Forum Chriesbach: Ein nachhaltiges Gebäude für die

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Forum
Chriesbach
Ein nachhaltiges Gebäude für die
Wasserforschung
Die Eawag, das national und international tätige
Wasserforschungs-Institut, engagiert sich für einen
sorgfältigen Umgang mit Wasser und anderen
wichtigen Ressourcen. In ihrem Büro- und Seminargebäude Forum Chriesbach wendet sie ihre Postulate nachdrücklich selber an. Der im Juni 2006
fertiggestellte Neubau funktioniert ohne herkömmliche Heizung und Kühlung und benötigt ausser
Elektrizität praktisch keine Fremdenergie. Das
besondere Sanitärsystem – Urin trennende NoMixWCs, Spülung mit Regenwasser – dient sowohl
dem konkreten Umweltschutz als auch der aktuellen
Forschung. Dank günstigerem Betrieb zahlen sich
die 5 % höheren Investitionskosten bereits nach
13 Jahren aus.
Eawag: Das Wasserforschungs-Institut des ETH-Bereichs
Forum Chriesbach –
Nachhaltigkeit im öffentlichen Bau
Das Forum Chriesbach, das im Juni 2006 bezogene Hauptgebäude des Wasserforschungs-Instituts Eawag in Dübendorf, setzt neue Massstäbe. Die anspruchsvollen Vorgaben der Bauherrschaft, ein innovatives architektonisches und technisches Konzept, kompetente Planungs- und Ausführungsprojektleitungen sowie
erfahrenes Handwerk machten es möglich, dieses vorbildliche Forschungs- und
Verwaltungsgebäude zu realisieren. Die Synthese von Funk tionalität, Ästhetik,
Bauqualität und der konsequente Einbezug der Kriterien für nachhaltiges Bauen
erforderte eine enge Zusammen arbeit zwischen der Bauherrschaft Eawag,
Empa und BaFA, dem Generalplaner Bob Gysin + Partner BGP und der Implenia
Generalunternehmung AG.
Zu den herausragenden Merkmalen des Forum Chriesbach gehören � die Fassade mit den blauen Glaslamellen, welche die Sonnenstrahlung im Sommer
abschirmt und im Winter durchlässt, � die hoch isolierte Gebäudehülle und das
Lüftungssystem, welche eine Heizung und aktive Kühlung nahezu überflüssig
machen, � die Fotovoltaikanlage, die einen Drittel des Strombedarfs (ohne
Server) deckt, � das Atrium, das mit seinem Glasdach Licht ins Gebäude bringt
und im Sommer die Nachtauskühlung sicherstellt, � das extensiv begrünte Dach,
welches Regenwasser zurückhält und sammelt, � die regenwassergespülten
NoMix-Toiletten zur separaten Sammlung von Urin sowie � die umweltverträglichen Materialien und � das Goût-Mieux-Restaurant aQa mit einem attraktiven
Angebot an Biogerichten.
Mit dem Forum Chriesbach gingen alle Beteiligten an die Grenzen des damals
Machbaren. Zukunftsweisend sind dabei nicht nur die einzelnen Massnahmen,
sondern vor allem das optimierte Zusammenspiel aller Aspekte.
Anspruchsvolle Vorgaben
Neben der Erfüllung der funktionellen, finanziellen und ästhetischen Anforderungen forderten die Eawag und die Empa, dass ihre Nachhaltigkeitsanliegen
in vorbildlicher und progressiver Form umgesetzt werden. Die baulichen und
technischen Massnahmen sollten innovativ sein und auch über den Stand der
Technik hinausgehen. Im Besonderen wurde gefordert:
� Mit Ressourcen (Energie, Material, Land, Finanzen) ist schonend umzugehen.
� Energetisch soll das Niveau eines «Nullenergiehauses» angestrebt werden.
� Mindestens 1⁄ 3 des Strombedarfs ist durch eigene Fotovoltaik zu decken.
� Urinseparierung und Regenwassernutzung sind zu integrieren.
� Das Kosten/Nutzen-Verhältnis ist stark zu gewichten.
Chronologie
2001
Immobilienplanung für die Eawag und Empa und Festlegung der
2002
Juni, Ausschreibung Studienauftrag für das Forum Chriesbach,
Anforderungen bezüglich Nachhaltigkeit.
Einbezug von 6 Planerteams (mit Präquali fikation).
2002
2003
2003
2003
September, Abgabe Studienauftrag (6 Projekte).
2004
2004
2004
2005
2006
2006
2009
April, Vergabe GU-Mandat an Zschokke Generalunternehmung AG.
Januar, Abgabe Überarbeitung Studienauftrag (2 Projekte).
Januar, Entscheid für Projekt «Vision» von Team Bob Gysin + Partner.
Dezember, Baubotschaft vom eidgenössischen Parlament bewilligt.
Darin enthalten 32,72 Mio Fr. für den Neubau Forum Chriesbach.
Juli, Beginn Aushub.
Oktober, Grundsteinlegung.
Juni, Aufrichte.
Juni, Schlüsselübergabe und Bezug.
September, Eröffnungsfeier.
Januar, Informationsveranstaltung: Vision und Realität.
Architektur und Raumprogramm
Das Gebäude ist ein kompakter Körper mit einem Atrium, welches Tageslicht
in das Gebäude lässt und gleichzeitig der sommerlichen Nachtauskühlung dient.
Der Stahlbetonskelettbau wirkt als Wärme- und Kältespeicher und die Lehmund Gipswände gleichen die Luftfeuchtigkeit aus. Die von jedem Raum aus
erreichbaren Fluchtbalkone tragen die prägenden blauen Glaslamellen, die dem
Sonnenstand nachgeführt werden und abhängig von der Jahreszeit beschatten
oder Licht durchlassen. Die Räume liegen u-förmig um das 5-geschossige
Atrium, das durch schwebende Sitzungsboxen und den offenen Treppenaufgang
zum räumlichen Erlebnis wird.
Der Empfangs- und Ausstellungsbereich im Atrium kann auch für Grossanlässe
genutzt werden. Ein Modell des Wassermoleküls mit Bildprojektionsmöglichkeiten ist der gestalterische Blickfang im Eingangsbereich. Das Raumprogramm
umfasst neben den 150 Büroarbeitsplätzen 1 Vortragssaal für 80 – 140 Personen,
2 Seminarräume für je 30 – 40 Personen, 7 Sitzungszimmer mit total 106 Plätzen,
Kommunikationszonen auf 4 Stockwerken mit Arbeitstischen und Sitzgruppen,
die gemeinsame Bibliothek für die Eawag und Empa, ein Personalrestaurant
sowie Neben- und Technikräume. Das Forum Chriesbach hat ein Volumen von
38 615 m 3 , eine Geschossfläche von 8533 m 2 und eine Energiebezugsfläche von
11 170 m 2.
Raumklima
Das Forum Chriesbach hat weder eine konventionelle Heizung noch eine aktive
Kühlung. Es ist sehr gut isoliert und verfügt über ein ausgeklügeltes Lüftungssystem.
Der Luftwechsel in den Arbeitsräumen erfolgt laufend und wird zentral gesteuert. Frischluft strömt durch die Erdregister in die Lüftungszentralen und
wird von dort über die Steigzonen in die einzelnen Stockwerke bzw. Arbeitsräume verteilt. Die Abluft aus den Büros wird im Sommer direkt und im Winter
via Wärmetauscher über das Dach abgeleitet. Die Zuluft wird im Winter durch
das Erdregister (78 Rohre à 20 m Länge), die zurückgewonnene Wärme aus
der Abluft und die aufgewärmte Luft aus dem Serverraum erwärmt. An kalten
Tagen kann ihr zudem noch Wärme aus dem Warmwasserspeicher zugeführt
werden.
Das Atrium dient als Pufferzone, es wird nicht aktiv belüftet. Es dient aber an
heissen Sommertagen als Kamin für die automatische Nachtauskühlung: Sobald
nachts die Aussentemperatur kälter ist als die Raumtemperatur, öffnen sich die
Klappfenster in den Büros und im Atriumdach.
Energie
Die anfallende Wärme von Personen, Arbeitshilfen, Beleuchtung und Sonnenstrahlung genügt in der Regel, um eine angenehme Raumtemperatur zu erhalten.
Dem Gebäude mussten 2007 lediglich 6 kWh/m 2 · a Wärme und 17,4 kWh/m 2 · a
Strom zugeführt werden (ohne Server).
Der Warmwasserspeicher (12 m 3 ) wird durch Sonnenkollektoren, Abwärme der
Kühlaggregate der Küche und (bei sehr tiefen Aussentemperaturen) aus dem
Wärmenetz des Empa-Eawag-Areals aufgeheizt. Die Vakuumröhrenkollektoranlage hat eine Fläche von 50 m 2 und liefert pro Jahr ca. 26 000 kWh Wärme.
Zur Deckung eines Drittels des Strombedarfs (ohne Server) wurden 459 m 2 Solarzellen mit einer Leistung von 77 kWp auf dem Dachrand installiert. Die Anlage
kostete 888 000 Fr. und produziert jährlich rund 70 000 kWh Strom.
Warmwasser
Vakuumröhrenkollektoren
Wäremenetz
Heizwärme
Gewerbliche Kälte
Kaltwasser
Wasser
Trinkwasser wird nur für die Zubereitung der Speisen im Personalrestaurant,
für die Trinkbrunnen auf den Geschossen und für die Lavabos verwendet. Das
Regenwasser wird auf dem Dach gesammelt, im Wassergarten (80 m 3 ) vor
dem Personalrestaurant gespeichert und in separaten Leitungen den Toiletten
als Spülwasser zugeführt.
Der aus den wasserlosen Urinalen und den NoMix-Toiletten separat abgeleitete
Urin wird in Tanks gesammelt und für Forschungszwecke verwendet.
Das Niederschlagswasser wird vor Ort versickert oder in einem offenen Gerinne
gesammelt und in einen Versickerungsbereich geleitet.
WC
WC
WC
WC
Tank
Speicherung
Wasserbecken
Brauchwasserfassung und
-nutzung
Geschlechtergetrennte
Urin-Sammeltanks
Materialien
Bei den verwendeten Materialien wurde grosses Gewicht auf Ressourcenschonung sowie Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit wie auch auf das
Wohlbefinden der Mitarbeitenden gelegt. So wurde beispielsweise für die
Decken Recyclingbeton verwendet, wurden die Böden mit Hartsteinholz belegt
und sind die meisten Wandkonstruktionen aus Holz. Die Bürotrennwände aus
Lehm sind umweltfreundlich und wirken feuchtigkeitsausgleichend. Die Eawag
beobachtet in ihrer Forschung einzelne Aspekte, wie beispielsweise die Qualität
des Dachwassers, am eigenen Objekt weiter und die Empa testet bei den Kühlräumen des Personalrestaurants das Langzeitverhalten ihrer Vakuum-Isolationspaneele.
Ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung der Umweltverträglichkeit ist die
Graue Energie* von Materialien und Produkten. Im Forum Chriesbach ist eine
Bilanz aller verwendeten Materialien gemacht worden. Sie zeigt, dass die
im Bau steckende Energie von 43 201 GJ bei einer mittleren Lebenszeit des
Gebäudes von 37,6 Jahren rund die Hälfte des Energiebedarfs ausmacht.
* Als «Graue Energie» wird die Energiemenge bezeichnet, die für Herstellung, Transport, Lagerung
und Entsorgung eines Produktes verbraucht wird (im Gegensatz zum direkten Energieverbrauch für den
Betrieb des Hauses).
MJ/m2 EBFo
5000
Graue Energie
Haustechnik
Innenausbau
4000
Aussenwandelement:
Breite = 138 cm, Dicke 450 mm, U <0,12 W/m 2 K
� innere Akustikplatte gerillt
16 mm
� Grobspanplatte OSB
15 mm
� Ständerkonstruktion mit Dämmung
120 mm
� diffusionsoffene Platte F30
15 mm
� Querlattung mit Wärmedämmung
180 mm
� Winddichtung Folie
� Lattung 40 x 60 mm vertikal
40 mm
� Lattung 40 x 60 mm horizontal
40 mm
� Folie Stamisol Fassade
� Parallelverkleidung Pelicolor Eternit
8 mm
Innenwände
Dächer
3000
Fenster
Glasfassaden
2000
Aussenwände
Decke
1000
Stützen
Untergeschoss
Aushub
Umgebung
Die Umgebungsgestaltung ist naturnah und bezieht auch den durch das Areal
fliessenden Chriesbach mit ein. Er soll in diesem Abschnitt revitalisiert werden
und gleichzeitig als Demonstrations-, Forschungs- und Lehrobjekt der Eawag
dienen.
Das Labor- und und ein weiteres Bürogebäude der Eawag befinden sich nördlich
des Chriesbachs. Von diesen Gebäuden aus ist der Neubau über eine Fussgängerbrücke und einen gedeckten Verbindungsweg direkt erreichbar.
Westlich des Forum Chriesbach befindet sich der neue Eawag-Empa-Kinderpavillon, eine Tagesstätte für Kinder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
beiden Forschungsinstitutionen.
Eawag
Wasser ist Lebensgrundlage und Schlüsselfaktor für Entwicklung und Wohlstand.
In vielen Regionen der Welt besteht ein Mangel an Wasser und vielerorts ist
es verschmutzt. Die Eawag, eine Schweizer Forschungsinstitution mit internationalem Ruf, setzt sich dafür ein, dass soziale, wirtschaftliche und ökologische
Interessen an Gewässern in Einklang gebracht werden. Sie nimmt eine wichtige
Brückenfunktion zwischen Forschung und Praxis wahr. 400 Mitarbeitende sind
an den Standorten Dübendorf (bei Zürich) und Kastanienbaum (bei Luzern) tätig.
Gegründet wurde die Eawag 1936 als Beratungsstelle für Abwasserreinigung
der ETH Zürich.
Bauherrschaft Forum Chriesbach
Eawag, Überlandstrasse 133, 8600 Dübendorf, www.eawag.ch
Empa, Überlandstrasse 129, 8600 Dübendorf, www.empa.ch
Bauherrenvertretung
Empa Bau, Überlandstrasse 129, 8600 Dübendorf (vormals BaFA)
Generalplaner
Bob Gysin + Partner BGP, Architekten ETH SIA BSA, Ausstellungsstrasse 24,
8005 Zürich, www.bgp.ch
3-Plan Haustechnik AG, Fröschenweidstrasse 10, 8404 Winterthur,
www.3-plan.ch
Generalunternehmer
Implenia Generalunternehmung AG (vormals Zschokke Generalunternehmung
AG), Industriestrasse 24, 8305 Dietlikon, www.implenia.com
Weitere Information
www.forumchriesbach.eawag.ch
Bilder: Roger Frei, Zürich; Eawag, Dübendorf
November 2009
klimaneutral
gedruckt
myclimate.org / natureOffice.ch
/ CH-150-550648
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