Die neue Art, Musik zu denken

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Max Nyffeler
Die neue Art,
Musik zu denken
Wenn im kommenden August die bisherige Reihe der vier musikalischen Kontinente
mit dem Fünften Kontinent zu Ende geht, dann ist das in gewisser Weise ein Déjà-vu.
Einen solchen Abschluss einer erfolgreichen Veranstaltungsserie gab es in Salzburg
schon einmal, und zwar vor genau zehn Jahren. Damals, im Sommer 2001, ging im
Rahmen der Festspiele das letzte Zeitfluß-Festival über die Bühne, und auch dieses
war das fünfte in Serie – mit dem Unterschied, dass das damalige Festival einem
Biennale-Rhythmus folgte und sich damit über einen Zeitraum von acht Jahren
erstreckte, während die 2007 ins Leben gerufene Kontinente-Reihe jährlich stattfindet. Die beiden Veranstaltungszyklen sind gleichwohl miteinander verwandt; es
handelt sich sozusagen um die erste und zweite Generation einer aus der gleichen
Idee geborenen Veranstaltungsart. Und diese Idee war: eingebettet in ein traditionsbewusstes Klassikfestival eine Werkschau zu präsentieren, die diese Tradition konsequent in die Gegenwart hinein fortsetzen und damit den Reichtum unserer Musikkultur aus heutiger Sicht neu beleuchten sollte. Das gelang auf imposante Weise. Und
ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt war mit den Aufführungen außerdem
verbunden: Den Salzburger Festspielen strömte ein neues, vielfach auch jüngeres
Publikum in Massen zu.
SALZBURGER FESTSPIELE DAS KONZERT 2011
Wie die Kontinente dem Hören
neue Dimensionen erschließen
Paukenschläge und Pilgerreisen
SALZBURGER FESTSPIELE DAS KONZERT 2011
Um die Bedeutung der jetzt zu Ende gehenden KontinenteReihe angemessen zu würdigen, sollte man sich zunächst noch
einmal das Zeitfluß-Unternehmen der neunziger Jahre in
Erinnerung rufen. Begonnen hatte alles mit einer Art künstlerischer Protestaktion zweier neuerungshungriger Studienabgänger des Mozarteums, Markus Hinterhäuser und Tomas
Zierhofer-Kin. Auf einer Fähre, die über die Salzach von
einem Ufer zum andern pendelte, ließen sie Werke zeitgenössischer Komponisten spielen und machten so die Salzach
symbolisch zum musikalischen Zeit-Fluss mit striktem Gegenwartsbezug. Das Signal wurde vernommen. Claudio Abbado
machte sich zum Fürsprecher der beiden musikalischen Jungunternehmer und brachte sie mit Gerard Mortier und Hans
Landesmann zusammen, den neuen Leitern der Festspiele
ab 1992.
Im darauffolgenden Jahr startete Zeitfluß als weit herum
sichtbarer Leuchtturm der Moderne innerhalb der Festspiele.
Auf dem Programm stand gleich ein Schwergewicht: Luigi
Nonos Prometeo. Die enorm schwierig zu realisierende
„Tragedia dell’ascolto“ – so der Untertitel – war neun Jahre
zuvor in Venedig uraufgeführt worden. Die Aufführung, die
auf CD dokumentiert wurde, war in jeder Hinsicht ein Abenteuer und stand emblematisch für die Kühnheit, mit der auch
die weiteren Zeitfluß-Festivals programmiert werden sollten.
In den Folgejahren wurden nach und nach alle bedeutenden
Kompositionen Nonos aufgeführt. Salzburg, weltweit erster
Pilgerort für die Verehrer Mozarts, wurde damit unversehens
auch zum internationalen Pilgerort für die ständig wachsende
Nono-Gemeinde. In ihrer Dichte und Qualität waren die
Salzburger Aufführungen einzigartig. Ihnen kommt das Verdienst zu, den Grundstein für die heutige breite Rezeption
von Nonos Werk gelegt zu haben.
Neben der Konstante Nono setzte Zeitfluß jedoch jährlich neue
Schwerpunkte. 1995 standen unter anderem Hans Werner
Henzes Requiem und Bernd Alois Zimmermanns monumentales Requiem für einen jungen Dichter auf dem Programm,
1997 Werke russischer und amerikanischer Komponisten nebst
einem Beckett-Schwerpunkt mit Morton Feldmans Oper
Neither. 1999 kamen unter dem Motto „Theater der Klänge“
Giorgio Battistellis Handwerkeroper Experimentum Mundi,
Werke von Alvin Lucier und John Cage zur Aufführung.
2001 dann der letzte Zeitfluß: Noch einmal erklangen wichtige
Werke von Nono, Cage und Feldman, und mit Sufi-Gesängen
und Klezmer kam erstmals auch Weltmusik zum Zug – ein
Perspektivenwechsel mit Fragezeichen und zugleich ein Versprechen auf eine mögliche Fortsetzung in nicht allzu ferner
Zukunft.
Diese sollte 2007 anbrechen. Markus Hinterhäuser, unter der
Direktion von Jürgen Flimm nun verantwortlich für die Konzerte, verschaffte mit der Einrichtung der Kontinente-Reihe
der Neuen Musik erneut ein prominentes Forum. Die jährlichen Veranstaltungsschwerpunkte waren aber nun jeweils
einem einzigen Komponisten gewidmet: Giacinto Scelsi,
Salvatore Sciarrino, Edgard Varèse und Wolfgang Rihm. In
bis zu zehn Veranstaltungen kam jeweils eine repräsentative
Auswahl von Kompositionen zur Aufführung, ergänzt durch
Werke Dritter, die das künstlerische Umfeld und die historischen Präferenzen des porträtierten Komponisten markierten.
Mehrfach wurden auch szenische Werke aufgeführt, so etwa
Sciarrinos Einakter Luci mie traditrici und zuletzt, als große,
überaus erfolgreiche Uraufführung im Sommer 2010, Dionysos
von Wolfgang Rihm.
Der Fünfte Kontinent
Drei große musikdramatische Werke bilden nun im Fünften
Kontinent die Schwerpunkte: Prometeo von Luigi Nono,
Macbeth von Salvatore Sciarrino und Neither von Morton
Feldman. Während Macbeth eine Salzburger Premiere bedeutet, handelt es sich bei Nono und Feldman um Wiederbegegnungen. Solche Reprisen sind sinnvoll, geht es doch um
Werke, die sich dem Hören nicht so leicht erschließen. Auch
betreffend Interpreten lassen sich Kontinuitäten feststellen.
Bei Prometeo etwa wirken Künstler mit, die schon 1993 dabei
waren: die Altistin Susanne Otto, André Richard vom Freiburger Experimentalstudio, Ingo Metzmacher als Hauptdirigent sowie das Ensemble Modern.
Mit seiner mehr als zweistündigen Dauer, der räumlichen Aufteilung der Musiker und der hochsensiblen Live-Elektronik
macht Nonos spätes Meisterwerk jede Aufführung zu einem
neuen Abenteuer. Prometeo erscheint als bewegliche Klangplastik, die zwingend der Elektronik bedarf, um überhaupt
Gestalt annehmen zu können; virtueller und vokal/instrumentaler Klang verschmelzen darin zu einer Einheit. Und
ebenso zwingend benötigt diese dreidimensionale Klangerscheinung den Hörer. Erst in seiner Wahrnehmung, die
an jeder Position im Raum wieder anders ist, setzt sie sich
zum intendierten Kunstwerk zusammen, erst in seinem Kopf
wird das klangräumliche Ereignis zum künstlerischen Erlebnis. Im mehrdimensionalen Konzept des Prometeo wird das
Hören somit zur vierten Dimension.
Zu den vielen erstaunlichen Eigenschaften dieses anspruchsvollen Werks gehört die Tatsache, dass es eines der meistgespielten musikdramatischen Werke der Gegenwartsmusik ist.
Schon in den ersten anderthalb Jahrzehnten nach seiner Uraufführung 1984 wurde es über 30-mal aufgeführt; die Zahl
dürfte sich inzwischen verdoppelt haben. Der Erfolg hängt
nicht zuletzt damit zusammen, dass sich wahrnehmungsund inhaltsästhetische Aspekte in diesem Werk auf komplexe
Weise durchdringen. Der Untertitel „Tragedia dell’ascolto“
suggeriert nicht nur, dass sich dieses Musikdrama im reinen
Hören vollzieht und keiner Visualisierung durch die Theaterbühne bedarf; er verweist auch auf die griechische Mythologie
als jene Quelle, auf die sich die vom Librettisten Massimo
Cacciari zusammengestellten Texte mehr oder weniger explizit beziehen. Die Textfragmente von Hölderlin bis Walter
Benjamin bilden ein verwirrend dichtes Beziehungsgeflecht
von Bedeutungen nach Art eines Archipels, wie es der Komponist schon 1980 am Beispiel seines Streichquartetts Fragmente – Stille, an Diotima ins Gespräch gebracht hatte. Die
Musikwissenschaft, die sich des Prometeo sofort nach der
Uraufführung annahm, hat denn auch in einer unüberschaubaren Menge an Sekundärliteratur inzwischen verwunderliche
Ausmaße angenommen.
dem die blutige Geschichte in der für den Komponisten charakteristischen, auf die Intensität der Wahrnehmung zielenden
Weise erzählt wird. Anders als bei Verdi liegt der Schock nicht
in der großen dramatischen Konfrontation, sondern – darin
ist Sciarrino näher bei Feldman – im bohrenden Insistieren
auf dem Leisen, in der Konzentration auf die „mikrobiologischen“ Klangorganismen, aus denen sich diese Musik zusammensetzt. Sciarrino liegt wenig an einer individuellen
Charakterisierung der handelnden Personen; ihn interessiert
in erster Linie der archetypische Trieb der verbrecherischen
Machtausübung. Den Untertitel „Tre atti senza nome“ (Drei
namenlose Akte) erläuterte Sciarrino so: „Es sind ruchlose
Taten, so mörderisch und grausam, wie es weder Mund noch
Herz auszudrücken wagen. Heute ist das allzu lang verdrängte
Tragische nötig, um uns aus der Gleichgültigkeit herauszureißen. […] In dieser Oper geht es nicht um ein paar Tote
oder einige Blutbäder, sondern um all die Toten – die Untaten, auf denen die Menschheit gründet.“
Feldman und Sciarrino: Der Klang aus der Stille
Was ist diesen drei in einem Zeitraum von 25 Jahren entstandenen Hauptwerken der zeitgenössischen Musik gemeinsam,
was unterscheidet sie voneinander? In einem kurzen Essay
mit dem bezeichnenden Titel Neither/Nor (Weder/Noch) von
1969 hat Morton Feldman das Trennende zwischen ihm und
Nono selbst benannt (Nono könnte hier für jeden „engagierten“ europäischen Komponisten stehen, im Fall von Macbeth
also auch für Sciarrino): „Kunst kann dieselbe Art von Lüge
in unser Leben injizieren. Wie Politik ist sie insofern gefährlich, als sie messianisch ist. Nono will, dass jedermann sich
empört. John Cage will, dass alle Menschen glücklich sind.
Beide Haltungen sind Formen der Tyrannei, obgleich wir
natürlich Cages Haltung vorziehen – zumindest ich tue das.
Aber wenn Kunst messianisch sein muss, dann ziehe ich meinen Weg vor – das Insistieren auf dem Recht, esoterisch zu
sein.“ (Zu beachten ist, dass sich Nono 1969 noch in seiner
hochpolitischen Phase befand, im Prometeo von 1984 die
politischen Botschaften nur noch philosophisch überhöht als
Messianismus auftauchen. Feldmans Warnung vor der Politik
ist gleichwohl weitsichtig.)
Aus der Vermischung von künstlerischen mit gesellschaftlichen Zielen ergibt sich für Feldman ein unlösbares Dilemma.
„Nono, für den die gesellschaftliche Situation unerträglich ist,
will, dass die Kunst diese verändert. John Cage, für den die
Kunst unerträglich ist, will, dass die gesellschaftliche Situation
diese verändert. Beide versuchen den Abgrund, den Abstand
zwischen ihnen zu überbrücken.“ Doch Kunst, so Feldman, ist
nur eine Metapher, und mit einer Metapher kann man keine
Widersprüche in der Realität überbrücken. Im Hinblick auf
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Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Als ebensolches Rätsel, sowohl was den verschlüsselten Gehalt
als auch die Werkgestalt angeht, erweist sich das 1977 in Rom
uraufgeführte, rund einstündige Bühnenwerk Neither von
Morton Feldman. Der kurze Text von Samuel Beckett kreist
um das Problem der Selbstwahrnehmung, was Feldman mit
folgenden Worten kommentierte: „Worüber er spricht, ist
die Unmöglichkeit, Selbst wie Nicht-Selbst zu ergründen.
Man geht zurück und vor, zurück und vor.“ Die Vorstellung,
in das eigene Bewusstsein eingeschlossen und zum Treten
auf der Stelle verurteilt zu sein, scheint Feldman zur Machart
seiner Musik inspiriert zu haben. Ihr Tonmaterial besteht aus
wenigen kleinen Intervallen. Die daraus gebauten Motive bilden rhythmisch-harmonische Muster, die sich zur statischen
Textur addieren. Es ist eine entwicklungslose Musik, die sich
langsam in der Zeit ausbreitet, zugleich einschmeichelnd und
insistierend, monoton und von vibrierender Intensität. Mit
ihrem hartnäckigen Festhalten am einmal gefundenen Klang
sickert sie unaufhaltsam in die Tiefenschichten der Wahrnehmung ein.
Ganz anders wiederum der 2002 in Schwetzingen uraufgeführte Dreiakter Macbeth von Salvatore Sciarrino. Zwar scheint
sich die Musik auch hier – angesiedelt in den Regionen des
Flüsterns, des sotto voce, der flirrenden Flageoletts und raunenden Bläsergeräusche – im ersten Moment ins Ungreifbare
zu verflüchtigen, doch liegt ihr nichtsdestoweniger eine narrative Haltung zugrunde. Wo Feldman dazu tendiert, sich
ganz auf sich selbst zurückzuziehen und den Klang seinem
Eigenleben zu überantworten, hält Sciarrino bei aller Reduktion an der Idee einer kommunizierbaren Sprache fest. Der
Stoff von Shakespeare wird zu einem Dreiakter geformt, in
seine eigene Musik bekennt er: „Welche wie auch immer benennbaren Züge von Schönheit aus dieser esoterischen Kunst
hervorgehen mögen, sie sind immer ohne Nutzen gewesen.“
In diesem konsequenten Beharren auf der Autonomie des
Subjekts steht Feldman in der Tradition der amerikanischen
Transzendentalisten, die in allen gesellschaftlichen Einflüssen
eine Gefahr für die Freiheit des Individuums erblickten.
Derselbe Geist spricht auch aus den Worten des Philosophen
Ralph Waldo Emerson, der dem jungen Charles Ives geraten
haben soll, er dürfe sich von nichts und niemandem beeinflussen lassen und nur seinen eigenen Ideen folgen.
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Die Faszination des Geheimnisvollen
Die große Anziehungskraft dreier nicht gerade einfacher
Komponisten und ihrer Werke auf das Publikum der neunziger Jahre bis heute hat schon öfters Anlass zu Diskussionen
gegeben. 1992, ein Jahr vor dem ersten Zeitfluß-Festival, veröffentlichte der Musikpublizist Peter Niklas Wilson in der
Zeitschrift MusikTexte einen Aufsatz, in dem er den drei Komponisten Nono, Feldman und Scelsi unterstellte, sie förderten
„sakrale Sehnsüchte“ bei einem Publikum, das sich vom politischen Denken verabschiedet habe und nun auf der Suche
nach neuen, womöglich esoterischen Heilslehren sei. Aus der
Sicht der ästhetischen Linken jener Jahre mag dies zutreffen.
Ein ähnlicher Vorwurf war Nono schon in den achtziger Jahren
seitens seiner alten Genossen von der KPI gemacht worden.
Aber hatten die Drei – und man könnte ohne weiteres auch
den jüngeren Sciarrino dazurechnen – mit ihrer Musik damals
nicht auf ein Ziel hingearbeitet, das in der Epoche der rationalistischen Moderne jahrzehntelang tabuisiert worden war,
nämlich die sinnliche Wahrnehmung wieder in ihr Recht zu
setzen? Auf je unterschiedliche und extrem eigenwillige Weise
erhielt in ihren Werken die Wahrnehmung wieder den Vorrang vor dem Kalkül, die Evidenz des Klangs vor dem Strukturbegriff, das denkende Hören vor dem realitätsfernen
Denken.
Was Feldman und Sciarrino – für Nono gilt es nur bedingt –
teilweise schon seit Jahren praktiziert hatten, fand 1987 seinen
theoretischen Niederschlag in einem zeitkritischen Befund
von Peter Sloterdijk. In seiner kleinen Schrift Kopernikanische
Mobilmachung und ptolemäische Abrüstung stellte er fest, die
Künste seien durch philosophische Überlastung und moralische Erwartungen der Exklusivität anheim gefallen, aus der
sie sich nun zu befreien anschickten. Die mit dem technischen
Fortschritt verbundene, immerwährende Mobilmachung mit
Aussicht auf Verwirklichung der Potenziale müsse einer Abrüstung Platz machen, in welcher „Kreativität“, der Leitbegriff
der Moderne, durch „Wahrnehmung“ ersetzt wird. Eine neue
ästhetische Theorie stellte er sich vor als „Schule der Wahr-
nehmung, Lehre von Abrüstung, Anleitung zum Allgemeinen
Komponieren, Kunst des Umgangs mit Kunst, Technik der
Entbrutalisierung der Technik, ästhetische Ökonomie, Logik
der Schonung, Wissenschaft vom Unterlassen“, und er beobachtete in der Kunst ein „irreduzibles Recht der Phänomene“
und eine neue „Vernunft der Naivität“.
Dazu passt, was Feldman 1984 in seinem Darmstädter Vortrag sagte: „Meine Musik ist wie Handarbeit. Insofern bin ich
wie ein Schneider. Ich nähe meine Knopflöcher mit der Hand.
Der Anzug sitzt dann besser.“ Und auch das, was drei Jahre
zuvor bereits Luigi Nono meinte, als er „von einer andern Art,
die Musik zu denken“ sprach: „Nicht sie zu machen. Es geht
nicht um die Art des Handwerks, sondern um ein Bewusstsein der Technik, das durch die Transformation des Denkens
ermöglicht wird“. Der eine Generation jüngere Sciarrino blieb
von solchen Überlegungen nicht unberührt. Im Programmheft zum Kontinent Sciarrino in Salzburg 2008 beschrieb er
eine neue Art von Ökologie des Komponierens: „Rückkehr
zur Stille, aber ganz besonders auch die Wiedergewinnung
eines Ausdrucks ohne Gefühlskälte und ohne Rhetorik. Wenn
sich die Stimme dem Schweigen anvertraut hat, bleiben nur
noch Mund, Mundhöhle und Speichel. Die sich öffnenden
Lippen, Grenze zu einer dunklen Leere, zum Durst und zum
Hunger.“ Will man mit Blick auf den Zeitfluß und seine Fortsetzung in den Kontinenten von einer „Salzburger Dramaturgie“ sprechen, dann sind es nicht zuletzt solche Gedanken, die
die Aufführungen der letzten beiden Jahrzehnte nachhaltig
geprägt haben.
Max Nyffeler, geboren in Wettingen/Schweiz, war Rundfunkredakteur
und Verlagsmitarbeiter und lebt heute als freiberuflicher Publizist in
München und Luzern. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die Musik des 20. und
21. Jahrhunderts. Im Internet publiziert er unter www.beckmesser.de
Die Realisierung der Kontinente-Reihe wird durch den Projektsponsor Roche ermöglicht. Die Kontinente-Reihe widmete sich
in den vergangenen Jahren dank der Unterstützung von Roche
jeweils einem zeitgenössischen Komponisten.
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