Talent Management global umsetzen

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Talent Management global umsetzen
Für ein globales Talent Management ist eine strategische Planung erforderlich. Die Anforderungen dafür müssen aus der Unternehmensstrategie abgeleitet und in eine HR-Strategie überführt werden. Der folgende Beitrag illustriert am Beispiel der PUMA AG, wie die gesamten HR-Prozesse und das Talent
Management konsequent an der Unternehmensstrategie ausgerichtet werden
können. Dabei wird auch deutlich, worauf bei der Umsetzung der einzelnen
Prozessschritte zu achten ist, um eine einheitliche Vorgehensweise zu ermöglichen.
Unternehmensentwicklung
In den frühen neunziger Jahren schrieb die
PUMA AG rote Zahlen. Eine strategische
Neuausrichtung sollte das Unternehmen
wieder auf Erfolgskurs bringen. Unter der
Zielsetzung, »das begehrteste SportlifestyleUnternehmen« zu sein, sollten die Position
des Unternehmens gestärkt und die vielfältigen Möglichkeiten des Sportlifestyle-Marktes in allen Kategorien und Regionen konsequent genutzt werden. Dies konsequent
umzusetzen, war Inhalt und Ziel von vier definierten Entwicklungsphasen – Eckpfeiler
der Unternehmensstrategie –, die das Unternehmen in den folgenden Jahren prägten:
NN Die Phase I der langfristigen Unternehmensentwicklung wurde 1993 als Restrukturierungsphase eingeleitet und
dauerte bis 1997. Die Schließung von
Dr. Wolf-Bertram von
­Bismarck,
Director Corporate Human
Resources, PUMA AG,
­Herzogenaurach
Kerstin Bertels,
Talent Manager
­Development, PUMA AG,
Herzogenaurach
Produktionsstätten sowie ein Abbau von
Mitarbeitern gehörten ebenso dazu, wie
eine starke Finanzposition zu schaffen.
NN Die Phase II, charakterisiert als Investitionsphase, wurde 1998 gestartet und
bis 2001 mit erhöhten Aufwendungen in
Marketing und Produktentwicklung umgesetzt. Dabei wurde PUMA als die Marke positioniert, die erfolgreich die Einflüsse aus den Bereichen Sport, Lifestyle
und Mode kombiniert.
NN 2002 startete PUMA Phase III (Momentum) mit dem Ziel, das Potenzial der
Marke durch selektive Distribution weiter auszuschöpfen und PUMA bis 2006
zur begehrtesten Sportlifestylemarke der
Welt zu machen.
NN Seit 2006 befindet sich PUMA in der Phase IV, der langfristigen Unternehmensentwicklung. In dieser als Unternehmensexpansion bezeichneten Phase verfolgt das
Unternehmen das langfristige Ziel, nicht
nur begehrteste Sportlifestyle-Marke zu
sein, sondern zum begehrtesten Sportlifestyle-Unternehmen zu werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird sich das
Unternehmen konsequent an einer Reihe
von Eckpfeilern orientieren:
NN Markenbegehrtheit,
NN Nachhaltigkeit,
NN Produktlebenszyklus-Management,
NN Unternehmenswerte,
NN Organisationsstruktur und
NN Wertschöpfung.
247
SPECIAL: Talent Management
UnternehmensMission
Erwartungen der
Mitarbeiter
Geschäftsstrategie
Anforderungen
der Mitarbeiter
Kundenzufriedenheit
HR Strategie
Rekrutierung
Mitarbeiterengagement
Richtlinien und
Prozesse
HR Struktur
und Systeme
Vergütung
Leistungsbewertung
Personalentwicklung
Abb. 1: Ableitung der HR-Strategie
Die strategische Neuausrichtung seit 1993,
in der das Unternehmen von 1.012 Mitarbeitern 1993 auf derzeit ungefähr 11.000 Mitarbeiter in 2007 weltweit gewachsen ist, hat
das Unternehmen ohne klare HR-Strategie
bewältigt. Die vier Phasen der strategischen
Unternehmensentwicklung waren dabei Motor der Veränderung und des Erfolges. Das
Unternehmen setzte in dieser Zeit vor allem
auf dezentrale, operative Personalarbeit. In
global dezentralen Strukturen wurde jeweils
die erforderliche operative Personaladministration von der Einstellung bis zum Austritt
aus dem Unternehmen umgesetzt. Im Zuge
der weiteren Professionalisierung der Personalprozesse und durch die Fokussierung auf
Unternehmenswerte, Organisationsstruktur
und Wertschöpfung wurde es unabdingbar,
eine HR-Strategie auszuformulieren und anhand entsprechender Maßnahmen im Unternehmen zu implementieren.
Erfolgsfaktor Marke und Mit­
arbeiter
Als Sportlifestyle-Unternehmen entwickelt
und vertreibt PUMA sportliche Bekleidung,
248
Schuhe und Accessoires. Es ist jedoch die
Marke, welche den Wert des Unternehmens
ausmacht und die letztendlich die Nachfrage beim Kunden auslöst. Die Mitarbeiter sind die Gestalter der Marke und damit
auch der Produkte. Weltweit sind talentierte
Mitarbeiter in Design, Entwicklung, Marketing und Vertrieb etc. erforderlich. Diese
müssen identifiziert, rekrutiert, entwickelt
und schließlich möglichst langfristig an das
Unternehmen gebunden werden.
Das Unternehmen muss wissen, über welches Potenzial es weltweit verfügt, um den
Erfolgsfaktor Mitarbeiter optimal einsetzen
zu können. Eine planvolle und strategische
Orientierung der Personalarbeit – auch auf
globaler Ebene – ist damit unabdingbar geworden.
Ausgehend von der Unternehmensleitlinie
und -strategie wurde eine HR-Strategie entwickelt, die einerseits die Anforderungen
des operativen Geschäfts aus der Geschäftsstrategie erfasst und in die Praxis übersetzt.
Andererseits musste sie auch den Erwartungen der Mitarbeiter sowie den daraus entstehenden Anforderungen Rechnung tragen. Erfahrungsgemäß unterscheiden sich
Talent Management global umsetzen
diese von Unternehmen zu Unternehmen,
so wie sich zum Beispiel die Erwartungen
von Controllern von denen kreativer Designer unterscheiden (vgl. Abb. 1).
Entsprechend wurde für die HR-Arbeit folgende Mission mit globaler Gültigkeit definiert: »We want to win, motivate and retain
the best talent for our key positions«. Daraus ergeben sich besondere Anforderungen bezüglich der Mitarbeitergewinnung,
-motivation und -bindung. Diese beziehen
sich allerdings nicht auf alle Mitarbeiter
gleichermaßen, sondern legen einen klaren
Schwerpunkt auf die kritischen Erfolgsfaktoren: die expliziten Leistungsträger, welche
die für das Unternehmen kritischen Schlüsselpositionen besetzen.
Zwischen zentraler und dezentraler
Organisation
PUMA ist inzwischen mit Tochtergesellschaften in über 45 Ländern tätig. Das
schnelle Wachstum der letzten Jahre hat
dazu geführt, dass im HR-Bereich in den
einzelnen Ländern jeweils bedarfsgerecht
eigene Personalprozesse gewachsen sind.
Diese unterlagen einer nur sehr geringen
zentralen Steuerung. Dadurch entstanden
in den einzelnen Ländern sehr unterschiedliche HR-Instrumente und -Prozesse mit
unterschiedlichen Reifegraden.
Will man ein globales Talent Management
einführen, dreht sich die Diskussion sehr
schnell um die vorhandenen IT-Systeme und
deren Unterstützungsmöglichkeiten. Und
so vielfältig, wie sich die dezentral gewachsene HR-Landschaft des Unternehmens
präsentiert, zeigen sich an den verschiedenen Standorten die unterschiedlichen ITSzenarien im Bereich HR. Diese reichen von
SAP in einigen Ländern bis zur Personalabrechung mit einfachster Tabellenkalkulation
in anderen Ländern. Tochtergesellschaften
in »reiferen« Ländern verfügen über anspruchsvolle Personalinforma­tionssysteme
mit Manager- und Mitarbeiter-Self-Service
Funktionalität, während diese Informationen in anderen Ländern vom Personal-
referenten in einfachen Tabellen gepflegt
werden. Eine teilweise Integration scheint
ratsam, erfordert aber Abstimmung und
führt unweigerlich zu Platzkämpfen.
Während sich in vielen Ländern nur Vertriebsorganisationen bzw. EinzelhandelsBereiche finden lassen, sind dem gegenüber
mehrere Zentralfunktionen auf unterschiedliche Länder verteilt. Dazu gehören
beispielsweise Produktentwicklung, Marketing und Beschaffung, wo Vorgesetzte Teams mit hohem Kooperationsbedarf
betreuen, die über mehrere Länder verteilt
sind. Die Dezentralisierung von HR-Prozessen führt unweigerlich dazu, dass Mitarbeiter des gleichen Teams in unterschiedlichen
Ländern zum Beispiel bei Personalbeurteilungen oder Kompetenzbewertungen nicht
die gleichen Prozesse durchlaufen.
Möglichen Zentralisierungsbestrebungen
gegenüber steht die Erfordernis dezentraler
Verantwortung. Diese ermöglicht der Organisation die erforderliche Flexibilität.
Die jetzige Phase der langfristigen Unternehmensentwicklung dient dazu, die weltweite Prozesskonsistenz zu erhöhen, ohne
dabei die für das Wachstum erforderliche
Flexibilität zu verlieren. Die HR-Strategie
muss diesem Anspruch Rechnung tragen.
Gestaltung der globalen
HR-Strategie­
Einen nicht zu unterschätzenden Einflussfaktor stellen die internationale Mitarbeiterstruktur und die eigenständig gewachsene
Unternehmenskultur dar. Die individuellen
Erfahrungen, unterschiedliche Persönlichkeiten sowie Ausbildungs- und kulturellen
Hintergründe der Mitarbeiter stellen hohe
Anforderungen an die Gestaltung der Strategie und letztendlich an die Prozesse und
Instrumente.
Bei der Gestaltung der HR-Strategie wurde
genau darauf geachtet, diese an der Unternehmensstrategie auszurichten. Da weiteres
Wachstum das Ziel des Unternehmens ist,
muss die Talentstrategie ebenfalls auf langfristiges Wachstum ausgerichtet und die
249
SPECIAL: Talent Management
Talentgewinnung (Recruiting) sowie -bindung (Talent Management) in den Vordergrund gestellt werden.
Die detaillierte Ableitung erfolgte in einem
internationalen Workshop, an dem die Personalbereiche der wichtigsten Unternehmensstandorte beteiligt waren. Ziel war es,
über die Neuausrichtung zu informieren sowie die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Regionen zu gewährleisten.
Ergebnis des Workshops war eine weltweit
konsistente und akzeptierte Personalstrategie mit klar definiertem lokalem Gestaltungsspielraum. Sie beinhaltet die Anforderungen an die operative Personalarbeit
in den Bereichen Rekrutierung, Leistungsbewertung, Be- und Entlohnung, Kompetenzbewertung sowie Lernen und Weiterbildung. Damit deckt sie alle Prozesse ab, die
das Engagement der Mitarbeiter und letztendlich der Kunden und damit den Unternehmenserfolg mitbestimmen.
Entsprechend wurden folgende Handlungsfelder definiert:
NN Rekrutierung und Employer Branding/
HR-Marketing,
NN Talent Management und -entwicklung,
Retention Management,
NN Strategische Personaleinsatzplanung und
HR-Controlling.
Die darin enthaltenen Prozesse wurden einer Detailüberprüfung unterzogen, um diese gegebenenfalls an den strategischen Vorgaben neu auszurichten.
Ein Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Programm wurde erfolgreich umgesetzt.
Der Umgang mit Schlüsseltalenten und
Mitarbeitern auf Schlüsselpositionen ist.
das Kernelement der HR-Strategie. Dabei
sind beide Konzepte nicht notwendigerweise direkt miteinander verknüpft:
NN Talente sind besondere Leistungsträger,
die auch gleichzeitig über hohes Potenzial für die künftige Führung des Unternehmens verfügen.
NN Schlüsselpositionen sind Stellen, die für
das Unternehmen erfolgskritisch und
ggf. äußerst schwierig wieder zu besetzen
sind.
Schlüsselpositionen müssen in einem solchen Falle nicht unabdingbar mit Schlüsseltalenten besetzt werden. Und Schlüsseltalente müssen nicht unbedingt
Schlüsselpositionen bekleiden. Damit kann
eine Stelle als Schlüsselposition außerordentlich wichtig für das Unternehmen sein.
Es ist aber nicht erforderlich, dass auf dieser Stelle ein Talent mit sowohl besonderen
Kompetenzen und Fähigkeiten als auch außergewöhnlichem Potenzial beschäftigt ist.
Es ist gegebenenfalls ausreichend, die Position mit einem guten Leistungsträger zu besetzen, ohne dass diese Person gleichzeitig
als außerordentlicher Potenzialträger definiert ist.
Rekrutierung und
­Talententwicklung
Zur Unterstützung der Langfristplanung vor
allem von Teams, die über Standorte hinweg
zusammenarbeiten, wurde eine strategische
Personaleinsatzplanung bzw. ein HR-Controlling eingeführt. Ziel ist es, Kennzahlen
zur strategischen Steuerung der Personalarbeit zu liefern und diese später in einen Ansatz zur Messung des Wertbeitrags des Humankapitals zu überführen.
Darüber hinaus wurde die Personalabteilung für die Expansionsphase des Unternehmens neu strukturiert und ein neues
Dienstleistungsmodell wurde definiert. Für
jeden der genannten Zentralbereiche wur-
Für den Bereich Rekrutierung wurden weltweite Mindestanforderungen festgelegt.
Prozesse wurden transparent gestaltet, Vorgesetzte erhielten entsprechende, weltweit
einheitliche Instrumente und Vorgehensweisen. Im Sinne eines globalen Employer
Branding wurde eine weltweit einheitliche
und verbindliche Stellenanzeige entwickelt.
Neue Standards für kompetenzbasierte
­Interviews wurden in Verbindung mit einem Qualitätssicherungsprozess geschaffen.
250
Personaleinsatzplanung und HR
Controlling
Talent Management global umsetzen
Personalprozesse zu:
Vergütung
Rekrutierung
Entwicklung
Performance
Nachfolge-
Management
planung
Strategische Anforderungen:
Strategische
Anforderung 1
Strategische
Anforderung 2
Strategische
Anforderung 3
Anpassung erforderlich
Passung fragwürdig
Passung vorhanden
Abb. 2: Überprüfung des strategischen Alignments der Personalprozesse
de ein Expertenteam (Center of Expertise)
mit lokaler Verantwortung, aber globaler
Handlungsreichweite geschaffen. Lokal stellen Business Partner zudem in Zukunft die
direkte Interaktion mit den Kunden, dass
heißt den Führungskräften und Mitarbeitern, sicher. Diese Struktur gewährleistet
Konsistenz beim Ansprechpartner in allen
regulären Fragen der Personalarbeit und
Expertise bei der Gestaltung neuer Personalprogramme.
Die einzelnen Bestandteile der Strategie
wurden anschließend in für jeden Einzelbereich gegliederte Aufgabenbereiche bzw.
Veränderungsprojekte überführt. Dies gewährleistet eine Umsetzung der HR-Strategie auf Handlungsebene. Dabei galt die Geschäftsstrategie stets als Leitprinzip. Damit
ist die Personalarbeit letztendlich Empfänger und schließlich beteiligter Umsetzer der
Geschäftsstrategie.
Strategische Konsistenz
Der Umsetzung der HR-Strategie in verschiedene Arbeitspakete ging eine Konsistenzüberprüfung (eine so genannte Überprüfung des strategischen Alignments)
voraus. Dabei werden die detaillierten Personalprogramme den neuen strategischen
Anforderungen in einer Matrix gegenüber
gestellt (vgl. Abb. 2). Nun wurde für jedes
Feld der Matrix überprüft, ob Ist und Soll
zusammenpassen bzw. ob die Personalprozesse die strategischen Anforderungen korrekt übersetzen.
Grün werden Felder markiert, wenn kein
weiterer Handlungsbedarf besteht und die
gegenwärtigen Prozesse die Anforderungen bereits abdecken. Gelb werden Felder
markiert, wenn vertiefende Analysen erforderlich sind. Rote Felder weisen auf klaren
Handlungsbedarf hin. Die zentralen Handlungsfelder müssen schließlich in einzelne
Arbeitspakete mit Verantwortlichkeiten und
Zeitrahmen überführt werden.
Umsetzung eines globalen Talent
Managements
Aus der Überprüfung des strategischen
Alignments und der Analyse der bisherigen
Instrumente und Prozesse ergaben sich für
das Talent Management weit reichende Optimierungspotenziale. Für die Prozesssteuerung und die Analyse der zukünftig global
anfallenden Daten war es unabdingbar, die
stark miteinander verbundenen Themen in
einem IT-gestützten Talent ManagementSystem umzusetzen. Aufgrund der systemi251
SPECIAL: Talent Management
schen Unterstützung der Prozesse und In­
strumente erwartet HR künftig einerseits
eine wesentlich höhere Nutzung der zur
Verfügung stehenden Instrumente. Andererseits kann auch nur durch eine entsprechende IT-Lösung eine globale Datentransparenz sichergestellt werden.
Talentmanagement umfasst alle Prozesse
und Instrumente zur effektiven und langfristigen Personalplanung und -entwicklung. Dazu zählen zum Beispiel:
NN Leistungsbeurteilung,
NN Kompetenzeinschätzung,
NN Einstufung der Positionsreife und des
Abwanderungsrisikos,
NN Karriere- und Nachfolgeplanung,
NN Entwicklungsmaßnahmen.
Die erforderlichen Prozesse und Instrumente werden von Corporate HR global
zur Verfügung gestellt und mit Hilfe eines
einheitlichen IT-Systems standardisiert im
gesamten Unternehmen angewendet. Mit
Hilfe dieser Instrumente können die Stärken aller Mitarbeiter erfasst, gefördert und
global optimal eingesetzt werden. Talente
– insbesondere solche auf Schlüsselpositionen – können unternehmensweit identifiziert, motiviert und schließlich besser gehalten werden.
Ziel der Einführung eines globalen Talent
Management-Prozesses ist somit einerseits,
den Mitarbeitern ihre individuellen Entwicklungserfordernisse aufzuzeigen. Andererseits erhalten die Mitarbeiter auch einen
besseren und direkteren Zugriff auf Entwicklungsmöglichkeiten im gesamten Konzern. Das System ermöglicht ihnen damit
auch, direkten Einfluss auf die eigene Entwicklung zu nehmen.
Nach einer intensiven Phase der Anbieterauswahl wurde die Entscheidung für ein
System getroffen, welches folgende Module
umfasst:
NN Employee Self Service (ESS): Jeder Mitarbeiter kann im ESS seinen elektronischen
Lebenslauf anlegen, der seine Ausbildung
und bisherigen beruflichen Stationen intern dokumentiert. Damit stellt er sich
auf dem internen Talentmarkt zur Ver252
fügung. Diese Information hilft zudem
der Führungskraft und der Personalentwicklung dabei, für den Mitarbeiter maßgeschneiderte Entwicklungs- und Förderungsmaßnahmen zu identifizieren. Der
Einblick in die Ergebnisse der Leistungsbeurteilung,
Kompetenzeinschätzung
und Zielvereinbarung schafft Klarheit
über Erwartungen, Ziele und Anforderungen.
NN Manager Self Service (MSS): Im Modul MSS erhalten die Führungskräfte
zunächst einen Überblick über alle ihre
Mitarbeiter betreffenden Talentinformationen. Dies bringt ganzheitliche Transparenz, die nötig ist, um die vorhandenen
Potenziale der Mitarbeiter voll auszuschöpfen.
Identifikation von
­Schlüsselposi­tionen
Der Talent Management-Prozess startet mit
der Definition beziehungsweise Überprüfung der Schlüsselpositionen. Dieser Prozess wird seitens HR in Zusammenarbeit
mit den Vorständen und den Bereichsverantwortlichen geleitet. Schlüsselpositionen sind Funktionen, welche den in Abbildung 3 dargestellten Kriterien entsprechen
(vgl. Abb. 3). Die Kriterien wurden in der
globalen HR-Strategiedefinition festgelegt
und bilden die Grundlage für die Festlegung
von Schlüsselpositionen. Darüber hin­aus
werden weitere »kritische Positionen«, deren Positionsinhaber über einzigartiges, unternehmensspezifisches Wissen verfügen, zu
den Schlüsselpositionen gezählt.
Leistungsbeurteilung und
­Talentnominierung
Dieser Prozess beinhaltet die Leistungsbeurteilung für das vergangene Jahr basierend
auf standardisierten Kriterien. Darüber hin­
aus werden hier weitere Kriterien erfasst, die
für eine kontinuierliche Entwicklungs- und
Nachfolgeplanung von Bedeutung sind.
Dazu gehört im Einzelnen die Einschät-
Talent Management global umsetzen
Kriterium
Erklärung
Beispiele
Position strategiebedingt relevant
Neue strategisch relevante
Kompetenzen und Fertigkeiten
Funktionen zu besonderen
Produktkategorien
Funktionen im Kontext
Produktstrategie
Mission Critical
Nicht- oder Fehlbesetzung hat
unmittelbare Auswirkungen auf
Unternehmensergebnis
Produktdesign, Vertrieb, Einkauf
Zentrale Basisleitungen mit
weitreichender Auswirkung
Durch die Position werden Leistungen
erbracht, die für große Teile des
Unternehmens von Bedeutung sind
IT-Funktionen
Spezialistenfunktionen
Einzigartigkeit der Position oder des
Wissens
Travel Retail Manager
Einzelne Funktion, die schwer
ersetzbar sind
Schwierig zu ersetzen
Schwierige Bedingungen am externen
Talentmarkt
Designer
Abb. 3: Kriterien zur Definition von Schlüsselpositionen
zung des Abwanderungsrisikos und der Positionsreife des Mitarbeiters. Hier erfolgt
zudem die Nominierung von Schlüsseltalenten. Sie wird anschließend auf Bereichsleiterebene validiert und abschließend am
so genannten Management-Round-Table
verabschiedet.
Kompetenzeinschätzung und
­Zielvereinbarung
Ein weiterer Kernprozess ist die Kompetenzeinschätzung. Ihre Grundlage bildet
ein unternehmensweiter Kompetenzkatalog, aus dem die jeweiligen Anforderungsprofile (Soll-Profile) pro Job-Familie erstellt
wurden. Dafür erfolgt eine jährliche Einschätzung der Kompetenzen und Fähigkeiten jedes Mitarbeiters (Ist-Profil). In diesem Verfahren analysiert die Führungskraft,
mit Hilfe welcher persönlichen Stärken und
fachlichen Fähigkeiten der Mitarbeiter seine
Ergebnisse erreicht hat. Durch den Abgleich
des Soll- mit dem Ist-Profil (DiskrepanzAnalyse) ergeben sich die Optimierungsbereiche jedes Mitarbeiters.
In der Überarbeitung des Zielvereinbarungsprozesses wurden je nach Bereich und Hie­
rarchieebene des Mitarbeiters unterschiedliche Zielvereinbarungspläne definiert.
Diese Pläne werden jährlich im Zielverein-
barungsmodul eingegeben und zentral hinterlegt. In diesem Prozess definieren Mitarbeiter und Vorgesetzter einmal jährlich
die individuellen Ziele, die der Mitarbeiter
im folgenden Jahr erreichen soll. Wo Zielvereinbarungen vorhanden sind, bilden sie
eine wichtige Basis für die Leistungsbeurteilung, die schließlich im Jahresrückblick die
Bonusermittlung ermöglicht.
Nachfolgeplanung
Die Nachfolgeplanung soll zum einen sicherstellen, dass für besonders wichtige Positionen im Unternehmen auch langfristig
Mitarbeiter vorhanden sind, die das Potenzial haben, diese Position zu besetzen. Zum
anderen dient sie aber auch dazu, systematisch Entwicklungsperspektiven für talentierte Mitarbeiter aufzuzeigen.
Aufgabe des Talent Management-Systems
ist es, die Planungen der Vorgesetzten zu
unterstützen und vor allem auch für die
Personalbereiche nachvollziehbar zu dokumentieren. Der Prozess der Nachfolgeplanung erfolgt sowohl innerhalb als auch außerhalb des Systems. Zunächst werden die
Planungsszenarien von den Vorgesetzten im
System hinterlegt. Diese sowie die weiteren
im System hinterlegten Hintergrundinformationen der Vorgesetzten zu den einzel253
SPECIAL: Talent Management
1
Definition
Schlüsselpositionen
ST
AR
2
5
3
Kompetenzbewertung
+ Potenzialeinschätzung
Stellen Review +
Performance Appraisal
4
T
Dez
Jan
5
Feb
Nov
Zielvereinbarung
Okt
Mar
Sep
Apr
Development Evaluation
- Talent Nominierung
- Abwanderungsrisiko
- Beförderungsreife
- Indiv. Entwicklungspläne
6
Aug
Bearbeitung erfolgt im System
Mai
Jul
Bearbeitung erfolgt
außerhalb des Systems
Jun
8
1
0
Management Round Table
Für die restlichen Schlüsselposition: Validierung der
Talente und der Nachfolgeplanung durch HR und höchste
Führungskraft im jeweiligen Bereich
9
7
HR gibt Schlüsselpositionen ein
Nachfolgeplanung
- HR validiert die
vorgeschlagenen Talents
- HR ordnet Talente zu
Schlüsselpositionen
HR bereitet Board Meeting vor
Interne Werdegänge der Talente, aktuelle
Kompetenzprofile, Einschätzung der Kompetenzen
auf Nachfolgepositionen.
Board Meeting
Die Vorstände validieren die Talente und
Nachfolgeplanung in ihren Fachbereichen
Abb. 4: Talent Management-Zyklus
nen Kandidaten werden schließlich von HR
aufbereitet und unter Moderation von HR
im Board- und Management-Round-Table
diskutiert.
Damit ergibt sich ein jährlicher Talent Management-Zyklus. Dieser beginnt mit der
Definition der Schlüsselpositionen und beinhaltet die Potenzial- und Kompetenzeinschätzung sowie Zielüberprüfung und -vereinbarung der Mitarbeiter. Der Prozess
mündet schließlich in Round-Table-Gesprächen auf Vorstands- und Bereichsleiter­
ebene (vgl. Abb. 4).
Kritische Erfolgsfaktoren
Die globale Implementierung eines Talent
Managements erfordert zwingend ein strategisches Vorgehen. Die Anforderungen müssen aus der Unternehmensstrategie abgeleitet und in eine HR-Strategie und schließlich
konkrete Prozesse überführt werden. Dabei
ist es unerlässlich, alle Beteiligten frühzeitig
einzubeziehen und deren Unterstützung zu
sichern.
254
Grundsätzlich erfordert eine solche Neugestaltung der Talentstruktur die richtige Balance von strategischer Vorgehensweise und
Pragmatismus. Auch wenn eine globale Vereinheitlichung als Ziel anvisiert wird, ist bei
der Umsetzung der einzelnen Prozesse dar­
auf zu achten, dass sich die strategischen
Anforderungen in jedem einzelnen Prozessschritt wiederfinden. Erst mit nachgelagerter Priorität ist lokalen Anforderungen
Rechnung zu tragen.
Eine globale Implementierung muss in
Schritten erfolgen, wobei immer wieder lokale Besonderheiten bei Prozess- und Systemgestaltung einzubeziehen sind. Dabei
gilt es, das übergeordnete Ziel nicht aus den
Augen zu verlieren. Schließlich geht es nicht
um die Einführung eines globalen IT-Systems, sondern um die damit transportierten
HR-Prozesse. Letztlich beinhaltet die Implementierung eines Talent ManagementSystems weniger die Einführung einer neuen Software, sondern vielmehr das Schaffen
neuer Prozesse, Aufgaben und Verantwortlichkeiten.
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