2.2 Bildgebende Differenzialdiagnostik

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Bildgebende Differenzialdiagnostik
Die Kenntnis der Wandschichten ist bedeutsam für die Festlegung des lokalen Stadiums von Karzinomen (T‑Stadium) sowie für
die Beurteilung der endoskopischen Resektablität von Wandtumoren.
2.2
Bildgebende Differenzialdiagnostik
Bildgebende Diagnostik durch Endoskopie
Die Endoskopie ist das Verfahren der Wahl zur Feinbeurteilung
der Schleimhautoberfläche des Gastrointestinaltraktes. Die aktuelle Gerätegeneration der Videoendoskope gewährleistet eine
hohe Ortsauflösung, die bei adäquater Untersuchungstechnik die
Detektion auch kleiner Frühneoplasien ermöglicht (Abb. 2.5). Auffällige Areale können unmittelbar biopsiert und feingeweblich untersucht werden. Die Verwendung von Färbetechniken hat die Detektionsrate von Neoplasien nicht signifikant verbessert; sie
leisten aber in ausgewählten Situationen gute Dienste. So kann
die Ausdehnung eines frühen Plattenepithelkarzinoms vor endoskopischer Abtragung mithilfe Lugolʼscher Lösung sicherer bestimmt werden (Abb. 2.6). Neue, virtuelle Färbetechniken wie Narrow Band Imaging (NBI) und Flexible spectral Imaging Colour
Enhancement (FICE) befinden sich ebenso in der klinisch-wissenschaftlichen Evaluation wie die In-vivo-Mikroskopie mittels der
konfokalen Lasermikroskopie.
Abb. 2.6
phagus.
a Flächiges mukosales Plattenepithelkarzinom des Öso-
Abb. 2.5 Flache Karzinome wie dieses mukosale Barrett-Frühkarzinom des unteren Ösophagus können bereits mit der hochauflösenden
Standardendoskopie erkannt werden.
Über die diagnostische Anwendung hinaus bietet die Endoskopie vielfältige minimal invasive Therapiemöglichkeiten, wie z. B.
Blutstillung, Varizenligatur, Bougierung von Engstellen oder Einlage von selbst expandierenden Stents zur Überbrückung von Tumorstenosen. Besonders hingewiesen sei auf die Möglichkeit zur
endoskopischen Entfernung von Tumoren, die oberflächlich zur
Tunica muscularis propria liegen (endoskopische Mukosaresektion [EMR] und endoskopische Submukosadissektion [ESD]).
b Lugolʼsche Lösung färbt nur das Glykogen des intakten Plattenepithels; die Farbaussparung markiert die Tumorausdehnung vor endoskopischer Therapie.
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Jan Janssen
Abb. 2.7 Die sonografische Darstellung von Gas (echoreicher Reflex
mit Reverberationsartefakt, Pfeilspitze) zwischen Duodenum (XII) und
Pankreas belegt die gedeckte Perforation eines Duodenalulkus.
Abb. 2.8 Pathologische Magenantrumkokarde bei Magenkarzinom.
Die echoarme Tunica muscularis propria ist durch etwas echoreicheres
Tumorgewebe infiltriert (Pfeilspitzen).
Abb. 2.9 Die kelchförmige Dilatation des terminalen Ösophagus
(Pfeilspitzen) bei Achalasie ist in der transkutanen Sonografie häufig
darstellbar.
Transkutane Sonografie
Abb. 2.10 Echoarme tumoröse Wandinfiltration (Pfeilspitzen) durch
ein Kardiakarzinom in der konventionellen sonografischen Bildgebung. Große Abstandsmarkierung: Kardia-Gesamtdurchmesser; kleine Abstandsmarkierung: Durchmesser der Kardia-Hinterwand.
Jan Janssen, Lucas Greiner
Die transkutane Sonografie erlaubt eine Darstellung des zervikalen und abdominalen Ösophagus sowie des Magens. Allerdings
ist die Untersuchung anspruchsvoll und nicht bei allen Patienten
in der erforderlichen Qualität durchführbar, sodass die Anwendung angesichts des endoskopischen Ultraschalls in den Hintergrund tritt. Dennoch sollten dem Untersucher bei der Routine-Abdominalsonografie Auffälligkeiten des terminalen Ösophagus und
der Magenkokarde nicht entgehen. Ulzera inklusive gedeckter
Perforationen können sonografisch detektiert werden (Abb. 2.7).
Die Darstellung einer tumorösen Magenwandinfiltration
(Abb. 2.8) kann dem Endoskopiker in der späteren Diagnosestellung helfen. Auch Prozesse des distalen Ösophagus bzw. der Kardia haben typische sonografische Korrelate, wie z. B. die kelchför-
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mige Ösophagusaufweitung bei Achalasie (Abb. 2.9) oder die
echoarme Wandverdickung mit Schichtendestruktion eines Kardiakarzinoms (Abb. 2.10).
Endoskopische Sonografie
Jan Janssen
Die endoskopische Sonografie (EUS) erlaubt eine Darstellung der
gastrointestinalen Wandschichten aus nächster Nähe. Daher können hohe Ultraschallfrequenzen von 7,5 bis ca. 25 MHz eingesetzt
werden, die eine Ortsauflösung im Millimeterbereich gewährleisten. Mit steigender Frequenz sinkt allerdings auch die Eindringtie-
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2 Ösophagus und Magen
Abb. 2.12 a Relativ kleines Barrett-Ösophaguskarzinom. b Die Endosonografie belegt die tiefe Infiltration der Tela submucosa
(uT1SM), sodass der Tumor trotz technisch möglicher endokopischer
Resektion onkologisch-chirurgisch versorgt werden muss.
Abb. 2.11 a Endoskopische Darstellung eines submukösen Tumors;
b Die Endosonografie zeigt einen echoarmen Tumor, der aus der
2. Schicht (Lamina muscularis mucosae) entspringt; c Der Tumor
kann endoskopisch abgetragen werden und erweist sich histologisch
als gastrointestinaler Stromatumor (GIST).
fe von ca. 5 cm auf unter 2 cm, sodass die Frequenzauswahl an die
Fragestellung anzupassen ist.
Schwerpunkt der Endosonografie von Ösophagus und Magen
liegt im lokalen (T‑Stadium) und nodalen Staging (N‑Stadium)
der malignen Neoplasien (Ösophaguskarzinom, Magenkarzinom,
Magenlymphom) sowie in der diagnostischen Einordnung von
sukmukösen Tumoren und deren Abgrenzung gegenüber Impressionen von außen. Das klinische Management der submukösen
Tumoren basiert entscheidend auf der EUS (Abb. 2.11).
Die Treffsicherheit für das T‑Stadium der vorgenannten Malignome liegt bei ca. 85 %, für das N‑Stadium bei ca. 75 – 80 % [1]. Damit ist die Endosonografie in dieser Fragestellung das derzeit führende Verfahren und zur Festlegung kurativer Therapiekonzepte
(z. B. neoadjuvante Therapie) obligat (Abb. 2.12 u. 2.13). Läsionen,
die endosonografisch in der Mukosa oder Submukosa liegen, können endoskopisch abgetragen werden (Abb. 2.11). Die EUS mit
dem Longitudinalschallkopf erlaubt über die Bildgebung hinaus
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Bildgebende Differenzialdiagnostik
2 Ösophagus und Magen
Abb. 2.13 a Endoskopie eines fortgeschrittenen Ösophaguskarzinoms; b Endosonografisch zeigt der Tumor eine Infiltration der
Adventitia sowie elastografisch blau kodierte,
d. h. harte Lymphknoten (uT3N1). Bei fehlender Fernmetastasierung ist eine Radiochemotherapie in neoadjuvanter Intention indiziert.
Abb. 2.14 a Lymphknoten-Elastografie
eines großen, echoarmen, runden Lymphknotens mit Kriterien einer harten und somit suspekten Gewebsstruktur. b Die Histologie
nach endosonografisch geführter Feinnadelbiopsie beweist die maligne metastatische
Lymphknoteninfiltration.
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Feinnadelbiopsien aus Wandtumoren und Umgebungsstrukturen,
wie z. B. Lymphknoten, sodass die Spezifität der Methode gesteigert wird (Abb. 2.14 b). Die endosonografische Gewebshärtenmessung mittels der Elastografie kann mit einer Treffsicherheit von ca.
85 % die Dignität vergrößerter Lymphknoten vorhersagen und unterstützt die Auswahl der für die Punktion geeigneten Lymphknoten (Abb. 2.14 a) [2].
Bildgebende Differenzialdiagnostik
Andreas G. Schreyer
n Ösophagus
Innerhalb der radiologischen Techniken zur Darstellung des Ösophagus zählen die Doppelkontrast-Bariumuntersuchungen des
Ösophagus zu den geeignetsten radiologischen Techniken. Frühformen eines Ösophaguskarzinoms stellen sich als kleine polypoide Läsionen, fokale Irregularitäten der Wand oder plaqueähnliche
Läsionen dar. Da auch benigne squamöse Papillome sich in der
Durchleuchtungsuntersuchung ähnlich darstellen können, ist zur
weiteren Abklärung dennoch eine Endoskopie mit Biopsie nötig.
Bei fortgeschrittenen Karzinomen des Ösophagus zeigen zum Teil
schon die konventionellen Thoraxaufnahmen pathologische Veränderungen, wie z. B. eine mediastinale Verbreiterung oder auch
eine Abweichung im Verlauf der Trachea bzw. einen Luft-Flüssigkeits-Spiegel im Ösophagus basierend auf distalen Obstruktionen.
Fortgeschrittene Karzinome erscheinen bei Doppelkontrastuntersuchungen polypoid infiltrierend bzw. ulzerierend. Dabei zeigt
sich häufig eine irreguläre Einengung des Ösophaguslumens mit
teilweise Auftreten von Ulzerationen und Strikturen sowie einem
plötzlichen Abbrechen des kontrastierten Lumens mit exzentrischen Impressionen. Plattenepithelkarzinome können wie variköse Läsionen erscheinen und dann mit Varizen verwechselt werden. Anders als Varizen ändern sich diese Läsionen jedoch nicht
bei einem Valsalva-Manöver. Methodisch bedingt ist ein adäquates T-, N- oder M‑Staging mit dem Ösophagusbreischluck nicht
möglich. Dennoch wird die Methode auch heute noch an einigen
Institutionen vor allem von Chirurgen gewünscht, um die kraniokaudale Ausdehnung des Tumors besser zu visualisieren.
Neben der Untersuchung im Doppelkontrast wird im klinischen Alltag noch häufig eine Untersuchung im Monokontrast
mit wasserlöslichem Kontrastmittel bei Verdacht auf Perforationen verwendet. Dargestellt werden können damit z. B. Divertikel,
Hernien, entzündliche Veränderungen, Varizen, aber auch funktionelle Störungen wie die Achalasie. Eine häufige Indikation zur
Durchführung einer Ösophagusuntersuchung im Monokontrast
ist die postoperative Kontrolle bei Operationen am Mageneingang
bzw. Ösophagus.
n Magen
Vor Einführung der endoskopischen Verfahren erfolgte die Projektionsradiografie des Magens unter Durchleuchtung mit bariumsulfathaltigen oralen Kontrastmitteln. Um eine bessere Oberflächenbeurteilung des Magens durch einen Doppelkontrast zu
erhalten, wurden den Patienten gasbildende Granulate (Zitronensäure, Natriumbicarbonat) oral appliziert, die zusätzlich eine verbesserte Distension des Magens erlaubten. In der Hand von erfahrenen Untersuchern waren diese Methoden von vergleichbarer
diagnostischer Aussagekraft wie endoskopische Verfahren [3].
Durch den Rückgang konventioneller Untersuchungen des Gastrointestinaltrakts ist aktuell kaum mehr eine adäquate radiologi-
sche Ausbildung bezüglich dieser Untersuchungen zu erreichen,
sodass die Qualität der konventionellen GI‑Untersuchungen ebenfalls abnimmt. Aktuell gibt es durch das weit verbreitete Angebot
von Endoskopien sowie Schnittbildverfahren, die im Folgenden
dargelegt werden, kaum noch Indikationen zu dieser Untersuchung.
Computertomografie
Andreas G. Schreyer
n Ösophagus
Computertomografisch können bei einem bekannten Ösophaguskarzinom eine Verdickung der Ösophaguswand, die intraluminale
Ausdehnung des Ösophagustumors sowie ein prästenotisch erweitertes Ösophaguslumen nachgewiesen werden. Zusätzlich
kann bei einer Wandüberschreitung des Karzinoms eine Auflösung der Fettschicht zwischen Tumor und den angrenzenden
Strukturen erkannt werden. Zudem können mittels Computertomografie (CT) Komplikationen wie Perforationen in das Mediastinum bzw. Fisteln in das tracheobronchiale System nachgewiesen
werden. Insgesamt ist die Rolle des CT beim T‑Staging von ösophagealen Karzinomen umstritten. Die Sensitivität zur Beurteilung einer tracheobronchialen Infiltration liegt zwischen 93 %
und 100 % mit einer Spezifität von 75 – 100 % [4]. Frühere Studien
konnten jedoch nur geringere Sensitivitäten und Spezifitäten bezüglich einer möglichen mediastinalen Invasion erreichen. Wie
bei den meisten Tumoren des Gastrointestinaltrakts hat die CT bekannte Limitationen beim Nachweis mediastinaler LK‑Metastasen
[5]. Da das Hauptkriterium zur Beurteilung einer Lymphadenopathie die Lymphknoten-(LK-)Größe darstellt, kann die CT nicht sicher den Nachweis oder das Fehlen von LK‑Metastasen beurteilen,
wenn die LK nicht massiv vergrößert sind. Auch bei vergrößerten
LK kann keine sichere Differenzierung zwischen gutartigen reaktiven LK‑Vergrößerungen oder einem metastatischen Befall gemacht werden. Ein weiteres Problem besteht darin, dass selbst
vergrößerte LK in der unmittelbaren Nähe von Ösophagustumoren nicht erkannt werden, weil sie von der Primärläsion nicht abzugrenzen sind. Da vor allem Tumore des distalen Ösophagus in
den Oberbauch metastasieren, sollte unbedingt eine LK‑Beurteilung im Oberbauch im Bereich des Truncus coeliacus bei einer
Staginguntersuchung durchgeführt werden. Zusätzlich ist das Ligamentum gastrohepaticum ein typischer Ort für LK‑Metastasen.
Für das M‑Staging ist die Computertomografie des Thorax und des
Abdomens gegenwärtig die Methode der Wahl.
n Magen
Die CT ist die verbreitetste und stabilste Methode, um über die intraluminale Bildgebung hinausgehende Befunde erheben zu können bzw. um ein adäquates Staging bei Tumoren des Magens zu
ermöglichen. Die Einführung von Mehrschicht-CT‑Geräten stellt
dabei eine neue Gerätegeneration dar, die gleichzeitig eine hochauflösende Bildgebung entlang der Patientenachse (Z‑Achse) so-
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Röntgenkontrastdarstellung
des Ösophagus und Magens
Abb. 2.15 Computertomografie mit intravenöser und positiver intraluminaler Kontrastierung (a): Das kontrastmittelaufnehmende Magenkarzinom (graue Pfeile) kommt durch den besseren Weichteilkontrast
in der MRT (2D‑FLASH axial mit Fettsuppression; b) besser zur Darstellung.
wie eine schnelle und stabile Bildgebung der Abdominalorgane erlaubt. Darüber hinaus ermöglicht das Mehrschicht-CT die Anfertigung von multiplanaren Rekonstruktionen (MPR), die eine weitere Verbesserung der Diagnostik nach sich zieht. Zur Beurteilung
der Magenwand sollte eine „neutrale“ Kontrastierung mit Wasser
erfolgen. Durch die i. v. Gabe von jodhaltigem KM, bei der sich die
Mukosa und die Magenwand konsekutiv positiv darstellen, wird
so eine bessere Beurteilung von Tumoren ermöglicht. Bei positiver
intraluminaler Kontrastierung, wie sie häufig in Routine-CT Untersuchungen des Abdomens verwendet wird, besteht dagegen
die Gefahr, pathologische Veränderungen der Magenwand zu
maskieren (Abb. 2.15).
Zusätzlich sollte zu einer CT‑Untersuchung des Magens eine
Spasmolyse (z. B. Butylscopalamin i. v. bzw. bei Kontraindikation
Glukagon) durchgeführt werden. Eine primäre Untersuchung in
Bauchlage hat sich dabei bewährt, da bei dieser Methode die distalen Magenanteile besser distendiert werden, der Magen aber auch
durch die ventrale Kompression weniger Bewegungsspielraum hat.
Diese sogenannte Hydro-CT erreicht in aktuellen Publikationen
eine Sensitivität von 89 – 94 % zum Nachweis von Magenkarzinomen [6, 7]. Viele Folgestudien zeigten jedoch enttäuschende Ergebnisse. Ein Problem der Hydro-CT liegt im suboptimalen Weichteil-
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kontrast der CT zur Differenzierung von T1- und T2-Läsionen. Auch
bei fortgeschritteneren Magenkarzinomen kann eine Infiltration
über die Serosa hinaus nicht immer sicher beurteilt werden. Zur
Beurteilung von organwandüberschreitenden Karzinomen (T4) ist
die Hydro-CT mit ihrer Fähigkeit zur multiplanaren Rekonstruktion jedoch eine exzellente Modalität. Die Hydro-CT ist daher gegenwärtig eine hervorragende Methode, um fortgeschrittene Magenkarzinome präoperativ in ihrer Beziehung zu umgebenden
Organstrukturen darzustellen. Die Genauigkeit bezüglich der
T‑Kategorie von Magenkarzinomen beträgt computertomografisch derzeit 51 – 77 % [8, 9]. Ein spezielles Problem stellt die T‑Kategorisierung von Kardia-Tumoren dar, wobei T2-Tumore häufig als
T3- oder T4-Tumore durch den Partialvolumeneffekt und die eingeschränkte Beurteilbarkeit der Serosa eingeordnet werden. Die Genauigkeit zur Beurteilung des M‑Staging liegt zwischen 62 % und
73 %. Da eine große Anzahl von metastatisch betroffenen LK des
Magenkarzinoms < 10 mm sind, lässt sich daher das Endstadium
von Magenkarzinomen computertomografisch nur relativ ungenau vorhersagen. Ein weiteres bekanntes Problem liegt in der fehlenden Differenzierbarkeit von benignen und malignen Lymphknoten. In der Literatur beträgt die Sensitivität zur Beurteilung
einer Lymphknotenmetastasierung in der Spiral-CT 64 – 88 % bei
einer Spezifität von 44 – 74 %. Zur Beurteilung des M‑Staging stellt
die CT ebenfalls eine Routinemethode dar. Aktuelle Daten zur Sensitivität und Spezifität zur Beurteilung von Lebermetastasen liegen
beim Magenkarzinom kaum vor. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die Sensitivität und Spezifität etwa im Bereich der bekannten Daten von kolorektalen Karzinomen liegen dürften. Eine
Metastasenanalyse aus dem Jahr 2002 beziffert die Sensitivität der
Computertomografie zur Detektion von Lebermetastasen auf 72 %
[10]. Auch der Nachweis einer Peritonealkarzinose ist computertomografisch ein schwieriges Unterfangen. In allen aktuellen vergleichenden Studien erscheint die CT der Laparoskopie unterlegen.
Magnetresonanztomografie
Andreas G. Schreyer
n Ösophagus
Der Ösophagus erscheint zunächst als wenig geeignetes Organ zur
MRT‑Bildgebung. Der Hauptgrund liegt vor allem in der starken
Artefaktanfälligkeit des Organs mit seiner geringen transversalen
Ausdehnung, der engen Lagebeziehung zum pulsierenden Herzen
bzw. zur pulsierenden Aorta descendens sowie durch Bewegungsartefakte durch Atmung und Eigenbewegung beim Schluckakt.
Von Vorteil bezüglich der Bildgebung von lokalen Lymphknoten
im Ösophagus ist die Tatsache, dass der Ösophagus von Fettgewebe umgeben ist, sodass theoretisch lokoregionäre Lymphknoten
sowie organüberschreitendes Wachstum mit der MRT adäquat visualisiert werden können. Derzeit gilt: Die MRT des Ösophagus ist
keine Routinemethode. Der Hauptfokus aktueller Studien der MRT
des Ösophagus ist die dynamische Untersuchung der Speiseröhre
in Cine-Techniken, die den klassischen Breischluck unter Röntgendurchleuchtung ersetzen soll. Ähnlich wie bei der dynamischen Darstellung des Magens werden auch bei der Ösophagus-
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2 Ösophagus und Magen
Bildgebende Differenzialdiagnostik
Ähnlich wie die CT – durch die Bewegungsartefaktabhängigkeit
und geringere Ortsauflösung sogar noch akzentuierter – ist die
MRT keine geeignete Methode, um ein adäquates T‑Staging beim
Ösophaguskarzinom durchzuführen. Bei In-vivo-Untersuchungen
ist die hohe Ortsauflösung der Endosonografie bzw. der OCT (Optical Coherence Tomography) der MRT überlegen. Ähnlich wie
weiter unten im Text zur Oberflächenbeurteilung des Magens
ausgeführt, existieren auch für den Ösophagus neue experimentelle endoluminale Oberflächenspulen für die MRT. Eine In-vivoApplikation steht jedoch gegenwärtig noch aus und ist in absehbarer Zeit kaum zu erwarten.
n Magen
Die Darstellung des Magens durch die MRT ist in erster Linie durch
die ausgeprägten Bewegungsartefakte in der Umgebung des Magens (Darmperistaltik, Atmung, Pulsation des Herzens sowie der
großen Gefäße) eingeschränkt. Ähnlich wie die CT kann die MRT
zur Darstellung vor allem fortgeschrittener Tumoren des Magens
verwendet werden. Die in der Literatur beschriebenen hohen Sensitivitäten von 93 – 97 % mit Spezifitäten um die 79 % müssen zum
Teil dem hoch selektionierten Krankengut zugeschrieben werden.
Auch die längere Untersuchungsdauer von 20 – 40 min bei der
MRT vor allem bei MRT‑Sequenzen, die stark von Bewegungsartefakten beeinflusst werden, erschwert die Durchführung dieser
Methode beim Staging von Magentumoren. Auf neue endoskopische MRT‑Bildgebung sowie Endospulen, die noch als experimentelle diagnostische Verfahren im Prototypenstadium sind, soll am
Ende des Kapitels eingegangen werden. Eine Möglichkeit der Magendiagnostik mit der MRT stellt die Echtzeitbeurteilung der Magenmotilität durch schnelle MRT‑Sequenzen dar. Durch die fehlende Invasivität und Strahlenexposition kann die MRT dabei als
interessante Nischenapplikation zur Beurteilung beispielsweise
von pharmakologischen Wirkungen von Arzneimitteln in vivo
bzw. zur Beurteilung von Magenausgangsstenosen oder einer
Gastroparese eingesetzt werden. Dennoch ist die MRT‑basierte
Darstellung des Magens gegenwärtig keine Routinemethode im
Staging von Malignomen des Magens. Die nachfolgend dargestellten MRT‑Techniken sowie Protokolle basieren auf den Empfehlungen von experimentell arbeitenden Gruppen zur Magendiagnostik.
Abb. 2.16 a 3D‑FLASH mit Fettsuppression und intravenöser Kontrastierung. b Ulzerierendes Magenkarzinom mit virtueller Gastroskopie
(Volume Rendering) in Blickrichtung des weißen Pfeiles.
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MRT FISP‑Sequenzen (FISP: Fast Imaging with steady Precession)
zur Echtzeitdarstellung für dynamische Untersuchungen verwendet.
Bei der onkologischen Darstellung des Ösophagus existieren
zwei große Probleme:
" Durch die enge Lagebeziehung des Ösophagus mit dem Herzen
sowie durch den Kontakt zum linken Vorhof müssen Pulsationsartefakte sowie Bewegungsartefakte durch die Atmung bei
der Bildgebung berücksichtigt werden.
" Der Ösophagus ist ein Organ mit kleinem Durchmesser, aber
großer kraniokaudaler Ausdehnung, sodass eine hohe Ortsauflösung erreicht werden müsste, um adäquate Ortsauflösung
zur Tumordarstellung innerhalb der Ösophagusschleimhaut
zu gewährleisten.
2 Ösophagus und Magen
2.3
MRT‑Technik, Messprotokolle
und praktisches Vorgehen
Andreas G. Schreyer
Spin-Echo-Sequenzen durchgeführt werden. Es muss dennoch betont werden, dass die beschriebenen Anwendungen und Sequenzen keine Routinemethoden darstellen. Die kleine Patientenzahl
der Publikationen unterstreicht den experimentellen Charakter
der Methode.
Folglich ist es theoretisch sicherlich möglich, mit der MRT eine
nicht invasive Beurteilung vor allem des N‑Stadiums eines Ösophagustumors zu unternehmen. Voraussetzung dafür sollte aber
modernste Technik mit Erweiterung der simultanen Darstellung
in der kraniokaudalen Achse mit Body-Array-Spulen sowie parallelem Imaging sein. Dennoch muss diese Anwendung erst in
größeren Studien weiter untersucht werden.
Ösophagus
Magen
Wie bereits zuvor dargelegt, gibt es zur Beurteilung des Ösophagus keine routinemäßige klinische Anwendung. Zur dynamischen
Untersuchung des Ösophagus sind FISP‑Sequenzen geeignet. Dennoch ist es auch bei modernen Geräten eine große Herausforderung, eine adäquate räumliche und zeitliche Auflösung zu erhalten. Auch ist in der meist horizontalen Lagerung der Patienten im
MRT bei dynamischen Untersuchungen ein Problem zu sehen, da
diese Lage eine unphysiologische Schluckposition des Patienten
darstellt.
Für Staging-Untersuchungen wäre eine hohe Ortsauflösung in
transversaler sowie kraniokaudaler Achse erforderlich. Durch
neue Techniken des Atemgatings und des EKG‑Triggerings ist es
möglich, T1-gewichtete Sequenzen in einer 512-Matrix multiplanar anzufertigen. Diese Sequenzen sind jedoch zu einer genaueren
Darstellung des Ösophagus im Verhältnis zu relevanten Umgebungsstrukturen wie etwa der Aorta und der Trachea nicht ausreichend und sollten durch T2-Sequenzen ergänzt werden. Die Kombination von Atemartefakten und Pulsationsartefakten stellt für
den Ösophagus im MRT das bedeutendste Problem dar. Atemanhaltetechniken sowie EKG‑Triggerung sind potenzielle Möglichkeiten, die Probleme zu kompensieren. Die Kombination beider
Verfahren ist jedoch gegenwärtig methodisch nicht adäquat möglich, da eine EKG‑Triggerung zu langen Untersuchungszeiten
führt, die wiederum die Atemanhaltetechniken unmöglich machen. Ein möglicher Ansatz stellen modifizierte Mittelungsverfahren dar, die unter Verwendung von speziellen Sequenzen mit
komplexen Repetitionen (LOTA [Long-Term Averaging; Siemens,
Erlangen]), ohne relevante Verlängerung der Messzeiten eine Verbesserung der Standardakquisitionen ermöglichen. Dabei kann
diese Technik mit EKG‑Triggerung durchgeführt werden.
Zur Untersuchungsplanung ist eine Kenntnis der Tumorlage
aus der Endoskopie vor Durchführung der MRT essenziell. Bei Tumoren im Bereich des proximalen und mittleren Ösophagusdrittels müssen zum adäquaten LK‑Staging die Fossa supraclavicularis
sowie der Truncus coeliacus abgebildet werden. Bei Tumoren im
distalen Ösophagusdrittel muss neben dem Truncus coeliacus die
Paraaortalregion im Oberbauch mit erfasst sein. In Studien mit
kleinen Fallzahlen wurde gezeigt, dass die MRT mit Standardgeräten unter Zuhilfenahme von EKG‑Triggerung sowie erhöhter Repetitionszahl (LOTA) adäquate Ergebnisse liefert. Mit Unterstützung der LOTA‑Technik konnten T1- und T2-gewichtete Turbo-
Über eine geeignete Vorbereitung zur Untersuchung des Magens
mit der MRT gibt es keine geeigneten Literaturdaten. Generell
muss überlegt werden, welche Art der Darstellung gewünscht ist.
So werden zur Beurteilung der Magenmotorik mit Echtzeit-Bildgebung eher positive Kontrastierungen in den T1-gewichteten Sequenzen benötigt. Auf diese Art von Untersuchung wird nochmals
am Ende dieses Kapitels eingegangen.
Zur Beurteilung von Malignomen des oberen Gastrointestinaltrakts im Sinne eines T-, N-, und M‑Stagings ist eine adäquate Distension des Magens und Duodenums erforderlich. Es sollte daher
eine Nüchternheit des Patienten bezüglich solider Nahrung etwa
4 – 6 Stunden vor Durchführung der Untersuchung angestrebt
werden. Wie zur Beurteilung des Dünn-, aber auch Dickdarmes
hat sich beim Magen ebenfalls die sogenannte Dark-Lumen-Technik durchgesetzt. Bei dieser Untersuchung wird ein dunkles Signal
im Gastrointestinaltrakt durch die Gabe von Wasser in den T1-gewichteten Sequenzen erreicht. Durch die zusätzliche i. v. Gabe von
positivem Kontrastmittel (Gadolinium) erscheinen die Magenbzw. Darmwände signalreich und können besser vom signalarmen Magenlumen differenziert werden. Ähnlich wie bei der Vorbereitung zur Hydro-CT sollte der Patient dabei 1 – 1,5 l Wasser
etwa 10 – 15 min vor der Untersuchung trinken. Ebenso sollte die
MRT‑Untersuchung in Bauchlage durchgeführt werden. Dies hat
folgende Vorteile:
" Die distalen Magenanteile werden besonders gut distendiert.
" Durch die Kompression in Bauchlage ist eine geringere Beweglichkeit des Magens bei geringeren Atemexkursionen während
der Untersuchung zu erreichen.
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Gerade diese Art der Vorbereitung (Trinken von bis zu 1,5 l Wasser
innerhalb relativ kurzer Zeit sowie Untersuchung in Bauchlage) ist
aber teilweise für Patienten mit Magenkarzinomen oder anderen
Beschwerden des Magens nur eingeschränkt tolerabel und kann
durch die schlechtere Compliance die Qualität von MRT‑Untersuchungen des Magens beeinträchtigen.
Die Bildgebung sollte an einem 1,5T‑Gerät mit Oberflächenspulen (Phased-Array-Spulen) zum Signalempfang durchgeführt
werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um ein gutes Signal-zu-Rauschen-Verhältnis (SNR) zu erhalten. Nach der Durchführung einer Lokalisierungsmessung sollte eine schnelle T2-gewichtete Sequenz in Single-Shot-Technik durchgeführt werden.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Mehrere Publikationen haben sich mit der Technik der virtuellen Gastroskopie basierend auf hochauflösenden CT‑Daten bzw.
auf isotropen 3D‑Akquisitionen (Abb. 2.16) mit der MRT beschäftigt. Dennoch sind diese Publikationen als Machbarkeitsstudien
an kleinen Patientenzahlen zu sehen.
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