18 AU TO M AT I O N PROGRAMMIERBARE STEUERUNG www.polyscope.ch Intelligenter Notfall-Manager Steuerungssystem regelt und überwacht Brandfallszenarien Die Gebäudeautomatisierung ist heute ein wichtiger Bestandteil des technischen Facility Managements. Energieverbrauch, Komfort und Sicherheit sind Ziele, die sich mit der automatischen Steuerung von Funktionsabläufen und einer durchgängigen Vernetzung leichter umsetzen lassen. Brandschutzszenarien für den Notfall Mit einem programmierbaren Steuerungssystem PSS 3000 ist bei der Brandmeldeanlage nichts dem Zufall überlassen Zum Einsatz kommen oftmals Steuerungslösungen, die sich bereits im Maschinen- und Anlagenbau bewährt haben und die auch sicherheitstechnisch hohe Anforderungen erfüllen. Steuerungssysteme von Pilz kommen deshalb auch im Rahmen des Brandschutzes zum Einsatz. Ein Grossbrand verwüstete 2004 weite Teile der «Herzogin Anna Amalia Bibliothek» in Weimar, dabei entstand Sachschaden in Millionenhöhe. Mit dem Wiederaufbau der historischen Bibliothek gewann der aktive und passive Brandschutz dort wie auch in anderen Einrichtungen mit wertvollen Kunst- und Kulturbeständen und hohem Besucheraufkommen an Bedeutung. Weil man auf sehr gute Erfahrungen mit einem vergleichbaren Brandschutzkonzept im nahe gelegenen Kulturkaufhaus Tietz zu- rückgreifen konnte, setzte das ausführende Unternehmen beim Museum Gunzenhauser in Chemnitz ebenfalls auf eine Steuerungsund Sicherheitslösung von Pilz. Das eindrucksvolle, 1930 im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtete ehemalige Sparkassengebäude hatte die Stadt dem achtzigjährigen Galeristen und Kunstsammler Alfred Gunzenhauser im Jahr 2003 angeboten, um dort seine in eine Stiftung eingebrachte umfassende Sammlung des deutschen Expressionismus dauerhaft ausstellen zu können. In rund zweieinhalbjähriger Bauzeit erfuhr das Bauwerk eine komplette Sanierung. Heute erwarten den Besucher auf vier Etagen bedeutende Werke der klassischen Moderne und der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aus gutem Grunde spielt bei solchen Gebäuden der aktive und passive Brandschutz eine zentrale Rolle. Im Brandfall muss es gelingen, sich im Gebäude befindende Personen über gekennzeichnete und freizuhaltende Fluchtwege möglichst rasch in Sicherheit zu bringen, den Brandherd eng zu begrenzen und Rauch auf schnellstem Weg nach draussen zu befördern. Die Brandschutzanlage muss im Notfall ein Aktionsszenario in Gang setzen, das diesen Anforderungen am besten gerecht wird. Da man bereits gute Erfahrungen mit einer vergleichbaren Brandschutzmeldeanlage im nahe gelegenen Kulturkaufhaus Tietz gesammelt hatte, entschieden sich die für die Gebäudeautomation zuständigen Ingenieure beim Museum Gunzenhauser für ein vergleichbares Konzept. Die Brandschutztechnik ist Teil der Gebäudeautomation, die das Raumklima des gesamten Bauwerkes weitgehend automatisch regelt. «Es ist eine echte Herausforderung für die hausinterne Brandmeldezentrale. Auf Basis der verfügbaren Informationen muss sie innerhalb weniger Sekunden dasjenige Szenario wählen, das die grösstmögliche Sicherheit und den geringstmöglichen Schaden verspricht», erläutert Matthias Kuhn, dessen Firma MSR-Elektronik für die Ausführung der Gebäudeautomation im Museum Gunzenhauser verantwortlich war. Steuerungssystem koordiniert Entrauchung Für die Umsetzung der durch das Brandschutzkonzept vorgegebenen Entrauchungsszenarien kommt ein programmierbares Polyscope 12/09 PROGRAMMIERBARE STEUERUNG Steuerungssystem PSS 3000 von Pilz zum Einsatz. Diese modularen Steuerungen bewähren sich seit vielen Jahren in unterschiedlichen Branchen. Die Steuerungslösung erlaubt, bereits im Vorfeld unzählige unterschiedliche Handlungsvarianten durchzuspielen, die in konkreten Szenarien münden und im Notfall einen detaillierten Aktionsplan in Gang setzen. An das Steuerungssystem ist eine Vielzahl von Geräten und Systemen angeschlossen: von über das gesamte Gebäude verteilten Rauchdetektoren, Entrauchungsventilatoren, Druckbelüftungsventilatoren zu Treppenhauszwangsbelüftung, Lüftungsanlagen mit Entrauchungsfunktion, Brandschutzund Jalousieklappen, Fenster-, Türöffnern, Aufzügen für Evakuierungsfahrt, Notlichtbeleuchtung, Feuerwehrruf, Lautsprecheranlagen bis zum Gebäudeleitsystem. Erhält die Steuerung von der Brandmeldeanlage die Meldung, dass in einem definierten Gebäudeabschnitt Rauch festgestellt wurde, startet sie jenes der dreizehn programmierten Entrauchungsszenarien, das für den vorliegenden Fall den grössten Erfolg verspricht. Gemäss diesem Szenario werden je nach Brandort bis zu elf Lüftungsanlagen gesperrt. Gleichzeitig wird gewährleistet, dass die zentrale Zu- und Abluftanlage – als sogenannte Opferanlage – auch im Brandfall weiter ihren Job versieht und die Entrauchung des Gebäudes sicherstellt. Das PSS 3000 steuert insgesamt rund 180 über das gesamte Gebäude verteilte Brand-, Jalousie- und Entrauchungsklappen und überwacht die Ausführung der ausgelösten Schaltbefehle über die Rückmeldungen der jeweiligen Aktoren. Das Steuerungssystem definiert stets nur ein Szenario, das gleichzeitige Auslösen mehrerer Entrauchungsszenarien ist ausgeschlossen. Es setzt damit die im Brandschutzkonzept entworfenen Abläufe so um, dass im Ernstfall sichere Fluchtwege gewährleistet sind. Flexibilität für Erweiterungen Dabei ist es noch gar nicht lange her, dass Steuerungs- und Sicherheitslösungen von Pilz in der Gebäudeautomation Einzug hielten: Was im Maschinenbau zuverlässig funktioniert, muss auch im Bereich der aktiven Brandschutztechnik einsetzbar sein, dachte sich der Ingenieur Kuhn im Jahr 2001. Tatsächlich spielt es für das Steuerungssystem PSS 3000 keine Rolle, ob es in einer komplexen automatisierten Produktionsanlage oder Polyscope 12/09 AUTO M AT I O N Das Museum Gunzenhauser in Chemnitz hat ein modernes Brandschutzkonzept hinter beeindruckender Fassade innerhalb der Gebäudeautomation für Steuerungs- und Sicherheitsaufgaben verantwortlich ist. «Alternativ hätten wir hier sonst hunderte von Relais verdrahten müssen, die Verdrahtungskosten und der Platzaufwand wären immens gewesen», betont Kuhn. Erschwerend kam beim Umbau des Gebäudes hinzu, dass die einzelnen Gebäudeabschnitte zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Betrieb gingen, für die bereits fertig gestellten Bereiche aber die volle Funktionsfähigkeit der Entrauchungsfunktion gefordert war. Somit musste das Konzept regelmässig an den Bau- Passend für jede Anforderung Für massgeschneiderte Automatisierungslösungen stehen bei Pilz unterschiedliche Produkte und Systeme zur Wahl: von Sicherheitsschaltgeräten für einfache Anwendungen über das konfigurierbare Steuerungssystem PNOZmulti bis hin zu Steuerungssystemen PSS für komplexere Maschinen und Anlagen. Die Steuerungssysteme sind offen konzipiert. Über Schnittstellen ist die Anbindung an alle Standard-Feldbusse möglich, Daten können auch über SafetyBUS p, Ethernet-IP, Profinet, SafetyNET p oder via Funk ausgetauscht werden. Das erleichtert die Integration in bestehende Steuerungsstrukturen. Mit dem neuen Automatisierungskonzept PSS 4000 bietet Pilz eine Lösung für alle Aufgaben der Maschinensteuerung und der Sicherheitstechnik sowie für die Bereiche Motion Control, Diagnose und Visualisierung. Alle Steuerungslösungen erfüllen die höchsten Sicherheitsanforderungen der internationalen Normen und entsprechen auch anwendungsspezifischen Normen, wie etwa für Pressen- und Bahnapplikationen oder Seilbahnen und Schlepplifte. fortschritt angepasst werden. Mit konventioneller Relaistechnik wäre ständiges Um- und Neuverdrahten unvermeidlich gewesen. Da das Steuerungssystem zudem erlaubt, einzelne Entrauchungsszenarien bereits vorab schrittweise zu testen, werden Service und Wartung vereinfacht. Ähnlich wie beim Maschinenbau hat man es bei der Gebäudeautomation in aller Regel mit individuellen Lösungen zu tun. Neue Projekte lassen sich nur bedingt auf gemachte Erfahrungen in vorherigen Projekten stützen, sodass sie von den beteiligten Planern und ausführenden Firmen detailliertes Knowhow, Kreativität und Flexibilität verlangen. Häufig ändert sich das Raumnutzungskonzept noch während der Bauphase, worauf sowohl die Gebäudeautomation als auch der Brandschutz entsprechend reagieren müssen. Aufgrund des hohen Kostendrucks im Baugewerbe und immer kürzerer Bauzeiten sind flexible und zuverlässige Lösungen gefragt. «Mit dem PSS 3000 von Pilz haben wir für unser Einsatzgebiet eine ideale Lösung gefunden, die unsere Erwartungen voll erfüllt und mit der wir stets auf der sicheren Seite sind», fasst Kuhn zusammen. Das Museum Gunzenhauser steht den Besuchern seit dem 1. Dezember 2007 offen. Zum Glück musste das Brandschutzsystem seine Zuverlässigkeit bislang nur zu Testzwecken unter Beweis stellen. « Infoservice Pilz Industrieelektronik GmbH Gewerbepark Hintermättli, 5506 Mägenwil Tel. 062 889 79 30, Fax 062 889 79 40 [email protected], www.pilz.ch 19