Nervensyst, Lernen, Gedächtnis

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Biologie
Lernen
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1
VORSSA
2009/CK
Nervensystem,
Gedächtnis,
Lernen,
Wissen
&
Erinnerung
Lernen
ist
ein
lebenslanger
Prozess,
durch
den
sich
das
Wissen
über
uns,
unsere
Umwelt
und
unsere
Mitmenschen
verändert
und
entwickelt.
Lernvorgänge
verändern
unser
Nervensystem,
die
Rindenfelder
des
Gehirns
vergrössern
sich
durch
das
Lernen.
Gedächtnis
heisst
die
Fähigkeit,
Wissen
zu
bewahren
und
es
wieder
aufzurufen.
Es
ist
kein
Ding,
sondern
ein
Vorgang.
Unser
Gedächtnis
ist
keine
exakte
Kopie
der
Reizumwelt,
sondern
vielerlei
Einflüssen
unterworfen.
1. Das
Nervensystem
Das
Nervensystem
steuert
zusammen
mit
dem
Hormonsystem
den
Gesamtorganismus.
Es
regelt
die
Tätigkeit
der
Eingeweide
und
der
Atmungsorgane
ebenso
wie
die
der
Skelettmuskulatur
oder
der
Fortpflanzungsorgane.
Es
arbeitet
sehr
schnell,
im
Bereich
von
Millisekunden.
Das
Nervensystem
dient
der
Verständigung
mit
der
Umwelt
und
dem
Körperinnen
und
sorgt
für
eine
schnelle
Anpassung
des
Gesamtorganismus
an
Veränderungen
in
der
Aussenwelt
und
im
Körperinnern.
Die
Steuerung
durch
das
Nervensystem
kann
dabei
bewusst
oder
unbewusst
erfolgen.
Das
Nervensystem
erfüllt
zudem
so
genannte
höhere
Funktionen,
z.B.
in
Form
von
Speicherung
von
Erfahrungen
(Gedächtnis),
der
Entwicklung
von
Vorstellungen
(Denken)
und
von
Gefühlen
(Emotionen),
die
in
die
Steuerungstätigkeit
eingehen.
1.1. Gliederung
des
Nervensystems
Das
Nervensystem
besteht
aus
dem
zentralen
Nervensystem
(ZNS)
und
dem
peripheren
Nervensystem
(PNS).
Das
ZNS
setzt
sich
aus
Gehirn
und
Rückenmark
zusammen,
es
ist
das
Steuerzentrum,
in
dem
Informationen
aus
dem
Körper
und
der
Aussenwelt
verarbeitet
werden.
Das
PNS
stellt
hauptsächlich
eine
Verkabelung
in
Form
von
Nerven
zwischen
ZNS
und
peripheren
Organen
her.
Es
leitet
die
Informationen
(Erregungen)
aus
dem
Körper
zum
ZNS
und
umgekehrt
die
Steuerbefehle
aus
dem
ZNS
in
periphere
Organe.
Nach
Funktion
werden
das
autonome
und
das
somatische
Nervensystem
unterschieden.
Das
autonome
(vegetative)
Nervensystem
ist
im
nächsten
Kapitel
beschrieben:
es
steuert
die
Eingeweidetätigkeit
und
funktioniert
weitgehend
unbewusst.
Das
somatische
Nervensystem
innerviert
die
Skelettmuskulatur
und
dient
der
bewussten
Wahrnehmung
von
Sinneseindrücken.
Die
beiden
Nervensysteme
sind
funktionell
miteinander
verflochten.
So
kommt
es
etwa
beim
Riechen
einer
schmackhaften
Speise
(somatisch)
zu
Speichelfluss
(autonom).
1.2. Das
vegetative
Nervensystem
Nehmen
wir
ein
einfaches
Beispiel:
Du
wirst
von
jemandem
unvermutet
auf
eine
nicht
ganz
so
angenehme
Art
angemacht.
Ergebnis:
Du
wirst
rot!
Warum?
Die
einfache
Begründung:
du
würdest
am
liebsten
weglaufen!
Um
aber
weglaufen
zu
können,
müsstest
du
deine
Muskeln
bewegen.
Damit
sie
sich
bewegen
können,
ist
eine
intensivere
Versorgung
mit
Nährstoffen
und
Sauerstoff
notwendig.
Dazu
muss
mehr
Blut
zu
allen
Muskeln
des
Körpers
transportiert
werden.
Äusserlich
sichtbar
wird
dies
durch
eine
Rötung
der
Haut.
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2009/CK
Viele
Stoffwechselvorgänge
in
unserem
Organismus
werden
offensichtlich
ohne
unseren
Willen
beeinflusst:
Atemorgane,
Herz,
Kreislauf.
Drüsen
aber
auch
Verdauungs‐
und
Ausscheidungsorgane
funktionieren
auf
diese
Weise.
Das
Nervensystem,
das
diese
Vorgänge
regelt
heisst
vegetatives
Nervensystem.
"Das
Herz
schlägt
mir
bis
zum
Halse!
‐
"Das
Herz
blieb
mir
glatt
stehen!
‐
zwei
völlig
entgegen
gesetzte
Aussagen.
Doch
sie
sind
bezeichnend
für
die
Wirkungsweise
des
vegetativen
Nervensystems.
Es
wird
in
zwei
Hauptteile
gegliedert:
Sympaticus
und
Parasympaticus.
Beide
sind
Gegenspieler
(Antagonisten)
und
wirken
doch
in
jedem
Moment
unseres
Lebens
zusammen.
Der
Sympathicus
oder
das
sympathische
System
wirkt
auf
alle
Organe,
deren
Tätigkeit
die
körperliche
Leistungsfähigkeit
steigern,
hemmt
zugleich
die
anderen
Organe,
so
dass
der
Energieverbrauch
zunimmt.
Der
Parasympathicus
als
Gegen‐
oder
Mitspieler
unterstützt
die
Energieeinsparung.
Er
wirkt
aktivierend
auf
die
Organe,
die
der
Erholung,
der
Energieeinsparung
und
dem
Körperaufbau
dienen.
Er
hemmt
alle
anderen
Organe,
wirkt
also
beruhigend
bzw.
hemmend.
Ein
Beispiel:
Beim
Laufen
benötigt
der
Körper
mehr
Sauerstoff
und
Nährstoffe.
Deshalb
erhöhen
sich
der
Herzschlag
und
die
Anzahl
der
Atemzüge.
Die
Blutgefässe
weiten
sich,
so
dass
die
benötigten
Stoffe
schnell
zu
den
Muskeln
gelangen
können
(sympathisches
System
gehemmt).
Dazu
wird
auch
Blut
von
anderen
Organen
wie
Darm
und
Drüsen
abgezogen.
Diese
arbeiten
jetzt
nur
vermindert
(parasympathisches
System
arbeitet).
Während
einer
Ruhepause
kehrt
sich
alles
um.
Herztätigkeit
und
Atmung
verlangsamen
sich,
die
Darm‐
und
Drüsentätigkeit
wird
reger.
Jetzt
kann
die
verbrauchte
Energie
wieder
ersetzt
werden.
1.3.
Bau
der
Nervenzellen
Nervenzellen
(Neuronen)
sind
zur
Erregungsbildung
–
aufnahme
und
–
keitung
fähig.
Sie
sind
hoch
spezialisiert
und
können
sich
nicht
mehr
teilen.
Nervenzellen
stehen
untereinander
oder
mit
anderen
Zielzellen,
z.B.
Muskel‐
oder
Drüsenzellen
über
spezifische
Kommunikationskontakte
in
Verbindung,
die
Synapsen.
Nervenzellen
bestehen
aus
dem
kernhaltigen
Zellkörper
und
Fortsätzen,
die
der
Signalleitung
und
Verschaltung
dienen.
Die
Zellkörper
sind
unterschiedlich
gross
und
bestehen
aus
Zellkern
und
Zytoplasma.
Bei
den
Fortsätzen
werden
zwei
Typen
unterschieden,
Dendrit
und
Axon.
Der
Dendrit
ist
der
zuführende
Schenkel
einer
Nervenzelle,
über
ihn
nimmt
die
Nervenzelle
Erregungen
auf,
die
dann
auf
die
übrigen
Abschnitte
der
Nervenzelle
weitergeleitet
werden.
Er
besitzt
meist
einen
stammförmigen
Ursprung,
der
sich
baumartig
in
unterschiedlich
viele
Äste
verzweigt.
Das
Axon
(der
Neurit)
ist
der
ableitende
Schenkel
einer
Nervenzelle,
d.h.
dass
eine
Erregung
über
das
Axon
weiterbefördert
wird.
Jede
Nervenzelle
besitzt
nur
ein
Axon,
das
aber
im
weiteren
Verlauf
Seitenäste
(Kollateralen)
abgibt.
Axone
sind
sehr
dünn,
aber
sie
können
über
1m
lang
sein,
z.B.
vom
Gehirn
zum
Rückenmark.
Bei
Verletzung,
z.B.
Durchtrennung,
können
sich
die
Axone
des
peripheren
Nervensystems
unter
geeigneten
Bedingungen
wieder
regenerieren.
Dies
ist
im
ZNS
nicht
möglich.
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1.4.
Erregungsleitung
in
den
Nervenzellen
Die
Erregungsleitung
ist
ein
komplizierter
elektrochemischer
Prozess,
hier
auf
das
Wesentliche
reduziert:
Ruhepotential
(Ruhespannung):
An
Innen‐
und
Aussenseite
der
Zellmembranen
beefinden
sich
verschiedene
Ionen
(=
geladene
Teilchen)
in
unterschiedlichen
Konzentrationen.
Normalerweise
befinden
sich
aussen
an
der
Zellmembran
mehr
positiv
(+)
geladene
Ionen,
innen
mehr
negative
(‐).
Durch
die
unterschiedliche
Verteilung
entsteht
eine
Spannung
zwischen
innen
und
aussen,
das
Ruhepotential.
Wie
stark
diese
Ruhespannung
ist,
hängt
von
der
Konzentration
und
der
Ladung
der
verschiedenen
Ionen
ab.
Es
ist
eine
Art
zelluläre
Batterie
‐
diese
kann
für
verschiedene
Vorgänge
benutzt
werden,
sie
würde
sich
aber
über
die
Zeit
hinweg
langsam
entladen.
Um
dieser
Entladung
entgegenzuwirken,
also
um
die
ungleiche
Ionenverteilung
aufrecht
zu
erhalten,
sind
in
den
Zellmembranen
sogenannte
Natrium‐Kalium‐Pumpen
vorhanden:
Sie
pumpen
Ionen
gegen
ihre
bevorzugte
konzentrationsabhängige
Flussrichtung
wieder
zurück
(Natrium
raus
und
Kalium
rein).
Interessant
ist:
30%
‐
70%
der
gesamten
vorhandenen
Energie
in
einem
Organismus
werden
für
diese
Ionenpumpen
benötigt
(also
etwa
die
Hälfte
deiner
Ernährung
dient
dem
Betrieb
dieser
Pumpen).
Aktionspotential:
Nervenzellen
werden
durch
Reize
aktiviert
(Druck,
Licht,
Schall,
Temperatur
etc.).
Überschreitet
ein
elektrischer
Reiz
einen
bestimmten
Schwellwert,
so
wird
nach
dem
„Alles
oder
Nichts
Prinzip“
ein
Aktionspotential
ausgelöst.
Dabei
werden
die
Na+
(Natrium)
Kanäle
der
Membran
schlagartig
sehr
durchlässig
und
es
fliesst
Na+
in
die
Zelle
hinein.
Am
Höhepunkt
dieser
sog.
Polarisation
schliessen
die
Na+
Kanäle
wieder
und
es
stellt
sich
das
ursprüngliche
Membranpotential
wieder
ein.
Bei
dieser
Spannungsänderung
fliessen
also
kurzfristig
sehr
viele
+‐Ionen
nach
innen.
Dort
begegnen
sie
entgegengesetzt
geladenen
Ionen
und
sie
beginnen
entlang
entlang
der
Membran
der
Nervenzellfortsätze
(Axone)
zu
wandern.
Eine
Kettenreaktion,
welche
den
weiteren
Austausch
von
Ionen
bewirkt.
Ein
konkretes
Beispiel:
Druckrezeptoren
merken,
dass
eine
Fliege
auf
deiner
Haut
sitzt,
sie
wandeln
diesen
Druckreiz
in
einen
elektrischen
Reiz
um
‐
dieser
wird
dann
von
Neuronen
weitergegeben
bis
ins
Gehirn.
Für
diese
Wanderung
werden
unzählige
Aktionspotentiale
hergestellt,
da
jedes
AP
nur
sehr
lokal
ist
(vergleichbar
mit
Dominosteinen).
Das
subjektive
Gefühl
"Fliege"
entsteht
erst
durch
unzählige
APs
von
unzählig
vielen
Rezeptoren,
deren
gesamte
ankommende
Info
im
Gehirn
dann
zu
einem
Sinneseindruck
verarbeitet
werden.
1.5.
Die
Synapsen
Das
Aktionspotential
kann
nicht
so
einfach
von
einer
Zelle
auf
eine
andere
„springen“.
Hierzu
bedarf
es
spezieller
Kontakte
zwischen
Nervenzellen,
bzw.
zwischen
Nervenzelle
und
Zielzelle:
der
Synapsen.
Synapsen
befinden
sich
zwischen
Nervenzellen,
zwischen
Nervenzellen
und
Muskelzellen
und
zwischen
Nervenzellen
und
Drüsenzellen.
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An
den
Synapsen
wird
das
ankommende
elektrische
Signal
durch
einen
chemischen
Überträgerstoff
weitergeleitet.
Es
gibt
eine
grosse
Zahl
von
Überträgerstoffen
(Neurotransmittern),
die
Synapsen
werden
meist
nach
dem
benutzten
Transmitter
benannt.
Die
Erregungsübertragung
an
der
Synapse
erfolgt
so:
erreicht
ein
Aktionspotential
ein
Endköpfchen
(Terminale),
so
verschmelzen
synaptische
Bläschen
(Vesikel)
mit
der
präsynaptischen
Membran
und
der
Neurotansmitter
wird
in
den
synaptischen
Spalt
ausgeschüttet.
Der
Neuro‐transmitter
bindet
an
Rezeptoren
der
postsynap‐
tischen
Memban
und
verändert
deren
Ionendurchlässigkeit.
Synapsen
können
erregend
oder
hemmend
wirken.
Im
PNS
umhüllen
so
genannte
Schwann‐Zellen
die
Abschnitte
eines
Axons.
Das
ist
eine
Hülle
aus
Membranwicklungen,
welche
als
Myelinscheide
bezeichnet
wird.
Jeweils
zwischen
zwei
benachbarten
Schwann‐Zellen
entsteht
ein
schmaler
myelinfreier
Spaltraum,
der
sogenannte
Ranvier‐Knoten.
Die
Aktionspotentiale
werden
entlang
des
Axons
weitergeleitet,
dabei
wird
das
Axon
nicht
in
seiner
gesamten
Länge
gleichzeitig
depolarisiert,
sondern
das
Aktionspotenzial
schreitet
entlang
des
Axons
vorwärts.
Bei
den
nicht
myelinisierten
Nervenfasern
muss
das
ganze
Axon
Abschnitt
für
Abschnitt
depolarisiert
werden,
das
Aktionspotenzial
kommt
nur
langsam
voran,
die
Leitungsgeschwindigkeit
ist
mit
ca.
1m/s
niedrig.
Bei
myelinisierten
Nervenfasern
hingegen
springt
das
Aktionspotenzial
von
Ranvier‐
zu
Ranvierknoten
(saltatorische
Erregungsleitung),
da
die
Myelinscheiden
isolierend
wirken.
Solche
Nervenfasern
leiten
sehr
schnell,
bis
zu
90m/s
(siehe
Abb.
S.
3
„saltatorische
Erregungsleitung).
Die
Multiple
Sklerose
ist
eine
der
häufigsten
neurologischen
Erkrankungen
des
ZNS.
Wahrscheinlich
autoimmun
mitbedingt
werden
die
Myelinscheiden
in
umschriebenen
Bereichen
zerstört
(Entmarkungsherde)
und
dadurch
die
Erregungsleitung
beeinträchtigt.
Häufigste
neurologische
Ausfälle
sind
Augenmuskellähmungen,
Taubheitsgefühl
oder
Missempfindungen
an
den
Extremitäten
und
Lähmungen,
v.a.
der
unteren
Extremitäten.
1.6.
Netzwerk
Gehirn
Das
Speichermedium
sind
die
Nervenzellen
des
Gehirns
und
ihre
Verbindungen
untereinander.
Es
gibt
100
Milliarden
dieser
Zellen,
und
jede
einzelne
ist
mit
bis
zu
10
000
anderen
verbunden.
Das
Gehirn
ist
also
im
Prinzip
ein
gigantisches
Kabelnetz
mit
mehreren
100
000
Kilometern
Länge.
In
der
Grauen
Substanz
(Grosshirnrinde)
befinden
sich
vor
allem
die
Zellkörper
und
Verbindungen,
in
der
weissen
Substanz
die
ab‐
und
zuleitenden
„Kabel“.
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1.7.
Die
Wirkung
von
Drogen
1.7.1.
Belohnungszentren
Das
Belohnungssystem
unseres
Gehirns
ist
normalerweise
dafür
zuständig,
die
Ausführung
überlebensnotwendiger
Verhaltensweisen
wie
Essen,
Trinken,
Sexualität
zu
belohnen.
Bestimmte
Regionen
unseres
Gehirns
enthalten
Nervenzellen,
die
den
Überträgerstoff
Dopamin
produzieren.
Bei
den
oben
erwähnten
Verhaltensweisen
wird
vermehrt
Dopamin
ausgeschüttet.
Das
bewirkt,
dass
eine
positive
psychische
Stimmung
erzeugt
wird,
die
durch
ein
allgemeines
Gefühl
des
Wohlbefindens,
durch
Euphorie,
verminderte
Müdigkeit
und
erhöhte
Aufmerksamkeit
gekennzeichnet
ist.
Neben
Dopamin
gibt
es
viele
weitere
Transmitter,
die
auch
unsere
Stimmungen
und
Gefühle
beeinflussen.
1.7.2.
Die
Wirkung
von
Drogen
Die
meisten
stimmungserhellenden
Drogen
greifen
entweder
direkt
oder
indirekt
über
andere
Nervenzellen
und
Transmitter
in
das
Belohnungssystem
ein.
Dies
führt
kurzfristig
zu
erhellter
Stimmung
und
Wohlgefühl,
langfristig
können
jedoch
gravierende
Störungen
auftreten,
da
die
Nervenzellen
durch
die
Fremdsubstanz
in
ihrer
normalen
Funktion
gestört
werden.
Halluinogene
rufen
Sinnestäuschungen
und
Wahnvorstellungen
hervor.
Häufig
ähnelt
ihre
Struktur
einem
bestimmten
Transmitter,
den
sie
deshalb
ersetzen
und
damit
die
Funktion
der
Nervenzellen
stören
können.
Das
Rauschgift
Mescalin
z.B.
ähnelt
dem
Transmitter
Dopamin.
2. Gedächtnismodelle
Erste
Erkenntnisse
über
unser
Gedächtnis
hat
man
bei
Menschen
gewonnen,
welche
wegen
einer
schweren
Hirnerschütterung
ohne
Bewusstsein
waren
und
sich
danach
an
Ereignisse
kurz
nach
dem
Unfall
nicht
mehr
erinnerten
(retrograde
Amnesie).
An
länger
zurückliegende
Ereignisse
erinnern
sich
die
Patienten
hingegen
gut.
Diese
Beobachtung
und
viele
weitere
Untersuchungen
führten
zur
Annahme,
dass
unser
Gedächtnis
auf
verschiedenen
Ebenen
funktioniert.
2.1.
Ultrakurzzeitgedächtnis
(sensorischer
Speicher)
Alle
Umweltinformationen
gelangen
als
Sinnesreize
über
unsere
Sinnesorgane
zum
Gehirn.
Der
sensorische
Speicher
wirkt
wie
ein
Sieb
–
die
meisten
Informationen
gehen
von
uns
unbemerkt
wieder
verloren,
weil
sie
für
uns
nicht
wesentlich
sind.
Der
sensorische
Speicher
hält
Wahrnehmungen
weniger
als
eine
Sekunde
fest.
2.2.
Das
Kurzzeitgedächtnis
Das
Vorzimmer
unseres
Gedächtnisses
ist
so
konstruiert,
dass
der
neue
Inhalt
ziemlich
unverändert
mit
allen
wichtigen
und
unwichtigen
Details
wie
ein
Foto
erhalten
bleibt.
Diesen
Luxus
kann
sich
unser
Gehirn
allerdings
nur
recht
kurze
Zeit
leisten.
Schnell
muss
entschieden
werden,
ob
das
eben
in
unser
Bewusstsein
Getretene
einer
dauerhaften
Speicherung
wert
ist
oder
nicht.
Die
Kapazität
des
Kurzzeitgedächtnisses
beträgt
etwa
7
±
2
Sinneinheiten
(Informationspakete),
die
bis
max.
eine
Minute
gespeichert
werden.
Man
geht
davon
aus,
dass
die
Inhalte
des
Kurzzeit‐gedächtnisses
als
kurz
anhaltende
Veränderungen
an
den
Synapsen
oder
als
zirkulierende
Erregungen
in
den
Neuronen
gespeichert
werden.
Sprachliche
Informationen
werden
im
so
genannten
phonologischen
Kurzzeitgedächtnis
gespeichert
und
zwar
unabhängig
davon,
ob
sie
visuell
oder
akustisch
angeliefert
worden
sind.
Demgegenüber
werden
nicht
sprachliche
visuelle
Informationen
im
visuellen
Kurzzeitgedächtnis
gespeichert.
Deshalb
kann
eine
Erhöhung
der
Speichermöglichkeit
erreicht
werden,
wenn
Information
kombiniert
sprachlich
und
graphisch
dargestellt
wird.
2.3.
Langzeitgedächtnis
Das
Langzeitgedächtnis
hat
die
Fähigkeit,
die
Vergangenheit
zu
erinnern
und
die
Gegenwart
zu
verstehen.
Die
Inhalte
des
Langzeitgedächtnisses
werden
–
vereinfacht
gesagt
‐
in
Form
von
Verbindungen
zwischen
Neuronen
gespeichert
(also
als
Hirnstruktur).
Deshalb
hat
es
eine
unbegrenzte
Speicherdauer
und
eine
fast
unbegrenzte
Kapazität.
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Wenn
eine
Information
vom
Kurzzeitgedächtnis
in
die
dauerhafte
Form
des
Langzeitgedächtnisses
übergeführt
wird,
laufen
in
unserem
Gehirn
intensive
Umbauprozesse
ab,
Nervenzellen
wachsen,
bilden
neue
Verzweigungen,
sodass
als
letzte
Folge
eines
intensiven
Lernprozesses
die
Grosshirnrinde
dicker
wird.
Diese
dauerhaften
Veränderungen,
diese
Wachstums‐
und
Differenzierungsprozesse
benötigen
viele
Stunden,
Tage
bis
Wochen.
Das
eigentliche
Einspeichern
beginnt
erst,
wenn
wir
selbst
aufgehört
haben,
uns
mit
den
Lerninhalten
bewusst
zu
befassen
und
läuft
über
längere
Zeit
hinweg
weiter,
während
wir
längst
ganz
anderes
tun!
Das
Hirn
lernt
länger
als
das
Bewusstsein.
2.4.
Praktische
Folgerungen
für
unser
Lernverhalten
Was
bedeutet
das
für
unser
Lernverhalten?
Je
ungestörter
wir
nach
dem
Lernen
bleiben,
umso
besser
wird
die
neue
Information
ins
Langzeitgedächtnis
übertragen.
Am
besten
wäre
es
daher,
im
Anschluss
an
eine
intensive
Lernphase
überhaupt
nichts
zu
tun,
oder
noch
besser:
einzuschlafen.
Sehr
nützlich
ist
die
Abendwiederholung.
Wir
heben
uns
besonders
widerspenstige
Gedächtnisinhalte
für
den
Abend
auf
‐
höchstens
3
bis
4
Kerninformationsblöcke!
‐
und
wiederholen
sie
ein
letztes
Mal
im
Bett
unmittelbar
vor
dem
Einschlafen.
Eine
solche
Spätwiederholung
wird
eine
ganz
besondere
Einprägungswirkung
besitzen.
Vor
einer
Prüfung
zu
schlafen
bringt
mehr
als
die
Nacht
durchzubüffeln.
Die
Forscher
nehmen
an,
dass
bei
Tieren
und
beim
Menschen
das
Gehirn
während
Tiefschlafphasen
besonders
plastisch
ist
und
Gelerntes
festschreibt.
2.5.
Erinnerungen
sind
überall
Warum
kann
man
eine
Erinnerung
manchmal
noch
nach
Jahrzehnten
aktivieren?
Die
Wissenschaftler
vermuten,
dass
bei
dauerhaften
Erinnerungen
eine
Vielzahl
von
Nervenzellenkreisen
beteiligt
ist.
Die
Verbindungen
zwischen
den
beteiligten
Nervenzellen
werden
durch
häufige
Aktivierung
verstärkt
und
stabilisiert.
Erinnerungen
sind
also
immer
durch
Netzwerke
vieler
Nervenzellen
festgehalten.
Das
Gedächtnis
betreibt
Arbeitsteilung.
Beispiel:
du
suchst
deinen
verlegten
Bleistift.
Die
Informationen
über
die
Farbe,
Form
und
Funktion
des
Stifts
sind
an
jeweils
verschiedenen
Orten
im
Gehirn
gespeichert.
Sie
scheinen
den
Gehirnregionen
zugeordnet
zu
sein,
die
auch
für
die
Wahrnehmung
der
entsprechenden
Eigenschaft
zuständig
sind.
So
wird
die
Farbe
des
Stifts
an
einem
anderen
Ort
verarbeitet
als
zum
Beispiel
die
zylindrische
Form.
Das
Bleistift
entspricht
im
Gehirn
einer
ganz
bestimmten
Kombination
vieler
Nervenzellen,
die
gemeinsam
feuern.
Durch
die
gemeinsame
elektrische
Aktivität
entsteht
ein
Muster
im
Gehirn,
das
den
Bleistift
repräsentiert.
Gesichter,
Gegenstände,
Telefonnummern
‐
für
alles
gibt
es
ein
spezielles
Muster
von
Nervenzellen,
die
gemeinsam
aktiv
sind.
Die
Funktionalität
des
Langzeitgedächtnisses
besteht
aus
zwei
Teilen.
Erstens
können
wir
Dinge
wieder
Biologie
Lernen
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7
VORSSA
2009/CK
erkennen
und
zweitens
sind
zu
diesen
Dingen
eine
Vielzahl
von
Beziehungen
abgespeichert,
z.B.
"ist
Teil
von"
oder
von
"ist
ein",
sowie
Abfolgen
von
Ereignissen,
Ziffern
etc.
Nicht
nur
das
Lernen,
sondern
auch
das
Behalten
komplexer
Konzepte
wird
erleichtert,
wenn
geeignete
Vorbildung
vorhanden
ist.
Wir
assoziieren
glücklicherweise
Erfahrungen
und
Wissen
aus
dem
Langzeitspeicher
mit
den
zu
merkenden
Informationen
und
öffnen
so
weitere
Abrufpfade.
Deshalb
wird
das
Lernen
immer
einfacher,
je
mehr
wir
in
die
Tiefe
gehen.
Und
deshalb
ist
es
so
wichtig,
neue
Inhalte
mit
schon
bekannten
Phänomenen
zu
verknüpfen
und
zu
Fakten
immer
eine
Erläuterung
oder
Begründung
mitzuliefern.
3.
Modell
des
„dreieinigen
Gehirns“
(Paul
D.
MacLean)
3.1.
Entwicklungsgeschichtliche
Einteilung
des
Hirns
in
drei
Bereiche
Das
Stammhirn
(im
Bild
als
Mittel‐
und
Nachhirn
bezeichnet)
ist
unser
ältester
Hirnteil.
Er
ist
das
Zentrum
angeborener
Steuerungen
und
Instinkte.
Biologische
Vorgänge
wie
Stoffwechsel,
Blutkreislauf,
Herzschlag,
Atmung,
Schlaf
werden
ihm
zugeschrieben,
aber
auch
Verhaltensprogramme
zum
Überleben:
Nahrungssuche,
Fortpflanzung,
Brutpflege,
territoriale
Ansprüche
usw.
Es
ist
vergangenheitsbezogen
und
kann
nicht
lernen.
Das
Zwischenhirn
(Limbisches
System)
ist
gegenwartsbezogen.
Emotionen
und
Verhalten
haben
hier
ihren
Sitz.
Wir
können
aus
Erfahrungen
lernen
und
uns
entscheiden.
Es
ist
der
Teil
des
Gehirns,
das
dafür
zuständig
ist,
ob
du
dich
gut
oder
schlecht
fühlst.
Die
Bedeutung
für
das
Lernen
ist
einfach:
Damit
Informationen
wirksam
gelernt,
im
Langzeitgedächtnis
gespeichert
und
wieder
abgerufen
werden
können,
müssen
sie
emotional
beladen
sein.
Was
du
spannend
findest,
bleibt
haften.
Das
Grosshirn
(Neocortex)
ist
der
Sitz
der
höheren
geistigen
Funktionen.
Hier
läuft
geplantes,
vorausschauendes
Denken
ab.
Es
ist
zukunftsbezogen.
Sprache,
Logik,
Vorstellungsvermögen,
das
Erkennen
von
Form
und
Gestalt
gehören
ins
Grosshirn
ebenso
wie
die
Fähigkeit
zur
Abstraktion,
zum
Arbeiten
mit
Modellen,
Analogien,
Mustern.
Dieser
Teil
verarbeitet
die
Informationen
bewusst.
3.2.
Praktische
Folgerungen
für
unser
Lernverhalten
Es
wird
deutlich,
dass
nur
der
limbische
Teil
unseres
Gehirns
und
das
Grosshirn
lernfähig
sind.
Wichtig
für
uns
zu
wissen
ist,
dass
die
Bedürfnisse
des
Stammhirns
zuerst
befriedigt
werden
müssen,
bevor
das
Limbische
System
zufrieden
gestellt
ist,
und
dieses
wiederum
befriedigt
sein
muss,
bevor
das
Grosshirn
richtig
aktiviert
werden
kann.
Dieses
Modell
erklärt
also
die
Tatsache,
dass
zum
Beispiel
jemand,
der
den
Drang
verspürt,
sofort
auf
das
WC
zu
müssen,
nicht
lernen
kann.
und
warum
wir
in
einer
entspannten,
stressfreien,
angenehmen
Atmosphäre
viel
besser
lernen
können.
4.
Eine
Lerntechnik
­
Biologie
Lernen
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VORSSA
2009/CK
Karteikartenlernen
Karteikartenlernprogramme
arbeiten
nach
dem
Prinzip
der
gesteuerten
Wiederholung.
Man
versucht,
mit
möglichst
wenigen
Wiederholungen
eine
möglichst
langfristige
Behaltensleistung
zu
erreichen.
Es
soll
damit
vermieden
werden,
dass
Wiederholungen
zu
früh
erfolgen
(Zeitverschwendung)
oder
zu
spät
erfolgen
(Vergessen
und
ebenfalls
Zeitverschwendung
durch
Neulernen).
Das
Lernen
mit
Lernkarteikarten
beruht
auf
drei
Grundprinzipien:
Man
beschriftet
die
Karteikarte
vorne
mit
einer
Frage
(Problemstellung)
und
hinten
mit
einer
Antwort
(Lösung).
Das
Lernen
erfolgt
nach
dem
Drehprinzip.
Man
liest
die
Vorderseite,
dreht
die
Karte,
liest
die
Rückseite
und
merkt
sich
diese.
Beim
wiederholten
Lernen
versucht
man,
sich
an
die
Rückseite
zu
erinnern,
bevor
man
die
Karte
zur
Kontrolle
umdreht.
Während
des
Wiederholens
kann
man
die
Karten
sortieren.
Die
Karten,
an
deren
Rückseite
man
sich
richtig
erinnert,
legt
man
auf
einen
Stapel,
die
nicht
mehr
richtig
gewussten
Karten
auf
einen
anderen
Stapel.
Dies
ist
das
Sortierungsprinzip.
Im
weiteren
Lernverlauf
bearbeitet
man
dann
vorrangig
den
Stapel
mit
den
nicht
gewussten
Karten.
Dieses
Auswahlprinzip
spart
Zeit,
weil
die
bereits
gewussten
Karten
nicht
unnötig
wiederholt
werden.
4.1.
Was
ist
der
Vorteil
des
Karteikartenlernens?
1.
2.
3.
Verständnis
steigt
durch
vorrangiges
sortieren
(Themenliste
erstellen,
Unterthemen
zum
Lernen
formulieren)
Bekanntes
wird
aussortiert
(motiviert,
weil
der
Stapel
kleiner
wird).
Zwang,
das
Wesentliche
auf
die
Karten
zu
schreiben
(es
bewährt
sich,
Gemeinsamkeiten
und
Unterschiede
zu
überlegen).
Möglichkeit,
auch
abseits
vom
eigentlichen
Lernplatz
(z.B.
während
Freistunden)
zu
lernen
4.
4.2.
Der
Karteikasten
Es
bewährt
sich,
einen
Karteikasten
mit
verschiedenen
Fächern
zu
basteln.
Die
neu
erstellten
Kärtchen
kommen
ins
vorderste
Fach
und
werden
am
nächsten
Tag
abgefragt.
Wird
der
Begriff
richtig
erinnert,
kommt
das
Kärtchen
ein
Fach
weiter
(in
2),
sonst
bleibt
es
vorne
und
wird
am
nächsten
Tag
erneut
kontrolliert.
Bei
jedem
Ueben
rutschen
die
gelernten
Kärtchen
weiter
nach
hinten,
bis
sie
in
den
„Kärtchenhimmel“,
das
hinterste
Fach
(in
5)
gelangen.
Kärtchen
die
nicht
richtig
erinnert
werden,
kommen
immer
in
das
vorderste
Fach
zurück
(in
1).
4.3.
Drei
Tipps
fürs
Wiederholen
(=
Wissen
in
den
Langzeitspeicher
bringen)
1.
2.
3.
nicht
überlernen
(weglegen,
was
man
kann)
gelernter
Stoff
sofort
wiederholen,
danach
in
steigenden
Abständen
„ak‐tief“
lernen
(Inhalte
in
eigene
Worte
fassen)
Biologie
Lernen
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VORSSA
2009/CK
5.
Übungsaufgaben
5.1.
Beschrifte
die
Bestandteile
der
Nervenzelle
und
gibt
die
Flussrichtung
der
Erregungsleitung
mit
Pfeilen
an.
5.2.
Ordne durch Vergabe gleicher Zahlen, orientiere Dich am Beispiel!
Nr. Begriff
Nr. Bedeutung/Erklärung
1
Reiz
wandelt Reize in Erregungen um
Nerv
Antwort des Körpers auf einen Reiz
Neurit
überträgt Erregungen zu Nervenzellen oder zu Muskeln/Drüsen
Nervenzelle
deutet ankommende Erregungen, gibt Befehle in Form von Erregungen
Sinneszelle
1
Umwelteinfluss, der zu einer Reaktion führt
Reizbarkeit
leitet Erregungen zu Muskeln/Drüsen
Reaktion
Bündel von Neuriten
Synapse
leitet Erregungen von Sinneszellen zu Gehirn/Rückenmark
Transmitter
langer Fortsatz der Nervenzelle
sensorischer Nerv
Grundbaustein des Nervensystems
Erregung
Überträgerstoff
Reflex
elektrischer Impuls
Gehirn/Rückenmark
Fähigkeit des Organismus auf Reize zu reagieren
motorischer Nerv
Reaktion, die nicht dem Willen unterliegt
5.3.
Wie
ist
das
Nervensystem
aufgebaut?
5.4.
Welche
wichtigen
Aufgaben
hat
das
Nervensystem?
5.5.
Wie
werden
Informationen
in
den
Nervenzellen
weitergeleitet?
5.6.
Wie
werden
Informationen
zwischen
zwei
Nervenzellen
übertragen?
5.7.
Wie kann die Synapsentätigeit beeinflusst werden?
5.8.
Viele Nervenfasern haben eine Markscheide mit Einschnürungen: Bedeutung?
5.9.
Wie wirken Drogen?

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