1 Neuromuskuläre Physiologie 1. Stunde: Skelettmuskulatur 2

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Neuromuskuläre Physiologie
1. Stunde: Skelettmuskulatur
2. Stunde: Elektromechanische Koppelung
3. Stunde: Muskelkontraction – Muskelmechanik – Muskelenergetik
4. Stunde: Reflexe
5. Stunde: Hemmung Mechanismen
Lehrbücher:
Klinke/Pape/Kurtz/Sibernagl, Physiologie:
Kapitel 4: Muskulatur (nur Skelettmuskulatur)
Kapitel 23: Sensomotorische Systeme: Körperhaltung und Bewegung (nur Rückenmark:
Struktur, Funktion, Symptome)
Schmidt/Lang/Heckmann: Physiologie des Menschen:
Kapitel 6: Kontraktionsmechanismen
Kapitel 7: Motorische Systeme (nur Spinale Reflexe und Spinale postsynaptische HemmMechanismen)
Notiz: Das „=>“ ist als „führt zu“ zu verstehen im Text.
1
1. Stunde: Skelettmuskulatur
Muskulatur: quergestreifte (Skelettmuskulatur und Herzmuskulatur) und glatte.
Die wichtigsten Eigenschaften der drei Arten von Muskelfasern sind hier zusammengefasst
[die wichtigen Punkte werden alle in diesen Vorlesungen bearbeitet; die Tabelle dient zur
Übersicht, aber muss nicht auswendig gelernt sein]:
Skelettmuskulatur: In das Skelettsystem integriert. Funktion: Körperhaltung, willkürliche
Bewegungen. Generelle Organisation der Skelettmuskulatur: vielkernige Muskelfasern, einige
Zentimeter lang, 10-100 µm dick. Aufgebaut aus einkernigen Myoblasten, die zu Myotuben
fusionieren, die dann zu Muskelfasern differenzieren.
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Die Muskelfasern enthalten Myofibrillen (ca. 1 µm Durchmesser), Zellkerne, Organellen,
sowie Sarkoplasma und sind von der Plasmamembran (Sarkolemm) umschlossen. Sie sind
quer-gestreift: Die Querstreifung bedeutet, dass dunkle und helle Banden zu sehen sind.
Die Proteine, welche die Banden darstellen, bestehen aus dicken (Myosin) und dünnen
(Aktin) Filamenten. Aktin- und Myosinfilamente bilden den kontraktilen Apparat. Die
Struktur ist im Bild auf der nächsten Seite gezeigt.
In polarisiertem Licht formen die Bündel der Myosinfilamente (1,6 µm lang) stark
doppelbrechende (anisotrop) dunkle Banden, die A-Banden genannt werden (von anisotrop).
Die Bündel der Aktinfilamente (1,1 µm lang) sind weniger doppelbrechend (isotrop) und
erkennbar als helle I-Banden (von Isotrop).
Im Zentrum der A-Bande: heller Bereich = H-Zone. Diese ist von der M-Linie in der Mitte
geteilt. Hier sind die Myosinfilamente über Strukturproteine (Myomesin) verankert. Hier ist
auch Kreatinkinase assoziiert (ein Enzym, welches für die ATP Regeneration sehr wichtig
ist). In der H-Zone fehlen die Aktin-filamente.
I-Banden sind durch eine dunkle Linie, die Z-Scheibe, in der Mitte geteilt. Hier sind die
Myosinfilamente durch Titinmoleküle verankert. Die Aktinfilamente sind durch alpha-Aktinin
an die Z-Scheibe gebunden.
Im Überlappungsbereich bilden Myosin- und Aktinfilamente ein hexagonales Gitter: 1
Myosin umgeben von 6 Aktinen.
Der Abschnitt zwischen zwei Z-Banden = Sarkomer = morphologische Untereinheit des
Skelettmuskels. Länge= 2,2-2,4 µm.
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So ensteht die Querstreifung einzelner Fasern. Die Querstreifung ganzer Muskeln => wie
könnten sie aufgebaut sein?
Myosinfilamente:
• 12 nm Durchmesser, bestehend aus ca. 300 Molekülen. 1 Molekül = 2 schwere Ketten
von 220 kDa (alpha-helikaler Schwanzteil + globulärer Kopf), 4 leichte Ketten von 20
kDa.
• Kopfteile:
katalytische
Domäne
(AktinBindungsstelle,
ATP
Hydrolyse); Leichte-KettenDomäne (an welche die
leichten Ketten binden) =
Hebelarm; Konverter-Teil
(bindet
katalytische
Domäne und Hebelarm).
• Übereinander
gelagert,
Myosinköpfe außen; Köpfe
binden
während
der
Kontraktion an Aktin.
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Myosinkopf Feinstruktur:
Aktinfilamente:
• 10 nm Durchmesser, ca. 400 Moleküle (globulär, G-Aktin, 42 kDa). Doppelsträngige
Helix, 2,7 G-Aktin pro Windung = filamentäres F-Aktin.
• An Aktin binden Regulatorproteine, z.B. Tropomyosin. Es ist filamentös und erstreckt
sich über 7 Aktin Moleküle und bildet einen sogenannten Troponinkomplex.
• Der Troponinkomplex wird gebildet durch: Troponin C (bindet Ca2+), Troponin T
(bindet Tropomyosin), Troponin I (inhibitorisch).
Es gibt mehrere AnkerProteine, die zusammenarbeiten, um die Filamente
an außen-Muskel Elemente,
wie die Sehnen, zu binden:
Dystrophin: verankert
Aktinfilamente an
Sarkoglykanen
(Bestandteile des
Sarkolemma)
Merosin: verankert
Sarkoglykane an
Kollagenfibrillen der
extrazellulären Matrix (die
z.B. in die Sehnen integriert
sind).
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So kann die Muskelkraft auf die Sehnen übertragen werden. Mutationen in den AnkerMolekülen führen zu Dystrophien. Dystrophin-Mutationen rufen die Duchenne-Dystrophie
hervor. Sarkoglykan-Mutationen verursachen die Gliedergürtel-Dystrophie. MerosinMutationen führen zu kongenitaler Dystrophie.
In den Vorlesungen über die Motorik werden Dystrophien ausführlicher beschrieben.
Kontraktion: Gleitfilamenttheorie: die Länge der Filamente ändert sich nicht, aber die Aktinund Myosinfilamente gleiten aneinander entlang. Am Anfang werden Aktinfilamente aus den
Räumen zwischen den Myosinfilamenten herausausgezogen: H und I Bereiche werden
dadurch breiter, A bleibt konstant. Wenn die Dehnung die Gleichtgewichtslänge überschreitet
(z.B. über ~2.4 µm), werden auch die Titinmoleküle elastisch gedehnt.
Die Kontraktion nutzt einen sogenannten Querbrückenzyklus: eine zyklische Wechselwirkung
zwischen Myosinkopf und Aktinfilament. Schritte:
1) ATP bindet an die katalytische Domäne von Myosin. Der Myosinkopf löst sich
vom Aktin.
2) ATP-Spaltung zu ADP+Phosphat => umklappen des Konverters (+
Hebelarms); katalytische Domäne wird in Richtung Z-Linie verschoben.
3) Myosinkopf bindet an Aktin mit niedriger Affinität.
4) Strukturumlagerung im Myosinkopf => Hochaffine Bindung an Aktin.
5) Konverter (+ Hebelarm) wird umorientiert => Aktin und Myosin werden 6-8
nm verschoben. Phosphat dissoziiert ab = Kraftschlag (erster Teil).
6) Weiteres Umklappen von Konverter und Hebelarm => Aktin und Myosin
werden 2-4 nm verschoben = Kraftschlag (zweiter Teil). ADP dissoziiert ab.
1. Kraftschlag => ca. 1% Reduzierung der Sarkomerlänge.
Der Myosinkopf ist jetzt Nukleotid-frei und hochaffin an Aktin gebunden. Nach
ca. 1 ms wird ein neues ATP-Molekül gebunden und der Zyklus kann erneut
beginnen.
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Dieser Zyklus kann ca. 5-50 Mal pro Sekunde stattfinden => z.B. 20% Verkürzung der
Sarkomerlänge.
Die Totenstarre kommt von einem Mangel an ATP (ATP wird nicht mehr neu gebildet). Was
passiert dann? Ein Rigorkomplex von Aktin und Myosinkopf.
Hier sind zwei Schemen für den Querbrückenzyklus zu sehen, die diese Details im BildModus erklären:
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Ca2+-Regulierung der Kontraktion:
• Die Aktivität ist über die Ca2+-Konzentration im Sarkolemma reguliert.
• Bei niedrigen Konzentrationen (~100 nM = 10-7 mol/L) verhindern Troponin +
Tropomyosin den Schlag, indem sie die hochaffine Bindung von Myosin und Aktin
verhindern.
• Höhere Konzentrationen (10-100-mal höher): Troponin C bindet Ca2+, Troponin I
wird umgelagert, Troponin T Konformation wird geändert, Tropomyosin wird
weggedrückt und Myosinbindungstellen werden freigesetzt.
• Wenn die Ca2+-Konzentration sinkt => umgekehrter Mechanismus, Muskel erschlafft.
Hier sind die Muskelproteine zusammengefasst:
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2. Stunde: Elektromechanische Koppelung
Skelettmuskelfasern werden durch die neuromuskuläre Endplatte erregt (Neuromuscular
Junction, NMJ). Anders formuliert, Muskeln werden efferent von Motoneuronen innerviert.
Ein Motoneuron innerviert mehrere Muskelfasern = motorische Einheit.
In den Synapsen-Vorlesungen haben wir gelernt, dass nach einem AP in den Motoneuronen
ein AP in den Muskelzellen generiert wird. Dieses AP breitet sich in der Muskelzelle mit 3-5
m/s aus. Die Übertragung des AP zur Muskelzelle (eigentlich Muskelzellmembran) zur
Einleitung des Querbrückenzyklus = elektromechanische Koppelung.
Findet statt wie folgt:
• Röhrenförmige Einstülpungen des Sarkolemms bringen AP ins Innere der Fasern =
Transversale Tubuli (T-Tubuli) => an Grenzen zwischen A- und I- Banden.
• Ein Membransystem tief im Sarkoplasma = sarkoplasmatisches Retikulum = Ca2+Speicher. Besteht aus longitudinalen Röhren und erweiterten Endbezirken (terminale
Zisternen).
• Enge Kontakte mit T-Tubuli, an beiden lateralen Seiten jedes Sarkomers => TriadenStrukturen.
• Hier liegen in der T-Tubuli-Membran spannungsgesteuerte Ca2+-Kanäle,
Dihydropyridin-Rezeptoren (DHPR). Diese Kanäle lassen kein Ca2+ durch, denn sie
öffnen sich nicht und funktionieren hier nur als Spannungssensoren.
• DHPRs stehen in engem Kontakt mit Ca2+-Kanälen der Membran der terminalen
Zisternen = Ryanodin-Rezeptoren, RyR (binden Ryanodin, ein Pflanzenalkaloid).
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•
Das AP in der Muskelmembran führt zu einer Umlagerung von DHPR und dadurch zu
einer Öffnung von RyR. Das Resultat ist, dass Ca2+ aus dem sarkoplasmatischen
Retikulum in die Zelle einströmt.
•
Die Troponin, Tropomyosin-Aktivität (siehe oben, Vorlesung 1) folgt. Mit einer
Latenz von 10-15 ms kommt es zur Kontraktion.
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Anschließend erschlafft der Muskel (Relaxation): Ca2+-ATPasen im sarkoplasmatischen
Retikulum pumpen Ca2+ in die longitudinalen Röhren (Konzentration dort ca. 1 mM). Die
Dissoziation von Ca2+ vom Troponin C blockiert die Bindung von Myosin an Aktin (in der
ersten Vorlesung besprochen).
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Im Herzmuskel sind die Mechanismen ähnlich, aber nicht identisch. Im Skelettmuskel sind
die DHRP und RyR Rezeptoren direkt gekoppelt (Bild unten, Teil B), wie gerade erklärt. Im
Herzmuskel ist das nicht so (Bild unten, Teil D): Die DHPR funktionieren hier als richtige
Kanäle und lassen Ca2+ durch. Dieser Ca2+ Einstrom aktiviert die RyR, was zu einer
Freisetzung von Ca2+ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum führt. Dieser Mechanismus
heißt Kalzium-Induzierte Kalzium-Freisetzung.
Pharmakologie von Muskelkontraktion:
• Tubocurarin (oder Curare) ist ein Pflanzenalkaloid, welches die nAchR nichtkompetitiv hemmt => Muskelrelaxation
• Bungarotoxin: hemmt nAchR nicht-kompetitiv => Schlangengift.
• Botulinumtoxine: spalten SNAREs (Vesikelfusionsmoleküle). Gebildet von Bakterien
(Clostridia) => Lebensmittelvergiftungen (kann tödlich sein). Therapeutisch => gegen
überhöhte Muskelspannung.
• Koffein: aktiviert die RyR, eine Kontraktur kann folgen (siehe unten).
Störungen:
• Kontraktur: Aktivität ohne APs, z.B. durch lokale Depolarisation
• Auto-Antikörper gegen AchR => Abbau von AchRen => Myasthenia gravis.
• Mutationen in Na+-Kanälen, die zu einer verzögerten Inaktivierung führen = langanhaltende Kontraktionen = Myotonie => verstärkter K+-Verlust = Hyperkaliämie =>
stärkere Depolarisation => Na+-Kanal-Inaktivierung => Paralyse (familiäre
hyperalkaliämische periodische Paralyse).
• Mutationen im Ryanodin-Rezeptor: können bei Narkosen mit Halothan zu massiver
Ca2+-Freisetzung führen => Massive Kontraktion => Anstieg der Körpertemperatur.
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3. Stunde: Muskelkontraktion – Muskelmechanik – Muskelenergetik
Für eine einzelne motorische Einheit gilt die Alles-oder-Nichts Regel. Ein AP führt zu einer
Muskelzuckung (Einzelzuckung). Die Amplitude einer Einzelzuckung einer motorischen
Einheit ist konstant (es werden immer dieselben Fasern aktiviert). Zeitliche Abschnitte:
Latenzzeit, Gipfelzeit, Erschlaffungszeit:
Für einen ganzen Muskel gilt die Alles-oder-Nichts Regel nicht, weil unterschiedliche
Mengen an Fasern aktiviert werden können:
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Nicht alle Muskelfasern sind identisch:
• Langsame Muskelfasern (Typ I), reich an Myoglobin („rote Muskeln“), mit langsamen
Myosinisoformen und einem längeren Kraftbeitrag pro verbrauchtem ATP Molekül.
• Schnelle Muskelfasern (Typ IIA, IIB): weniger Myoglobin („weiße Muskeln“),
schnelle Myosinisoformen, kürzerer Kraftbeitrag pro ATP Molekül.
• IIA: geringe Ermüdbarkeit
• IIB: starke Ermüdbarkeit
IA sind meistens tonisch. IIA: phasisch und tonisch. IIB: meistens phasisch
Wenn der Abstand zwischen zwei Aktionpotenzialen kleiner als die Dauer einer
Einzelzuckung ist (1 AP = wenige ms; Einzelzuckung = 50-500 ms): => Überlagerung
(Superposition) => große mechanische Antwort.
Wenn die Muskelfasern sich zwischen den APs noch etwas entspannen => unvollständige
tetanische Kontraktionen.
Wenn der Abstand zwischen den APs kleiner als ~1/3 der Dauer einer Einzelzuckug wird
(Verschmelzungsfrequenz): => vollständige (glatte) tetanische Kontraktion (glatter Tetanus).
Die Kraft im Tetanus ist 3 bis 10fach
größer
als
bei
Einzelzuckungen.
Bei
schnellen,
willkürlichen
Bewegungen
feuern
die
Motoneuronen
APs
mit
Frequenzen von 6-8 Hz =>
repetitive Kontraktionen => Kraft
erhöht
(Tetanus).
Durch
Aktivierung
zusätzlicher
motorischer
Einheiten
(Rekrutierung) kann die Kraft
noch mehr erhöht werden.
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Langfristig kann die Kraft durch Hypertrophie bzw. Atrophie moduliert werden.
Hypertrophie: Die Dicke der Muskelfasern nimmt durch Training (erhöhte Proteinsynthese)
zu. Atrophie: erhöhter Proteinabbau; findet statt bei Ruhigstellung, Denervierung, Alterung.
Muskelmechanik: Definitionen:
• Isolierte, nicht erregte Muskeln nehmen ihre Gleichgewichtslänge ein
• Die Gleichgewichtslänge ist etwas kleiner als die Muskellänge im Skelett
(Ruhelänge).
• Wird der Muskel über die Gleichgewichtslänge gedehnt => passive Rückstellkräfte
(=> meistens durch Titinmoleküle; wie?). Darstellung von passiven Kräften vs.
Muskellänge = Ruhe-Dehnungs-Kurve.
• Isotonische Kontraktionen: Der Muskel verkürzt sich bei konstanter Kraftentwicklung
oder konstanter Belastung. z.B. beim Anheben eines Gewichtes mit konstanter
Geschwindigkeit.
• Isometrische Kontraktionen: Die Kraft ändert sich ohne eine Änderung der
Muskellänge – ohne eine Änderung der Sarkomerlänge (=> elastische Verformung des
Myosinkopfes, Dehnung der Aktin- und Myosinfilamente). Was wäre hierfür ein
Beispiel?
• Auxotonische Kontraktionen: Länge und Kraft ändern sich gleichzeitig (z.B. bei
Gelenkbewegungen). Positiv auxotonische Kontraktionen = die Last steigt mit der
Verkürzung an; negativ auxotonische Kontraktionen = Gegenteil.
• Unterstützungskontraktionen: zwei Phasen: eine isometrische Phase und eine
isotonische oder auxotonische Phase. z.B. das Hochheben eines Gegenstands: erste
Phase isometrisch: bis die Kraft dem Gewicht des Gegenstandes entspricht. Zweite
Phase isotonisch: das Anheben.
• Anschlagkontraktionen: zwei Phasen: eine isotonische Phase und eine isometrische
Phase. z.B. beim Kauen.
•
•
Kontraktionsformen, bei denen die Muskeln sich verkürzen = konzentrische
Kontraktionen
Kontraktionsformen, bei denen die Muskeln sich verlängern (sich dehnen) =
exzentrische Kontraktionen
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Die Sarkomerlänge hat einen großen Einfluss auf die isometrische Kraft. Maximale Kraft
zwischen 2-2,2 µm. Über 2,2 µm => Kraft sinkt mit abnehmender Überlappung zwischen
Myosin und Aktin. Unter 2 µm => Kraft sinkt mit der Doppelüberlappung der
Myosinfilamente mit Aktinfilamenten beider Sarkomerhälften und der Kollision der
Myosinfilamente mit den Z-Scheiben.
Die Muskelarbeit = Last x Hubhöhe / Kraft x Weg.
Die Mechanische Leistung = Kraft x Verkürzungsgeschwindigkeit.
Sowohl Muskelarbeit als auch Leistung sind bei mittlerer Belastung am größten.
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Bei isometrischen Kontraktionen ist die Kraft für dieselbe Muskellänge immer größer:
Muskelkater = Muskelschmerzen 24-48 Stunden nach ungewohnten Muskelbelastungen, die
zum Anschwellen der Muskelfasern führen. Ursache = Mikroläsionen, besonders im Bereich
der Z-Scheiben => Autolyse zerstörter Faserstrukturen.
Die nächsten Abbildungen zeigen Läsionen nach steigernder Belastung (Elektronmiograph),
sowie ein Fluoreszenzbild mit intakten Fasern, die eine zerstörte Faser umgeben (grün):
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Muskelenergetik:
Der ATP Spiegel liegt normalerweise bei ~5 mM und bei normaler Muskelaktivität findet
kein Absinken statt.
Die ATP Regeneration geschieht durch 3 Mechanismen:
1) Anaerob-alaktazid: Kreatinphosphat (KP) + ADP = Kreatin + ATP. Kein
Sauerstoffverbrauch, kein Lactat. = Lohmann-Reaktion (geht in beide Richtungen!).
2) Anaerob-laktazid: Glycolyse (Abbau von Glucose, welche aus Glykogenabbau
kommt). Glykogen zu Glucose bringt 3 Mol ATP pro Mol Glucose; Abbau von
Glucose zu Lactat => 2 Mol ATP.
3) Aerob-alaktazid: oxidative Phosphorylierung in den Mitochondrien (in der
Atmungskette). Energiequellen: Kohlenhydrate, Fettsäuren.
Normalerweise findet während der Muskelkontraktionen die sogenannte Lohmann-Reaktion
statt und der KP Spiegel sinkt (im Bild unten KP = CP). Nach der Kontraktion wird der KP
Spiegel durch oxidative Prozesse regeneriert:
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Wirkungsgrad: Unter optimalen Bedingungen werden 40-50% der chemischen Energie in
mechanische Arbeit umgewandelt. Die übrigen 50-60% werden als Wärme freigesetzt. Die
Regeneration von ATP in der Erholungsphase führt zu Wärmeverlust => zusätzliche
Verluste, die den Gesamtwirkungsgrad des Muskels um bis zu 30% senken.
Muskelermüdung: ist die Abnahme der Muskelkraft bei anhaltenden Bewegungen. Nur der
Muskel ermüdet, nicht die Synapse – die cholinerge Präsynapse ermüdet nie. Die Ermüdung
wird bemerkt und um die Muskeln zu schonen, wird die Willkürinnervation vom ZNS
reduziert.
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4. Stunde: Reflexe
Reflexe: stereotype Antworten auf spezifische Reize. Spinale Reflexe: Rückenmark.
Rückenmark:
• Geteilt in Substantia grisea (grau; Schmetterlingsform; zentral) und Substantia alba
(weiß, am Rand). Substantia grisea wird in zehn Schichten (I-X) unterteilt.
• Hinterhorn: hier treten die sensorichen Afferenzen ein (Primärafferenzen).
• Vorderhorn: motorische Ausgänge.
Der Reflexweg:
1) Der Rezeptor: registriert die Reize (= Sensor).
2) Afferenzen: Signalleitung zum ZNS.
3) Verarbeitungssystem (z.B. ZNS)
4) Efferenzen: Signalleitung zum Effektor
5) Effektor: zur Ausführung der Reaktion
Wenn Rezeptor und Effektor in demselben Organ lokalisiert sind, spricht man von
Eigenreflexen (z.B. Achillessehnenreflex). Solche Reflexe sind oft monosynaptisch – die
Afferenzen sind über eine einzelne Synapse mit den Efferenzen verbunden. Nicht im selben
Organ: Fremdreflexe (z.B. Pupillenlichtreflex) – sie sind generell polysynaptisch.
Sensoren der spinalen Motorik:
Muskelspindeln:
• sind Nervenfasern, die um spezialisierte Muskelfasern umwickelt sind. Die
Nervenfasern werden durch eine Ausdehnung des Muskels aktiviert. Spezialisierte
Muskelfasern dienen nur als physikalische Anbindung der Nervenfasern an den
Muskel, sind aber keine Sensoren.
• Die Muskelspindeln liegen parallel zur Muskulatur.
• Sie messen die Länge und Längenänderung des Muskels.
• sie aktivieren monosynaptisch das Motoneuron des Eigenmuskels.
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•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Sie haben dünne, kurze Muskelfasern, welche von einer spindelförmigen Kapsel
umgeben sind (aus Bindengewebe; aus dem lateinischen Fusus = Spindel); einige
Millimeter lang.
Diese Muskelfasern = intrafusale Fasern (alle anderen = extrafusale Muskelfasern).
Kernkettenfasern: kürzer, dünner; die Kerne sind hintereinander angeordnet.
Kernsackfasern: mit Bereichen, in denen die Kerne dicht zusammen gebündelt sind.
Etwa 2-mal länger und größer als die Kernkettenfasern.
Beide Arten von Muskelfasern werden durch primär sensible Nervendigungen, den IaFasern (Ia-Afferenzen), innerviert. Ia = großer Durchmesser (~15 µm), myelinisiert.
Eine weitere afferente Innervation: Gruppe II (Durchmesser ~5-6 µm, myelinisiert).
Diese sind als „sekundär sensible Endigungen“ bekannt.
Die Ia und II Nervenfasern sind die Sensoren (nicht die Muskelfasern).
Efferente Innervation: Axone von Gamma-Motoneuronen (2-8 µm); für extrafusale
Muskelfasern, Innervation durch alpha-Motoaxone (12-21 µm). Diese Axone formen
Gamma-Endplatten auf Kernsackfasern und Gamma-Endnetze auf Kernkettenfasern.
Die Efferenzen modulieren die Empfindlichkeit der Muskelspindeln. Die Erregung
durch Gamma-Efferenzen bestimmt den Dehnungszustand der intrafusalen
Muskelfasern und so die Empfindlichkeit der Ia und II Nervenfasern.
Die Aktivierung von Gamma-Motoneuronen kann zu einer intrafusalen Kontraktion
führen, welche die Länge und Spannung des Muskels nicht ändert, aber die Sensoren
aktiviert.
Sehnenorgane:
• Liegen in Serie zur Muskulatur.
• Registrieren die Spannung im Muskel.
• hemmen disynaptisch (über einen
Eigenmuskels.
Interneuron)
die
Motoneurone
des
21
•
•
Verzweigte, myelin-lose Nervenendigungen in den Sehnen. Umhüllt durch eine
Kapsel (~1 mm lang).
Wenn die Muskeln kontrahieren, quetschen die Sehnenstränge die Nervenendigungen
=> Aktivierung. Die Nervenendigungen gehören zu den myelinisierten Nervenfasern,
10-20 µm Durchmesser = Ib-Fasern.
Freie Nervenendigungen:
• Meinstens schmerzempfindlich
• In Haut, Muskeln, Ligamenten, Gelenken, Periost.
• sind langsame Fasern, dünn myelinisiert oder unmyelinisiert.
• starten polysynaptische Reflexe
Zusammenfassung für die Sensorfasern:
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Nutzung von Sensoren: nicht nur Reflexe (siehe Bild unten, A-D):
• Wenn ein Muskel im Gleichgewicht ist, messen die Muskelspindeln (Ia Fasern) die
Länge und stimulieren die Eigen-Alpha-Motoneurone (Teil A in Bild).
• Bei einer Dehnung, bzw. einer Verlängerung des Muskels, werden die Muskelspindeln
noch aktiver. Die Sehnenorgane (Ib) sind nur wenig aktiv. So können die AlphaMotoneurone aktiviert werden, um den Muskel zu stimulieren und dadurch wieder zu
verkürzen (zu kontrahieren) (Teil B in Bild).
• Bei einer Kontraktion, verkürzt sich der Muskel. Die Muskelspindeln sind jetzt
inaktiv. Die Kraft, die auf die Sehnen wirkt, aktiviert wiederum die Sehnenorgane.
Diese dienen dazu, dass der Muskel inhibiert wird, um sich nicht zu stark zu
kontrahieren (Teil C im Bild).
• Aber, was passiert wenn wir etwas Schweres heben wollen? Wir kontrahieren die
Muskeln ein wenig und die Ia Fasern sind stumm. Aber wir wollen weiter heben und
stärker kontrahieren und deswegen helfen die Ia Fasern, welche die Motoneurone
stimulieren. Um die Ia Fasern an die verkürzten Muskeln anzupassen, werden die
Gamma-Motoneurone aktiviert. Diese stimulieren dann die intrafusale Muskulatur,
sodass sich die Enden der intrafusalen Muskelfasern verkürzen. Die Mitte der
intrafusalen Muskelfasern, die von den Ia Fasern umgeben sind, werden dadurch
verlängert und die Ia Fasern werden erneut aktiv. So können die Ia Fasern während
einer Kontraktion in einem verkürzten Muskel aktiv sein, um die Kontraktion zu
unterstützen (Teil D in Bild).
• Das bedeutet, dass für maximale Kontraktionskraft beide Alpha- und GammaMotoneurone aktiviert werden müssen. Man spricht von einer „Alpha- und GammaKoaktivierung“.
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Monosynaptische Eigenreflexe:
• Sind Eigenreflexe, die zur Köperstabilisierung dienen; sind einfachste, spinale
Reflexe.
• Phasischer Dehnungsreflex: Afferenzen der Ia-Fasern (von der Spindel) etablieren
synaptische Kontakte mit alpha-Motoneuronen => monosynaptisch. Wenn die
Spindelafferenzen synchron gereizt werden, elektrisch oder durch eine aufgezwungene
Muskeldehnung, wie bei einem Schlag mit dem Reflexhammer, führt der Reflex zu
einer Verkürzung des Muskels.
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Modulation und Quantifizierung von Dehnungsreflexen:
• Latenz ist konstant (warum?), Intensität ist modulierbar
• Intensität ist abhängig von: 1) Reizstärke, die die Zahl der aktivierten Muskelspindeln
bestimmt; 2) Aktivität von Gamma-Motoneuronen; 3) Hemmung der Alpha-oder
Gamma- Motoneurone; 4) Vordehnung der Muskels; 5) Stärke der Vorinnervation
Klinisch-relevante Messungen:
• Die Schwelle für die Auslösung sollte konstant sein und im Normalbereich liegen.
Reflexe werden durch den Reflexhammer ausgelöst.
• Um den Einfluss der Vorinnervation zu messen, misst man die Verstärkung der
Reflexantworten nach einem kraftvollen Verhaken und Auseinanderziehen der Hände
(Jendrassik-Handgriff), oder auf-die-Zähne-Beißen => die Erregbarkeit der
motorischen Einheiten rückt näher zum Schwellenwert.
• Es ist schwierig, Reflexe mit einem Reflexhammer zu standardisieren => für
neurophysiologische Zwecke ist es einfacher einen elektrischen Reiz zu nutzen. Die
Reflexe werden nach dem Physiologen Paul Hoffman H-Reflexe genannt. Bei
niedrigen Reizen werden die Ia-Afferenzen selektiv erregt, während die AlphaEfferenzen stumm sind. Es folgt ein Muskelspindel-bedingter Reflex. Die H-Reflexe
sind im EMG als zwei Wellen zu sehen: eine H-Welle (Reflex-bedingt, Latenzzeit 3040 ms) und eine M-Welle (Latenzzeit 5-10 ms)
• Die H-Welle folgt der synaptischen Erregung der Alpha-Motoneurone durch IaAfferenzen. Die M-Welle ist die direkte Aktivierung von Alpha-Axonen. Warum ist
die Latenz unterschiedlich?
• Wenn die Nerven mit niedriger Intensität erregt sind, werden nur die Ia-Afferenzen
stimuliert, weil diese empfindlicher sind. Dann es ist fast nur die H-Welle zu sehen.
Wenn die Reizintensität steigt, werden auch Alpha-Motoneuron Fasern aktiviert und
eine M-Welle ist messbar. Mit noch höherer elektrischer Stimulierung werden fast alle
Alpha-Motoneuron Fasern aktiviert, was bedeutet, dass die M-Welle sehr groß ist. Die
M-Welle wird sowohl in Richtung Muskel, als auch in Richtung Motoneuron geleitet
und macht die Motoneurone refraktär. Diese können dann nicht mehr auf die ReflexSynapse antworten, was zu einer Abflachung der H-Welle führt.
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Fremdreflexe:
• zwischen Afferenzen und Efferenzen sind Interneurone geschaltet.
• Diese dienen zum Körperschutz (Lidschlussreflexe, Fluchtreflexe, etc).
• Latenzzeit, Dauer, Amplitude sind alle variabel (warum?)
• Flexorreflex: schmerzhafte Reizung führt zu einem Wegziehen der betroffenen
Extremität durch Gelenkbeugung (Flexion), z.B. Fussohlenreflex.
• Afferenzen: Freie Nervenendigungen, wie oben beschrieben. Keine homogene
Fasergruppe: kutane Nozizeptoren, hochschwellige Afferenzen der Tiefensensibilität,
sekundäre Muskelspindelafferenzen (II).
• Die ipsilateralen Extensoren werden gleichzeitig gehemmt.
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Das anatomisch-arrangierte Schema (unten):
27
Ein anderer Fremdreflex, der normalerweise gehemmt
ist: der Babinski-Reflex (links).
28
5. Stunde: Hemmung; Mechanismen
Reziproke antagonistische Hemmung:
• Ia-Afferenzen (von Muskelspindeln) bilden hemmende Verbindungen zu
antagonistischen Alpha-Motoneuronen
• Bedeutung: die Aktivierung des Agonisten führt in wenigen Zehnteln von
Millisekunden zu einer Hemmung der ipsilateralen Antagonisten
• Hemmung in Antagonisten => die Spindeln in diesen Muskeln werden entdehnt,
sodass sie die Antagonisten nicht mehr erregen und die Agonisten nicht mehr
hemmen.
• Das Wegfallen der Hemmung (z.B. hier in den Agonisten) = Disinhibition.
• Wofür könnte die antagonistische Hemmung gut sein? Längenkontrollsystem.
Autogene Hemmung:
• Golgi-Sehnenorgane hemmen die homonymen Alpha-Motoneurone (über
Interneurone) und aktivieren gleichzeitig die Alpha-Motoneurone der Antagonisten.
• Aktive Kontraktion => lösen APs über Ib-Afferenzen aus. Synapsenbildung mit
Alpha-Motoneuronen von Antagonisten und mit inhibitorischen Ib-Interneuronen.
• Die Interneurone bilden Synapsen mit Alpha-Motoneuronen des Agonisten =>
Hemmung der agonistischen Aktivität.
• Die autogene Hemmung hält die Muskelspannung konstant.
• Die Interneurone stehen unter Kontrolle der supraspinalen motorischen Zentren.
• Interneurone werden durch absteigende Bahnen moduliert: Bahnung (Fazilitation) und
Hemmung (Disfazilitation)
• Im Interneuronverband => multimodale Integration der verschiedenen Afferenzen
(welche?)
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Rekurrente (rücklaufende) Hemmung (Renshaw-Hemmung):
• Rückwärtshemmung (antagonistische, autogene = Vorwärtshemmungsarten)
• Rekurrente Axonkollateralen der Alpha-Motoneurone aktivieren hemmende
Interneurone (Renshaw-Zellen), die dann auf die Motoneurone zurückprojizieren
• Funktion: übertriebene Antworten von Muskeln zu verhindern
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Präsynaptische Hemmung:
• Die Motorik wird vom ZNS gezielt beeinflusst.
• Absteigende Bahnen innervieren die präsynaptischen Endigungen der Ia-Fasern.
• GABA wird freigesetzt und führt zu einer primär afferenten Depolarisation
• Wie könnte hier eine Depolarisation entstehen? Warum ist das ungewöhnlich?
• Die synaptischen Eingänge von Ia-Fasern sind inhibiert
• Worin liegen die Unterschiede zur autogenen Hemmung?
• Status von Alpha-Motoneuronen?
Natürlich sind alle diese Hemmungs-Mechanismen und Bahnen gleichzeitig aktiv:
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Innervationsstille (silent period):
• Es ist keine „klassische“ Art von Hemmung
• Nach Ablauf eines monosynaptischen Reflexes (z.B. T-Reflex) ist die Erregbarkeit der
Motoneurone für ~100 ms vermindert.
• Verschiedene Faktoren:
• Kontraktion führt zu einer Entlastung der Muskelspindeln => Erregung durch IaFasern wird vermindert
• Aktivierung von Golgi-Sehnenorganen => Hemmung (welche Art?)
• Aktivierung von Alpha-Motoneuronen führt zu einer bestimmten Art von Hemmung
…
• In den Motoneuronen kommt es zu einer Hyperpolarisationsphase. Warum?
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