Im Blickpunkt: Holzbauphysik – die Basics – 20 – 2/2013 Energieeffiziente Holzbauten Wo wollen wir hin? Wo sind unsere Chancen? Um das Thema „Energieeffiziente Holzbauten“ ganzheitlich zu diskutieren, ist zunächst die Frage zu stellen, woraus sich die Energieeffizienz von Holzbauten zusammensetzt. Und es ist festzustellen, dass Energieeffizienz im Regelfall mit Ressourceneffizienz und mit einer Verringerung der CO2-Emissionen einhergeht. Woraus also setzt sich die Energieeffizienz von Holzbauten zusammen? Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind als Einflussfaktoren der Energieeffizienz zu nennen: Die Energieeffizienz der Rohstofferzeugung, der Produktherstellung, der Bauwerksherstellung, der Gebäudenutzung und des Recyclings/Rückbaus. Aus den vorgenannten fünf Punkten zusammen ergibt sich, dass die Energieeffizienz über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu betrachten ist. Autor: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter TU München, Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion/bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, München/Lauterbach Vom Forst bis zur Baustelle Die ersten Schritte zur energetischen und ökologischen Gesamtbilanz von Holzbauweisen haben wir in mehreren Beiträgen in den Heften 2 und 3-2012 ausführlich behandelt. Die beiden positiven Eigenschaften von Holz im Vergleich zu anderen Baustoffen – Kohlenstoffspeicherung und eingebettete Energie – sind wissenschaftlich abgesichert und können auf Basis der EPD (Europäische Produktdeklarationen) kalkuliert werden. Beim Energieaufwand für verschiedene Verfahren der Bauwerkserstellung ist die Datenbasis allerdings noch sehr dünn. Erste Vergleiche haben gezeigt, dass die Vorfertigung im Werk leichte Vorteile hat, da die Transportfälle von Personal zur Baustelle, Kranzeiten auf der Baustelle etc. deutlich verringert werden konnten. Andererseits findet die Fertigung in zumindest temperierten, geschlossenen Hallen statt (Heizkosten) und die Transportvolumen sind größer, so dass möglicherweise einige LKW-Fahrten zusätzlich anfallen. Die zunehmende Elementierung hat den Vorteil, auf umfangreiche und lange vorzuhaltende Baustelleneinrichtungen und Ausrüstungen verzichten zu können, welche natürlich auch in einer entsprechenden Energieeffizienzbilanz auftauchen müssen. Abbildung 1 zeigt die Montage eines weitgehend vorgefertigten 4-geschossigen Gebäudes in Bad Aibling – H4 – mit vollständiger Schutzfolie auf der Deckenebene, Abbildung 2 zeigt das derzeit in Schweden übliche Vorgehen mit vollständiger Einhausung der Baustelle bei nur teilvorgefertigen Elementen. Im Lebensabschnitt Herstellungsbetrieb und Baustelle gibt es noch eine Vielzahl von Möglichkeiten zum „Feintuning“, u.a. die Herstellwerke betreffend. Verbrauchsoptimierte Maschinen, energieeffiziente Heizungssteuerung oder ggf. sogar Temperaturabsenkung in der Fertigung oder die Transportoptimierung sind nur einige der zu nennenden Beispiele. Massivholz kontra Leichtbau ? Ressourcen- und Energieeffizienz ist zwangsläufig mit Materialeffizienz verknüpft. Da man beispielsweise zum Trocknen von Schnittholz eine bestimmte Energiemenge benötigt, führt eine Reduktion von getrocknetem Schnittholz oder Holzwerkstoffen in einer Konstruktion zwangsläufig auch zu einem geringeren Energieeinsatz bei der Herstellung. Dementsprechend sollte man daher erwarten, dass die Leichtbauweisen wie Holztafelbau oder sogar die extremen Leichtbauweisen wie Holztafelbau mit DoppelT-Querschnitten eindeutig auf dem Vormarsch wären. Dies ist aber nicht der Fall. Gerade im mehrgeschossigen Holzbau werden sehr häufig massive Holzkonstruktionen eingesetzt. Dies durchaus in Kombination mit Holztafelbau für die nichttragen- Abb. 1: Schnell fertiggestellte Rohdecke mit vollständiger Abdichtungsebene zum Schutz der darunter liegenden Bauteile (Foto: Fa. Huber & Sohn, Bachmehring) Abb. 2: Baustelle 8-geschossiger Holzbau Limnologen, Vaxjö, Schweden 2/2013 den und hochdämmenden Außenwandbauteile und Dachbauteile. Tragende Decken und Wände werden aber häufig aus Massivholzkonstruktionen wie Brettsperrholz oder liegendem Brettschichtholz hergestellt. Dies hat gute Gründe: Bei den mehrgeschossigen Bauweisen helfen die Massivholzkonstruktionen, sichtbare Holzbauweisen in der Gebäudeklasse 4 und 5 durchzusetzen, da sie keine Brände in gedämmten oder ungedämmten Hohlräumen zulassen, unproblematisch löschbar sind, kein Rückzündungsverhalten zeigen und damit eine robuste Konstruktion darstellen. Ebenso sind bei den vielgeschossigen Gebäuden in den unteren Geschossen sehr hohe Lasten abzutragen, was durch die massiven Teile der Wände unproblematisch und vor allen Dingen nahezu setzungsfrei möglich ist. Es ist daher sinnvoll, u.U. einen höheren Ressourceneinsatz zu akzeptieren. Nach allen derzeit vorliegenden Daten stellt die Holzverfügbarkeit zukünftig keine limitierende Größe dar, wenn die Verbrennung von Holz, das zum Bauen verwendet werden kann, keine Überhand gewinnt. Durch die massiven Holzbauteile wird eine große Menge an Kohlenstoffspeicher langfristig zur Verfügung gestellt. Deshalb ist auch in Zukunft ein intelligenter Mix zwischen Massivholz und – 21 – Im Blickpunkt: Holzbauphysik – die Basics Leichtbauweisen gerade im mehrgeschossigen Holzbau sinnvoll. Holz-Beton-Verbund In vielen Fällen ist die Kombination unterschiedlicher Werkstoffe möglicherweise die beste Lösung. Holz-Beton-Verbunddecken beispielsweise weisen im Vergleich zur reinen Betondecke ein etwas geringeres Gewicht auf, bieten aber gleichzeitig gegenüber reinen Holzkonstruktionen einen einfacher herzustellenden, erhöhten Schallschutz. Vorgefertigte Holz-BetonVerbundbauteile können zudem dazu genutzt werden, die jeweils errichteten Gebäudeteile effektiv gegen Feuchtigkeit zu schützen und – auch im Falle eines Brandes und folgendem Löschwasserangriff – die Schäden deutlich zu begrenzen. Ergänzend sei dazu angemerkt, dass gerade Betonbauteile – je nach Herkunft – über einen erstaunlich geringen Primärenergiebedarf verfügen. Wenn beispielsweise für die Betonherstellung nur gesiebte Flusskiese eingesetzt werden und die Zement- und Stahlmengen optimiert werden – wozu wiederum der Holz-Beton-Verbundbau beitragen kann – kann der erforderliche Primärenergiebedarf optimiert werden. Abbildung 3 zeigt den Entwurf eines Bausystems aus einem Wettbewerb für die Stadt Kouvola in Finnland (Architekten: Hermann Kaufmann ZT, Ingenieure: bauart Konstruktions GmbH & Co.KG) mit dem durch eine Kombination von Holzmassivbau, Holz-Beton-Verbundbau, Holzskelettbau und hochgedämmten Leichtbauelementen für die Fassade ein sehr schneller Baufortschritt genauso erzielt werden kann wie eine günstige Ökobilanz. Abb. 3: Holz-Beton-Verbund Fertigteile in Kombination mit Holzmassivbau, Holzskelettbau und Holzleichtbau. Wettbewerbsbeitrag für einen Wettbewerb der Stadt Kouvola, Finnland, 2011 (Architekten Hermann Kaufmann ZT, Dornbirn) Energieeffizienz bei Recycling / Rückbau / Endverwendung Zum Zeitpunkt der Errichtung eines Gebäudes liegen der Rückbau und damit das Recycling und eine mögliche Anzeige www.pavatex.de So einfach. So gut. Die PAVATEX-Systemgarantie ist Ihr Vorteil. Dauerhaft sicher und dicht – dafür steht die PAVATEX-Systemgarantie. Damit bietet Ihnen PAVATEX für alle Fälle rund um die Gebäudehülle die Sicherheit, die Sie brauchen. Garantiert. Gerhard David, PAVATEX Anwendungsberater Im Blickpunkt: Holzbauphysik – die Basics Endverwendung der Bauprodukte in weiter Ferne. Die am Bau unmittelbar Beteiligten, vom Planer über den Ausführenden bis zum Bauherren, werden im Regelfall davon ausgehen, dass sie den Rückbau des gesamten Gebäudes gar nicht mehr erleben. Die normative technische Lebensdauer eines Gebäudes beträgt derzeit 50 Jahre, in Realität wird die technische Lebensdauer der Gebäudekonstruktion 100, 150 oder gar 300 und mehr Jahre betragen. Dennoch – wir sollten mehr Verstand und Geld in die Recyclingfähigkeit unserer Gebäude investieren! Denn hier kann der Holzbau in Zukunft ein Pionier sein, wenn ein wenig in Forschung und Entwicklung investiert wird. Durch die Vielzahl der möglichen Schraubenverbindungen verfügt der Holzbau ja schon heute über statisch wirksame, mechanische Verbindungen, die leicht lösbar sind. Gleiches gilt für Bolzen, Passbolzen und Stabdübelverbindungen. Etwas schwieriger wird es bei den üblichen Nagel- und Klammerverbindungen, beispielsweise zur Befestigung von Beplankungen. Dazu gehört – wo immer möglich – eine leichte Rückbaumöglichkeit zu wählen und vorrangig die strikte Vermeidung von vorbeugend chemischen Holzschutz, um den zukünftigen Generationen – 22 – die Nutzung des nicht kontaminierten Holzes zu ermöglichen. Abgesehen davon erleichtert die Minimierung des Einsatzes von chemischen Stoffen auch die spätere thermische Verwertung oder sogar die Verwertung des Rohstoffs Holz als Ressource für chemische Grundstoffe. Energieeffizienz der Gebäudenutzung Der Energieverbrauch der Gebäude während ihrer Nutzung nimmt nach wie vor den Hauptumfang der Energieverbräuche und damit der CO2-Emissionen ein. Dies ist auch der Fall, wenn wir – wie derzeit üblich – die Bilanzierung nur über einen Zeitraum von 50 Jahren vornehmen. Und daraus folgt, dass der Wärmeenergiebedarf der Gebäude im Mittelpunkt der möglichen Optimierungen steht. Was also tun, was bauen? Passivhausstandard als Mindestmaß für den Neubau oder geht auch ein 3-LiterHaus noch? U-Wert der Wände noch mal halbieren und damit die Dämmung noch mal verdoppeln ? Dann wären wir im Mittel bald bei 800 m Wandstärke! Oder nur noch Plus-Energiegebäude bauen, was wegen des unvermeidbaren Energieverbrauchs während der Nutzung nur durch gleichzeitige Energieerzeugung möglich ist? Anzeige Tief stapeln - hoch laden! Tele-Sattel und Wechselsystem Typ X-SW Informationen unter +49 9234 9914-0 oder www.auwaerter.com Nun, nach persönlicher Überzeugung des Autors sind wir zumindest bei den Wandbauteilen unter Abwägung ökonomischer und ökologischer sowie gestalterischer Aspekte wohl an der Grenze des Vertretbaren angekommen. U-Werte um U = 0,1 W/m²K haben sich bauphysikalisch robust bezüglich der Feuchtesicherheit auf den Oberflächen und der Feuchtesicherheit im Bauteilinneren in allen Klimazonen bewährt und sind in der Praxis problemlos umsetzbar. Bei den Dach- und Bodenbauteilen sind möglicherweise noch geringe Potentiale verborgen. Auch hier sind aber nach Meinung des Autors die Grenzen mit U-Werten um die 0,1 W/m2K oder knapp darunter eigentlich erreicht. Dass zu einer sehr guten Energieeffizienz auch eine gute Luftdichtheit gehört, hat der Holzbau bereits verinnerlicht. Folgt man bautechnischen Empfehlungen, die seit Ende der 90er in dieser Zeitschrift und seinen condettiDetails publiziert werden, so sind regelmäßig n50-Werte von 0,5 1/h und darunter das Ergebnis – auch hier ist nach unserer Auffassung die Grenze der Sinnhaftigkeit erreicht. Am Ende der Fahnenstange? Die Fenster. Das Entwicklungspotential liegt also eher bei den transparenten Bauteilen Fenster und Türen), deren Leistungseigenschaften sicher noch weiter zu entwickeln sind. Die üblichen U-Werte zwischen 0,7 bis 1,1 W/m2K können möglicherweise noch auf ein Mittel von ca. 0,5 W/m²K verbessert werden. Jedoch ist zu beachten, dass damit meist Mehrfachverglasungen einhergehen, was wiederum entsprechende Gewichte und damit statische Erfordernisse zur Folge hat. Und bedienungsfreundlicher werden alle zu öffnenden Bauteile durch das sehr hohe Gewicht auch nicht. 2/2013 Was tun eigentlich Menschen, die sagen wir einmal kurz vor Ostern aus dem bitterkalten Helsinki ins angenehm warme Madrid fliegen? Sie tragen in Helsinki einen Pullover mehr, in Madrid einen Pullover weniger und ggf. helfen auch noch lange Unterhosen oder Shorts zur Klimaanpassung beizutragen. Anders ausgedrückt: Der Mensch ist in der Lage, mit wenigen Handgriffen die ‚Klimahülle Kleidung’ den gerade herrschenden äußeren Klimabedingungen anzupassen. Bei unserer heutigen Fenstertechnologie und Fassadentechnik ist dies allerdings noch lange nicht der Fall. Fenster werden heute üblicherweise für die kalte Jahreszeit optimiert, sollen also einen möglichst geringen Wärmeverlust aufweisen. Gleichzeitig reduziert das üblicherweise den Strahlungsdurchlass, was wiederum zur deutlichen Reduzierung der Strahlungsgewinne führt. Leider ist es immer noch nicht gelungen, auch ökonomisch vertretbare Kastenfensterkonstruktionen zu entwickeln, welche eine einfache Anpassung an Sommer- und Winterfall und die kurzfristige Anpassung an die gerade herrschenden Witterungsbedingungen ermöglichen. In Abbildung 4 sind solche Schiebe- oder Gleitelemente angedeutet, die es ermöglichen könnten, der Gebäudehülle den Pullover an- oder auszuziehen. Wo also sind die Holzbauer, die sich mit den Fensterbauern zusammentun und – gerne mit universitärer Unterstützung – eine deutliche Weiterentwicklung anstoßen? Zusätzlich zu den bisher betrachteten Wärmeschutzeigenschaften der Hülle in den kalten Jahreszeiten, wird in Zukunft die Vermeidung von erforderlichen Kühllasten im Sommer von Bedeutung sein. Bekanntermaßen spielt hier u.a. die im Gebäude zur Verfügung stehende Wärmespeicherkapazität eine Rolle, 2/2013 welche hilft, Temperaturspitzen zu dämpfen bzw. Nachtkühlung durch Lüftung zu unterstützen. Daraus entsteht die Notwendigkeit, Speichermassen bereit zu stellen und damit ein gewisser Widerspruch bezüglich der Ressourceneffizienz. Zusammenfassend kann man bezüglich der Energieeffizienz der Gebäudehülle sagen, dass Energieverbräuche zwischen dem Niveau eines Passivhauses und einem „3-LiterHaus“ und damit einem Heizwärmebedarf (incl. Lüftung) zwischen 15 kWh/m2a und 30 kWh/m2a in Abhängigkeit von der Klimazone sinnvolle Grenzen sind, deren weitere Unterschreitung derzeit ökologisch, ökonomisch und gestalterisch nicht sinnvoll erscheint. Technische Gebäudeausrüstung Für energieeffiziente Gebäude wird eine intelligente Integration der technischen Gebäudeausrüstung von hoher Bedeutung sein. Sofern die oben angeführten Thesen zutreffend sind, dann wird in Zukunft eine Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden nur noch durch die technische Gebäudeausrüstung ermöglicht werden. Leider ist der Holzbau von einer effizienten Integration der Haustechnik in den eigenen Fertigungs- und Vorferti- gungsprozesses genau so weit entfernt, wie andere vorgefertigte Bauweisen, sieht man mal von vereinzelten Leerrohren für Elektroinstallationen etc. ab. Es ist und bleibt das aktuelle Ärgernis, dass wir zwar in der Lage sind, in kürzester Zeit eine wind- und wasserdichte, hochgedämmte Gebäudehülle herzustellen, dann aber über viele Wochen – manchmal gar Monate – hinweg mit der mühsamen Einzelinstallation der technischen Gebäudeausrüstung beschäftigt sind. Auch das kostet Energie und ist meist wenig energie- und ressourceneffizient! Auch wenn bereits einige Ansätze gescheitert sind, eine weitergehende Integration der Haustechnik voranzutreiben – siehe beispielsweise die allseits bekannten Rosenheimer Häuser – so sollte doch weiter entwickelt und geforscht werden, um diese Integration herstellen zu können. Zu einer optimierten luftdichten Hülle gehört natürlich auch ein effizientes Lüftungssystem, das die hygienische Grundlüftung sicherstellt. Hier besteht nach wie vor Entwicklungsbedarf bei der Vereinfachung der Systeme. Wir müssen energieeffiziente Beleuchtungs-Systeme ebenso wie energieeffiziente Heizungsund Warmwassersysteme integrieren. Gleichzeitig wird der Wunsch geäußert, im Sommer mehr zu kühlen als bisher und [ DÄMMSTÄRKE ] ISOCELL Zellulosedämmung, der verschnitt- und setzungsfreie Einblasdämmstoff für Neu-, Ausund Umbau zeigt die volle Stärke. Unschlagbar in Verarbeitung und Qualität! Anzeige Lohnabbund Lohnabbund und und Massiv-Holz-Mauer Massiv-Holz-Mauer Lohnabbund aus undSachsen Massiv-Holz-Mauer aus Sachsen aus Sachsen Abbundzentrum Dahlen GmbH & Co. KG Abbundzentrum & Co. KG Abbundzentrum Dahlen Dahlen GmbH GmbH & Co. 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A T Im Blickpunkt: Holzbauphysik – die Basics 2/2013 – 24 – Abb.4: Typisches Gebäude der 50iger Jahre in Espoo; vor und nach energetischer Ertüchtigung mit vorgefertigten Holzfassaden (Computeranimation: Kimmo Jebens, Aalto Universität) Vorher nicht wenige gibt es, die auch im Urlaub über Handy oder Computer genau wissen möchten, was denn eigentlich zu Hause gerade los ist. Natürlich ist dieses große Feld der Entwicklungen nicht dem Holzbau alleine vorbehalten. Entsprechende Ansätze wird es in allen anderen Bauarten geben. Aber der Holzbau hat möglicherweise die besten Voraussetzungen. Dabei muss das rechte Maß gefunden werden. Wenn wir in 20 Jahren unsere Gebäude nur noch mit ordnerdicken Handlungsanweisungen für alle Systeme ausliefern können – siehe ein modernes Fahrzeug – der Nutzer die Handlungsanweisung aber ohnehin nicht oder nur bruchstückweise lesen wird, dann werden wir vor lauter Technik gar nicht mehr wissen, welche Fragen wir mit dieser Technik eigentlich beantworten wollen. Wir suchen also nach der Balance zwischen der Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden mittels technischer Gebäudeausrüstung und gleichzeitiger Robustheit, Bedienbarkeit und „Menschlichkeit“ unserer Bauwerke. Plusenergiegebäude Zunächst sei eine kritische Anmerkung zu den Wortschöpfungen „Null-Energiehaus“ oder „Plusenergie-Gebäude“ gestattet. Beide Begriffe sind möglicherweise ein Nachher – energetisch mit Holzfertigbau ertüchtigt wenig missweisend, denn eindeutig ist, dass wir sowohl zur Errichtung als auch zum Betrieb eines Gebäudes und später zum Rückbau Energie aufwenden müssen. Es ist und wird wohl eine physikalische Gegebenheit bleiben, dass Heizen, Kühlen, Warmwasserbereitung, Kochen usw. ebenso wie das Herstellen eines Stücks Schnittholzes oder einer Betondecke schlichtweg Energie verbrauchen. Hilfreich wäre daher zunächst eine klare Definition vorzugeben. Aus Sicht des Autors sollte klargestellt werden, dass ein NullenergieGebäude nur ein Gebäude sein kann, welches in der Summe die zur seiner Herstellung und die für eine 50jährige Betriebsdauer erforderliche Energiemenge innerhalb eben dieser 50jährigen Betriebsdauer produzieren kann. Mehr noch – auch Herstellungsund Betriebsaufwand der Energiegewinnungsanlage muss durch die Erzeugung energetisch amortisiert werden. Nimmt man diese Definition nur halbwegs ernst, so wird klar, dass das Gebäude ein Energiegenerator werden muss. Das ist zunächst auch sinnvoll, da ein Gebäude ohnehin verbrauchte Fläche darstellt. Es ist sicher sinnvoll, diese und die ohnehin vorhandene Infrastruktur (z.B. Stromanschluss) zur Energiegewinnung zu nutzen. Sonnenenergie sammeln, speichern, nutzen Ein echtes Plus lässt sich damit aber wohl nur über die Generierung solarer Gewinne realisieren. Bleiben wir also bei der Energiegewinnung über die Gebäudehülle. Hier können solare Einträge durch Fensterflächen über Wärmepumpensysteme zwischengespeichert werden. Ebenso können an Dach und Fassade Photovoltaiksysteme installiert werden. Zunehmend werden in Zukunft Absorbersysteme aller Art von Interesse sein, mit denen es gelingt, eingestrahlte Sonnenenergie über einen Wärmeträger, in Zwischenspeicher abzugeben und von dort bei Bedarf wieder zu entnehmen. Die derzeit schon als Prototypen eingesetzten Eisspeicher sind dabei möglicherweise eine entscheidende Weiterentwicklung. Ebenso gibt es zwischenzeitlich eine Reihe von Pilotgebäuden, die über die gesamte Fassadenfläche und über kombinierte Photovoltaik-Absorberelemente im Dach nicht nur Strom, sondern auch Wärme gewinnen und zwischenspeichern. Neben Absorbersystemen sind auch Kombinationen mit Algenfassaden oder Ähnlichem denkbar. Bei all diesen Systemen muss der Holzbau aber zwei Nachteile überwinden: Er kommt im Regelfall mit geringerer Masse daher und er verwendet einen durch holzzerstörende Pilze und Insekten angreifbaren Werkstoff, muss also insbesondere für eine dauerhafte und zuverlässige Trockenheit seiner Wandbauteile sorgen. Dies gilt gleichermaßen für von außen anfallende Feuchtigkeit wie Schlagregen und für Feuchtigkeiten, die im Bauteilinneren durch Konvektion oder Diffusion entstehen. Ob es dem Holzbau bei den Plusenergiehäusern gelingen wird wie bei den Passivhäusern eine Vorreiterrolle einzunehmen, ist derzeit leider völlig ungewiss. Die doch überwiegend kleinteilige Struktur des Holzbaus ist hier möglicherweise ein starker Nachteil. Und anders als bei der Entwicklung der Passivhäuser bewegen wir uns heute nicht in einer Nische sondern im „Mainstream“! Neubau und Bestand So schön es ist, energieeffiziente Neubauten zu errichten, umso wichtiger ist die energetische Sanierung unseres Gebäudebestandes. Der Holzbau hat auf diesem Sektor durch vorgefertigte Fassadenelemente, zusätzliche Dämmung von Dachbauteilen, Aufstockungen und Ergänzungen eine Vielzahl von Möglichkeiten, dass ist in den letzten Jahren hinreichend diskutiert worden (vgl. auch das Special im Heft 3-2001). Und die Möglichkeiten sind 2/2013 nicht nur auf Deutschland beschränkt! Es ist innerhalb der Europäischen Union unstreitig, dass mindestens 2% des Gebäudebestandes pro Jahr energetisch saniert werden müssten, um die Ziele der CO2-Reduzierung zu erreichen. Die derzeitige Quote beträgt in den meisten Ländern – auch in der Bundesrepublik Deutschland – nicht einmal 1 %. Hier liegt das größte Potential für den Holzbau – und dann entstehen eben kombinierte Massivbau-Holzbau-Häuser. Abbildung 5 zeigt ein Beispiel aus Tapiola, einem Stadtteil von Espoo – typische standardisierte Bauweisen der 50iger Jahre, energetisch nicht mehr akzeptabel, in der Grundsubstanz aber relativ in Ordnung. Energieeffizienz bedeutet hier möglichst viel zu erhalten, Rückbau und Abriss so klein wie möglich zu halten und die Gebäude für die nächsten 100 Jahre fit zu machen. Die größte Herausforderung im Bestand ist dabei die Renovierung im laufenden Betrieb und gerade hier kann der Holzbau durch seine Vorfertigung hocheffiziente Lösungen anbieten – wenn sich in Zukunft genügend Betriebe des Geschäftsfeldes annehmen! Fazit Da in Zukunft durch die deutlich verringerten Energieverbräuche während des Betriebes eines Gebäudes die Errichtungs- und Rückbauphasen prozentual wesentlich größeren Einfluss auf die Gesamtprimärenergiebilanz und damit auch auf die CO2-Emmissionsbilanz eines Gebäudes haben werden, muss von einem gesamtheitlicheren Ansatz der Beurteilung der Energieeffizienz von Gebäuden ausgegangen werden. Der Holzbau startet hier – wie bei der Entwicklung der Passivhäuser – eindeutig aus der Pole-Position. Ob man sie ausnutzen kann, wird davon abhängen, ob es gelingt, die Industrialisierung des Holzbaus und damit auch die Bildung größerer Betriebs- einheiten voranzutreiben. Der Holzbau hat eine Riesenchance, um in Zukunft gerade im mehrgeschossigen Bauen extrem energieeffiziente Gebäude anzubieten. Aber es Bedarf dazu größerer Unternehmen, denn die Projektumfänge übersteigen schnell den einstelligen Millionenbereich. Dazu wird es noch mehr als bei der Entwicklung des Passivhauses einer Kooperation mit anderen Branchen bedürfen, was wiederum mit größeren Betrieben leichter gelingen wird als mit sehr kleinen und zersplitterten Strukturen. Es tut sich ein gigantischer Markt auf! Ob ihn der Holzbau bedienen kann, wird davon abhängen, ob er erneut seine Flexibilität nutzt, um neben der Weiterentwicklung der Baukonstruktionen und Prozesse nun auch eine Veränderung der Betriebsstrukturen herbeizuführen. Holz her! WBS 140 DIE ABBUNDMASCHINE FÜR DEN ZIMMERMANN Literatur [1] Kuittinnen, M; et. al.: € CO2 – Wood in carbon efficient construction. Forschungsbericht und Buchveröffentlichung in Vorbereitung. Grafikdesign Takano, A.. Aalto University of Helsinky et. al., 2013. >> VOLLE BEARBEITUNGSFLEXIBILITÄT durch Integration des 9-fach Werkzeugwechslers sowie den Einsatz von 5-Achstechnik [2] DIN EN 15804:2012-04: Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Grundregeln für die Produktkategorie – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte. >> HOCHAUFLÖSENDES POSITIONIERSYSTEM MIT PRÄSZISIONSFÜHRUNGEN [3] Ökobau.dat – Deutschen Baustoffdatenbank für die Bestimmung globaler ökologischer Wirkungen. 2011. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Referat Nachhaltiges Bauen, 10117 Berlin. http://www.nachhaltigesbauen.de/ baustoff-und-gebaeudedaten/oekobaudat.html [4] ecoinvent – Internationales Datensystem zur zentralen Erfassung, Berechnung, Verwaltung und zum Anbieten von Ökobilanzdaten. Empa/ Technology & Society Lab (TSL), Lerchenfeldstrasse 5, 9014 St. Gallen. http://www.ecoinvent.ch >> VERSCHNITTOPTIMIERUNG MIT EINEM NUTZUNGSGRAD VON BIS ZU 98% Flexibles Arbeiten auf hohem Niveau - durch Lösungen von WEINMANN Besuchen Sie uns in Halle 15 I Stand C 24 WEINMANN Holzbausystemtechnik GmbH Forchenstr. 50 D-72813 St. Johann-Lonsingen Tel. +49 7122 8294-0 Fax +49 7122 829452-066 [email protected] www.weinmann-partner.de