Zielgenau gegen Krebszellen

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Molekulare Onkologie
Zielgenau gegen Krebszellen
Eine Mutationsanalyse als prognostischer und prädiktiver Test bei
Gastrointestinalen Stromatumoren optimiert die Therapiesteuerung.
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ter Erkrankung erfolgt eine sogenannte Target-Therapie mit
Tyrosinkinase-Hemmern.
Ursache: Gen-Mutation
Ursache für die Entstehung von GIST ist eine Genmutation, die zur Veränderung eines Rezeptorproteins (Rezeptor-Tyrosinkinase) an der Oberfläche bestimmter Zellen
führt. Die Rezeptor-Tyrosinkinase dient als Bindungsstelle
für Wachstums- beziehungsweise Botenstoffe. Bei Bindung
wird über eine Signalkette das Zellwachstum angeregt. Löst
sich die Bindung, wird die Signalkette unterbrochen – die
Aktivität der Zelle einschließlich der Zellteilung wird verlangsamt. Im Fall einer Mutation ist die Rezeptor-Tyrosinkinase dauerhaft aktiv. Es kommt zu einem unkontrollierten Zellwachstum. Die meisten GIST zeigen Mutationen
im KIT-Gen (CD117), bei wenigen ist das Gen PDGFRA
(platelet derived growth factor A) betroffen.
Ziel der neuen therapeutischen Ansätze bei
fortgeschrittener oder metastasierter
Erkrankung ist es, die Aktivität der
Rezeptor-Tyrosinkinasen
und damit Zellwachs-
Fotos: Sebastian Kaulitzki, ktsdesign (Fotolia)
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) zählen zu den
Weichteil- oder Weichgewebstumoren (Sarkome) im
Magen-Darm-Trakt, die zum Teil erst seit wenigen Jahren
eindeutig diagnostiziert werden können. Mit 50 bis 70 Prozent entwickeln sie sich am häufigsten im Magen gastro,
gefolgt von zirka 20 bis 30 Prozent im Dünndarm intestinal. Selten haben sie ihren Ursprung im Zwölffinger- oder
Dickdarm oder in der Speiseröhre.
Mittleres Alter bei Erkrankungsbeginn ist 55 bis 65 Jahre.
Kinder und Jugendliche sind sehr selten betroffen. Im
deutschsprachigen Raum geht man von zirka 15 neuen
Fällen je eine Million Einwohner aus, also 1500 bis 1800
Neuerkrankungen pro Jahr. Männer sind etwas häufiger
betroffen als Frauen.
Etwa die Hälfte der Tumore rezidiviert nach der Operation
oder metastasiert. Die Risikoeinteilung einer potenziellen
Malignität erfolgt nach einer Tabelle des amerikanischen
Arztes Fletcher und hängt ab von der Größe des Primärtumors und der Mitoserate. Auf Bestrahlung und Chemotherapie reagieren GIST weitgehend unempfindlich. Die
wichtigste Behandlung bei örtlich begrenzten Tumoren ist
daher die Operation. Bei fortgeschrittener oder metastasier-
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tum und -proliferation zu unterbinden. Dies geschieht zum
Beispiel durch Blockade der ATP-Bindungsstelle dieser
Proteine. Derzeit stehen für die Firstline- und die Secondline-Therapie zwei wirksame Tyrosinkinase-Hemmer zur
Verfügung (Glivec/Novartis und Sutent/Pfizer). Das Medikament der Secondline-Therapie kommt bei Resistenz
oder Unverträglichkeit während der Firstline-Therapie zur
Anwendung.
Molekulare Typisierung
Die molekulare Typisierung gastrointestinaler Stromatumore gewinnt zunehmend an Bedeutung. Neben der prognostischen Relevanz verschiedener Mutationstypen hat
die Kenntnis der zugrundeliegenden KIT- und PDGFRAMutationen auch zentrale Bedeutung für das zu erwartende
Therapieansprechen auf die Behandlung mit TyrosinkinaseHemmern.
Patienten mit einer Mutation im Exon 11 des KIT-Rezeptors zeigen beispielsweise ein deutlich besseres Ansprechen
auf die Therapie mit dem standardmäßig eingesetzten
Tyrosinkinase-Hemmer als Patienten mit einer Exon-9Mutation. Daher wird bei einer Mutation in Exon 9 eine
doppelte Anfangsdosis des Medikaments empfohlen. GIST
ohne den Nachweis einer Mutation in den KIT-Exonen 9
und 11 zeigen oft ein geringes Ansprechen.
Verschiedene Studien konnten zeigen, das GIST mit Mutationen im PDGFRA-Gen in der Regel als prognostisch
günstiger einzustufen sind als KIT-mutierte Fälle. Eine Ausnahme bildet die häufigste Punktmutation im Exon 18 des
PDGFRA-Gens (D842V), welche zu einem primären Therapieversagen führt.
GIST-Mutationsanalyse
Der KIT- und PDGFRA-Genstatus kann an Formalinfixiertem, Paraffin-eingebettetem Gewebe ermittelt werden,
was auch die retrospektive Untersuchung älterer Archivproben ermöglicht. Unser Jenaer Labor bietet diese Analyse in
Form einer molekularbiologischen Stufendiagnostik an.
Mithilfe eines gefärbten Schnittpräparats wird das Tumorgewebe lokalisiert und durch Makrodissektion selektiv aus
dem Paraffinblock entnommen. Nach DNA-Isolation wird
die Exon 9 Mutation (A502_Y503dup) mittels Real-Time
PCR-Analyse nachgewiesen. PCR-Amplifikationen und die
folgende DNA-Sequenzierung definierter Exone des KITRezeptors (Exon 11, 13, 14, 17) und im PDGFRA (Exon
12, 14, 18) erfolgen in Abhängigkeit vom Tumorstatus
des Patienten (Primär-/Sekundärtumor). Das Ergebnis der
Mutationsanalyse wird anschließend unter Berücksichtigung aktueller klinischer Daten zum prognostischen Therapieansprechen ausführlich befundet.
Optimale Behandlungsstrategie
Die molekulardiagnostische Analyse des Mutationsstatus
definierter Exone des KIT-Rezeptors und des PDGFRA
gewinnt zunehmend an Bedeutung für die zielgerichtete
Therapiesteuerung bei der Behandlung von fortgeschrittenem oder metastasiertem GIST mit Tyrosinkinase-Hemmern. Kennt der Arzt den Mutationsstatus, kann er die
Behandlung optimal auf den Patienten abstimmen (lesen
Sie hierzu auch Seite 26 dieser Ausgabe).
Individualisierte Medizin: In Zukunft
könnte jeder Patient eine auf seine
Genetik und Biologie hin
optimierte Therapie
erhalten.
Kontakt
Dr. rer. nat. Jörg Schickel
synlab/Oncoscreen
Löbstedter Straße 93
07749 Jena
Tel: 0 36 41 – 5 07 40
E-Mail: [email protected]
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