Update zur Patentierung von Gensequenzen

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Die Paten)erbarkeit von Gensequenzen -­‐ von Biomarkern Prof. Dr. iur. Dr. rer. pol.
Jürgen Ensthaler, TU Berlin
Was sind Biomarker? Defini)on: Ø  Es gibt noch keine einheitliche Defini)on für Biomarker. Ø  Häufig Rückgriff auf die Defini)on des Na)onal Ins)tute of Health (NIH): n  “A biomarker is a characteris0c that is objec0vely measured and evaluated as an indicator of normal biologic process, pathogenic process, or pharmacologic responses to a therapeu0c interven0on.” 2 DPM Team Was sind Biomarker? EigenschaMen eines Biomarkers: Eine mögliche Unterteilung: Ø  „krankheitsbezogene“ Biomarker (Krankheit feststellen oder prognos8zieren) Ø  „arzneimiRelbezogene“ Biomarker (individuelle Antwort eines Pa8enten auf eine medikamentöse Therapie.) 3 DPM Team Beispiel 1: Biomarkers for Alzheimer’s disease (US-­‐Patent) Biomarker for Alzheimer’s disease: § In dieser Erfindung werden eine Vielzahl von Biomarkern aufgelistet, die in verschiedenen Kombina)onen zur Diagnose, zur Prognose und zur Statusabfrage von Morbus Alzheimer verwendet werden können. § Dabei handelt es sich hauptsächlich um Metaboliten. Dies sind Stoffwechsel-­‐Zwischenprodukte aus biochemischen Abbau-­‐ oder AuKauvorgängen von oM geringem Molekulargewicht, z.B. Glucose, Pyruvat, Lactat. § Gefunden wurde die Eignung der Metaboliten als Biomarker durch Vergleich der Expression dieser in gesunden und in an Alzheimer erkrankten Pa)enten. Die Expression ist im Gegensatz zum gesunden Zustand entweder erhöht oder erniedrigt. § Dadurch können auch Prädisposi)onen ermiRelt werden. Auch kann die Entwicklung der Krankheit im Pa)enten verfolgt werden, indem die Metabolit-­‐Expressionslevel zu verschiedenen Zeitpunkten verglichen werden. 4 DPM Team Beispiel 1: Biomarkers for Alzheimer’s disease (US-­‐Patent) Worauf erstreckt sich das Patent?: Ø Das Patent erstreckt sich in diesem Fall nicht auf die Metaboliten selbst, sondern auf deren Anwendbarkeit in bes)mmten Kombina)onen im Rahmen einer Expressionslevel-­‐Analyse. 5 DPM Team Beispiel 2: Diagnosis / treatment op)on for head-­‐and-­‐neck tumor using micro-­‐RNA as a biomarker (Patent App Nr.: 20 11 01 43 950) Einführung in die Problema)k: Diagnos)k von Kopf-­‐ und Nacken Tumoren § Kopf-­‐ und Nackentumore werden aktuell miRels CT, Biopsie oder Endoskopie diagnos)ziert. § Dies stellt sich allerdings oM als schwierig heraus, da gutar)ge von bösar)gen Tumoren nur schwer zu unterscheiden sind. § Biomarker haben den Vorteil, dass mit ihnen genau diese Unterscheidung getroffen werden kann. 6 DPM Team Beispiel 2: Diagnosis / treatment op)on for head-­‐and-­‐neck tumor using micro-­‐RNA as a biomarker (Patent App Nr.: 20 11 01 43 950) Idee der Erfindung? Worauf erstreckt sich das Patent? § Für das Patent wurden die Expressionslevel von mikro RNAs in gesunden und Tumorzellen verglichen und ein fer)ges Kit entwickelt, welches zur Diagnose von Kopf-­‐ und Nackentumoren dient. § Dabei wird die Microarray-­‐Technik verwendet, bei der auf einem Chip eine große Anzahl von komplementären Bindungspartnern für das Target, in diesem Fall RNA, fest gebunden sind. Die Probe wird nun auf diesen Chip gegeben und bindet an den komplementären Bindungspartner. Per hochauflösendem Scanner wird dann miRels Computer der Chip ausgewertet, sodass mit einem Experiment eine sehr große Anzahl von Informa8onen gewonnen werden kann. Ø  Auch hier bezieht sich das Patent nicht direkt auf die mikro RNAs, sondern auf das Anwendungsverfahren durch Kombina)on dieser. 7 DPM Team Patente auf Gensequenzen selbst? § Myriad Gene)cs (2001 erteilt USA) Ø Früherkennung von (u.a.) Brustkrebs Ø Schutz für Gene BRCA1/BRCA2 Ø Schutz für den isolierten Zustand der Gene BRCA1 und BRCA2 = „sie werden (nur) im isolierten Zustand geschützt“ Ø Schutz der Gensequenz (zusammen) mit einem Vorsorgetest; Auslegung (zunächst) = Test und Testbestandteile BRCA1 und BRCA2 seien auch gesondert geschützt § Aufgehoben US-­‐Gericht, Argument: Die Gene seien nicht „erfunden“ und auch nicht „geändert“. § Beschwerdekammer EPA hat bereits in 2004 das von Myriad Gene8cs erteilte Patent widerrufen-­‐ mit gleicher Begründung. 8 DPM Team Sind (humane) Gensequenzen paten)erbar? Ausgangspunkt: Biopatent-­‐RL 98/44/EG aus 1998, umgesetzt durch § 1a PatG (seit 2005) §1 a Abs. 2 PatG Ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers, einschließlich der (Teil-­‐)Sequenz eines Gens, kann Erfindung sein, auch wenn er/sie mit dem natürlichen Bestandteil iden)sch ist. Ø Demnach: Isolierung und Synthe)sierung einer Gensequenz / Genteilsequenz könnte schützbar sein. Ø Also: Ausgesuchter Vorgang der Genexpression – Transkrip)on / Transla)on Einlesen der Erbinformation DNA +
Speicherung auf der RNA
Aber …
9 DPM Team Ablesen der Aminosäuren (DNA) +
Protein synthetisieren
Sind (humane) Gensequenzen paten)erbar? Aber… §1 a Abs. 3 PatG entscheidende Hürde: §  Angabe der gewerblichen Anwendbarkeit = hierzu ist die Funk)on anzugeben, die die Sequenz erfüllt (Erwägungsgrund 23 Bio-­‐RL) 10 DPM Team Ergebnis / Inhalt der Schutzbeschränkung Wohl heute herrschende Meinung: § 
Nicht die biologische Funk8on (DNA – RNA – Protein), sondern die konkrete Aufgabe des isolierten und sythe)sierten Proteins in dem die Gensequenz / Teilsequenz enthalten ist (z.B. diagnos8sche MiRel) § 
So auch der 24. Erwägungsgrund Bio Rl „Allgemeine Angaben zur gewerblichen Verwendbarkeit“ wie etwa „für medizinische Zwecke“ reichen…nicht aus. § 
Siehe auch Erwägungsgrund 23 Bio Rl: Bei fehlender Funk8onsangabe liegt schon keine technische Lehre vor; so auch: EuGH GRUR Int. 2001, 1043 Biotechnologie Rl. 11 DPM Team BGH-­‐ Rspr. (Bundespatentgericht) § 
Schutz der Gensequenzen im Zusammenhang mit (z.B.) med. Testverfahren als Verwendungserfindung (vgl. bereits BGH GRUR 1987, 794-­‐ An8virusmiRel) Ø 
(in der Lit. angezweifelt, z.B. Fitzner, in Fitzner u.a. Patentrechtskomm. 4. Aufl., § 1a Rdz. 29) § 
Literatur: Management geis)gen Eigentums -­‐ Die unternehmerische Gestaltung des Technologieverwertungsrechts. Ensthaler, Jürgen/ Wege, Patrick, 1. Aufl., Berlin 2013 (Kap. 2) 12 DPM Team Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Dr. Dr.
Kontakt:
Jürgen Ensthaler
Sekretariat H 41 (Frau Zirkel)
Straße des 17. Juni 135
10623 Berlin
030 314-29990
karla.zirkel(at).tu-berlin.de
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