevöl­
kerung im Hansaviertel in etwa konstant bleibt. Die zu erwartende zusätzliche
Wohnflächennachfrage durch Verkleinerung der mittleren Haushaltsgröße und
den Anstieg der spezifischen Wohnfläche pro Person kann durch Nachverdich­
tung im Hansaviertel-Nord gedeckt werden.
4 vgl.Vallentin, Rainer 2011, S.V-20 ff. und Vallentin,
Rainer 2012, S. 12
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
83
Anlässe und Gelegenheiten
Fassade mit akutem Sanierungsbedarf
Laufende Modernisierung
Ehemalige Sichtbetonfläche mit aufgeklebten
Fugenbändern.Trotz hohen Instandsetzungs­
aufwand bestehen die bauphysikalischen
Probleme weiter.
5
6
7
8
vgl. Frondel, Manuel 2006, S. 89
vgl. IWU 2003 und IWU 2007
vgl.Vallentin, Rainer 2011, S. IV-6 ff.
Die Begleitbroschüre „Hansaviertel Berlin: Energieper­
spektiven 2010 – 2060“ wurde parallel zu dieser Bro­
schüre erstellt und dokumentiert die diesem Abschnitt
zugrundeliegende Untersuchung in detaillierter Form.
Das sog. Kopplungsprinzip besagt, dass sich Gelegenheiten für energetische Effi­
zienzverbesserungen immer dann ergeben, wenn ohnehin ein Bauteil oder eine
Technikkomponente instand zu setzen oder zu erneuern ist. Sobald z. B. der Au­
ßenputz neu zu streichen oder auszubessern ist, kann zusätzlich eine Außen­
dämmung aufgebracht werden. Es sind aber auch andere Anlässe denkbar, z. B.
Erweiterungen und Umbauten sowie Nutzungsänderungen, die Eingriffe in die
Bausubstanz oder die Haustechnik erfordern. Betont werden soll an dieser Stel­
le, dass das Motiv der Energieeinsparung oder des Klimaschutzes für sich ge­
nommen – mit wenigen noch zu benennenden Ausnahmen – nicht der Auslöser
für Effizienzverbesserungen sein kann und soll. Dafür sprechen vor allem öko­
nomische Gründe: In den meisten Fällen ist nur dann eine Wirtschaftlichkeit der
energetischen Maßnahme gegeben. Es fallen dann keine zusätzlichen Rüstkosten
(z. B. Baustelleneinrichtung, Gerüst) an und der Restwert der Konstruktion wird
nicht vorzeitig zerstört. Es ist nun interessant zu sehen, dass Hausbesitzer von
sich aus genau dieser ökonomischen Vernunft folgen 5. Anderslautende Vor­
schläge kommen eher von außen, z. B. die Forderung nach Erhöhung der Sanie­
rungsrate oder die sog. „Abrissprämie“.
Wenn man nun die Frage beantworten will, wie die Energiewende unter Einbe­
ziehung der nationalen Klimaschutzziele konkret in einem Stadtquartier und sei­
nem Gebäudebestand umgesetzt werden kann, ist es entscheidend, die Instand­
setzungs- und Erneuerungszyklen in ihrer zeitlichen Abfolge mit ausreichender
Genauigkeit abzuschätzen. Dies erfolgt hier anhand der mittleren Nutzungs­
dauer der Bau- und Technikkomponenten. Empirische Untersuchungen zeigen,
dass diese oftmals viel höher liegen, als in der Vergangenheit angenommen. Für
Putze, Dämmsysteme, Wand- und Dachkonstruktionen und Fenster liegen sie bei
40 - 80, bei Haustechniksystemen bei 20 - 30 und für Einbauten und Elektrogerä­
ten bei 10 - 20 Jahren.
Für die energetischen Untersuchungen zum Hansaviertel wurde der Gebäude­
bestand in möglichst homogene Gruppen im Hinblick auf ihr Baualter, ihre Kon­
struktionen und Nutzungen eingeteilt. Im sog.„Kohortenmodell“ 6 7 durchleben
die Repräsentanten einer Baualtersklasse einen typischen Lebenszyklus, d. h., es
wird in vorgegebenen Zeitabständen abgefragt, welche Erneuerungs- und Er­
satzmaßnahmen durchzuführen sind. Anhand der Auswertung von Planunterlagen und Begehungen wurde hierfür eine differenzierte Gebäudetypologie
entwickelt. Die Fälle der denkmalgeschützten Bestandsgebäude wurden ei­
genständig behandelt nur dann als Typologie zusammengefasst, wenn dies
nach eingehender Analyse vertretbar erschien. Im Kohortenmodell wird die
Gesamtentwicklung 2010 – 2060 in 5-Jahresschritten abgebildet. Sie wird als
Folge vieler Einzelschritte nachvollziehbar, bei denen die energetische Qualität
der Maßnahmen jeweils frei wählbar ist. Damit ist es möglich, eine Vielzahl von
Fragestellungen (z. B. Auswirkungen von Denkmalschutzauflagen, verschiedene
energetische Qualitäten, Teilsanierungen, vor- und nachgezogene Maßnahmen)
zu untersuchen. Weiterführende Angaben zur Modellbildung und den gewähl­
ten Randbedingungen finden sich in der Begleitbroschüre 8.
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
84
Ausgangszustände
Wohnhaus Holsteiner Ufer
Baualtersklassen
Die Erfassung des energetischen Ausgangszustands bildet die Grundlage für alle
weiterführenden Betrachtungen.Hierfür wurden zunächst die Verbrauchsdaten zu
Hausgruppen ausgewertet, die mit Fernwärme versorgt werden. Zudem fanden
umfangreiche Begehungen statt, um alle energetisch wichtigen Merkmale der
Bestandsbauten zu bestimmen. Die Ergebnisse sind in der Begleitbroschüre 9 do­
kumentiert. Ergänzend wurden Beschreibungen und Planmaterial - speziell aus
Veröffentlichungen zu den Interbaugebäuden und dem Archiv des Landesdenk­
malamts - ausgewertet. In den meisten Fällen stimmen die Zustände der vorge­
fundenen Gebäude nicht mit dem ursprünglichen Zustand überein. Inzwischen
wurden selbst bei den denkmalgeschützten Gebäuden eine Reihe von Instand­
setzungs- und Erneuerungsmaßnahmen durchgeführt, nur in wenigen Fällen auch
in Kombination mit energetischen Maßnahmen. Von den voll sanierbaren Gebäu­
den im Hansaviertel - Nord haben einige umfangreichere energetische Sanierun­
gen hinter sich, die jedoch nur in ganz wenigen Fällen eine zukunftsweisende
Qualität aufweisen. In den anderen Fällen sind die bislang ausgeführten energe­
tischen Maßnahmen am Gebäude auf Teilschritte beschränkt, die oftmals wenig
systematisch ausgeführt worden sind. Typisch hierfür sind beispielsweise:
- Teildämmung bestimmter Fassadenbereiche (z. B. Brandwände).
- Unterschiedliche Rahmen- und Verglasungsqualitäten in einem Gebäude.
Häufig war dies bereits im Ursprungszustand der Fall, z. B. einfachverglaste Fenster in Treppenhäusern und Nebenräumen, Kastenfenster in den Hauptwohnräumen. Durch die Erneuerung einzelner Fenster in unterschiedlichen Zeitperioden ist die Komplexität der vorgefundenen „Mixturen“ nochmals größer geworden.
- Speziell bei Flachdachsanierungen wurden häufig zusätzliche Dachdämmungen ausgeführt.
Baual
A 1870 - 1899
B 1900 - 1918
C 1919 - 1948
D 1949 - 1957
E 1958 - 1968
F 1969 - 1978
G 1979 - 1983
H 1984 - 1994
I
1995 - 2001
A
B
C
J 2002 - 2009
200
K nach 2009
D
E
F
G
9 siehe Fußnote 8
H
I
J
K
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
85
Bewertung der Eingriffsempfindlichkeit
Interbau-Wohnhaus des Architekten Vago
Eine denkmal- und gestaltverträgliche Durchführung von energetischen Maß­
nahmen an Gebäuden muss die Empfindlichkeit der Bausubstanz gegenüber den
jeweiligen Eingriffen mit berücksichtigen. Beispielsweise existieren offensichtlich
Fälle, bei denen ein Außenwärmeschutz nicht in Frage kommt. Aufgabe verant­
wortungsvoller Hausbesitzer, Architekten und Ausführender kann hier nur sein,
sich schützend vor die entsprechenden Bauteile zu stellen und alternative Lö­
sungsansätze zu suchen – bis hin zum Verzicht auf jegliche Energieeffizienzmaß­
nahme.
Zur Beurteilung der Ausführbarkeit von Energieeffizienzmaßnahmen ist die Be­
wertung der Eingriffsempfindlichkeit unverzichtbar. Auch bei der Betrachtung
eines ganzen Stadtquartiers erfordert dies, alle Gebäude in Augenschein zu nehmen und sinnvolle Bewertungskriterien zu entwickeln. Auf einer ersten Stufe
werden drei strategische Gruppen 10 unterschieden:
Voll sanierbarer Bestand: Hier lassen sich alle Energieeffizienzmaßnahmen aus
baukultureller Sicht vollumfänglich ausführen. Dies erfordert jedoch bei jedem
Einzelfall auch in gestalterischer Hinsicht besondere Sensibilität. Energieeffizienz
ist keine Entschuldigung für entstellende Eingriffe.
Bedingt sanierbarer Bestand: Diese Fälle umfassen alle Bestandbauten, bei de­
nen aus baukulturellen Gründen bestimmte Energieverbesserungsmaßnahmen
(z. B. Außendämmungen, Fensteraustausch, Einzellüftungsgeräte an der Fassade) nicht ausgeführt werden können.
Denkmalgeschützter Bestand: Energieeffizienzmaßnahmen können nur in Ab­
stimmung mit den Denkmalschutzbehörden ausgeführt werden. Bestandserhalt und Sicherung des ursprünglichen Erscheinungsbildes haben Vorrang.
Botschaft von Honduras
Baudenkmale
voll-/bedingt sanierbarer Bestand
Baude
Gartendenkmal
Baudenkmal
Denkmalbereich (Ensemble/Gesamtanlage)
bedingt sanierbarer Bestand
200
voll sanierbarer Bestand
Ga
Ba
De
(En
10 vgl. Vallentin, Rainer 2011, S. IV-12 ff.
bed
Be
vol
Be
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
86
„Das Primat der Baukultur“
Ein wichtiges Ergebnis des Klimaschutzszenarios in der Dissertation des Autors11
war, dass der bedingt sanierbare Bestand für die Klimaschutzstrategien kein
grundsätzliches Problem darstellt. Hier sind auch geringere Anforderungsni­
veaus als im voll sanierbaren Bestand vertretbar. Der Focus der energetischen
Sanierungen darf daher bei den aus baukulturellen Gründen mit Bedacht zu be­
handelnden Gebäuden vor allem auf den denkmalpflegerischen, gestalterischen
und bauphysikalischen Fragestellungen liegen. Alle nicht von den Restriktionen
betroffenen Bauteile können und sollten jedoch mit hohen energetischen Qua­
litäten saniert werden, um eine langfristige Nutzung zu sichern (Energiekosten,
Behaglichkeit, Komfort). Interessant ist, dass selbst bei denkmalgeschützten Ge­
bäuden und Ensembles häufig nur ein geringer Teil der Hüllflächen (z. B. Straßen­
fassaden bei Gründerzeitgebäuden) als eingriffsempfindlich einzustufen sind. In
vielen Fällen kann bei den eingriffsempfindlichen Bauteilen eine Innendämmung
ausgeführt werden, die jedoch bauphysikalisch immer große Sorgfalt erfordert.
Es existieren jedoch durchaus Fälle, in denen auch eine Innendämmung nicht
möglich ist und und/oder sich eine Lüftungsanlage als nicht integrierbar heraus­
stellt. Durch die Anerkennung des Primats der Baukultur ist es möglich, die aus
Klimaschutzgründen notwendigen Energieeffizienzsteigerungen im Gebäudepark und die Bewahrung des baulichen Erbes miteinander zu verbinden und im
Grunde unnötige Konflikte zu vermeiden.
Wohnhaus Holsteiner Ufer

  
 

 
   

  
 

 

   


11 Das liegt
vor allem an seinem geringen Anteil am
Gesamtbestand in Deutschland, vgl.Vallentin, Rainer
2012, S. 50 und Vallentin, Rainer 2011, S. IV-28 und
S. IV-153 ff.
   
  







 








  










Ergebnisse des Kohortenmodells zum deutschen Wohngebäudepark 1990 – 2060
differenziert nach strategischen Typen (Neubau, voll und bedingt sanierbarer
Bestand) im Klimaschutzszenario;



Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
87
Szenarien
Szenarien erzählen eine Geschichte, indem sie versuchen, künftige Entwick­
lungen zu beschreiben. Sie sind jedoch keine Prognosen, denn sie wollen nichts
vorhersagen. Szenarien haben vielmehr das Ziel aufzuzeigen, welchen Einfluss
bestimmte technologische und gesellschaftliche Entwicklungen sowie politische
oder individuelle Entscheidungen oder Handlungen auf die künftigen Eigen­
schaften eines komplexen Systems haben können. Das hier betrachtete System
ist der Gebäudebestand des Berliner Hansaviertels und sein künftig zu erwar­
tender Energiebedarf bzw. die dadurch verursachten Treibhausgasemissionen.
Aus methodischen Gründen ist es zumeist sinnvoll, mehrere Szenarien parallel
aufzustellen, um die Folgen verschiedener Handlungsoptionen gegenüber zu
stellen.
Interbau-Wohnhaus des Architekten Aalto
Referenzszenario
Die Referenzentwicklung beschreibt eine Strategie des „Weiter so wie bisher“.
Hier werden zunächst die heute üblichen Baukonstruktionen eingesetzt. Nur
zögerlich kommen bessere Qualitäten zum Zuge (z. B. Novellierungen der Ener­
gieeinsparverordnung EnEV). Die energetischen Kennwerte der sanierten Bau­
teile und Lüftungskonzepte entsprechen in etwa Niedrigenergiequalität.
Die Wärme- und Stromversorgung im Referenzszenario bleibt auch nach 2020/30
– u. a. wegen der weiterhin hohen Bedarfswerte - noch länger auf fossile Energie­
träger gestützt. Der Ausstieg aus der Kohlenutzung erfolgt nur langsam.
Klimaschutzszenario
Im Klimaschutzszenario wird eine andere Zukunft beschrieben, in der die ener­
getische Ausrichtung der Modernisierung im Bestand und bei den Versorgungs­
lösungen auf das Klimaschutzziel bezogen werden. Hier weisen die gebäude­
bezogenen Komponenten (Außenwände, Fenster, Dächer, Kellerdecken, Lüftungs­
konzepte, Elektrogeräte) eine hohe Qualität auf, z. B. Passivhauskomponenten.
Ihr Einsatz erfolgt nur dort, wo dies unter Denkmalschutzaspekten verträglich ist.
Wegen des geringeren Wärme- und Strombedarfs der Gebäude kann der Anteil
der erneuerbaren Energieträger im Vergleich zum Referenzszenario deutlich ge­
steigert werden. Ab 2030 kommt in den Heizkraftwerken keine Kohle sondern
hauptsächlich Gas zum Einsatz.
Szenarien - Kurzübersicht
Warmwasser
Heizwärme
Heizung
Referenz
Entwicklung orientiert sich an heute absehbaren Tendenzen (z.B. Fortführung EnEV,
heute typische Sanierungseffizienz), Energieversorgung wie in der „Referenzprognose“
dargestellt.
Moderate Effizienzverbesserungen
(EnEV und künftige Novellierungen)
Klimaschutz
Lüftung
Haushaltsgeräte
Szenario
ab 2015:
Abluftanlagen
Moderate Effizienzverbesserung
Ab 2015: Passivhausstandard bei Neubauten; Sanierung mit Passivhauskomponenten im
Bestand; Dekarbonisierung der Energiesysteme und der Wandel der Technologien orientiert sich am „Leitszenario 2011“, angepasst an die Berliner Versorgungssysteme.
ab 2015/20:
Passivhauskomponenten (EnerPHitStandard)
Wassersparende
Armaturen, WWAnschlüsse
ab 2015/20:
Zu-/ Abluftanlagen
mit WRG
Ausstattung mit effizienten marktbesten
Geräten
Kurzübersicht zu den Randbedingungen und Annahmen in den Szenarien
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
88
Zunehmend steht nach 2020/30 anstelle von fossilem Erdgas „erneuerbares Gas“
(z.B. EE-Wasserstoff und EE-Methan)12 zur Verfügung. Dieses wird aus überschüs­
sigem Strom aus Windkraft und Fotovoltaik sowie in Biogasanlagen hergestellt.
Dabei werden das vorhandene Erdgasnetz und der Berliner Erdgasspeicher unter
dem Grunewald als jahreszeitlicher Speicher genutzt. Die heute weitgehend ge­
trennt voneinander funktionierenden Strom-, Gas- und Wärmenetze werden in
Zukunft viel stärker miteinander vernetzt sein, um die Aufgaben des Lastaus­
gleichs und des Energietransportes über weite Strecken möglichst kosteneffizi­
ent zu erfüllen12. Entscheidend hierfür ist, keine neuen Infrastruktursysteme zu
errichten, sondern die heute bereits vorhandenen Systeme intelligenter zu nut­
zen und zu koppeln.
„Power to Gas“ - Strategie im Klimaschutzszenario
Die Umwandlung von Strom in einen speicherbaren Energieträger ist immer mit
Aufwand verbunden. Es sind neue Anlagen zur Elektrolyse für die Erzeugung von
Wasserstoff, zur Herstellung von Methan in einem weiteren Prozessschritt und zur
Aufbereitung sowie für den Transport und die Einlagerung zu errichten. Dafür
steht dann ein universell nutzbarer regenerativer Energieträger zur Verfügung,
der zugleich in großen Mengen speicher- und transportierbar ist. Eine Nutzung
von erneuerbarem Wasserstoff bzw. Methan ist nur in hocheffizienten Systemen
sinnvoll. Zu diesen zählt an erster Stelle die Kraft-Wärme-Kopplung, wie sie in
den Berliner Heizkraftwerken bereits heute existiert. Die Heizkraftwerke sollten in
der Zukunft neue Aufgaben des Lastausgleichs auf der Stromseite übernehmen
können. Daher ist die ebenfalls heute bereits diskutierte Aufstellung von großen
Wärmespeichern neben den Heizkraftwerken ein sinnvoller ergänzender Bau­
stein. Wo ein Fernwärmeanschluss aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll
ist – z. B. in der Hausgruppe der Interbau-Einfamilienhäuser – wird als zukunfts­
fähiges Heizsystem der Einbau hocheffizienter Gasheizungen13 vorgeschlagen,
die ab 2020/30 ebenfalls mit EE-Methan versorgt werden können.
Verknüpfung von Strom- Gas- und Wärmenetzen
in einer künftig regenerativ gestützten Energiever­
sorgung in Deutschland. Erneuerbarer Wasserstoff
und Methan spielen als speicherbare und transport­
fähige Energieträger eine wichtige Rolle für den jah­
reszeitlichen Lastausgleich und für die Versorgung
von Verdichtungsräumen und Metropolen.
STROMNETZ
fossiles
Erdgas
Strom
Speicher
Elektromobilität
Verkehr
Motor, BZ
Turbine
Wärme
Brenner,
Kessel
WÄRMENETZ
Speicher
Solar
KWK, GuD
Gaskraftwerk
Wind
H2O
Elektrolyse
12 vgl. Nitsch u. a. 2010, S. 84 ff.
13 z. B. Brennwerttechnologie oder das aus den USA
stammende Konzept des „tankless water heating“,
bei dem Heiz- und Warmwasser ausschließlich im
Durchlauferhitzerprinzip erzeugt wird und kein
Wärmespeicher mehr notwendig ist.
H2
CO2
Direkte
Verbrennung
Biomasse
EE-Metan
GASNETZ (fossiles + erneuerbares Gas)
Speicher
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
89
Klimaschutzstandards
Als Klimaschutzstandards werden energetische Standards im Wohnungsbau defi­
niert, die mit den langfristigen Klimaschutzzielen Deutschlands übereinstimmen14.
Unterschieden wird in vier strategische Gruppen:
- An neu erstellte Gebäude werden die strengsten Anforderungen gestellt .
Sie entsprechen in etwa dem Passivhausstandard.
- Im voll sanierbaren Bestand können i. d. R. alle energetischen Maßnahmen
vollumfänglich umgesetzt werden; einige Anschlüsse (z. B. Sockel, Balkone)
Klimaschutzstandards:
Grenzwerte für dieAufwand
Zeitperiodeauf
2010Neubauniveau
- 2020
lassen sich jedoch zu
nurunterschreitende
mit unverhältnismäßigem
verbessern.
Daher sind hier
geringer alsBestand
im Neubau15.
Bezugsgröße:
Energiebezugsfläche
(m²) die Anforderungen
Neubau
Die typischen Qualitäten entsprechen denen voll
vonsanierbar
Passivhauskomponenten
bedingt sanierbar
(siehe Tabelle unten).
mit
ohne
Innendämmung
- Nochmals geringere Anforderungsniveaus werden im bedingt sanierbaren
Heizwärme-Kennwert
kWh/m²a
15
35
70
100
Bestand gesetzt. Abhängig von der Eingriffsempfindlichkeit können hier be­
Primärenergie-Kennwert
kWh/m²a
120
220
stimmte
Maßnahmen nicht
oder nur100
in abgewandelter
Form170ausgeführt
wer­
(nicht
erneuerbar)
den. Zusätzlich unterschieden
zwischen
sich
Global-Warming-Potential
kg/m²a wird hier
25
30 Gebäuden,
40 bei denen
50
(CO -Äquivalent-Emissionen)
eine Innendämmung als baukulturell verträglich erweist und Gebäuden, bei
denen auch eine Innendämmung nicht in Frage kommt16.
Tabelle 5.3.1:
2
Interbau-Wohnhochhaus der Architekten Lopez
und Beaudouin, Zustand 2012
S.72 ff.). Die in den Klimaschutzstandards notwendigen hochZu unterschreitende Grenzwerte
für die Klimaschutzstandards in
effizienten Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sind
der Zeitperiode 2010 - 2020.
im Vergleich zu einer Abluftanlage als Ohnehinmaßnahme zwar
Klimaschutzstandards: zu unterschreitende Grenzwerte für die Zeitperiode 2010 - 2020
Oben: Grenzwerte für Energiederzeit noch nicht wirtschaftlich (vgl. Kah et al. 2008, S. 332 ff.).
bezugsfläche
in m²
Bezugsgröße:
Energiebezugsfläche (m²)
Neubau
Bestand
Unten: Grenzwerte für Person als
Bezugsgröße (Rechenansatz:
spezifische Wohnfläche: 50 m²/P).
Tabelle oben:
Zu unterschreitende Grenzwerte der Klima­
schutzstandards in der Zeitperiode 2010 – 2020.
Die Kennwerte zur nicht-erneuerbaren Primär­
energie und zum Global-Warming-Potential
beziehen alle Energiedienstleistungen der
privaten Haushalte mit ein (Raumwärme, Lüften,
Warmwasser, sämtliche Stromanwendungen).
Oben: Grenzwerte pro Quadratmeter Energie­
bezugsfläche (= beheizte Wohnfläche); Unten:
Grenzwerte pro Person. Quelle: Vallentin, Rainer
2011, S. V-20
Tabelle unten:
Anforderungen der Klimaschutzstandards bei
schrittweiser energetischer Modernisierung im
Bestand gemäß dem Bauteil-/Komponenten­
verfahren. Hier werden Anforderungen an die
einzelnen Bauteile und Technikkomponenten
gestellt, die jeweils energetisch verbessert wer­
den sollen. An Baudenkmale werden prinzipiell
keine Anforderungen gestellt. Die dort denk­
malverträglichen Maßnahmen sollten jedoch
ebenfalls in hoher Qualität ausgeführt werden.
Dazu sind die in der Spalte “Bedingt sanierbarer
Bestand” genannten Werte als Orientierungs­
hilfe geeignet. Quelle: Vallentin, Rainer 2011, S.
V-22
14 vgl. Vallentin, Rainer 2011, S. V-19 ff.
15 Dies ist auch dadurch gerechtfertigt, weil in der Bau­
substanz Herstellungsenergie gebunden ist, die für
eine weitere Nutzungsperiode genutzt wird.
16 In vielen Fällen betrifft dies vor allem die Fassaden.
Es können aber auch weitere Bauteile wie z. B. Fenster,
Decken und Dachkonstruktionen betroffen sein.
Klimaschutzstandards:
Heizwärme-Kennwert
Bezugsgröße: Person (P)
Primärenergie-Kennwert
(nicht erneuerbar)
Bei künftig industrieller Produktion von Lüftungsanlagen mit großen Stückzahlen sind jedoch starke Kostensenkungen zu erwarvoll sanierbar
bedingt sanierbar
ten. Damit dürfte auch diese Maßnahme ab 2015 einzelwirtschaft-
mit
ohne
Innendämmung
zu unterschreitende Grenzwerte für die Zeitperiode 2010 - 2020
kWh/m²a
15
35
70
100
Neubau
Bestand
kWh/m²a
100
120
170
220
voll sanierbar
bedingt sanierbar
Global-Warming-Potential
(CO2-Äquivalent-Emissionen)
Heizwärme-Kennwert
Tabelle 5.3.1:
ZuPrimärenergie-Kennwert
unterschreitende Grenzwerte
erneuerbar)
für(nicht
die Klimaschutzstandards
in
der Zeitperiode 2010 - 2020.
Global-Warming-Potential
Oben: Grenzwerte für Energie(CO2-Äquivalent-Emissionen)
bezugsfläche
in m²
kg/m²a
25
30
40
50
mit
ohne
Innendämmung
kWh/P*a
750
1750
3500
5000
S.72
ff.). Die in
den Klimaschutzstandards
notwendigen
kWh/P*a
5000
6000
8500
11000hoch(570 W/P)
(685mit
W/P)Wärmerückgewinnung
(970 W/P) (1255 W/P)
effizienten Lüftungsanlagen
sind
im Vergleich zu einer Abluftanlage als Ohnehinmaßnahme zwar
kg/P*a
1250
1500
2000
2500
derzeit noch nicht wirtschaftlich (vgl. Kah et al. 2008, S. 332 ff.).
Bei künftig industrieller Produktion von Lüftungsanlagen mit großen Stückzahlen sind jedoch starke Kostensenkungen zu erwarten. Damit dürfte auch diese Maßnahme ab 2015 einzelwirtschaft-
Unten: Grenzwerte für Person als
Bezugsgröße (Rechenansatz:
V - 20
spezifische
Wohnfläche: 50 m²/P).
Klimaschutzstandards: Anforderungen gemäß Bauteil-/Komponentenverfahren (Teilsanierungen)
Bauteil
/ Technikkomponentenzu unterschreitende
Voll sanierbarer
Bestandfür die Zeitperiode
Bedingt sanierbarer
Bestand
Klimaschutzstandards:
Grenzwerte
2010 - 2020
Bezugsgröße: Person (P)
Neubau
U- Wert Aussenwand
< 0,15 W/m²K
U-Wert Dach / oberste Geschoßdecke
< 0,15 W/m²K
mit
Bestand ohne
Innendämmung
voll sanierbar
bedingt sanierbar
< 0,30 W/m²K*
k.A.
mit
ohne
< 0,15 W/m²K
<
0,15 W/m²K
Innendämmung
U-Wert
Kellerdecke
Heizwärme-Kennwert
< 0,30 W/m²K**
kWh/P*a
750
1750
U-Wert
Fenster (eingebaut)
Primärenergie-Kennwert
(nicht erneuerbar)
Wärmebereitstellungsgrad
der
Lüftungsanlage
Global-Warming-Potential
(CO2-Äquivalent-Emissionen)
Heizsystem (Raumwärme / Warm­
wasserbereitung)
< 0,85 W/m²K5000
kWh/P*a
(570 W/P)
< 0,75
kg/P*a
1250
< 0,85
W/m²K
6000 < 0,85 W/m²K
8500
11000
(685 W/P)
(970 W/P) (1255 W/P)
< 0,75
< 0,75
1500
2000
2500
V - 20
Strombedarf in den Haushalten
Endenergiekennwert
Tabelle 5.3.2:
Anforderungen der Klimaschutzstandards bei Anwendung eines
Bauteil-/Komponentenverfahrens
als Nachweis bei Teilsanierungen.
< 0,30 W/m²K**
3500
< 0,30
W/m²K**
5000
- Gesamtaufwandszahl < 1,15
- Einsatz erneuerbarer Energien
- geringer Hilfsstromeinsatz
wie links
wie links
< 15 kWh/m²a
< 15 kWh/m²a
< 15 kWh/m
Vorschlag für ein Bauteil-/Komponentenverfahren für energetische Teilsanierungen im Bestand
Die Anwendung des Kopplungsprinzips führt in vielen Fällen dazu,
lich sinnv
schutzsta
vorgeseh
ten Fens
2008, S.
den meis
auch für
Anders i
lösungen
anlagen,
kraftwerk
missione
Alle Kenn
Gebäude
trem klein
bzw. EBF
lich sinnv
zugrunde
schutzsta
dung per
vorgeseh
ten Fens
Zuverläs
2008,
S.f
nen
nur
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meis
der
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Anders i
szenario
lösungen
nächsten
anlagen,
d.h.,
es
kraftwerk
schutzes
missione
Dabei ist
Alle Kenn
zienzstei
Gebäude
Warmwas
trem klein
nisierung
bzw.
in derEBF
ver
zugrunde
durch
wis
dung
perla
telund
notwend
Zuverläs
nen nur f
Die
energ
der Wand
im
aufBereic
ande
S.
72 ff.).
szenario
wird
i.d.R
nächsten
belle
d.h., 5.3.
es
teil:
Im G
schutzes
Referenz
5.3.2
Dabeigen
ist
tionen
(vg
zienzstei
schlüsse
Warmwas
nisierung
Ferner
is
in der ver
-durch
Derwis
E
obla
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und
baren
notwend
gration
möglic
Austa
- Die An
mäß d
dies n
dass e
zuverl
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
90
Öffentliche Gebäude – Nichtwohnungsbau
Die Nichtwohngebäude weisen mit 72 % der Nutzflächen einen höheren Anteil
Baudenkmäler auf als die Wohngebäude. Sie sind überwiegend im Zuge oder zeit­
nah zur Interbauausstellung entstanden. Mit Ausnahme der Akademie der Künste
und des Gripstheaters handelt es sich um Wohnfolgeeinrichtungen wie Schulen
und Kindertagesstätten sowie eine Bibliothek und zwei Kirchen mit Gemeinde­
haus. Ebenfalls in öffentlicher Trägerschaft befindet sich die Studentenwohnan­
lage Siegmunds Hof, die ähnlich dem Interbaugelände ein Denkmalensemble
mit architektonischem und städtebaulichem Eigenwert darstellt. Das kleine Ge­
schäftszentrum am Hansaplatz dient vorrangig der Nahversorgung. Die vorzu­
findende Nutzungsmischung unterstreicht den Charakter des Hansaviertels als
lebendiges städtisches Wohnviertel.
Hansaschule
Für die Bewertung der Potenziale zurVerbesserung der Energieeffizienz ist entschei­
dend, einerseits die denkmalspezifischen Eingriffsbeschränkungen und anderer­
seits die nutzungsspezifischen Anforderungen,die sich z.T.grundlegend von denen
im Wohnbau unterscheiden, zu berücksichtigen. Die Modellrechnungen zeigen,
dass in den nächsten Dekaden bei den öffentlichen Gebäuden erhebliche Ener­
gieeinsparungen im Bereich der Gebäudehüllen möglich sind. Darüber hinaus ist
gerade in Bildungseinrichtungen der Einsatz von Lüftungsanlagen mit Wärme­
rückgewinnung bedenkenswert. Hierbei steht nicht die Energieeinsparung, son­
dern der hygienische Aspekt im Vordergrund. Messungen in Klassenzimmern
haben gezeigt, dass bei der heute üblichen Fenster- und Fugenlüftung der Kohlen­
dioxidgehalt in der Innenluft während des Unterrichts fast ständig im kritischen
Bereich liegt. Innenluft- und Lernqualität bilden daher einen engen Wirkungs­
zusammenhang. Bei den bedingt sanierbaren Beständen ist jedoch in jedem
Einzelfall zu prüfen, ob die Integration einer Lüftungsanlage denkmalverträg­
lich möglich ist oder nicht. Diese Bewertung erfordert eine enge Abstimmung
zwischen Denkmalpflege, Trägern und Nutzern. Wirtschaftlich interessante und

zumeist kurzfristig
erschließbare Potenziale finden sich im Bereich der Strom­
effizienz (Beleuchtung, Arbeitsmittel,Warmwasserbereitung, Pumpen, usw.).
Menzelschule
350
300
Heizwärme-, Primärenergiebedarf und CO2-Emissionen
der Nichtwohngebäude im Hansaviertel im Jahr 2010,
2020 und 2050 im Referenz250 und Klimaschutzszenario.
Auswertung Szenarien Nichtwohngebäude
200
300
Klimaschutzszenario

Referenzszenario

250
150
200
150
100
100
50
50
0
0
2010
2020
2050
Jahresheizwärmebedarf
in kWh/(m2a)
2010
2020
2050
Primärenergiebedarf (n.e.)
in kWh/(m2a)
2010
2020
2050
spezifische CO2-Emissionen
in kg/(m2a)
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
91
Wohngebäude
Interbau-Wohnhaus der Architekten Jaenicke
und Samuelson, Zustand 2012
350
Wohnsiedlung der 60er Jahre im HansaviertelNord
300
Heizwärme-, Primärenergiebedarf und Treibhaus­
gasemissionen der Wohngebäude im Hansaviertel
250 und 2050 im Referenz- und
im Jahr 2010, 2020
Klimaschutzszenario.
Im Hansaviertel überwiegt die Wohnnutzung, daher stehen die Wohngebäude
und die privaten Haushalte im Mittelpunkt der energetischen Betrachtungen.
Etwa 40 % des heutigen Wohngebäudebestandes im Hansaviertel steht unter
Denkmalschutz. Das Interbau-Ensemble stellt davon mit über 80 % den größten
Anteil und bildet auch städtebaulich gesehen eine eigenständige Gesamtanlage.
Bei der Bewertung der Potenziale zur Verbesserung der Energieeffizienz sind die
Baudenkmale gesondert zu behandeln, weil hier energetische Maßnahmen nur in
Abstimmung mit den Denkmalbehörden ausgeführt werden können.
Die Modellrechnungen zeigen, dass in den nächsten Dekaden erhebliche Energie­
einsparungen im Bestand möglich sind. Die größten Potenziale finden sich im
Bereich der Gebäudehülle. Außenwanddämmungen können im voll sanierbaren
Bestand vorwiegend in Form von Außendämmungen ausgeführt werden. Innen­
dämmungen kommen hingegen im bedingt sanierbaren Bestand in Betracht –
sofern dort baukulturell verträglich integrierbar. Durch die Dämmung von Dä­
chern bzw. oberster Geschossdecke und der Kellerdecken sind weitere Energie­
einsparungen möglich. Im Zuge von ohnehin anstehenden Fensterinstandset­
zungen und -erneuerungen können energetisch hochwertige Verglasungen und
Fensterrahmen zum Zuge kommen. Durch den luftdichten Einbau neuer Fens­
ter ändert sich jedoch auch das Feuchteverhalten der Wohnungen. Daher ist in
Koppelung mit dem Fensteraustausch der Einbau von Lüftungsanlagen emp­
fehlenswert. Hierbei steht zunächst einmal nicht die Energieeinsparung, sondern
wohnhygienische Aspekte (Innenluftqualität, Feuchteschutz) im Vordergrund.
Wird jedoch die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet, sind
spürbare Energieeinsparungen erzielbar, die im Klimaschutzszenario entschei­
dende Beiträge zur CO2 -Minderung leisten.
Die Stromanwendungen in den Wohnungen (Haushaltsgeräte, Beleuchtung,
Kommunikationselektronik, Kleingeräte) und in den Gemeinschaftsanlagen (Auf­
züge, Pumpen,Ventilatoren)
 weisen heute i. d. R. einen hohen spezifischen Strombedarf auf. Bei Neuanschaffungen und Ersatz ist es daher wirtschaftlich und öko­
logisch sinnvoll, auf einen sehr geringen Strombedarf der entsprechenden Geräte
und Komponenten zu achten (z. B. Haushaltsgeräte mit der besten Effizienzklasse,
LED-Leuchtmittel) oder auf einfachere Technologien zurückzugreifen (z. B. Wä­
schetrocknen im Trockenraum bzw. Trockenschrank anstelle Wäschetrockner).
Auswertung Szenarien Wohngebäude
200
300
Klimaschutzszenario

Referenzszenario

250
150
200
150
100
100
50
50
0
0
2010
2020
2050
Jahresheizwärmebedarf
in kWh/(m2a)
2010
2020
2050
Primärenergiebedarf (n.e.)
in kWh/(m2a)
2010
2020
2050
spezifische CO2-Emissionen
in kg/(m2a)
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
92
Transformation der Versorgungssysteme
Heizkraftwerk Berlin-Mitte der Vattenfall AG
18 Mit Dekarbonisierung ist der Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energieträger gemeint,
die kaum noch mit Kohlendioxidemissionen verbunden sind. Im Fall von Biomasse wird bei Verbrennungsprozessen das zuvor in den Pflanzen
gebundene Kohlendioxid freigesetzt, es handelt
sich also um einen Kohlenstoff-Kreislaufprozess.
Im Hansaviertel dominiert bei der Wärmeversorgung mit 82,6 % der angeschlossenen Nutzflächen die Fernwärme. Daneben haben nur noch Erdgasheizungen
gewisse Anteile. Alle anderen Versorgungsarten sind untergeordnet bzw. waren
nicht ermittelbar. Eine kompakte Stadt wie Berlin bleibt auch in Zukunft auf eine
Energieversorgung von außen angewiesen. Hauptgründe hierfür sind einerseits
die hohe Bebauungsdichte und andererseits der hohe Flächenbedarf der erneuerbaren Energien. Die heute vorhandene Energieinfrastruktur stellt neben dem
Gebäudebestand und der Verkehrsinfrastruktur einen wichtigen Teil des Kapitalstocks der Stadt dar. Konzepte, die einen Systembruch bedeuten, sind daher mit
hohen Kosten verbunden und benötigen viel zu lange Zeit, um noch einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz leisten zu können. Daher wird hier der Vorschlag entwickelt, die vorhandenen Systeme zu belassen und in Richtung einer
zukünftigen regenerativen Vollversorgung weiterzuentwickeln. Voraussetzung
hierfür ist, bis 2030 aus der Kohlenutzung auszusteigen und in den Heizkraftwerken künftig vor allem Gas einzusetzen. Ab 2020/30 kann fossiles Erdgas zunehmend durch erneuerbar hergestellten Wasserstoff und Methan ersetzt werden. So kann bei weitgehendem Erhalt der Energieinfrastruktur eine allmähliche
„Dekarbonisierung“ 18 der städtischen Wärme- und Stromerzeugung stattfinden.
Flankierend sind die Effizienzsteigerungen im Fernwärmenetz und der Wärmeübergabe sowie der hausinternen Verteilung sinnvoll und dienen neben der
Effizienzsteigerung auch dazu, die Fernwärme wirtschaftlich konkurrenzfähig zu
erhalten. Die Option der Stromerzeugung über Fotovoltaikanlagen auf den verfügbaren Dächern ist vor allem in Kombination mit einer konsequenten Steigerung der Stromeffizienz attraktiv.
Wärmeverso
Heizöl (
Erdgas
Solarwä
elektrisc
Warmw
Warmw
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
93
Gebäudehülle – Lüftung
Wohnhaus Siegmunds Hof nach Aufbringung
eines Außenwärmeschutzes
Verbesserungen der Energieeffizienz am Gebäude können immer dann wirt­
schaftlich erfolgen, wenn ein Bauteil ohnehin instand zu setzen oder zu erneuern
ist. Häufig reicht bereits ein geringfügiger Anlass dafür aus, z. B. ein Neuanstrich,
der die Aufstellung eines Fassadengerüsts erfordert. Es existieren eine Reihe von
Maßnahmen, die im Regelfall auch ohne einen auslösenden Anlass wirtschaftlich
ausführbar sind, beispielsweise:
- Dämmung von obersten Geschossdecken,
- Ausdämmen von vorhandenen Hohlräumen (Dächer, Decken über Durchgängen u. ä.),
- Dämmung von zugänglichen wärmeführenden Leitungen,
- Hydraulischer Abgleich des Heizsystems,
- Ersatz von ineffizienten Pumpen durch geregelte stromeffiziente Pumpen.
Die energetische Verbesserung der bestehenden Gebäudehüllen durch Wärme­
schutzmaßnahmen in Verbindung mit luft- sowie winddichten Konstruktionen ist
aus mehreren Gründen erstrebenswert:
- Werterhalt des Gebäudes durch Verbesserung des Feuchte- und Schimmelschutzes. Dies setzt jedoch eine hohe Qualität (U-Werte kleiner 0,20 – 0,15)
voraus, wenn dies an allen Stellen erreicht werden soll.
- Verbesserung der thermischen Behaglichkeit durch Anhebung der Innentemperaturen der Bauteiloberflächen und Vermeidung von Zugluft sowie Fußkälte
- Energieeinsparungen über die gesamte Standzeit des Bauteils (40 – 60 Jahre)
Bei einem Fensteraustausch ist zu beachten, dass sich durch den luftdichten Ein­
bau auch das Feuchteverhalten der Wohnung ändert. Es ist dann der Nachweis
eines funktionierenden Lüftungskonzeptes notwendig. Weil Fensterlüftung aus
verschiedenen Gründen unzuverlässig ist, ist im Regelfall der Einbau einer Lüf­
tungsanlage notwendig.
Potential Fassadendämmung
Außendämmung vollumfänglich möglich
Außendämmung eingeschränkt möglich
(z.B. Fassadengliederung, Dämmstärken)
Dämmung in Außenwand integriert
(z.B. Fassadenpaneele, Kerndämmung)
Innendämmung möglich
Rückbau Außendämmung + neue Innendämmung
200
Fassadendämmung in keiner Form möglich, bzw.
nicht sinnvoll
Potentia
Au
Au
(z.
Dä
(z.
Inn
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
CO2-Emissionen
Hansaviertel
1990 - 2060
Hansaviertel: CO -Emissionen
2010-2060
2
94
Klimaschutzstrategien
20
CO2-Emissionen in Tsd.t / a
CO2-Emissionen in Tsd. t / a
18
16
14
Referenzszenario
12
10
8
Klimaschutzszenario
6
4
Zielkorridor 2050
2
0
2010
2020
2030
2040
2050
2060
Hansaviertel-Berlin: Entwicklung der Treibhaus­
gasemissionen in den Szenarien 2010 – 2060
Die Kernpunkte der Klimaschutzstrategien ab 2015/20 sind:
- Energetische Sanierungen im Bestand mit Passivhauskomponenten,
- Einführung des Passivhaus- bzw. Nullenergiestandards im Neubau,
- Ausstattung der Wohnungen mit stromeffizienten Haushaltsgeräten, Leucht­
Referenz
mitteln und sonstigen Elektrogeräten,
- Dekarbonisierung der Wärme- und Stromerzeugung durch die allmähliche
Klimaschutz
Verdrängung fossiler durch erneuerbare Energieträger (z. B. fossilen Erdgases
durch erneuerbares Methan)
- Wirkungsgradsteigerungen bei Energieerzeugung, -speicherung und -vertei­
lung im gesamten Kraftwerkspark und bei sämtlichen Heizsystemen.
Nur in Kombination der genannten Maßnahmen gelingt es, die jährlichen CO2­
Emissionen im Hansaviertel von 18350 Tonnen im Jahr 2010 auf 2.730 Tonnen im
Jahr 2050 zu senken. Das entspricht einer Reduktion um etwa 85 %. Unter Rand­
bedingungen, wie sie im Referenzszenario dargestellt sind, wird mit 9740 Tonnen
im Jahr 2050 das Klimaschutzziel hingegen um einen Faktor von 3 - 5 verfehlt.
Damit wäre das Klimaschutzziel insgesamt in Frage gestellt. Verantwortlich hier­
für sind die eingesetzten mittleren energetischen Qualitäten in der Gebäudehül­
le und den Lüftungskonzepten. Zusätzlich bleibt im Referenzszenario die Domi­
nanz fossiler Energieträger aufgrund eines zu langsamen Wandels der Wärmeund Stromerzeugung erhalten.
Tabellarische Zusammenstellung der Klima­
schutzstrategien nach Handlungsfeldern.
Handlungsfeld
Raumwärme
Kurzbeschreibung der Klimaschutzmaßnahmen
Kurzbeschreibung Klimaschutzmaßnahmen
(Nutzeffizienzsteigerungen)
(Dekarbonisierung Versorgungssysteme)
Neubau ab 2015: Passivhausstandard
- Zurückdrängen von Heizsystemen mit fossilen
Bestand ab 2015: energetische Sanierung
- Ausbau von Heizsystemen mit erneuerbaren
Energieträgern (Kohle, Heizöl)
mit Passivhauskomponenten
Energieträgern (z.B. Wärmepumpen, EE-Methan)
- Wirkungsgradsteigerungen bei allen Heizsystemen
- Hochwärmegedämmte Hüllkonstruktionen
- Passivhausfenster
Warmwasser
(Reduzierung der Energieverluste bei Wärmeerzeugung, -speicherung und -verteilung)
- Luftdichte und wärmebrückenfreie Konstruktionen
- Ausbau Kraft-Wärme-Kopplung (ab 2030: EE-Methan)
- Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung
- Zürückdrängen direktelektrischer Heizungen
- Einsatz wassersparender Armaturen und Geräte
wie: Raumwärme
- Einsatz von Geräten mit Warmwasseranschluss
(z.B.: Waschmaschinen, Geschirrspüler)
Stromanwendungen
- Ausstattung mit stromeffizienten Haushaltsgeräten
und sonstigen Elektrogeräten in den Haushalten
- Zurückfahren der Stromerzeugung mit fossilen Energierträgern (Kohle, Heizöl)
- Stromsparende Kochherde (bzw. Kochen mit Gas)
- Kraft-Wärme-Kopplung (ab 2030: EE-Methan)
- Stromsparende Beleuchtung
- Ausbau der Stromerzeugung mit erneuerbaren Ener-
- Reduzierung von stand-by und Stillstandsverlusten
- Lastmanagement (Geräte, Elektromobilität)
- Reduzierung des Hilfsstromeinsatzes (Pumpen, Antriebe, Ventilatoren, Steuerungen)
gieträgern (z.B. Wind- und Wasserkraft, Biomasse,
Solarstrom und Erzeugung von EE-Methan)
- Wirkungsgradsteigerungen bei der Stromerzeugung im
gesamten Kraftwerkspark und bei der Stromverteilung
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
95
Sind Denkmal- und Klimaschutz miteinander
vereinbar?
Denkmal- und Klimaschutz verfolgen das gemeinsame Ziel, den Bestand zu­
kunftsfähig zu erhalten - wenn auch mit anderen Perspektiven und Problemsichten.
Bei den Maßnahmen am Denkmal hat die Erhaltung der historischen Bausub­
stanz Vorrang. Daher haben die Eigentümer alle Maßnahmen zum Werterhalt der
Baudenkmale unter Beachtung der behördlichen Auflagen gemäß dem Berliner
Denkmalschutzgesetz durchzuführen. Das Ausloten der Spielräume energiebe­
wusster Instandsetzung gerät somit in den Kompetenzbereich der Denkmalbe­
hörde und kann nur mit Bezug zum konkreten Einzelfall geklärt werden. Im Han­
saviertel ist zwischen der Denkmalsubstanz des 19. Jahrhunderts - in der Regel
Mauerwerksbauten mit nur einer bedeutsamen Fassade zum Straßenraum hin –
und der Denkmalsubstanz der Nachkriegsmoderne - mit allseitig gestaltprägen­
den und eingriffsempfindlichen Fassaden - zu unterscheiden. Der Bestandserhalt
des Flächendenkmals Hansaviertel-Interbau gemeinsam mit dem Gartendenk­
mal ist erklärtermaßen im öffentlichen Interesse.
Thermographie des Eingangsbereichs der Kinder­
tagesstätte Klopstockstraße vor (oben) und nach
der Sanierung (unten). An den niedrigeren Ober­
flächentemperaturen – erkennbar an den blauen
und grünen Farbtönen – wird deutlich, dass die
Sanierungsmaßnahmen die Wärmeverluste stark
verringern konnten. Damit wurde zusätzlich der
thermische Komfort in den Innenräumen deutlich
gesteigert.
Kindertagesstätte Klopstockstraße 2012.
Die energetische Sanierung ist von außen
nicht zu erkennen.
Die energetische Sanierung der Kindertagesstätte in der Klopstockstraße zeigt,
dass es in Abstimmung mit den Denkmalbehörden gelingen kann, die Energieef­
fizienz auch im eingriffsempfindlichen Gebäudebestand deutlich zu verbessern.
Die hierbei ausgeführte Innendämmung der Außenwände, das Ausdämmen
bereits vorhandener Hohlräume im Dach und der Ersatz der alten Verglasungen
durch Dreifachverglasungen unter Erhalt der historischen Fensterrahmen ha­
ben das äußere Erscheinungsbild nicht sichtbar verändert. Die sorgfältige bau­
physikalische Begleitung der Sanierungsmaßnahmen war auch ein Beitrag zum
langfristigen Werterhalt des Gebäudes. Neben der spürbaren Verbesserung der
thermischen Behaglichkeit ist hier ein substanzieller Beitrag zum Klimaschutz
erreicht worden.
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
96
„Das Dilemma der mittleren Qualität“
Interbau-Wohnhochhaus der holländischen
Architekten van den Broek und Bakema,
Zustand 2012
Interbau-Wohnhaus des Architekten SchneiderEsleben, Zustand 2012
19 vgl. [Vallentin 2011], S. IV-117 ff. und VII-8
20 siehe Feist,Wolfgang (Hg.) 2012
Die heute übliche Baupraxis produziert ein „Dilemma der mittleren Qualität“ 19.
Die hierbei eingesetzte mittlere Qualität der Gebäudehüllen (Niedrigenergie­
komponenten) und der Lüftungskonzepte (Fensterlüftung bzw. Abluftanlagen)
reicht nicht aus, um den Heizwärmebedarf der Gebäude in dem für die Einhal­
tung der Klimaschutzziele notwendigen Maße abzusenken. Das Referenzszenario
zeigt auf, dass aufgrund der großen Trägheit des Gebäudeparks dieses Problem
zu spät, d. h. erst ab etwa 2030, an dem dann zu hohen Heizwärmebedarf er­
kennbar wird. Wegen der langen Nutzungsdauer von 30 - 80 Jahren stellen die
mittleren Qualitäten vor allem verpasste Gelegenheiten dar, die so schnell nicht
wiederkehren. Der heutige Neubau und Sanierungen gemäß dem gesetzlichen
Niveau (EnEV) stellen demnach keinen Lösungsansatz, sondern Problemfälle für
die Klimaschutzstrategien dar. Nicht zuletzt bleiben die mittleren Qualitäten oft­
mals unter dem ökonomischen Optimum, d. h. es wären weitere wirtschaftliche
Energieeinsparungen mit zusätzlichem Gewinn möglich gewesen. Keinesfalls
zielführend ist - wie häufig vorgeschlagen - das Vorziehen von Maßnahmen, der
vorzeitige Abriss von Bestandgebäuden und deren Ersatz mit Neubauten („Ab­
rissprämie“) oder eine Erhöhung der Sanierungsrate. Diese Vorschläge stehen
im Widerspruch zum Kopplungsprinzip und verursachen hohe Rüstkosten und
zerstören den Restwert der betreffenden Komponenten bzw. Gebäude. In den
Fällen, in denen, z. B. aus Finanzierungsgründen, anstelle einer hohen nur eine
mittlere Qualität zum Einsatz kommen soll, ist es daher zielführender, zunächst
weitere Rücklagen zu bilden, um dann später vernünftig abgestimmte Maßnah­
menpakete – und diese in hoher Qualität – auszuführen.
HANDLUNGSEMPFEHLUNG:„Wenn schon, denn schon“
Der spezifische Energiebedarf und die spezifischen Treibhausgasemissionen des
Hansaviertels können aufgrund des hohen Denkmalbestandes auch in der Lang­
fristperspektive nicht auf das Niveau vergleichbarer Stadtquartiere ohne Denk­
malbestand abgesenkt werden. Dies ist zunächst einmal zu akzeptieren, d. h. die
Klimaschutzziele für das gesamte Quartier sind entsprechend anzupassen.
Jedoch gilt auch im Hansaviertel, dass die sich in den nächsten Jahrzehnten erge­
benden Gelegenheiten konsequent genutzt werden sollten, um eine hohe ener­
getische Qualität (z. B. konsequente Anwendung des sog. „EnerPHit-Standards“ 20
im Bestand) statt einer mittleren Qualität einzusetzen. Dieses Prinzip des „Wenn
schon – denn schon“ gilt nicht nur für den voll sanierbaren Bestand,sondern auch
für die baukulturell vertretbaren Maßnahmen im bedingt sanierbaren Bestand einschließlich der denkmalgeschützten Gebäude.
Die Zukunft der städtischen Energieversorgung mit der Perspektive einer künf­
tigen regenerativen Vollversorgung ist ohne saisonalen Speicher (Sommer – Win­
ter) nicht möglich. Hier bieten das Gasnetz und die bereits vorhandenen geolo­
gischen Gasspeicher eine vielversprechende Option. Ab 2020/30 könnte über die
chemische Speicherung von Strom („Power to Gas“) zunehmend erneuerbares
Methan zur Verfügung stehen. Das bietet die Chance, die heutige Versorgungs­
struktur weitgehend beizubehalten. Auch aus ökonomischer Perspektive wäre
dies für alle Seiten ein Gewinn. Und ein weiteres Beispiel für die übergeordnete
Strategie des weitgehenden Erhalts vorhandener Substanz.
Perspektivische Energiebilanzen 2010 - 2060
97
Bildnachweis
S. 80/1 Peter, Manuel 2007, S. 57.
S. 80/2 Foto: Rainer Vallentin
S. 80/3 Luftfoto: Stadt Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
S. 81/1 Quelle: Vallentin, Rainer 2011, S. II-59
S. 83/1 Foto: Rainer Vallentin
S. 83/2 Foto: Wiltrud Weber
S. 83/3 Foto: Rainer Vallentin
S. 84/1 Foto: Wiltrud Weber
S. 84/2 Themenplan: Vallentin+Reichmann Architekten
S. 85/1 Foto: Rainer Vallentin
S. 85/2 Foto: Rainer Vallentin
S. 85/3 Themenplan: Vallentin+Reichmann Architekten
S. 86/1 Foto: Rainer Vallentin
S. 86/2 Quelle: Vallentin, Rainer 2011, S. IV-24
S. 87/1 Foto: Rainer Vallentin
S. 87/2 Quelle: Vallentin+Reichmann Architekten
S. 88/1 Quelle: Vallentin+Reichmann Architekten, angelehnt an Nitsch u.a. 2010, S. 86
S. 89/1 Foto: Wiltrud Weber
S. 89/2 Quelle:Vallentin,Rainer 2011, S.V-20
S. 89/3 Quelle:Vallentin,Rainer 2011, S.V-22
S. 90/1 Foto: Wiltrud Weber
S. 90/2 Foto: Rainer Vallentin
S. 91/1 Foto: Rainer Vallentin
S. 91/2 Foto: Rainer Vallentin
S. 92/1 Foto: Sabine Wenzel,Vattenfall AG Berlin
S. 92/2 Themenplan: Vallentin+Reichmann Architekten
S. 93/1 Foto: Rainer Vallentin
S. 93/2 Themenplan: Vallentin+Reichmann Architekten
S.94/1 Quelle: Vallentin+Reichmann Architekten
S. 95/1 Quelle: Haas, Walfried, BBI B GmbH Berlin
S. 95/2 Quelle: Haas, Walfried, BBI B GmbH Berlin
S. 95/3 Foto: Rainer Vallentin
S. 96/1 Foto: Rainer Vallentin
S. 96/2 Foto: Ingrid Krau
Literatur
Energiekonzept Bundesregierung: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(Hrsg.): Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung, Berlin, 2011.
Energiekonzept Land Berlin 2020: Land Berlin, Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen (Hg.), Internetveröffentlichung
(www.berlin.de/imperia/md/content/sen.../energiekonzept.pdf ).
Feist, Wolfgang (Hg.) 2012: EnerPhit Planerhandbuch, Darmstadt, 2012.
Frondel, Manuel 2006: Erhebung des Energieverbrauchs der privaten Haushalte für das Jahr 2005, Berlin, 2006.
Interbau-Katalog: Interbau Berlin 1957. Amtlicher Katalog. Berlin 1957.
IWU (Hg.) 2003: Deutsche Gebäudetypologie – Systematik und Datensätze, Darmstadt, 2003.
IWU (Hg.) 2007: Basisdaten für die Hochrechnung der Deutschen Gebäudetypologie des IWU, Darmstadt, 2007.
Nitsch, Joachim u. a. 2010: Leitstudie 2010, Internet-Veröffentlichung des BMU (www.bmu.de), Eigenverlag, 2010.
Peter, Manuel 2007: Das Berliner Hansaviertel und die Interbau 1957, Erfurt, 2007.
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(www.berlin.de/imperia/md/content/sen.../energiekonzept.pdf ).
Vallentin, Rainer 2011: Energieeffizienter Städtebau mit Passivhäusern. Begründung belastbarer Klimaschutzstandards im Wohnungsbau, Göttingen.
Vallentin, Rainer 2012: Nachhaltige Energieversorgung – Lösungsansätze für den Sektor der privaten Haushalte in Deutschland bis 2050; In: Feist Wolfgang (Hg.)
Protokollband kostengünstige Passivhäuser Nr. 46, Nachhaltige Energieversorgung mit Passivhäusern, Eigenverlag, Darmstadt, 2012, S. 9-98.
Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der BRD 2011: Leitbild Denkmalpflege. Zur Standortbestimmung der Denkmalpflege in Deutschland, Petersberg.
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