Vorlesung Grundlagen PSOM Schmerz - WS 2014-15

Werbung
Vorlesung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Einführung in die Psychosomatische
Medizin und Psychotherapie
Prof. Dr. med. Christoph Herrmann-Lingen
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Psychosomatik =
Wissenschaft und Heilkunde von den Wechselbeziehungen
psychosozialer und körperlicher Faktoren
in ihrer Bedeutung für
Gesundheit und Krankheit von Menschen
(v. Rad)
Körper
Seele
(„soma“)
(„psyche“)
Schmerz –
eine Grundform menschlichen Leidens
Psychosomatische Aspekte chronischer Schmerzen
Schmerz-Definition
Schmerz ist eine unangenehme
sensorische und emotionale Erfahrung,
die mit tatsächlichen oder potenziellen
Gewebeschädigungen assoziiert ist
oder mit Begriffen solcher Schädigungen
beschrieben wird.
(IASP; Merskey 1986)
Akuter Schmerz –
Ein notwendiges Körpersignal
Descartes 1649
Körperschmerz – Seelenschmerz
Körperschmerz – Seelenschmerz
Fremder Schmerz = eigener Schmerz;
Singer T et al., Science 2004
„Does rejection hurt?“
Eisenberger NI et al., Science 2003
Körperschmerz – Seelenschmerz
Empathische Schmerzwahrnehmung
Jackson PL et al., Neuroimage 2005
Körperschmerz – Seelenschmerz
Empathische Schmerzwahrnehmung
Jackson PL et al., Neuroimage 2005
Interaktionelle Bedeutung des Schmerzes
• Wahrnehmung der Schmerzen
Anderer aktiviert das eigene
zerebrale Schmerzverarbeitungssystem (Jackson et al. 2005)
• Schmerz als wirksame soziale
Botschaft
• Sek. Krankheitsgewinn durch
Schmerz
• Mögliche Folge:
Pat. „braucht“ den Schmerz ⇒Chronifizierung
Ebenen der Qualifikation im Medizinstudium
• Erwerb von Faktenwissen („Klausurwissen“)
z.B. Krankheitsbilder, Therapieverfahren
• Erwerb von Fertigkeiten („OSCE-Können“)
z.B. Kommunikationstechniken
• Erwerb von Haltungen (Ärztliche Grundhaltung)
z.B. „ganzheitliches“, biopsychosoziales Verständnis
von Gesundheit und Krankheit; Patientenzentrierung
Ch. Herrmann-Lingen, UMG, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Trainingszentrum
psychosomatische Diagnostik
www.inmedea-simulator.net
•
Gefördert aus Studienbeiträgen
•
Kostenloser Zugangscode b.Bed. bei Herrn Lajcsak
•
Bitte Initial-Passwort ändern!
•
Vor-/Nachbereitung der Vorlesungen
•
Training zur Vorbereitung auf UaK / Seminar
•
Training jederzeit möglich
•
Bitte an Evaluation teilnehmen!
Von der biopsychosozialen
Anamnese zur Therapieplanung
Symptomatik
Art, Intensität, Auslöser, Verlauf,
Beeinträchtigung etc.
Somatische Faktoren
Vorerkrankungen, Medikation,
klinische u. apparative Befunde
Psychosoziale Faktoren
Diagnose
Therapieplan
Psychopathologie, äußere
Belastungen, innere Konflikte etc.
(Nach ICD-10)
Modelle der Entstehung
psychogener Symptome
• Konfliktmodell: reaktualisierte Entwicklungskonflikte
• Defizitmodell: anhaltende Entwicklungsdefizite
• Traumamodell: erlittene traumatische Schädigung
• Lernmodell: verfehlte Lernvorgänge
• Erweiterte Konzepte („biopsychosoziales Modell“)
Modelle der Entstehung
psychogener Symptome
• Konfliktmodell: reaktualisierte Entwicklungskonflikte
Z.B. (unbewusste)
um
• Defizitmodell:
anhaltendeKonflikte
Entwicklungsdefizite
Triebimpuls vs. Überich-Verbot
• Traumamodell:
erlittene traumatische Schädigung
(„Versuchungs-Versagungs-Situationen“)
Widersprüchliche
Bedürfnisse
• Lernmodell:
verfehlte Lernvorgänge
(Autonomiebedürfnis vs. Abhängigkeitswunsch,
vs. Autarkie)
• ErweiterteVersorgungswunsch
Konzepte („biopsychosoziales
Modell“)
Modelle der Entstehung
psychogener Symptome
• Konfliktmodell: reaktualisierte Entwicklungskonflikte
• Defizitmodell: anhaltende Entwicklungsdefizite
Psychische Strukturen aufgrund Vernachlässigung,
• Traumamodell:
erlittene traumatische Schädigung
Misshandlung etc. mangelhaft entwickelt bzw. nicht
durchgängig verfügbar, z.B.
• Lernmodell:
verfehlte Lernvorgänge
Ich-Funktionen (Selbst-/Fremdwahrnehmung,
• ErweiterteAntizipationsfähigkeit,
Konzepte („biopsychosoziales
Modell“)
Selbststeuerung)
Stabiles Selbstwertgefühl
Bindungsfähigkeit / Beziehungsregulation
Modelle der Entstehung
psychogener Symptome
• Konfliktmodell: reaktualisierte Entwicklungskonflikte
• Defizitmodell: anhaltende Entwicklungsdefizite
• Traumamodell: erlittene traumatische Schädigung
• Lernmodell:
verfehlte
Schwere
bzw.Lernvorgänge
repetitive psychische
Traumatisierung mit Ohnmachtserleben bzw.
• ErweiterteReizüberwältigung
Konzepte („biopsychosoziales
führt zum VerlustModell“)
ursprünglich vorhandener psychischer
Kompetenzen.
Modelle der Entstehung
psychogener Symptome
• Konfliktmodell: reaktualisierte Entwicklungskonflikte
• Defizitmodell: anhaltende Entwicklungsdefizite
• Traumamodell: erlittene traumatische Schädigung
• Lernmodell: verfehlte Lernvorgänge
Lernvorgänge
(klassische Modell“)
• ErweiterteVerfehlte
Konzepte
(„biopsychosoziales
Konditionierung, operantes bzw. soziales Lernen)
führen zur Verknüpfung neutraler Umweltreize mit
bedrohlicher affektiver Bedeutung und ggfs.
begleitendem physiologischem Arousal
Schmerz-Chronifizierungs-Kreislauf
Gefühle
Verhaltensänderung
Gedanken
Interaktionelle
Bedeutung
Schmerzwahrnehmung
/ -erinnerung
Sekundäre
Schmerzquellen
Primärer Auslöser
(somatisch / psychisch, z.B. Konflikt)
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung
(ICD-10 F45.40)
• Vorherrschende Beschwerde:
– andauernder, schwerer und quälender Schmerz
– durch somatische Schädigung / Störung nicht hinreichend erklärt
– beträchtlich gesteigerte persönliche / medizinische Unterstützung
• Auftreten in Verbindung mit emotionalen
Konflikten oder psychosozialen Problemen,
denen die Hauptrolle für Beginn, Schweregrad,
Exazerbation oder Aufrechterhaltung der Schmerzen
zukommt.
Chronische Schmerzstörung mit
somatischen und psychischen Faktoren
(ICD-10 F45.41)
• seit mindestens 6 Mon. bestehende Schmerzen
in einer oder mehreren anatomischen Regionen
• Ausgangspunkt in einem physiologischen Prozess
oder einer körperlichen Störung.
• Psychische Faktoren mit wichtiger Rolle
für Schweregrad, Exazerbation oder Aufrechterhaltung
• klinisch bedeutsames Leiden und Beeinträchtigungen
in wichtigen Funktionsbereichen
• Nicht absichtlich erzeugt oder vorgetäuscht
Umgang mit Patienten
mit chronischen Schmerzen
Allgemeine Maßnahmen
• Ausführliche biopsychosoziale Anamneseerhebung
• Ernstnehmen beider Symptomebenen
• Angepasste somat. Diagnostik,
Wiederholung nur bei eindeutig neuen Aspekten
• Information über Befunde u. Irrmeinungen
• Ggfs. symptomat. medikam. Behandlung
(Cave NW / Abhängigkeit!)
Interaktionsprobleme beim Umgang
mit chronischen Schmerzpatienten
• “schwierige” Patienten durch:
- Inkonsistenz zwischen Beschwerden und Befund
- Fixierung aufs Organische / forderndes Verhalten
• Beruhigung oder „Bestrafung“ durch unnötige /
invasive Diagnostik oder „Pseudobehandlung“
• Nicht-Ernstnehmen, Entwerten, Wegschicken
• Hilfen gegen eigene Hilflosigkeit und Ärger:
Fallkonferenzen, Supervision, Balintgruppe
Ärztliche Haltung beim Umgang mit
chronischen Schmerzpatienten
• Kontrolle von "Gegenübertragung"
(Enttäuschung, Wut, Ärger, Ohnmacht)
• kein therapeutischer Nihilismus,
aber auch keine Heilung
• Akzeptanz des Leidens der Patienten
• langfristige Betreuung mit Steuerung
der Inanspruchnahme
• Motivation zu sinnvollen therapeutischen
Maßnahmen
Psychotherapie bei
chronischen Schmerzstörungen
• Psychotherapie gut bewährt Verhaltenstherapie und psychodynamische Therapie
• komorbide psychische Störungen bei der Behandlung
beachten
• chronische Schmerzen als Symptom thematisieren,
zusätzlich Aktivierung und „Training“ notwendig.
• Motivationsförderung durch Erstbehandler /
integrierte interdisziplinäre Behandlung wichtig
Multimodale Therapie für Patienten mit
chronischer Schmerzstörung
• Ziele: Reduktion der Symptomatik, Bewältigungs-,
Funktions- und Arbeitsfähigkeit verbessern,
• Psychotherapeutische Maßnahmen unter Integration
von
- Informationsvermittlung,
- Entspannungsverfahren,
- Sporttherapie,
- Bewältigungsstrategien,
- ggf. Antidepressiva
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Praktikum / Seminar / Klausur
• Seminar und Praktikum im Block (16 Stunden / 2 Tage):
–
–
–
–
–
Anamneseerhebung und biographisches Verständnis
Grundlagen der Psychotherapie,
Video- und Live-Interviews in Demonstrationsgruppe,
Anamneseerhebung in Kleingruppen,
eigenständige Erarbeitung eines Behandlungsplanes
• Klausur:
20 Fragen Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Ch. Herrmann-Lingen, UMG, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Hinweise zum Skript
•
Skript = Informationsgrundlage und Orientierungshilfe für
das Fach Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie
•
Zum Durcharbeiten oder zur punktuellen Information
•
Zur Weiterverwendung (Blockpraktika, Famulaturen, PJ)
•
Klausurrelevante Fragen durch Skript abgedeckt.
Durcharbeiten des Skripts aber keine unabdingbare
Voraussetzung für Klausur.
•
Im Netz unter www.psychosomatik.uni-goettingen.de
•
Kritik und Anregungen zur weiteren Verbesserung
willkommen.
Ch. Herrmann-Lingen, UMG, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Literatur
Hoffmann, S. O. u.a. (2009):
Neurotische Störungen und Psychosomatische Medizin.
8. erweiterte Auflage, Stuttgart: Schattauer
Schüßler, G. (2011): Medizinische Psychologie, Psychosomatik und
Psychotherapie systematisch.
4. Auflage, Bremen: Uni-Med
Rudolf, G. & Henningsen P. (2013):
Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik.
7. Auflage, Stuttgart: Thieme
Uexküll, Th. von (2011): Psychosomatische Medizin.
7. Auflage, München: Urban & Fischer
Ch. Herrmann-Lingen, UMG, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Herunterladen