Cryptosporidium-Arten - Berufsgenossenschaft Rohstoffe und

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Cryptosporidium-Arten
Oozysten von C. parvum nach ZiehlNeelsen-Färbung (Abbildung Prof. H.
Mehlhorn, Parasitologie, Universität
Düsseldorf)
Allgemeine Angaben
Name (Synonym): Cryptosporidium; griech. cryptos: verborgen, sporos: Keim; Cryptosporidium
parvum, C. hominis, C. felis, C. canis, C. meleagridis, C. muris
Einzellerstamm: Alveolata (Apicomplexa), Klasse: Coccidea, Ordnung:
Cryptosporiida; Erstbeschreibung: Tyzzer 1907
C. parvum (boviner, porciner Genotyp), C. hominis, dazu eine Reihe zoonotischer
Pathovarietäten:
Arten (s.o.), letztere mit geringer Humanbedeutung
Risikogruppe:
C. parvum, C. hominis RG 2, Z
C. felis, C. canis, C. meleagridis, C. muris RG 1+, t2
Konsiliar-/Referenzlabor: Nationales Referenzzentrum für tropische Infektionserreger am Bernhard
Nocht-Institut für Tropenmedizin (Prof. Dr. B. Fleischer), Bernhard-Nocht-Straße
74, 20359 Hamburg; Institut für Parasitologie, Vetmed. Fak. Universität Leipzig
(Prof. Dr. A. Daugschies)
Molekularbiologie, Morphologie und Physiologie
Morphologie:
Dreiphasischer Entwicklungszyklus im Darm des Wirts (Schizo-, Gamo- und
Sporogonie), alle Stadien sind sehr klein (Ø 5 µm) und sitzen eingeschmiegt in
den Mikrovillisaum des Darmepithels. Die mit den Fäzes ausgeschiedenen
kugeligen Oozysten sind ca. 5 µm im Durchmesser und enthalten 4 infektiöse
Sporozoiten. Nach den bisher vorliegenden Untersuchungen scheint es zwei
Arten von Oozysten zu geben: eine, die ihre 4 Sporozoiten erst im Freien bildet
und der Infektion neuer Wirte dient, sowie eine zweite, deren Sporozoiten im
Darm des gleichen Wirtes frei werden und auf diese Weise zu einem
Massenbefall führt (Autoinfektion). Dieses Phänomen kann auch auf der
Geschwindigkeit der Fäzesabgabe beruhen. Bleiben die Oozysten länger im
Darm als bei Durchfall, können sich die Sporozoiten in ihnen noch im Darm
entwickeln.
Physiologie:
Endoparasit, der den Darmepithelzellen außen aufsitzt, , wobei die Mikrovilli
zerstört bzw. zur Bildung einer spezifischen Halte- und Nährstruktur (engl. feeder
organelle) angeregt werden.
Natürlicher Standort
Nicht freilebend/parasitär
Wirtsbereich:
Mensch, Haus- und Nutztiere (Rind, Schwein, Schaf, Ziege) sowie eigene Arten
bei Meerschweinchen, Mäuse, Ratten, Reptilien u. a.
Pathogenität
Obligat pathogen für: leichte, selbstlimitierende Krankheitsverläufe bei älteren Tieren und
immunkompetenten Menschen. Schwere und evtl. sogar tödliche Verläufe bei
immunkompromittierten Personen
Apathogen für:
ältere Tiere, immunkompetente Personen
Infektiöse Stadien: Oozysten
Pathogenitätsfaktoren/Pathogenese: Mediation der Ausschüttung von Zytokinen und Chemokinen
seitens des Wirts
Krankheit beim Menschen
Bezeichnung:
Kryptosporidiose, Kryptosporidien-Gastroenteritis, intestinale Kryptosporidiosis.
Inkubationszeit:
1 bis 12 Tage, in der Regel 7 bis 10 Tage
Präpatenz:
2 bis 4 Tage
Patenz:
12 bis 14 Tage bei Immunkompetenten; evtl. andauernd bei immunsupprimierten
Personen.
Das klinische Bild variiert von asymptomatischen Infektionen bis zu erheblichen
Symptome:
wässrigen Durchfällen, die teilweise mit großen Flüssigkeitsverlusten einhergehen
können und manchmal in Verbindung mit Bauchschmerzen, Übelkeit, Fieber
und/oder Gewichtsverlust auftreten. Beim immunkompetenten Menschen
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Stand:04/2014
verschwinden die Symptome nach 1 bis 2 Wochen, während der Durchfall bei
Säuglingen, altersschwachen und immunsupprimierten Personen – insbesondere
bei AIDS-Patienten – chronisch werden kann. Dieser persistierende Durchfall
führt zu massiven Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten, Gewichtsabnahme und
Malabsorption. So werden von solchen Personen 2 – 10 Stühle von 500 – 1500
ml/24 h abgegeben. Die Schwere und Dauer der Erkrankung hängt vom Grad der
Immunschwäche ab, sie kann im Extremfall zum Tode führen. Durch die mögliche
intraintestinale Autoinfektion wird die chronische Infektion bei immundefizienten
Patienten unterhalten.
Komplikationen/Folgekrankheiten: Extraintestinale Manifestationen kommen vor allem bei AIDSPatienten vor. Am häufigsten erfolgt eine Beteiligung des Gallengangsystems, die
an einem Anstieg der Cholestase-anzeigenden Parameter (Gamma-GT, AP)
erkennbar ist und bis zur sklerosierenden Cholezystitis führen kann. Seltener sind
Pankreatitis, Appendizitis, Otitis und ein Befall der Lunge mit respiratorischen
Symptomen.
Zerstörung
des
Darmepithels
(Zottenatrophie),
Entzündungsprozesse,
Pathologie:
katarrhalische Enteritis, Malabsorption, vermehrte Sekretion. Sekundärinfektionen
durch Bakterien
Diagnose:
mikroskopischer Nachweis der Oozysten nach Anreicherung, Ausstrichfärbung
nach Ziehl-Neelsen (Oozysten erscheinen pink/rot; siehe Abb.)
Therapie:
Eine wirksame spezifische Behandlung steht derzeit noch nicht zur Verfügung,
daher erfolgt im Allgemeinen eine symptomatische Therapie mit Zufuhr von
Flüssigkeit und Elektrolyten (evtl. per Infusion). Nitazoxanid (BreitspektrumAntibiotikum mit antiparasitärer Wirkung, das bisher nur in den USA für die
Therapie von Kryptosporidiosen bei Kindern im Alter von 1 bis 11 Jahren
zugelassen ist) führt zur klinischen Besserung. Zusätzlich erwies sich die Gabe
von Paromomycin in einigen Studien als partiell effektiv. Die Stärkung des
Immunsystems durch intensive antivirale Therapie führt zu Vermehrung der CD4T-Zellen und beschränkt dadurch indirekt die Anzahl gebildeter Oozysten bei
AIDS-Patienten.
Prophylaxe (Prävention): Immunkompromittierte Personen sollten jeden Kontakt zu Tier- und
Humanfäzes meiden. Weitere Möglichkeiten zur Vermeidung einer Ansteckung
sind eine gute sanitäre Hygiene (regelmäßiges Händewaschen nach
Toilettenbenutzung, Kontakt mit Windeln sowie Abwasser, Gartenerde und
Haustieren, ebenso vor der Nahrungszubereitung und dem Essen). Da die
Oozysten sehr klein sind und evtl. mit Luftzug verdriftet werden können, ist
insbesondere in Krankenhäusern für den schnellen Abtransport von Fäzes und
äußerste Sauberkeit zu sorgen, Gerätschaften mit Fäzeskontakten sollten
hitzesterilisiert werden. UV-Licht tötet auch die Oozysten ab.
Epidemiologie
Übertragungswege: Oral durch Aufnahme von Sporozoiten-haltigen Dauerstadien (Oo-, Sporozysten)
in Fäzes von Tieren bzw. Menschen, durch Oozysten-kontaminiertes Trinkwasser
aus Seen oder Nahrungsmittel.
Erregerreservoire: Mensch, Rhesusaffen, Kälber, Lämmer von Schafen und Ziegen, Ferkel, Fohlen,
Katzen, Hunde, Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse, Ratten, Wildtiere, deren
Fäzes Wasser in Seen verunreinigen können.
Inzidenz/Prävalenz: Verschiedene Studien haben in Industriestaaten bei gesunden Individuen in bis
zu 0,2 % der Fälle Kryptosporidien im Stuhl nachgewiesen und bei etwa 2 % der Patienten mit
Durchfällen. Bei HIV-infizierten Personen mit Durchfällen wurden in 14 % bis 24 % Kryptosporidien
nachgewiesen, bei asymptomatischen HIV-Infizierten in bis zu 5 %. In Entwicklungsländern liegt die
Prävalenz der Kryptosporidien sehr viel höher, sie kann in bestimmten ländlichen Gegenden über 9 %
liegen. Die Seroprävalenz beträgt in den USA ca. 20 %, in Entwicklungsländern bis über 90 %. Kinder
im Alter von 6 bis 24 Monaten erkranken besonders häufig. Bei einem Ausbruch durch infiziertes
Trinkwasser in Milwaukee im Jahr 1993 erkrankten mehr als 400.000 Menschen. 2012 wurden dem
Robert Koch-Institut insgesamt 1385 Fälle von Kryptosporidiosen gemäß Referenzdefinition in
Deutschland gemeldet. Die bundesweite Inzidenz lag bei 1,7 Erkrankungen pro 100000 Einwohner.
Zu den aktuellen Zahlen siehe http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/jahrbuch_node.html
Mortalität/Letalität: bei AIDS-Patienten bis 30% der Todesfälle (= zweithäufigste Todesursache)
Widerstandsfähigkeit – Tenazität
Resistenzen (Trocknungs-, Chemo-,Thermo-, Strahlenresistenz): Oozysten überleben in der
Außenwelt bei Feuchte und 15 – 20 °C ca. 3 Monate, bei 5 °C sogar 1 Jahr.
Austrocknung, Temperaturen unter –20 °C oder über 65 °C töten sie. Hohe
Tenazität gegen chemische Desinfektionsmittel, auch gegen Kaliumbichromat
oder Chlor. Hohe Widerstandsfähigkeit gegen jegliche Medikamente.
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Stand:04/2014
Arbeits- und Gesundheitsschutz/Gefährdungsbeurteilung
Schutz-/Sicherheitsstufe: C. parvum , C. hominis: Schutzstufe 2 nach BioStoffV bzw. Sicherheitsstufe
2 nach GenTSV
Gefährdende Tätigkeiten/Expositionssituationen: Umgang mit potenziell infizierten Tieren; enger
Kontakt mit Infizierten, Labortätigkeiten an Stämmen bzw. mit Kontakt zu Tierund Humanfäzes, Umgang mit Fäkalien bei Reinigungsarbeiten
Spezielle tätigkeitsbezogene Schutzmaßnahmen:
Desinfektion/Entwesungsmaßnahmen:
Auf Tischen/Flächen potenziell eingetrocknete Oozystensuspensionen mit
heißem Wasser abwischen und danach mit Alkohol desinfizieren.
Oozystensuspension auf mindestens 60 °C Kerntemperatur erhitzen;
oozystenhaltige Fäzes schadlos beseitigen, z. B. durch Erhitzen auf mindestens
60 °C Kerntemperatur.
Versuchstierhaltung:
Insekten am Verschleppen von Oozysten hindern, bei Großtieren z. B. durch
Fliegenkontrolle in den Stallungen. Kot und Einstreu von kleineren Versuchstieren
auf mindestens 60 °C Kerntemperatur erhitzen. Bei Großtierhaltung Stallungen
mit Dampfstrahlgerät desinfizieren.
Transport:
Infizierte Kleintiere in fluchtsicheren Behältnissen transportieren.
Persönliche Schutzausrüstungen (PSA): Geeignete Schutzhandschuhe tragen. Bei Tätigkeiten mit
infizierten Tieren je nach Art geeignete Schutzkleidung tragen.
Berufsbedingte Erkrankungen/gefährdete Personen und Berufsgruppen:
Pflegepersonal
in
Heimen
bzw.
Krankenhäusern,
Laborpersonal,
Reinigungspersonal, Personen mit regelmäßigem beruflichen Umgang mit Tieren
Sofortmaßnahmen bei Unfällen/Erste Hilfe: Bei Spritzern in das Auge mit Leitungswasser spülen;
kontaminierte
Kleidung
ausziehen;
kontaminierte
Hautareale
mit
händedesinfektionsmittelgetränktem Einmaltuch benetzen und Desinfektionsmittel
einwirken lassen, dann betroffenes Hautareal gründlich waschen.
Arbeitsmedizinische
Vorsorge:
Angebotsvorsorge
gemäß
ArbMedVV;
Personen
unter
immunsuppressiver Therapie oder durch Infektionen immunsupprimierte
Personen sind gesundheitlich besonders gefährdet, daher von Erregerkontakt
ausschließen.
Andere gesetzliche Regelungen: C. parvum: Meldepflicht nach § 7 IfSG (direkter oder indirekter
Nachweis des Erregers)
Literatur
Amadi, B., Mwiya, M., Musuku, J., Watuka, A., Sianongo, S., Ayoub, A., Kelly, P.: Effect of
nitazoxanide on morbidity and mortality in Zambian children with cryptosporidiosis: a
randomised controlled trial, Lancet, 360, 1375–1380, 2002
Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie: Merkblatt B 005 Sichere Biotechnologie –
Einstufung biologischer Arbeitsstoffe: Parasiten (BGI 632)
Darai, G., Handermann, M., Sonntag, H.G., Tidona, C.A., Ziller, L. (Hrsg.): Lexikon der
Infektionskrankheiten des Menschen, S. 469–472, 3. Aufl., Springer, 2009, ISBN 978-3-54039005-3
Deplazes, P., Eckert, J., von Samson-Himmelstjerna, G., Zahner, H.,: Lehrbuch der Parasitologie für
die Tiermedizin, S. 107–113, 3. Aufl., Enke, Stuttgart 2013
Dillingham, R.A., Lima, A.A., Guerrant, R.L.: Cryptosporidiosis: epidemiology and impact, Microbes
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DuPont, H.L., Chappel, C.L., Sterling, C.R., Okhuysen, P.C., Rose, M.D., Jakubowski, W.: The
infectivity of Cryptosporidium parvum in healthy volunteers. N. Eng. J. Med., 332, 855-859, 1995
Guerrant, R.L.: Cryptosporidiosis: an emerging highly infectious threat, Emerg. Infect. Dis., 3 (1), 1997
Hunter, P.R., Nichols, G.: Epidemiology and clinical features of Cryptosporidium infection in
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Mehlhorn, H. (ed.): Encyclopedia of parasitology, p. 303–306, 3rd ed., Springer, Heidelberg, New York
2008
Mehlhorn, H. (ed.): Die Parasiten des Menschen, 7. Aufl., Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg 2012
Mehlhorn, H. (ed.): Die Parasiten der Tiere, 7. Aufl., Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg 2012
Petry, F.: Cryptosporidium, S. 990–993. In: Neumeister, B., Geiss, H.K., Braun R.W., Kimmig P.
(eds.): Mikrobiologische Diagnostik, 2. Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart 2009
Robert Koch-Institut
RKI-Ratgeber für Ärzte: Kryptosporidiose
http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Kryptosporidiose.html
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Stand:04/2014
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