ERASMUS – Bericht Medizinische Universität Wien Erasmus in

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ERASMUS – Bericht Medizinische Universität Wien
Erasmus in Österreich – das klingt erstmal befremdlich und vor allen Dingen wenig
exotisch. Zumindest ging es mir anfangs so, als ich mein Traumziel Oslo zugunsten
Wiens aufgeben musste. Ein Plan B also.
Das Erasmus-Semester habe ich im Wintersemester an der Medizinischen
Universität Wien (MUW) gemacht. In Wien ist das Studium etwas anders geregelt als
in Deutschland, deswegen ist es nicht einfach Kurse zu finden, die man sich später
auch wirklich anrechnen lassen kann. Insgesamt ergibt es Sinn sich für ein
komplettes Semester einzutragen und nicht Kurse aus verschiedenen Jahren zu
wählen. In Wien ist es außerdem so geregelt, dass die Studenten nur eine große
Prüfung zum Ende des Sommersemesters schreiben, da ich nur im Wintersemester
dort war hatte ich ziemliche Schwierigkeiten einen Termin für eine Prüfung zu
bekommen. Im Allgemeinen sind die Erasmus-Koordinatoren in Wien sehr nett und
hilfsbereit, aber oft etwas unorganisiert; man bekommt Informationen zum Teil erst
sehr spät und häufig können Fragen nicht ausreichend beantwortet werden. In der
Vorbereitung ist es also schon wichtig, sich selbst zu informieren und bei
Unklarheiten wenn nötig auch mehrmals nachzuhaken.
Gewohnt habe ich in einem Gästehaus der OÄD, einem Wohnheim für ausländische
Studierende. Diese Plätze sind recht einfach zu bekommen, man kann sich online
dafür bewerben. Im Prinzip war es wie in einer Wohngemeinschaft organisiert, nur
wechseln die Mitbewohner teilweise sehr oft, viele Studierende bleiben nur 4 oder 6
Wochen für ein Praktikum. Natürlich hat man dann auch keinen Einfluss auf seine
Mitbewohner. Wenn man also die Möglichkeit hat, würde ich eher die Suche auf dem
privaten Wohnungsmarkt empfehlen, das ist nicht wirklich teurer aber definitiv
schöneres Wohnen. Mein Wohnheim lag etwas außerhalb im 17.Bezirk, das war
jedoch nie ein Problem. Die öffentlichen Verkehrsmittel in Wien sind wirklich
großartig organisiert, am Wochenende fährt die U-Bahn die ganze Nacht, sonst gibt
es Nachtbusse.
An der Uni habe ich das 5. Semester belegt, ein vom Studienaufwand eher
entspanntes aber interessantes Jahr. Es gibt zwar eine 100% Anwesenheitspflicht für
die Pflichtveranstaltungen, was schwierig einzuhalten klingt, jedoch ist die Anzahl der
Veranstaltungen wirklich begrenzt. Ich fand es schade, dass das Studium in Wien
sehr theoretisch orientiert ist, ich war im ganzen Semester nicht einmal auf einer
Station oder habe einen Patienten untersucht. Das hat mit der Studienorganisation in
Österreich zu tun, für Erasmus-Studenten ist es nicht mehr möglich die praktischen
Kurse in den späteren Semestern zu belegen. Also muss man sich leider auf ein sehr
theoretisches Studium einstellen. Die Lehre an sich war aber gut.
In meinem Erasmus- Semester habe ich auch viel Wert auf den sozialen Aspekt
gelegt. Da es ja im eigentlichen Sinne keine Sprachbarriere gibt, ist es leicht Leute
an der Uni kennen zu lernen, es studieren dort sowieso ziemlich viele Deutsche
Medizin, man fällt also weiter gar nicht auf. Ich würde aber empfehlen neben den
Blöcken auch die zusätzlichen Lines zu belegen, z.B. für Reanimation oder FallBasiertes-Lernen, dort wird in gleichbleibenden Kleingruppen unterrichtet und das
erleichtert das Kontakte knüpfen natürlich.
Außerdem habe ich am Anfang an einigen Erasmus-Veranstaltungen teil genommen,
und so einige Freunde aus verschiedensten Ländern gefunden. Diese
Veranstaltungen sind in Wien recht gut organisiert und schließen Studenten von allen
Wiener Universitäten ein. Auf jeden Fall ist es eine Gelegenheit sich sprachlich weiter
zu entwickeln, viele der Erasmus-Studierenden sprechen kein oder wenig Deutsch,
wer möchte kann man also auch in Österreich sein Englisch oder Französisch
aufpolieren.
Wien ist eine wirklich traumhafte Stadt, nicht nur aus touristischer Sicht. Natürlich ist
schon das Stadtbild einfach beeindruckend, manchmal fühlt man sich als würde man
durch einen ‚Sissi-Film‘ spazieren. Kulturell hat Wien auch einiges zu bieten, man
kann sehr günstig ins Theater oder die Oper gehen, es gibt unzählige Museen etc.
Aber auch von der Lebensqualität ist diese Stadt so ziemlich unschlagbar. Das
Nachtleben ist sehr vielfältig, für jeden Geschmack etwas dabei und wenn man
möchte kann man jeden Abend fort gehen. Ansonsten bietet die Stadt ein
wunderbares Flair, mit vielen Cafes und Parkanlagen. Insgesamt ist Wien sehr
sauber, oft hat man nicht wirklich den Eindruck in einer Großstadt zu sein. Im
Dezember eröffnen auf verschiedenen Plätzen der Stadt die Christkindlmärkte, man
kann in romantischer Atmosphäre die verrücktesten Punschsorten kosten und sich
verzaubern lassen. Auch das Wiener Umland hat einiges zu bieten, vom Kahlenberg
hat man einen Ausblick über die ganze Stadt. Für Ski-Fahrer und Wanderer ist
Österreich natürlich auch ein Traumziel.
Großartig ist auch die Möglichkeit von Wien aus sehr günstig nach Osteuropa zu
reisen. Es gibt sehr preiswerte Busverbindungen z.B. nach Budapest, Bratislava oder
Prag und der Aufenthalt dort lohnt sich wirklich.
Nach 6 Monaten Wien kann ich nur sagen, dass ich mich in die Stadt komplett
verliebt habe. Ich denke es gibt kaum Orte, an denen man besser lebt als in der
Hauptstadt Österreichs. Sie bietet alle Möglichkeiten einer Großstadt, ohne die
stressige oder gehetzte Atmosphäre die solche Städte oft an sich haben. Ich denke
ein Erasmus-Semester ist wirklich eine gute Möglichkeit Wien sehr intensiv kennen
zu lernen, und die Erfahrung mit fremden Sprachen und Kulturen bleibt einem
trotzdem nicht verwehrt. Wien als Ziel für Erasmus-Studenten aus Deutschland ist
leider immer noch weit unterschätzt. Tatsächlich hat mich allerdings das Studium an
MUW nicht überzeugt, mir fehlte dort in vielen Punkten der Praxisbezug. Außerdem
muss man sich auch darauf einstellen, dass in Wien viele Dinge etwas
preisintensiver sind, als man das gewohnt ist. Neben dem Studium arbeiten, auch als
Erasmus-Student, war allerdings kein Problem.
Zusammenfassend war das Erasmus-Semester in Wien eine wundervolle Erfahrung
ich kann es nur weiter empfehlen.
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