IT-Einsatz im SpitaL: Patientendaten und Datenschutz

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datamaster September 2005
IT-Einsatz im SpitaL:
Patientendaten und Datenschutz
Der Einsatz von fuformationssystemen im Medizinbereich ermöglicht eine effiziente Bearbei.
tung von patientenbezogenen Daten, so etwa beim
elektronischen Rechnungsversand, Rezept oder
Patientendossier. Dabei stellt sich die Frage, unter
welchen Voraussetzungen dies aus datenschutz.
rechtlicher Sicht zulässig ist.
Einsatz von fuformationssystemen im Spitalbereich
Neben den seit langer Zeit bereits genutzten IT-Systemen für die Patientenadministration und das Rechnungswesen sind in den meisten Spitälern solche
für die elektronische Patientenakte, für die Bildarchivierung (PACS), die elektronische Leistungserfassung, den elektronische Rechnungsversand oder das
elektronische Rezept seit kurzer Zeit erst im Einsatz oder in Planung.
Mit den erwähnten IT-Systemen eröffnen sich neue Nutzungsmöglichkeiten für
die Patientendaten, welche über die Bearbeitung für die medizinische Behandlung und deren administrativer Abwicklung hinaus gehen, wie z.B.die Nutzung
dieser Daten im Hinblick auf die Qualitätssicherung. In diesem Zusammenhang
stellt sich die Frage, welche rechtlichen Anforderungen erfüllt sein müssen.
Ärztliches Berufsgeheimnis und Datenschutz
Die Bearbeitung von Patientendaten untersteht dem ärztlichen Berufsgeheimnis (Art. 321 Strafgesetzbuch). Danach sind Ärzte und ihre fachlichen und administrativen Hilfspersonen zur Verschwiegenheit über Tatsachen verpflichtet,
die ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder von ihnen wahrgenommen werden. Diese Geheimhaltungspflicht gilt auch gegenüber anderen Ärzten
und Hilfspersonen innerhalb des gleichen Spitals, soweit diese nicht ebenfalls
an der Behandlung beteiligt sind und hierfür Kenntnis der betreffenden Tatsachen benötigen.
Für die öffentlichen Spitäler gelten für den Datenschutz die jeweiligen kantonalen Bestimmungen. Für Privatkliniken kommt demgegenüber das Bundesgesetz über den Datenschutz zur Anwendung. Auch wenn die gesetzlichen
Regelungen im Einzelnen unterschiedlich sind, so beruhen sie auf den gleichen
allgemeinen Grundsätzen.
Im Zusammenhang mit dem Einsatz neuer Applikationen wie etwa die elektronische Patientenakte ist insbesondere der Grundsatz der Zweckbindung zu beachten. Danach dürfen Personendaten nur zu dem Zweck bearbeitet werden,
welcher bei der Datenerhebung bekannt gegeben wurde oder für die betroffenen Personen aus den Umständen ersichtlich war.
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datamaster September 2005
Die Bekanntgabe von Patientendaten entgegen dem Arztgeheimnis oder ausserhalb des durch die Zweckbindung zulässigen
Rahmens ist nur dann zulässig, wenn der Patient hierzu vorgängig einwilligt hat oder wenn dies gesetzlich vorgesehen ist (z.B.
Meldepflicht bei Ansteckungsgefahr).
Konsequenzen für den Informatikeinsatz
Aus den erwähnten rechtlichen Rahmenbedingungen folgt, dass
jede Kenntnisnahme und jede Bearbeitung von Patientendaten
grundsätzlich unzulässig ist, die für die Behandlung des Patienten
(einschliesslich der damit im Zusammenhang stehenden Datenbearbeitung für die Leistungserfassung und -abrechnung) nicht
notwendig ist.
Für Klinikinformationssysteme (elektronische Patientenakte ) bedeutet dies etwa, dass die Zugriffsberechtigung der Spitalmitarbeiter auf diejenigen Daten beschränkt werden muss, welche sie für
die eigentliche Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Eine uneingeschränkte Einsichtsmöglichkeitin alle Patientenakten für alle Ärzte
eines Spitals wäre somit mit dem Berufsgeheimnis nicht vereinbar.
Für die Nutzung von Patientendaten zu Forschungszwecken wird
häufig ein anderes Vorgehen gewählt. Die Patienten werden in einer Informationsbroschüre informiert, es wird von ihnen jedoch
keine ausdrückliche Einwilligung verlangt. Dies ist aufgrund der
massgeblichen gesetzlichen Regelung möglich. Danach ist keine
Einwilligung des Patienten erforderlich, sofern dieser über die
Nutzung seiner Daten für Forschungszwecke informiert worden
ist. Will der Patient, dass seine Daten nicht für die Forschung ver.:"
wendet werden, muss er dies ausdrücklich untersagen.
Wo jedoch die Einwilligung der Patienten notwendig ist, ist ein
blosser Hinweis in einer Broschüre rechtlich risikobehaftet. Ob
nämlich angenommen werden darf, dass der Patient aufgrund des
Hinweises auf eine bestimmte Datenbearbeitung seine Einwilligung dazu stillschweigend erteilt hat, ist fraglich. Zudem ist zu
beachten, dass in einem allfälligen Streitfall sich die (stillschweigende) Zustimmung durch das Spital kaum nachweisen lässt,
wenn der Patient diese bestreitet und behauptet, er habe die Broschüre nie erhalten.
Fazit
Zudem ist der Einsatz von IT-Systemen, mit welchen Patientendaten ausserhalb des ursprünglich explizit vereinbarten oder implizit aus den Umständen ersichtlichen Behandlungszwecks eingesehen und bearbeitet werden, nicht zulässig, es sei denn, der
Patient habe auch hierzu seine Einwilligung erteilt.
Dies gilt zum Beispiel für den elektronischen Rechnungsversand
oder das elektronische Rezept. Rechnungen und Rezepte sind
grundsätzlich an den Patienten auszuhändigen, der dann darüber
bestimmt, wie er damit verfahren will.Will das Spital diese direkt
an Dritte (Versicherer, Apotheker) weiterleiten, ist die Einwilligung des Patienten erforderlich, da hierfür, jedenfalls nach der
heute geltenden Rechtslage, keine gesetzliche Ermächtigung besteht (ausgenommen beim System des tiers payant).
Beim Einsatz neuer IT-Systeme, mit denen Patientendaten über
den Behandlungsauftrag und dessen administrative Abwicklung
hinaus bearbeitet werden, muss von den Spitälern die Einwilligung der Patienten zur Datenbearbeitung eingeholt werden. Dies
kann durch eine entsprechende Ausgestaltung der Eintrittsformulare und deren Unterzeichnung durch die Patienten erfolgen.
Die von den Spitälern bisher verwendeten Formulare sind entsprechend zu überprüfen und allenfalls zu ergänzen.
Lutilisation de l'informatique
Einwilligung des Patienten
Soweit die Zulässigkeit des IT-Einsatzes bzw. die Art der Bearbeitung und Nutzung der Daten von der Einwilligung des Patienten abhängig ist, kann diese von den Spitälern dadurch eingeholt
werden, dass sie einen entsprechenden Passus im Eintrittsformular einfügen und diesen vom Patienten mitunterzeichnen lassen.
Da die Einwilligung freiwillig erfolgen muss, um rechtlich gültig
zu sein, ist dem Patienten, z.B. durch Ankreuzen eines entsprechenden Kästchens auf dem Formular, die Möglichkeit zu geben,
seine Einwilligung zu verweigern.
Eine stichprobeweise Prüfung der von Spitälern bei Patienteneintritten verwendeten Formulare und Unterlagen hat gezeigt, dass
solche Einwilligungen in aller Regel heute noch nicht verlangt
werden. Es ist daher den Spitälern dringend zu empfehlen, in Zukunft rechtzeitig vor der Einführung entsprechender IT-Systeme
ihre Eintrittsformulare zu überarbeiten und zu ergänzen.
dans les hopitaux:
la protection des donnees des patients
L'application de systemes informatiques dans le secteur medical permet
un traitement efficace des donnees des patients, par exemple pOUT
la facturation, les ordonnances ou le dossier medical. Toutefois, la
question se pose dans quelles conditions cela est permis compte tenu du
droit de la protection des donnees.
Dr. Ursula Widmer
Die Autorin ist Rechtsanwältin in Bem und
Lehrbeauftragte für Informatikrecht an der Universität Bem. Ihre Anwaltskanzlei, Dr. Widmer
& Partner, ist spezialisiert auf Fragen des
Informatik-, Intemet- und E-Businessrechtsinsbesondere auch im Medizinalbereich - sowie
des Telekommunikationsrechts.
E-Mail: [email protected]
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