Rauchen beeinflusst molekulare Mechanismen und damit das

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Pressemitteilung vom 7. Oktober 2013
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Rauchen beeinflusst molekulare Mechanismen und damit das
kindliche Immunsystem
UFZ-Studie beschreibt erstmals den Effekt einer vorgeburtlichen Umweltbelastung auf
die Regulation von microRNAs
Leipzig/Halle. Dem Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung ist es
gelungen, neue Erkenntnisse über den Einfluss von Tabakrauch auf das
ungeborene Kind zu gewinnen. Erstmals konnte bei rauchenden Schwangeren
und deren Kindern gezeigt werden, wie Tabakrauch auf molekularer Ebene die
Entwicklung des humanen Immunsystems beeinflusst. Im Fokus standen dabei
kurze Abschnitte der RNA, sog. microRNA, die im komplexen Netzwerk der
Genregulation eine wichtige Rolle spielen.
Im Zigarettenrauch finden sich neben
Nikotin rund 4800 chemische
Substanzen, von denen viele
gesundheitsschädlich sind.
Foto: Kristin Junge/ UFZ
Dass Rauchen auch das ungeborene Kind
schädigen kann, ist bekannt. Nun haben
UFZ-Wissenschaftler herausgefunden,
welche molekularen Mechanismen
dahinterstecken.
Foto: zven0/fotosearch
Der Zusammenhang zwischen den
Umweltbedingungen während der
Schwangerschaft und dem Allergierisiko bei
Neugeborenen ist seit längerem ein wichtiges
Thema des Leipziger Helmholtz-Zentrums für
Umweltforschung (UFZ). Im Rahmen der
Langzeitstudie LINA haben sich die Leipziger
Umweltimmunologen nun aktuell mit dem Faktor
Tabakrauch beschäftigt. Im Vordergrund stand,
dessen Einfluss auf die Entwicklung des
Immunsystems beim Kind aufzudecken – und
zwar auf molekularer Ebene. Im Ergebnis, aktuell
veröffentlicht im „Journal of Allergy and Clinical
Immonology“, steht fest: „Erstmals konnten wir
den Effekt einer vorgeburtlichen
Umweltbelastung auf die Regulation von
microRNA beschreiben.“
Frühere Studien belegen, dass Rauchen das
ungeborene Kind schädigen kann: Neugeborene
weisen ein geringes Geburtsgewicht und eine
eingeschränkte Lungenfunktion auf; im weiteren
Lebensverlauf können u.a. Atemwegsinfekte,
Diabetes Typ II, Asthma oder Herz-KreislaufErkrankungen hinzukommen. Doch welche
molekularen Mechanismen und Prozesse
derartigen Entwicklungseinschränkungen und
-störungen zugrunde liegen, war bislang ein
weißer Fleck in der Forschung.
Aus diesem Grund haben sich Dr. Gunda
Herberth und Dr. Irina Lehmann vom UFZ dem
relativ jungen Forschungsgebiet der microRNA
zugewandt. Seit Anfang der 1990er Jahre sind
diese Zellbestandteile in den Fokus der
Molekular- und Zellbiologie gerückt. Beim Menschen sind inzwischen mehr als 1.200
verschiedene dieser kurzen RNA-Moleküle benannt, von denen ein Teil bei der
Regulation der Immunantwort eine wichtige Funktion übernimmt. Unter anderem
beeinflussen sie maßgeblich die Differenzierung der regulatorischen T-Zellen (Treg-
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Zellen), die wiederum eine überschießende Aktivierung des Immunsystems bis hin zu
Autoimmunerkrankungen verhindern. Gibt es zu wenige dieser Treg-Zellen oder ist ihre
Funktion gestört, mindert dies die Fähigkeit des Immunsystems zur Selbstregulation.
Allergische Erkrankungen können die Folge sein.
Für den Zusammenhang zwischen vorgeburtlichem Rauchen einerseits und Allergierisiko
der Kinder andererseits haben die Leipziger Wissenschaftlerinnen die microRNA-223,
microRNA-155 und regulatorische T-Zellen untersucht – und dies sowohl im Blut der
Schwangeren (36. Schwangerschaftswoche) als auch im Nabelschnurblut der Kinder (bei
Geburt). Parallel wurden Fragebögen erhoben und der Urin der Schwangeren
untersucht, um die Belastung durch Tabakrauch bzw. durch die flüchtigen organischen
Verbindungen, die durch Rauchen entstehen, exakt zu belegen. Aus dem Kreis der
LINA-Studienteilnehmer wurden für diese Untersuchungen 315 Mütter, von denen 6,6
Prozent Raucherinnen waren, und 441 Kinder herangezogen.
Die Fokussierung auf die microRNA-223 und -155 erfolgte, weil deren Rolle in der
Regulation der T-Zellen bereits belegt war. „Unser Interesse galt nun der Frage“,
erläutert Dr. Gunda Herberth, „ob diese microRNAs einen Link zwischen
Rauchbelastung, regulatorischen T-Zellen und Allergierisiko darstellt.“
Im Detail ergaben die Messungen der Konzentration dieser microRNAs sowie der Anzahl
regulatorischer T-Zellen im Blut der Schwangeren und im Nabelschnurblut, dass eine
hohe Belastung mit tabakrauchassoziierten flüchtigen organischen Verbindungen mit
hohen Werten für microRNA-223 einhergeht. Parallel wurde festgestellt, dass erhöhte
Werte für microRNA-223 im Nabelschnurblut der Kinder mit einer geringeren Anzahl an
regulatorischen T-Zellen korrelieren. Schließlich konnte gezeigt werden, dass eine
niedrige Anzahl an Treg-Zellen im Nabelschnurblut ein Indiz dafür ist, dass die
betreffenden Kinder bis zum dritten Lebensjahr eher eine Allergie entwickeln als die
Kinder mit normalen Werten für microRNA-223 und Treg-Zellen. Die Wahrscheinlichkeit,
an einer Neurodermitis zu erkranken, ist für diese Kinder zwei Mal höher.
„Nachdem wir in unserer LINA-Studie früher bereits den Einfluss des mütterlichen
Rauchens auf die Anzahl der regulatorischen T-Zellen im Nabelschnurblut zeigen
konnten, dringt die aktuelle epidemiologische Untersuchung noch eine Stufe tiefer in die
molekularen Prozesse ein“, resümieren Dr. Gunda Herberth und Dr. Irina Lehmann.
„Jetzt“, so führen die Leipziger Umweltimmunologinnen aus, „wissen wir mehr über die
molekulare Prozesse, die eine Rauchbelastung während der Schwangerschaft auslöst.“
Damit ist erstmals der Effekt einer pränatalen Umweltbelastung auf die Regulation von
microRNA beschrieben. In diesem Sinne öffnet die aktuelle Helmholtz-Studie den Weg
für weitere Forschungen zur Rolle von microRNA für die Reaktion des humanen
Immunsystems auf Umweltschadstoffe.
Daniela Weber
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Publikationen
Gunda Herberth, Mario Bauer, Michaela Gasch, Denise Hinz, Stefan Röder, Sven Olek,
Tibor Kohajda, Ulrike Rolle-Kampczyk, Martin von Bergen, Ulrich Sack, Michael Borte,
Irina Lehmann:
Maternal and cord blood miR-223 expression associates with prenatal tobacco smoke
exposure and low regulatory T-cell numbers. Journal of Allergy and Clinical Immonology
2013 Aug 23. doi:pii: S0091-6749(13)01052-X. 10.1016/j.jaci.2013.06.036. [Epub
ahead of print]
J Allergy Clin Immunol. 2013 Aug 23. pii: S0091-6749(13)01052-X. doi:
10.1016/j.jaci.2013.06.036.
Weitere Informationen
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Dr. Gunda Herberth; Dr. Irina Lehmann
Telefon: 0341-235-1547, -1216, -1265
http://www.ufz.de/index.php?de=4384
oder über
Tilo Arnhold/Susanne Hufe (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1635, -1630
http://www.ufz.de/index.php?de=640
Link
LiNA study (Lebensstil und Umweltfaktoren und deren Einfluss auf das NeugeborenenAllergierisiko
http://www.ufz.de/index.php?de=10309
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Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die
Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich
mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und
Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von
Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und
sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der
nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter
dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den
Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg mehr als 1.100 Mitarbeiter. Es wird vom Bund
sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
http://www.ufz.de
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender
Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche
Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt,
Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie sowie Luftfahrt, Raumfahrt und
Verkehr. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit fast 34.000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,8 Milliarden
Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der
Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).
http://www.helmholtz.de/
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