Strabologie - Thieme Connect

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14 Strabologie
Frage 757
.......................................
?
Welche grundsätzlichen Aufgaben haben Augenbewegungen?
!
Augenbewegungen haben 2 wesentliche Aufgaben:
Sie ermöglichen es, ein im peripheren Gesichtsfeld
auftretendes Objekt innerhalb von Sekundenbruchteilen zu fixieren. Sie ermöglichen weiter, das interessierende Objekt auf der Fovea zu stabilisieren, und
zwar auch dann, wenn wir – und/oder das fixierte
Objekt – in Bewegung sind.
i Um diese Aufgabe zu bewältigen, steht uns eine ganze
Reihe von Augenbewegungstypen zur Verfügung: Sakkaden, Folgebewegungen, Vergenzbewegungen, vestibuläre und optokinetische Augenbewegungen.
i So erhält z. B. bei einer Sakkade nach links der linke M.
rectus lateralis die gleiche Innervation pro Zeiteinheit wie
der rechte M. rectus medialis. Das Hering-Gesetz ermöglicht somit perfekte Konjugiertheit bei Augenbewegungen. Bei einer Augenmuskelparese erklärt das Hering-Gesetz auch die unterschiedliche Größe des primären und sekundären Schielwinkels.
Frage 760
.......................................
?
Welcher Augenmuskel weist am häufigsten eine
Anomalie auf?
!
Der M. obliquus superior.
i Anomalien des M. obliquus superior können von einer
Verdünnung bis zur vollständigen Aplasie des vorderen
Sehnenanteils reichen. Die Verdünnung des vorderen
Sehnenanteils kann mit Insertionsanomalien kombiniert
sein, wobei die Sehne dann entweder im Bereich der
Tenon-Pforte, am medialen Rand des M. rectus superior
oder auch nasal des M. rectus superior inserieren kann.
Anomalien des M. obliquus superior findet man häufiger
beim Strabismus sursoadductorius und werden als
mögliche Ursache diskutiert.
Frage 758
.......................................
Struktur dient als funktioneller Ursprung
? Welche
der geraden äußeren Augenmuskeln?
!
Als funktioneller Ursprung der Augenmuskeln gelten
heute die Tenon-Pforten, die in neueren Publikationen als so genannte Pulleys beschrieben sind.
i Bei den Pulleys handelt es sich um schlaufenähnliche
Strukturen aus kollagenem Bindegewebe, durch die die
geraden Augenmuskeln auf ihrem Weg von ihrem Ursprung zum Ansatz ziehen. Die Pulleys befinden sich in
der Orbita kurz hinter dem Bulbusäquator und sind sowohl untereinander als auch mit der Orbitawand verbunden. Sie stabilisieren die Verlaufsrichtung eines geraden Muskels dahingehend, dass bei Blickbewegungen
nur der vordere Anteil des Muskels die Bulbusexkursionen
mitmacht. Auch nach einer Transpositionsoperation an
den geraden Augenmuskeln kommt es lediglich zu einer
Verlagerung der vorderen Muskelanteile, während die
übrigen Muskelanteile in ihrer Lage stabil bleiben.
Frage 759
.......................................
? Was versteht man unter dem Hering-Gesetz?
!
Das Hering-Gesetz beschreibt bei einer konjugierten
Augenbewegung die zeitgleiche und gleichstarke Innervation eines äußeren Augenmuskels und seines
kontralateralen Agonisten.
154 . . . . . . . . . .
Frage 761
.......................................
?
Wie viele gerade Augenmuskeln darf man während einer so genannten Augenmuskeloperation
auf einem Auge operieren?
!
Bei einer Augenmuskeloperation sollten nie mehr als
2 gerade Augenmuskeln an einem Auge operiert
werden.
i Die Durchblutung des vorderen Augensegmentes erfolgt
durch Gefäße (Aa. ciliares anteriores), die auf der orbitaseitigen Fläche der geraden Augenmuskeln nach vorn
ziehen und im Ansatzbereich in die Sklera eindringen. Bei
einer Operation an einem geraden Augenmuskel werden
diese Gefäße geschädigt. Durch einen Eingriff an mehr
als 2 geraden Augenmuskeln auf einem Auge kann eine
klinisch relevante Vorderabschnittsischämie entstehen.
Frage 762
.......................................
Augenmuskel ist in Adduktion
? Welcher
Auges der stärkste Senker (Heber)?
eines
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Strabologie
14
Augenbewegungen und Wirkungsweise der exktraokulären Muskeln
i Die Mm. obliqui wirken in Adduktion eines Auges zwar
hauptsächlich als Senker (M. obliquus superior) oder
Heber (M. obliquus inferior), allerdings reicht die senkende
bzw. hebende Funktion der Mm. obliqui auch in Adduktion
nicht an die der geraden Vertikalmotoren heran.
Binokulares Einfachsehen
Frage 763
Frage 765
.......................................
.......................................
welchem Alter entwickelt sich binokulares Ein? Infachsehen?
? Wie sind Binokulartests grundsätzlich aufgebaut?
!
!
Binokulares Einfachsehen entsteht zwischen der 8.
und 20. Lebenswoche.
i Bis zum 24. Lebensmonat verbessert sich die Qualität
des Binokularsehens. Auch nach diesem Zeitpunkt können kurzzeitige Unterbrechungen des Binokularsehens zu
irreversiblen Störungen desselben führen.
i Die Bildtrennung erfolgt z. B. beim Titmus-Test mit Polarisationsfolien, beim TNO-Test mit einer Rotgrünbrille,
beim Lang-Test mit einer Folie aus Halbzylindern (Zylinderrasterverfahren nach Hess), die direkt über den Test
geklebt ist.
Frage 764
.......................................
?
Was ist – auf retinaler Ebene – das physiologische
Substrat für das Binokularsehen?
!
Die horizontale Querdisparation ist auf retinaler
Ebene das physiologische Substrat für die Tiefenwahrnehmung.
Frage 766
.......................................
Störung des Binokularsehens wird, trotz
? Welche
normaler Augenstellung, gerne übersehen und
kann trotzdem massive Beschwerden hervorrufen?
i Für eine gegebene Fixationsdistanz werden Bildpunkte,
die unmittelbar vor oder hinter dem Horopter innerhalb
des Panum-Raumes liegen, querdisparat auf nicht korrespondierende Netzhautareale abgebildet. Bildpunkte,
die für eine Fixationsdistanz außerhalb des Panum-Raumes liegen, werden doppelt gesehen.
Da Tiefenwahrnehmung (Stereopsis) durch die Abbildung von Bildpunkten auf nicht korrespondierende,
querdisparat verschobene Netzhautareale zustande
kommt, muss bei einem Binokulartest eine Bildtrennung des Objektes erfolgen, das im Vergleich zu seiner Umgebung die Tiefenempfindung vermittelt.
!
Heterophorien (latentes Schielen).
i Eine Heterophorie kann – auch bei kleinem latentem
Schielwinkel – zu massiven so genannten asthenopischen Beschwerden führen. Asthenopische Beschwerden
können sowohl extraokulärer (z. B. Kopfschmerzen,
Schwindel) als auch okulärer (z. B. Verschwommensehen,
Augenrötung, Epiphora) Natur sein. Ein minutiöser Feinabgleich mit entsprechender Brille führt bei etwa 2/3 aller
Patienten zu einer Beschwerdeminderung.
..........
155
Binokulares Einfachsehen
14
Die stärkste senkende (hebende) Funktion in Adduktion eines Auges hat der M. rectus inferior (M.rectus
superior).
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!
können Sie feststellen, ob die von einem Pa? Wie
tienten mit Heterophorie geschilderten Beschwer-
sollte man einen akuten nicht paretischen
? Wann
Strabismus bei einem 2-jährigen Kind operieren?
den (z. B. Kopfschmerzen) asthenopischer Natur
sind oder ob die Heterophorie symptomlos ist
und somit keiner Behandlung bedarf?
14
Frage 768
.......................................
!
!
i Bei einem solchen so genannten normosensorischen
Spätschielen sollte unmittelbar nach Schielbeginn nach
Vollausgleich einer Hyperopie der Schielwinkel mit Prismen ausgeglichen werden (falls möglich) und kurzfristig
– d. h.in den nächsten Wochen – eine Augenmuskeloperation durchgeführt und der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden.
Wenn bei einem Schielbeginn nach dem 1. Lebensjahr
zuviel Zeit bis zur Operation verloren geht, sind irreversible Schäden des (vor Schielbeginn normalen) Binokularsehens zu befürchten. Bei dem geschilderten Fall
kommt differenzialdiagnostisch ein dekompensierter
Mikrostrabismus infrage, der grundsätzlich das gleiche
Prozedere verlangt.
Durch diagnostische Okklusion.
i Die diagnostische Okklusion sollte bei einer solchen Fragestellung nach Möglichkeit in der Situation durchgeführt werden, in der die Beschwerden auftreten. Wichtig
für die Beurteilung ist die Empfindung des Patienten
nach Abnahme der Okklusion: Erleichterung darüber,
wieder beidäugig schauen zu dürfen, spricht gegen eine
symptomatische Heterophorie.
Strabologie
Sofort.
Diplopie
Frage 769
Frage 771
.......................................
.......................................
? Was versteht man unter physiologischer Diplopie?
sehen Kinder mit einem Strabismus in der
? Warum
Regel nicht doppelt?
!
Abbildung von nicht fixierten Objekten auf nicht korrespondierende Netzhautareale.
i Objekte, die sich bei einer bestimmten Fixationsdistanz
außerhalb des Panum-Raumes befinden, werden auf
nicht korrespondierende Netzhautareale abgebildet und
deshalb doppelt gesehen. Physiologische Diplopie ist
demnach ein völlig normales Phänomen und wird immer
wieder von Patienten (Kindern und Erwachsenen) mit
genauer Selbstbeobachtung berichtet. Eine genaue
Anamnese klärt rasch die Herkunft der Doppelbilder und
vermeidet weitere überflüssige (und kostspielige!) Diagnostik.
Frage 770
!
i Permanente Suppression des Seheindrucks eines Auges
führt während der sensitiven Phase zur Amblyopie. Im
Kindesalter kann auch bei einem akuten Strabismus sehr
schnell das 2. Bild supprimiert werden. Fehlende Diplopieangaben sprechen im Kindesalter deshalb nicht gegen
das Vorliegen einer Augenmuskelparese.
Frage 772
.......................................
es, dass Patienten mit einer hochgradigen
? Stimmt
Sehminderung auf einem Auge (z. B. einer Am-
.......................................
blyopie) bei einem Strabismus oder einem augenmuskelchirurgischen Eingriff ein geringes Diplopierisiko haben?
? Was versteht man unter Konfusion?
!
Abbildung unterschiedlicher Gegenstände (Bildpunkte) auf korrespondierende Netzhautareale.
i Bei einem akuten Strabismus kommt es zur Diplopie
(= Abbildung des gleichen Objektes auf nicht korrepondierende Netzhautareale, das deshalb 2-mal im Raum
lokalisiert wird) und zur Konfusion (= Abbildung unterschiedlicher Objekte auf Netzhautareale mit gleichem
Raumwert). Klinisch steht bei einem akuten Strabismus
die Diplopie im Vordergrund. Konfusion kann ebenso wie
Diplopie bei einem spontanen oder durch Schädel-HirnTrauma induzierten Suppressionsverlust auftreten.
156 . . . . . . . . . .
Weil der zentrale Seheindruck des nicht fixierenden
Auges supprimiert wird.
!
Grundsätzlich: Nein.
i Cave: Es darf nicht vergessen werden, dass Amblyopie
(oder eine Visusreduktion anderer Genese) nicht vor Diplopie schützt.
Patienten mit einer schweren Amblyopie auf einem Auge
können trotzdem unter bestimmten Bedingungen (z. B.
bei einer Veränderung der Augenstellung) unter sehr
störenden Doppelbildern leiden.
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Frage 767
.......................................
!
–
–
–
–
–
–
–
–
Heterotropien und Heterophorien unterschiedlichster Genese,
nicht (oder falsch) korrigierte Refraktiosanomalien,
Aniseikonien,
Trübung der brechenden Medien,
Zustand nach Contusio bulbi mit Iridodialyse,
Zustand nach netzhautchirurgischen Eingriffen,
Makulopathien (Dystrophien,
proliferierende diabetische Retinopathie).
Amblyopie
Frage 774
.......................................
i Grundsätzlich sind Therapie und Prognose einer Amblyopie abhängig vom Alter des Patienten bei Manifestation der amblyogenen Faktoren. Auch nach dem
6. Lebensjahr können sich – z. B. im Rahmen einer perforierenden Verletzung und resultierender Stimulusdeprivation – schwere Amblyopien entwickeln. Deshalb
sollte bei jeder (!) Pathologie im Kindesalter immer bedacht werden, ob das Krankheitsgeschehen, unabhängig
von seinem immanenten Geschehen, zusätzlich zu einer
Amblyopie führen kann (z. B. eine permanente Mydriasis
bei chronischer Iridozyklitis im Rahmen einer juvenilen
rheumatoiden Arthritis).
? Wie hoch ist die Prävalenz der Amblyopie?
!
Rund 2 – 5%.
i Zuverlässige Zahlen für die Gesamtpopulation Deutschlands gibt es nicht. Die Angaben beziehen sich auf einen
geschätzen Orientierungswert unter Berücksichtigung
unterschiedlicher Studien mit entsprechender unterschiedlicher geographischer Verteilung der Bevölkerung.
Frage 775
.......................................
sind Risikofaktoren für die Entwicklung
? Welches
einer Amblyopie?
!
–
–
–
–
–
–
–
Strabismus,
nicht korrigierte höhere Ametropie,
Anisometropie,
positive Familienanamnese (!),
Deprivation ein- oder beidseitig,
Nystagmus,
außerdem: Organschäden am Auge, die sekundär
zu einer relativen Amblyopie führen können.
i Wichtigste Ursache für schwere Amblyopien sind frühkindlicher Strabismus und Mikrostrabismus. Häufigste
Ursache einer Amlyopie ist wahrscheinlich die mit einer
Fehlsichtigkeit einhergehende Reizdeprivation.
Frage 776
Frage 777
.......................................
Wo können sich bei einer Amblyopie anatomische
? Veränderungen
entwickeln?
!
Im Bereich der Sehbahn.
i Im Corpus geniculatum laterale und im primären visuellen Kortex kommt es im Tierexperiment zu einem Verlust der von dem amblyopen Auge vesorgten Neurone
sowie zu einer Änderung von Zahl und Synapsen der
Binokularneurone. Auch wenn es nur wenig humane
Daten zu neuroanatomischen Veränderungen bei Amblyopie gibt, ist davon auszugehen, dass beim Menschen
ähnliche Veränderungen wie im Tierexperiment bei Amblyopie auftreten.
Frage 778
.......................................
.......................................
zu welchem Alter kann sich eine Amblyopie
? Bis
entwickeln?
welchen Werten einer Refraktionsanomalie
? Ab
sollte bei einem ophthalmologisch unauffälligen
!
Bis zum 6. – 8. Lebensjahr, in Ausnahmefällen auch
noch darüber hinaus.
Kind zur Vermeidung einer Amblyopieentwicklung eine Brille verschrieben werden und ab welchem Alter sollte dies erfolgen?
..........
157
Amblyopie
lyse, Trübung der brechenden Medien) lässt sich von
binokularer Diplopie (alle anderen aufgeführten Ursachen) durch diagnostische Okklusion unterscheiden.
Bei Makulopathien und retinochirurgischen Eingriffen
kann es – z. B. durch Vernarbungsprozesse – zu einer
ungleichmäßigen Verschiebung von Panum-Arealen mit
entsprechender Diplopie kommen. Das (von der Pathologie betroffene) Netzhautzentrum hat auf einmal eine
andere Korrepondenzbeziehung, während die nicht betroffene Netzhautperipherie ihre urprüngliche Korrespondenz beibehält. Diese Form der Diplopie kann deshalb häufig nicht mit Prismen beseitigt werden. Bangerter-Folien sind hier erfolgversprechender.
ophthalmologischen Erkrankungen kön? Welche
nen mit diplopischen Beschwerden einhergehen?
14
i Monokulare Diplopie (Refraktionsproblematik, Iridodia-
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Frage 773
.......................................
Frage 781
.......................................
Hinweise auf das Vorliegen einer Amblyo? Welche
pie gibt es im präverbalen Alter?
!
subnormales Binokularsehen) sind die Grenzen enger zu
fassen, das gilt auch bei Anisometropie. Falls man sich
im Kindesalter (noch) nicht zur Verschreibung einer Brille
durchringen möchte (z. B. nicht schielender Säugling von
5 Monaten mit beidseitig + 4,5 cyl – 1,0 A 0° und negativer Familienanamnese), sollten engmaschige Refraktionskontrollen (alle 6 – 12 Monate) in Zykloplegie erfolgen.
Fixationspräferenz bei einem Strabismus, seitenungleiche Abwehr der Okklusion eines Auges, mit Einschränkung (vgl. Frage 780): Preferential-lookingVerfahren mit Teller-Acuity-Cards.
i Fehlendes Alternieren bei Vorliegen eines Strabismus ist
verdächtig auf Vorliegen einer Amblyopie, bei Fehlen
eines Schielens wird bei Vorliegen einer Amblyopie das
Abdecken des nicht amblyopen Auges weniger toleriert
als die Abdeckung des Auges mit der schlechteren Sehschärfe.
Frage 782
Frage 779
.......................................
? Was versteht man unter dem Begriff Crowding?
!
Trennschwierigkeiten durch Kontureninteraktion.
.......................................
?
Welche Möglichkeiten der Amblyopiebehandlung
– von der Pflasterokklusion eines Auges einmal
abgesehen – kennen Sie?
!
–
–
–
–
–
–
–
i Bei einer Schielamblyopie ist nicht nur die Auflösungssehschärfe reduziert, sondern es kommt zusätzlich durch
eine wechselseitige Beeinflussung benachbarter Konturen
zu einer Erkennungsschwierigkeit dicht benachbarter
Konturen. Dies hat zur Folge, dass bei einer Schielamblyopie der Visus für Einzeloptotypen besser sein kann als
der Reihenvisus (entspricht etwa der Sehschärfe für einen
Lesetext). Der Reihenvisus ist deshalb zur Diagnose (und
auch zur Verlaufskontrolle) einer Amblyopie viel aussagekräftiger.
i Am häufigsten und am besten steuerbar ist die Pflasterokklusion eines Auges. Sie ist auch mit Abstand die
häufigste Form der Ambyopietherapie. Weiterhin gebräuchlich, vor allem im angloamerikanischen Sprachraum, ist die Penalisation mittels Atropin. Darüber hinaus gibt es medikamentöse Ansätze zur zusätzlichen
Amblyopietherapie, die jedoch noch keinen Eingang in
die tägliche Klinik gefunden haben.
Frage 780
.......................................
Kinderbilder zur Visusprüfung im Kindesalter
? Sind
geeignet?
!
Nein.
i Kinderbilder fragen eher den Erfahrungsschatz von Kindern ab und sind für die Visusprüfung im Kindesalter
obsolet. Mit den Teller-Acuity-Tafeln kann die Sehschärfenentwicklung im Säuglings- und Kindesalter eingeschätzt werden. Sie sind bedingt zur Diagnostik einer
organisch bedingten Visusreduktion oder einer Deprivations-/Anisometropieamblyopie geeignet, zur Diagnose
einer Schielamblyopie jedoch völlig ungeeignet. Für die
Viusbestimmung (und in Maßen für die Amblyopiediagnostik) geeignet ist z. B. der Lea-Test.
158 . . . . . . . . . .
Brillenokklusion,
Kontaktlinsenokklusion,
Bangerter-Folie,
Penalisation,
Miotika,
Prismen,
Pleoptik.
Frage 783
.......................................
welche Möglichkeit sollte man bei einer thera? An
pierefraktären Amblyopie immer denken?
!
An eine falsche Diagnose.
i Bei einer therapierefraktären Amblyopie sollte man
immer daran denken, dass die Ursache einer Sehverschlechterung nicht amblyogener („organischer“) Natur
sein kann. Infrage kommen z. B. Papillenhypoplasie,
kleine Tumoren der vorderen Sehbahn. Deshalb bei fehlendem Visusanstieg nach Okklusion immer Diagnose
überprüfen.
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Richtwerte sind: (seitengleiche) Hyperopie
⬎ + 3,5 dpt, (seitengleicher) Astigmatismus ⬎ 1,0 dpt.
Seitengleiche Myopie ⬎ – 0,5 dpt. Ab dem 3. – 4. Monat können im Bedarfsfall (d. h. bei höheren Ametropien, Anisometropien, bei Strabismus) Brillen verschrieben werden.
i Bei positiver Familienanamnese (Strabismus, Amblyopie,
Strabologie
14
!
Klinische Untersuchung
Mikrostrabismus mit Identität.
fovealen Fixation der Bulbus nach außen gedreht werden, wodurch eine Pseudodivergenz entsteht. Makulaektopien finden sich z. B. bei Kindern nach Abheilung einer
akuten Retinopathia praematurorum. Bei ausgeprägter
Ektopie kann sogar bei Vorliegen eines Strabismus convergens der Aspekt einer Divergenz gegeben sein. Beim
Abdecktest werden dann Einstellbewegungen von innen
gemacht.
i Beim Mikrostrabismus mit Identität sind monokularer
und binoklarer Fixationsort identisch, weshalb beim Abdecken des Führungsauges keine Einstellbewegung gemacht wird.
Frage 789
Frage 785
.......................................
welchem strabologischen Test kann schon im
? Mit
Säuglingsalter Binokularität nachgewiesen werden?
!
.......................................
Schlüsse lassen sich bezüglich der retina? Welche
len Korrespondenz aus dem Befund eines positiven Streifengläsertests nach Bagolini ziehen?
!
14-Prismen-Basis-außen-Test.
i Bei Vorgabe von Prismen wird eine Schielstellung indu-
Die Korrespondenz kann sowohl normal als auch
anomal sein.
i Mit dem Streifengläsertest wird Simultansehen nachge-
ziert, die bei vorhandener Binokularität fusioniert werden kann. Die Stärke des Prismas sollte so gewählt werden, dass die Fusion noch sicher möglich, die resultierende Fusionsbewegung aber auch groß genug ist, um
beobachtet werden zu können.
wiesen. Dies ist sowohl bei normaler als auch anomaler
Korrespondenz möglich. So liegt beim Mikrostrabismus
sicher immer eine anomale Korrespondenz vor, und
trotzdem ist in der Regel der Streifengläsertest positiv.
Frage 790
Frage 786
.......................................
Voraussetzung muss für die subjektive Be? Welche
stimmung des Schielwinkels gegeben sein?
!
Normale retinale Korrespondenz.
i Nur bei normaler Korrespondenz entspricht die subjektive
.......................................
?
Mit welchem Test kann bei einem Patienten mit
einem in Schielstellung stehenden erblindeten
Auge der Schielwinkel gemessen werden?
!
Mit dem Krimsky-Test.
i Der Abdecktest kann bei erblindetem Schielauge nicht
Lokalisation des Doppelbildes dem Schielwinkel.
angewendet werden, da der Patient nicht fixieren kann.
Man lässt daher mit dem guten Auge ein Licht fixieren
und gibt solange Prismen ansteigender Stärke vor das
fixierende Auge, bis das Reflexbild auf dem geführten
Auge in der Normalposition liegt.
Frage 787
.......................................
?
Welche Voraussetzungen müssen für die Beurteilung des Abdecktests gegeben sein?
!
–
–
Frage 791
.......................................
Foveale Fixation,
freie Motilität.
i Nur bei Erfüllung dieser Bedingungen lassen sich aus der
Größe der Einstellbewegungen Rückschlüsse auf das
Ausmaß des Schielwinkels ziehen.
horizontale Schielstellung wird
? Welche
einen positiven Winkel κ vorgetäuscht?
!
durch
Strabismus divergens.
i Da Seh- und Pupillenmittenachse nicht identisch sind,
Frage 788
.......................................
Makulaektopie nach temporal
? Bei
Schielstellung vorgetäuscht?
!
Strabismus divergens.
wird welche
bilden sie physiologischerweise einen Winkel miteinander, den Winkel κ. Das Reflexbild einer in Augenhöhe in
der Medianebene vor die Augen gehaltenen Lichtquelle
liegt daher im Normalfall etwas nach nasal verlagert. Ist
der Winkel größer als normal, ist das Reflexbild weiter
als üblich nach nasal verschoben (positiver Winkel κ): Es
entsteht der Eindruck einer Divergenz; im umgekehrten
Fall (negativer Winkel κ) einer Konvergenz.
..........
159
14
!
i Durch die Makulaverlagerung nach temporal muss zur
Klinische Untersuchung
?
Welche manifeste Schielform lässt sich nicht mit
dem unilateralen Abdecktest diagnostizieren?
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Frage 784
.......................................
einem Patienten mit einem Höherstand des
? Bei
rechten Auges (so genannte positive Vertikal-
sind Einzeloptotypen zur sicheren Erfas? Warum
sung einer Amblyopie nicht geeignet?
deviation; +VD) nimmt die Höhenabweichung bei
Kopfneigung nach rechts deutlich zu und bei
Linksneigung soweit ab, dass der Patient ständig
eine Linksneigung einnimmt, um Binokularsehen
zu erreichen. Um welchen diagnostischen Test
handelt es sich in diesem Fall und welcher Schluss
lässt sich bezüglich der zugrunde liegenden Störung aus dem Befund ziehen?
14
Strabologie
Frage 793
.......................................
!
!
Mit Einzeloptotypen wird die Sehleistung bei Amblyopie überschätzt, da das so genannte
Crowdingphänomen nicht berücksichtigt wird.
i Eines der funktionellen Charakteristika der Amblyopie ist
das Crowding. Eng beieinander stehende Sehzeichen
können vom amblyopen Auge nicht differenziert werden,
was sich auf die Lesesehschärfe nachteilig auswirkt.
Trotz guten Einzeloptotypenvisus kann daher bei Amblyopie das Lesen nicht möglich sein, weshalb auch als
Heilungskriterium bei Amblyopie der Lese- und nicht der
Einzeloptotypenvisus ausschlaggebend ist.
Kopfneigetest nach Bielschowsky. Unterfunktion des
M. obliquus superior, entweder primär oder im Rahmen einer Trochlearisparese.
i Liegt eine Unterfunktion des M. obliquus superior vor,
kommt es außer zu einem Höherstand des betroffenen
Auges auch zu einem Ausfall der Innenrotation. Dieser
kommt am stärksten zum Tragen, wenn der Patient den
Kopf auf die betroffene Seite neigt, da hierbei die kompensatorische Innenrollung beansprucht wird. Da diese
aber mehr oder weniger ausgefallen ist, versucht der M.
rectus superior dieses Defizit auszugleichen. Da er aber
nur ein schwacher Innenrotator und vielmehr ein Heber ist,
kommt es zu einer Zunahme der Höhenabweichung. Entsprechend nimmt die Höhe bei Neigung auf die Gegenseite
ab, da die Innenrotation hierbei nicht gefordert ist.
Kindliche Esotropien
Frage 794
.......................................
?
Welche subjektiven und objektiven Symptome
charakterisieren die Esotropien im Kindesalter?
!
Fehlende Diplopie (Ausnahmen: normosensorisches
essenzielles konvergentes Spätschielen, dekompensierte Esophorie), sensorische Anpassungsphänomene, Schielwinkelkonkomitanz.
i Aufgrund sensorischer Anpassungsphänomene wie anomale retinale Korrespondenz, Amblyopie und Suppression bestehen bei Esotropien im Kindesalter keine subjektiven Beschwerden wie z. B. Diplopie (Ausnahmen: normosensorisches essenzielles konvergentes Spätschielen,
dekompensierte Esophorie). Die Schielwinklelkonkomitanz ergibt sich aus der freien monokularen Beweglichkeit beider Augen. Auffällig ist die von der Winkelgröße
abhängige abnorme Augenstellung.
Frage 795
.......................................
anamnestische Angabe dient als wichtiger
? Welche
Parameter zur Differenzierung der Esotropien im
Kindesalter und welche vordringlichen therapeutischen Maßnahmen leiten sich davon ab?
160 . . . . . . . . . .
!
–
–
–
–
Alter bei Schielbeginn,
Amblyopieprophylaxe/ -therapie,
Refraktionsausgleich,
Wiederherstellung des Binokularsehens.
i Beim frühkindlichen Innenschielen mit Schielbeginn im
1. Lebenshalbjahr und beim essenziellen Strabismus
convergens mit Schielbeginn im 2. Lebenshalbjahr stehen
aufgrund rasch eintretender Anpassungsphänomene die
Amblyopieprophylaxe/-therapie im Vordergrund. Im
2. Lebensjahr steht der Refraktionsausgleich beim akkommodativen Strabismus convergens und die Entlastung der Akkommodation durch Plusgläser beim akkommodativen Konvergenzexzess im Vordergrund, beim
teilakkommodativen Strabismus convergens noch zusätzlich die Amblyopieprophylaxe. Schielformen des
3.– 4. Lebensjahres (NEKS = normosensorisches essenzielles konvergentes Spätschielen, dekompensierte Esophorie) erfordern die ehestmögliche Wiederherstellung
des Binokularsehens mithilfe von Prismen (später Schieloperation in Abhängigkeit von der Winkelgröße).
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Frage 792
.......................................
–
–
–
–
–
Normosensorisches essenzielles konvergentes
Spätschielen (a),
dekompensierte Esophorie (b),
dekompensierter Mikrostrabismus convergens (c),
Abduzensparese (d),
dekompensiertes konvergentes Retraktionssyndrom (e).
–
–
–
–
–
steht bei fehlender Visusforderung Parallelstand, somit
bleiben normale Sensorik und Binokularfunktionen erhalten, allerdings ohne Anspruch auf volle Sehschärfe.
Nach Verordnung der hyperopen Vollkorrektur ist die
akkommodativ induzierte Konvergenz auch bei Visusforderung beseitigt.
Die Kriterien der Vollheilung sind: voller Visus für Ferne
und Nähe, Parallelstand für Ferne und Nähe oder Esophorie, volles Binokular- und Stereosehen (auch Random
Dot), das auch unter Akkommodationsforderung stabil
ist (Überprüfung mit dem Binokularvisus). Beim normosensorischen essenziellen konvergenten Spätschielen und
der dekompensierten Esophorie wird nach Verordnung
von Prismen und/oder Schieloperation die schon zuvor
vorhandene normale Binokularität wieder hergestellt.
entweder ein Fusionshindernis oder eine Fusionsstörung
nach einer konsumierenden Erkrankung oder einem
Schädel-Hirn-Trauma. Bei (a) und (b) handelt es sich um
konkomitierende konvergente Schielformen mit normaler
Sensorik, bei (c) liegt ein streng monolaterales Schielen
mit Amblyopie vor, (d) und (e) sind inkomitante Schielformen (inkomitant und inkomitierend können als Synonyma verwendet werden).
Frage 797
.......................................
wie kann man sie erklären?
!
–
–
–
–
–
Frühkindliches Schielsyndrom,
Vollakkommodativer/teilakkommodativer Strabismus convergens,
akkommodativer Konvergenzexzess,
normosensorisches essenzielles konvergentes
Spätschielen,
dekompensierende Esophorie.
i Beim frühkindlichen Innenschielen wird bei aktiver Fixation zur Visusverbesserung der bestehende Nystagmus
durch Schielwinkelvergrößerung gedämpft, bei fehlender
Visusforderung entspannt sich der Winkel wieder. (Das
frühkindliche Innenschielen stellt die so genannte motorische Form der Nystagmusdämpfung dar. Sie wird bei
aktiver Fixation eingesetzt.) Bei den refraktiven Schielformen wird durch Akkommodation bei Visusforderung
Konvergenz induziert, nach Desakkommodation liegt
Parallelstand vor Die Winkelschwankungen beim normosensorischen essenziellen Spätschielen und der dekompensierenden Esophorie sind der Ausdruck der versuchten Kompensation durch Ausgleichsinnervation.
Frage 798
.......................................
?
Bei welchen Esotropien im Kindesalter ist die
funktionelle Vollheilung möglich und was versteht
man darunter?
Esotropien: vollakkommodativer Strabismus convergens,
normosensorisches essenzielles konvergentes
Spätschielen,
dekompensierte Esophorie.
Vollheilung: voller Visus für Ferne und Nähe,
Parallelstand für Ferne und Nähe oder Esophorie,
volles Binokular- und Stereosehen.
i Beim vollakkommodativen Strabismus convergens be-
i Die Ursache der akut aufgetretenen Schielstellung ist
welchen Formen des Strabismus convergens
? Bei
concomitans gibt es Winkelschwankungen und
–
14
!
!
Frage 799
.......................................
2-jähriges Kind schielt monolateral nach in? Ein
nen. Wann haben Sie den Verdacht auf eine milde,
bzw. schwere Amblyopie?
!
–
–
Milde Amblyopie: Fixation aufgenommen, kurz
gehalten,
schwere Amblyopie: Fixation nicht oder suchend
aufgenommen, nicht gehalten.
i Streng monolaterales Schielen prädestiniert für die Entwicklung einer Amblyopie. Kann das Kind bei Abdecken
des Führungsauges ruhig fixieren, ist die foveolare Fixation noch erhalten und die Amblyopie noch milde. Wird
die Fixation nicht oder suchend aufgenommen, liegt eine
exzentrische Fixation mit möglichem Verlust der Hauptsehrichtung vor. Die Diagnose wird durch die Prüfung
der Fixation mit dem Visuskop gesichert.
Der Schweregrad der Amblyopie wird nach der Visusminderung oder bei nonverbalen Individuen nach dem
Ort der Fixation – zentral, exzentrisch – definiert. Von
leichter Amblyopie spricht man bei Visus von 0,8-0,4,
von mittelgradiger bei Visus von 0,3-0,1, darunter von
schwerer Amblyopie. Liegt eine exzentrische Fixation vor,
besteht eine schwere Amblyopie. Ausnahme kann die
Amblyopie mit exzentrischer Fixation bei Mikrostrabismus mit Identität sein.
..........
161
Kindliche Esotropien
?
Ein Kind beginnt im 4. Lebensjahr akut zu schielen. Nennen Sie mögliche Ursachen und Differenzialdiagnosen.
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Frage 796
.......................................
Frage 800
.......................................
5-jähriger Patient entwickelt nach einer Con? Ein
tusio bulbi eine Katarakt und einen Strabismus
14
convergens. Welche Schielform liegt vor und welche Maßnahmen sind zu veranlassen, wenn trotz
optimaler operativer und kontaktoptischer Versorgung ein instabiles Binokularsehen besteht?
Strabologie
!
Sekundärer Strabismus convergens. Objektive Refraktionsbestimmung des phaken Auges, Bifokalglas
beidseits.
der Entstehung des Strabismus eine okuläre Pathologie
zugrunde liegt Die Instabilität des Binokularsehens ist
eine Folge des akkommodativen Ausgleichs des meist
hyperopen Refraktionsfehlers des Führungsauges und der
Akkommodation des phaken Auges beim Nahsehen.
Daher ist die Indikation zum Ausgleich des Refraktionsfehlers am phaken Auge und die Verordnung eines Nahzusatzes beidseits gegeben.
Frage 801
.......................................
verbleibt nach Abdecken des Führungsau? Warum
ges das linke Auge in Adduktion (Abb. 14.1 auf
S. 233)? Wie lautet die Diagnose?
!
Strabismus convergens links mit hochgradiger Amblyopie, Verlust der geraden Hauptsehrichtung.
i Tritt eine streng monolaterale Esotropie im 1. oder
2. Lebensjahr auf und bleibt sie unbehandelt, kann sich
eine hochgradige Schielamblyopie entwickeln. In diesen
Fällen geht meist die an die Foveola gebundene gerade
Hauptsehrichtung verloren. Die Hauptsehrichtung geht
auf die exzentrische Netzhautstelle, die die Fixation
übernommen hat, über. Auf Abb. 14.1 besteht papillennahe Fixation.
Kindliche Exotropien
Frage 802
.......................................
?
Die Mutter des 5-jährigen Kindes berichtet über
ein zeitweiliges Außenschielen besonders bei Müdigkeit. Nach welchen wichtigen Symptomen fragen sie?
!
Sieht das Kind Doppelbilder? Bestehen indirekte Zeichen für Diplopie wie Gangunsicherheit, Danebengreifen?
162 . . . . . . . . . .
i Exodeviationen treten im Kleinkindesalter viel seltener
auf als konvergente Abweichungen. Zeitweilig auftretendes Außenschielen kann entweder eine dekompensierte Exophorie sein oder ein so genannter Strabismus
divergens intermittens. Wichtiges Unterscheidungsmerkmal dieser beiden Schielformen ist die Diplopie. Beim
Strabismus divergens intermittens besteht in der Abweichphase keine Diplopie, da Suppression herrscht. Dies
ist eine sensorische Besonderheit beim Strabismus divergens intermittens.
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i Man spricht von einem sekundären Strabismus, wenn
sind die Indikationen für eine Schieloperation
? Was
bei Strabismus divergens intermittens?
!
!
Nein, in der Regel nicht. Wenn Beschwerden geklagt
werden, dann sollten Sie nach anderen Ursachen suchen.
i Patienten mit Strabismus divergens intermittens haben
in der Regel keine asthenopen Beschwerden im Gegensatz zu Patienten mit dekompensierender Exophorie.
Patienten mit Heterophorien klagen meist über eine
Reihe von Missempfindungen (Augen-, Stirnschmerzen,
Brennen, Unscharfsehen etc.), die im Verlauf des Tages
und bei visueller Belastung zunehmen. Sie sind Ausdruck
der Störung des sensomotorischen Regelsystems, die der
Heterophorie zugrunde liegt. Dennoch geben asthenope
Beschwerden keinen eindeutigen Hinweis auf ihre Ursache. Der Strabismus divergens intermittens ist gekennzeichnet durch Parallelstand und Phasen der Abweichung
mit Suppression wie ein On-off-Mechanismus.
Klagen Patienten mit Strabismus divergens intermittens
über Asthenopie, so muss nach anderen Ursachen gesucht werden. Meist ist die Ursache ein nicht korrigierter
Refaktionsfehler.
–
–
–
Verminderung der Qualität des Stereosehens,
Schielhäufigkeit über 50 % der Wachzeit,
Entwicklung einer Amblyopie.
i Die Schieloperation sollte durchgeführt werden bei
Schielhäufigkeit über 50% der Wachzeit und drohendem
Verlust des Stereosehens. Ist das Kind noch in der sensitiven Phase, dann kommt es zusätzlich zu einer Amblyopie, die therapiert werden muss.
Frage 807
.......................................
Was ist wichtig bei der Aufklärung vor der Ope? ration
eines Patienten mit Strabismus divergens
intermittens betreffend Operationserfolg?
!
Wenn die Stereopsis vor der Operation reduziert war,
ist eine Besserung der Stereopsis wahrscheinlich. Die
Rezidivrate des Strabismus divergens intermittens ist
hoch, und ein 2. Eingriff oft erforderlich.
i Das funktionelle Ergebnis der Operation ist sehr gut. Die
Stereopsis verbessert sich in der Regel wieder. Wichtig ist
es, auf die hohe Rezidivrate und eine mögliche passagere
Überkorrektur unmittelbar postoperativ durch überschießende Ausgleichsinnervation hinzuweisen.
Frage 804
.......................................
tritt das Schielen bei Patienten mit Strabis? Wann
mus divergens intermittens häufiger auf?
!
–
–
–
Bei Fernfixation,
bei Sonnenschein,
bei Müdigkeit.
Frage 808
.......................................
i Das Schielen tritt häufiger auf bei Fernfixation, da hier
der Akkommodationsanreiz fehlt, sowie bei Müdigkeit
und hellem Licht, weil beide Umstände die Fusionsfähigkeit reduzieren können.
versteht man unter einem sekundären Stra? Was
bismus divergens?
!
Ein Außenschielen, das durch eine andere Augenerkrankung bedingt ist.
i Ein sekundärer Strabismus divergens entsteht bei RedukFrage 805
.......................................
eine volle Stereopsis einen Strabismus di? Schließt
vergens intermittens aus?
!
Nein.
i Patienten mit Strabismus divergens intermittens haben
in der Regel volle Stereopsis. Dies ist ein typisches Zeichen dieser Schielform. Die Binokularfunktionen können
sich gut entwickeln und bleiben auch erhalten, solange
die Dauer der Abweichphasen ein kritisches Maß nicht
überschreitet (ca. 50% der Wachzeit). Volle Stereopsis
kann auch nicht als Kriterium zur Differenzialdiagnose
gegenüber der dekompensierenden Exophorie herangezogen werden.
tion der Sehschärfe eines Auges durch andere Augenerkrankungen, wenn die Fusionfähigkeit oder Kompensation über die akkommodative Konvergenz nicht ausreicht
und das Auge in die divergente Ruhelage abdriftet.
Daher ist bei jedem Strabismus im Kindesalter, besonders
aber bei neu aufgetretenem Strabismus divergens, eine
morphologische Befundaufnahme unerlässlich. Dazu
gehören die Beurteilung der vorderen Augenabschnitte,
der brechenden Medien und der gesamten Netzhaut
sowie die Refraktionsbestimmung.
..........
163
Kindliche Exotropien
Patienten mit Strabismus divergens inter? Haben
mittens in der Regel asthenope Beschwerden?
14
Frage 806
.......................................
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Frage 803
.......................................
Spezielle Einschränkungen der okulären Motilität
Frage 812
.......................................
Zeichen weisen darauf hin, dass eine Schiel? Welche
stellung Folge einer orbitalen Erkrankung ist?
einem Patienten wurde wegen einer Trochlea? Bei
risparese eine Faltung der Sehne des M. obliquus
!
–
–
–
–
–
superior durchgeführt. Postoperativ stellen Sie
fest, dass der Patient das Auge in Adduktion
nicht heben kann. Was ist die Ursache?
Exophthalmus,
Enophthalmus,
Rötung im Bereich der Muskelansätze,
periorbitale Schwellung,
periokuläre Schmerzen.
!
i Entzündliche und tumoröse Veränderungen der Orbita
Ein Jaensch-Brown-Syndrom.
i Durch die Sehnenfaltung wird der Augenmuskel vermehrt vorgespannt, sodass der Muskelbauch bei Hebung
in Adduktion nicht mehr ungehindert durch die Trochlea
gleiten kann und die Hebung somit blockiert wird. Im
geschilderten Fall sollte man zunächst abwarten, da sich
die Blockade meist von allein bessert, anderenfalls kann
die Operation revidiert werden.
Das Jaensch-Brown-Syndrom tritt nicht nur postoperativ
auf, es kann auch Ausdruck einer angeborenen Störung
sein. Eine operative Therapie der angeborenen Variante
ist nur selten indiziert, da die Patienten im Gebrauchsblickfeld zumeist über gutes Binokularsehen verfügen
und sich die Beweglichkeit des betroffenen Auges im
2. Lebensjahrzehnt oft spontan bessert.
sind wichtige Differenzialdiagnosen unklarer Augenbewegungsstörungen. Bei entsprechendem Verdacht ist
eine Kernspintomographie und manchmal auch eine
Computertomographie der Orbita indiziert. Die Sonographie hat hier kaum noch Stellenwert. Häufigste Ursache sind entzündliche Erkrankungen (endokrine Orbitopathie, Pseudotumor orbitae), zweithäufigste Tumoren.
Frage 810
.......................................
?
Welche muskulären Veränderungen treten bei der
endokrinen Orbitopathie ein, und welche Muskeln
sind am stärksten betroffen?
!
Die Muskeln sind verdickt, und ihre Dehnbarkeit ist
vermindert. Am häufigsten sind der M. rectus inferior
und M. rectus medialis betroffen.
.......................................
i Bei den meisten Patienten ist durch die Veränderung des
Syndrom) und welcher Eingriff wird angewendet?
M. rectus inferior der Aufblick reduziert. Eine ein- oder
beidseitige Hebungseinschränkung mit gleichzeitiger Zunahme einer Exzyklodeviation bei intendiertem Aufblick
ist für die endokrine Orbitopathie typisch. Wegen der
verminderten Dehnbarkeit der Muskeln ist die zur operativen Korrektur eines Schielwinkels erforderliche Dosis
geringer als beim Begleitschielen.
Frage 811
.......................................
einem Patienten findet sich eine beidseitige
? Bei
Ptosis, eine allseitige Bewegungseinschränkung
und eine Sakkadenverlangsamung. Der Patient
klagt nicht über Doppelbilder. Was ist Ihre Verdachtsdiagnose?
!
Chronisch progressive externe Ophthalmoplegie
(CPEO).
i Ursache dieser Erkrankung ist eine mitochondriale Mutation, welche die Energieversorgung der Muskelzellen
beeinträchtigt. Zunächst sind die schnellen Fasern betroffen, sodass die Erkrankung zuerst die Sakkaden betrifft. Zusätzlich ist häufig auch der M. orbicularis oculi
betroffen. Die Indikation zur Ptosisoperation sollte zurückhaltend gestellt werden, da eine gefährliche Augenoberflächenbenetzungsstörung eintreten kann.
164 . . . . . . . . . .
Frage 813
ist das Ziel einer Augenmuskeloperation bei
? Was
einem Retraktionssyndrom (Stilling-Türk-Duane-
!
In den meisten Fällen verfügen diese Patienten bei
Rechts- oder Linksblick über binokulares Einfachsehen. Ziel der Operation ist die Verlagerung dieses
Bereiches in den Geradeausblick, entweder durch eine
Transposition der horizontalen Muskeln beider Augen
oder durch eine Operation an einem oder zwei Muskeln des betroffenen Auges.
i Zur Nutzung des binokularen Einfachsehens nehmen die
meisten Patienten mit Retraktionssyndrom eine Kopfzwangshaltung ein. Diese Kopfzwangshaltung sollte
nach einem erfolgreichen augenmuskelchirurgischen
Eingriff nicht mehr nötig sein. Die Transpositionsoperation ist dann indiziert, wenn sich im Seitblick eine ausreichend große Konkomitanzzone findet, d. h. ein Bereich, in dem sich der Schielwinkel bei Blickänderung
nicht wesentlich ändert.
Frage 814
.......................................
Patient berichtet über ab und zu auftretendes
? Ein
Doppeltsehen. Sie finden eine wechselhafte
Schielstellung und eine Einschränkung der Augenbeweglichkeit, die keiner Hirnnervenlähmung zuzuordnen ist. Was ist Ihre Verdachtsdiagnose und
welche Untersuchungen führen Sie durch?
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Strabologie
14
Frage 809
.......................................
levator palpebrae die Zunahme einer Ptosis bei anhaltendem Aufblick. Eine sehr rasche Ermüdbarkeit des
Muskels zeigt sich als Lidzuckung (Lid-Twitch): Unmittelbar nach Blick von unten zur Mitte sinken die Lider ein
wenig ab. Der Tensilon-Test hat eine Sensitivität von ca.
90%, Antikörper kann man in 85% der Fälle nachweisen.
Inzwischen favorisieren die meisten Autoren eine immunsuppressive Therapie, weil diese gegenüber einer
Mestinontherapie den Vorteil hat, dass die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs in eine generalisierte Myasthenia gravis geringer wird.
Patient klagt über Augenschmerzen, hat eine
? Ein
inkomitante Schielstellung und zeigt einen geröteten Muskelansatz. Was ist die Verdachtsdiagnose? Welche Therapie leiten Sie ein?
!
Vermutlich handelt es sich um eine okuläre Myositis.
Die Behandlung besteht in einer Steroidtherapie.
i Die Schwellung der Muskeln kann sonographisch im
B-Scan dokumentiert werden. Führt die Steroidgabe
nicht rasch zu einer Besserung der Beweglichkeit sowie
zu einer Abnahme der Schmerzen, muss die Verdachtsdiagnose in Zweifel gezogen werden. Zwischen der
Myositis und anderen Formen idiopathischer Orbitaentzündungen, z. B. dem Pseudotumor orbitae, gibt es fließende Übergänge. Im Zweifelsfall ist eine Kernspintomographie der Orbita notwendig.
Grundlagen der Strabismuschirurgie
Frage 816
Frage 818
.......................................
.......................................
besteht das Prinzip der Fadenoperation (re? Worin
troäquatoriale Myopexie)?
operative Eingriff ist grundsätzlich bei
? Welcher
einer Abduzensparalyse indiziert, d. h. wenn das
!
paretische Auge nicht bis zur Primärposition abduziert werden kann?
Verkürzung der Abrollstrecke.
i Durch die Fadenoperation wird ein zweiter funktioneller
Ansatz geschaffen, wodurch die Behandlung von Schielformen mit stark variablen Schielwinkeln möglich wird
(z. B. Konvergenzexzess).
!
nen empfohlen, da konventionelle kombinierte Operationen als nicht ausreichend erachtet werden. Allerdings
sind auch in solchen Fällen gute Ergebnisse mit hochdosierten Rücklagerungen und Resektionen beschrieben
worden.
Frage 817
Indikationen zur Fadenoperation kennen
? Welche
Sie?
–
–
–
–
–
Frühkindliche Esotropie mit persistierender
Kreuzfixation,
Konvergenzexzess,
Gegenparese,
dissoziierte Vertikaldeviation (DVD),
Kestenbaum-Operation (Verstärkung der Rücklagerung).
i Eine Fadenoperation ist immer dann indiziert, wenn
durch konventionelle Vor-/Rücklagerungen kein gutes Ergebnis zu erwarten ist, z. B. bei starken Winkelschwankungen im Rahmen der frühkindlichen Esotropie, großer
Nah-/Fernwinkel-Differenz (Konvergenzexzess), horizontalen oder vertikalen Winkelinkomitanzen bei Paresen
oder auch stark wechselnden Höhenabweichungen wie
bei der DVD.
Transposition der vertikalen Mm. recti.
i Wird die Mittellinie nicht erreicht, werden Transpositio-
.......................................
!
14
i Der Simpson-Test zeigt wegen der Ermüdbarkeit des M.
Frage 815
.......................................
Frage 819
.......................................
lässt sich folgender Fall operativ adäquat be? Wie
handeln: V-Esotropie mit beidseitiger ausgeprägter Obliquus-inferior-Überfunktion und Horizontalwinkel in Primärstellung von 15° sowie positivem Streifengläsertest nach Bagolini im Aufblick?
!
Kombinierte Horizontaloperation an einem Auge und
beidseitige Obliquus-inferior-Rücklagerung.
i Im vorliegenden Fall ist die gleichzeitige Korrektur von
Horizontalabweichung und V-Inkomitanz indiziert, da
nur durch Normalisierung des Spurlaufs der Augen und
damit Beseitigung des V-Symptoms die vorhandene Binokularchancen („Bagolini +“ im Aufblick!) genützt werden können.
..........
165
Grundlagen der Strabismuschirurgie
Vermutlich handelt es sich um eine okuläre Myasthenia gravis. Folgende Untersuchungsbefunde erhärten
die Verdachtsdiagnose:
– positiver Simpson-Test,
– positiver Tensilon-Test,
– erhöhter Acetylcholinrezeptorantikörpertiter.
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!
Frage 821
.......................................
Fällen von kongenitalem Nystagmus
? Inist welchen
eine so genannte artefizielle Divergenzoperati-
welchem operativen Eingriff lässt sich gezielt
? Mit
eine ausgeprägte Exzyklotropie beim Abblick an-
on indiziert?
Strabologie
14
!
In Fällen mit Binokularfunktionen sowie Nystagmusberuhigung über die Konvergenz (fehlende oder
deutlich geringere Kopffehlhaltung in der Nähe gegenüber der Ferne).
i Beim kongenitalen Nystagmus ist eine Beruhigung
grundsätzlich durch die Einnahme einer bestimmten
Blickrichtung oder aber durch die Konvergenzinnervation
möglich. Im letzteren Fall besteht in der Nähe keine oder
nur eine geringe Kopffehlhaltung bei deutlicher Kopfwendung oder -neigung in der Ferne. Sind Binokularfunktionen vorhanden, kann durch Aufbau einer latenten
Divergenz (Prismenbasis außen) die Kopffehlhaltung in
der Ferne korrigiert werden. Dabei ist allerdings darauf
zu achten, dass diese nicht über die akkommodative
Konvergenz kontrolliert wird, was zu einer Myopisierung
und damit Visusverschlechterung in der Ferne führt.
166 . . . . . . . . . .
gehen, wie sie bei der beidseitigen Trochlearisparese vorliegt?
!
Operation nach Harada-Ito am Obliquus-superiorVorderrand.
i Bei der Operation nach Harada-Ito wird der Vorderrand
der Obliquus-superior-Sehne gestärkt, wodurch weitgehend selektiv die Inzyklorotation gestärkt wird.
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Frage 820
.......................................
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