Andreas Steinhöfel: Wenn mein Mond deine Sonne wäre. Bilder von

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Andreas Steinhöfel: Wenn mein Mond deine Sonne wäre. Bilder von Nele Palmtag. Mit HörbuchCD und Musik.
Carlsen 2015
ISBN: 978-3-551-27136-5
Preis: 17,50 Euro
Es ist die Geschichte von einem kleinen Ausbruch, die Andreas Steinhöfel und Nele Palmtag
gemeinsam mit Sergeij Prokofjew und Georges Bizet hier erzählen, wenn Max seinen Großvater
aus dem Altersheim „entführt“ und auch gleich noch Fräulein Schneider mitentwischt. Text und
Bild der beiden deutschen Kinderbuchkünstler_innen werden dabei eingebettet in die Kindersuite
„Ein Sommertag“ des russischen Komponisten sowie in die französische Suite „Jeux d’enfants“
(„Kinderspiele“), die auf der beigelegten CD mitgehört werden können. Es ist die Geschichte von
einem Ausbruch aus dem Alltag, auch wenn dieser entgegen möglicher Vorurteile selbst im
Altenheim alles andere als grau scheint; von einem Aufbruch zur sonnenerwärmten Sommerwiese
in Blumental; von einem Aufbruch, dem von Beginn an etwas Magisches innewohnt.
Text, Bild und Musik ergänzen sich kunstvoll zu einem vielschichtigen Ganzen und treten in einen
vielstimmigen Dialog zueinander. Abwechselnd, überkreuzt und ineinander verschränkt erzählen
sie von einer ganz besonderen Beziehung zwischen Großvater und Enkel und von einem außergewöhnlichen Sommertag. Andreas Steinhöfel selbst liest seine Kurzpassagen auf der CD, während
jedem Musikstück eine doppelseitige Illustration im Buch gegenüber gestellt wird. Gemeinsam
stellen Musik und Bild Versatzstücke aus Max‘ Erinnerungen und Gefühle dar, machen
Vergangenes wieder lebendig und lassen die Leser/Hörer/Betrachter_innen die sinnlichen
Eindrücke der Figuren nachempfinden. So wie Max durch sein Erinnern die mit dem Großvater
geteilten Äpfel wieder riecht, meint man als Rezipient_in plötzlich denselben Geruch in der Luft zu
erahnen.
Die Musik ist dabei mal dynamisch und beschwingt, mal leichtfüßig und behutsam, mal so
harmonisch wie Palmtags farbenreiche Buntstiftzeichnungen, die sich als ebenso
vielperspektivisch wie die Gesamtkonstruktion des Buches erweisen. Andreas Steinhöfel findet
eine ausdrucksstarke, bildhafte Sprache für die komplexen Emotionen und Empfindungen der
Figuren und weiß gekonnt humoristische Elemente einzubauen, die einen nicht selten laut
auflachen lassen. Aber selbst bei aller Heiterkeit und Unbeschwertheit verliert die Erzählung nie
ihre Tiefsinnigkeit und schafft Platz für negative Gefühle und Ängste. So wohnt auch den
Musikstücken stets eine gewisse Dramatik inne, denn letztlich geht es nicht nur um das Erleben
eines fröhlichen Sommertags, sondern auch um Großvaters Vergessen, das sich in Form einer
symbolträchtigen schwarzen Krähe in die Illustrationen einschleicht und in Steinhöfels Text mit
ungewöhnlicher Feinfühligkeit aufgegriffen wird: „Um das große Vergessen abzuwehren, sobald es
nach dem Großvater griff, genügte manchmal eine feste Umarmung, die ihm Nähe und Sicherheit
versprach.“ Besonders schön ist, dass sich das Buch nicht auf das Thema Demenz reduziert,
sondern die Beziehung zwischen Großvater und Enkel, die Erlebnisse dieses Sommertags und die
Erfahrungen von Alt und Jung in unvergleichlicher Vielschichtigkeit darstellt.
Ein intermediales Lese-, Hör- und Schauvergnügen, dass unbedingt in seiner einzigartigen Ganzheit
rezipiert werden sollte!
Claudia Sackl
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