Lineare Algebra 1 - Mathematik, TU Dortmund

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Lineare Algebra 1
Detlev W. Hoffmann
WS 2013/14, TU Dortmund
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Mengen und Zahlen
1.1
Mengen und Abbildungen
Eine Menge ist eine Zusammenfassung wohlunterscheidbarer Objekte unserer Anschauung/unseres Denkens/unserer Vorstellung zu einem Ganzen. Diese Objekte
nennt man die Elemente der Menge. Man schreibt für ein Element x und eine
Menge M :
• x ∈ M falls x ein Element von M ist;
• x 6∈ M falls x kein Element von M ist.
Notation.
• N = {1, 2, 3, . . .} die natürlichen Zahlen ohne die Null;
• N0 = {0, 1, 2, 3, . . .} die natürlichen Zahlen mit der Null;
• Z = {. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .} die ganzen Zahlen;
• Q = { ab | a ∈ Z, b ∈ Z, b 6= 0} die rationalen Zahlen;
• R die reellen Zahlen;
• C die komplexen Zahlen;
• die leere Menge ∅ oder { }.
Definition 1.1.1. Eine endliche Menge ist eine Menge, die nur endlich viele Elemente enthält. Die Mächtigkeit (oder Kardinalität) einer Menge M , in Zeichen
|M | oder #M , ist die Anzahl der verschiedenen Elemente in der Menge M .
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Beispiel. Verschiedene Weisen, Mengen zu beschreiben, z.B. die geraden natürlichen Zahlen:
• Aufzählung (Auflisten): {2, 4, 6, . . .}
• Beschreibung der Elemente: {x | x ∈ N und x gerade}
• Beschreibung als Teilmenge: {x ∈ N | x gerade}
• Beschreibung der Bildungsvorschrift: {2m | m ∈ N}
Beispiel. Die positiven reellen Zahlen:
R>0 = {x | x ∈ R ∧ x > 0} = {x ∈ R | x > 0} = {x2 | x ∈ R ∧ x 6= 0}
(hier: ∧ bezeichnet das logische “und”).
Definition 1.1.2. Seien A und B zwei Mengen. A ist eine Teilmenge von B,
falls für jedes x ∈ A auch x ∈ B gilt, in Zeichen A ⊂ M oder A ⊆ M (beides
erlaube hier Gleichheit der Mengen). Man spricht dann auch von einer Inklusion
von A in B.
Eine strikte/echte Teilmenge, strikte/echte Inklusion, in Zeichen A ( B oder
A $ B, liegt vor wenn A ⊆ B und A 6= B gilt.
Beispiel. N $ Z $ Q $ R $ C. Aber: Z 6⊆ N.
Für jede Menge M gilt: M ⊆ M , ∅ ⊆ M .
Beispiel. ∅ ∈ {∅, {∅}}, aber auch ∅ ⊆ {∅, {∅}}, und auch {∅} ∈ {∅, {∅}},
{∅} ⊆ {∅, {∅}}.
Definition 1.1.3 (Operationen mit Mengen). Seien A, B Mengen.
• Durchschnitt A ∩ B = {x | x ∈ A ∧ x ∈ B};
• Vereinigung A ∪ B = {x | x ∈ A ∨ x ∈ B} (hier: ∨ bezeichnet das
logische “oder”);
• Differenz A \ B = {x | x ∈ A ∧ x 6∈ B};
• disjunkte Vereinigung (kein besonderes Zeichen, oder
in der Vereinigung A ∪ B zusätzlich gilt A ∩ B = ∅;
disjunkt
∪
˙ falls
oder ∪)
• Ist eine Grundmenge M fest vorgegeben und gilt A ⊆ M , so ist das
Komplement von A (in M ) die Menge M \ A. Man spricht oft nur vom
Komplement von A wenn klar ist, welche Grundmenge vorgegeben ist. Dies
wird im Weiteren kaum benötigt. In der Literatur wird das Komplement
manchmal mit A bezeichnet (dies ist schlecht, da diese Bezeichnung auch
oft anders verwendet wird) oder mit Ac oder ähnlichen Bezeichnungen.
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Definition 1.1.4. Das kartesisches Produkt A × B zweier Mengen A und B ist
die Menge der geordneten Paare (a, b), a ∈ A, b ∈ B. Sind a, a0 ∈ A, b, b0 ∈ B,
so gilt (a, b) = (a0 , b0 ) genau dann wenn a = a0 und b = b0 .
Verallgemeinerung: A1 ×. . .×An ist die Menge der geordneten n-Tupel (a1 , . . . , an ),
ai ∈ Ai . Ähnlich zu oben gilt: zwei n-Tupel sind gleich genau dann wenn die
jeweiligen Komponenten übereinstimmen.
Notation: An = A
. . × A}
| × .{z
n mal
Satz 1.1.5. M , N endliche Mengen =⇒ |M × N | = |M | · |N |.
Bemerkung. Die beiden Mengen {1, 2} und {2, 1} (als Teilmengen von N) sind
gleich. Die beiden Paare (2-Tupel) (1, 2) und (2, 1) in N2 sind verschieden.
Definition und Satz 1.1.6. Potenzmenge einer Menge M :
P(M ) = {A | A ⊆ M }.
Falls M endlich, |M | = n, dann gilt |P(M )| = 2n .
Notation. Symbole aus der Logik:
• ∀ “für alle”;
• ∃ “es existiert”;
• ∃! “es existiert genau ein . . . ”;
• =⇒ “impliziert” oder “aus. . .folgt” (mit der entsprechenden Umkehrung
⇐=);
• ⇐⇒ “genau dann wenn” oder “ist äquivalent zu”;
• A :⇐⇒ B bedeutet “A wird durch B definiert”.
Definition 1.1.7. X, Y zwei nichtleere Mengen. Eine Abbildung von X nach
Y ist eine Vorschrift, die jedem x ∈ X genau ein y ∈ Y zuordnet, in Zeichen
y = f (x) (“f von x”). Die Abbildung schreibt man oft in der folgenden Form:
f : X → Y : x 7→ f (x)
f (x) bezeichnet das Bild von x unter f ; X ist der Definitionsbereich ; Y ist der
Zielbereich oder die Zielmenge; Elemente von X heißen auch Argumente.
Bemerkung. Zwei Abbildungen sind gleich wenn: gleiches f , gleicher Definitionsbereich und gleiche Zielmenge.
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Beispiel. (1) Drei verschiedene Abbildungen:
f : N → N : x 7→ x2
g : Z → N0 : x 7→ x2
h : Z → Z : x 7→ x2
(2) Reelle Funktionen aus der Analysis sind Abbildungen:
sin : R → R : x 7→ sin(x)
exp : R → R : x 7→ ex
(3) Für eine Menge M : f : P(M ) → N0 : A 7→ |A|.
(4) Darstellung durch Wertetabelle: f : {1, 2, 3, 4, 5} → {g, u}
1 2 3 4 5
x
f (x) u g u g u
(5) Bildliche Darstellung von Abbildungen zwischen Mengen durch “Pfeile” von
einer Menge (Definitionsbereich) in eine andere (Zielmenge).
(6) f : N → N : x 7→ x − 1 ist keine Abbildung (wieso?).
Definition 1.1.8. Gegeben seien eine Abbildung f : X → Y und A ⊆ X.
f (A) = {f (a)|a ∈ A} ist das Bild von A unter f ; f (X) ist das Bild oder die
Bildmenge von f .
Sei B ⊆ Y . f −1 (B) = {a ∈ X|f (a) ∈ B} ist das Urbild von B unter f .
Notation falls B = {b}: f −1 (b) statt f −1 ({b}).
Beispiel. In vorherigem Beispiel (1): f ({1, 2, 3}) = {1, 4, 9}; f −1 ({10, 25, 70, 100}) =
{5, 10}; f −1 ({10, 11, 12, 13, 14, 15}) = ∅.
h({−2, −1, 0, 1, 2}) = {0, 1, 4}; h−1 ({100, 101, 102, . . . , 1000}) = {±10, ±11, ±12, . . . , ±31};
h−1 (−1) = ∅.
Definition 1.1.9. Sei f : X → Y eine Abbildung.
• f injektiv :⇐⇒
[∀x, x0 ∈ X : f (x) = f (x0 ) =⇒ x = x0 ] (⇐⇒ [∀x, x0 ∈ X : x 6= x0 =⇒
f (x) 6= f (x0 )]
• f surjektiv :⇐⇒
[∀y ∈ Y : ∃x ∈ X : f (x) = y] (⇐⇒ [f (X) = Y ])
• f bijektiv :⇐⇒ f injektiv und surjektiv.
Definition 1.1.10. Sei f : X → Y eine Abbildung. Die Menge Γf = {(x, f (x)) | x ∈
X} ⊂ X × Y , heißt der Graph von f .
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Als Beispiel der Graph von f : R → R : x 7→ x2 als Diagramm in R2 .
Definition 1.1.11. Seien f : X → Y , g : Y 0 → Z Abbildungen mit Y ⊆ Y 0 .
Die Komposition g ◦ f : X → Z (oder Verknüpfung, Verkettung, Hintereinanderausführung ) ist definiert durch g ◦ f (x) := g(f (x)) für alle x ∈ X.
Bemerkung 1.1.12. Ist h : Z 0 → W eine weitere Abbildung mit Z ⊂ Z 0 , so
gilt die Assoziativität der Verknüpfung: h ◦ (g ◦ f ) = (h ◦ g) ◦ f .
Definition und Bemerkung 1.1.13. Die identische Abbildung auf einer Menge
X ist definiert als idX : X → X : x 7→ x.
Falls f : X → Y , so gilt f = idY ◦f = f ◦ idX .
Definition und Satz 1.1.14. Sei f : M → N eine Abbildung.
(i) f injektiv ⇐⇒ ∃g : N → M mit g ◦ f = idM .
(ii) f sujektiv ⇐⇒ ∃h : N → M mit f ◦ h = idN .
(iii) f bijektiv ⇐⇒ ∃k : N → M mit k ◦ f = idM und f ◦ k = idN .
(iv) Angenommen f bijektiv. Dann heißt die Abbildung k in (iii) Umkehrabbildung von f . Sie ist eindeutig bestimmt und bijektiv. Man schreibt dann
auch k = f −1 (nicht zu verwechseln mit der Notation, die man beim Urbild
verwendet!!!). Es gilt dann k −1 = f , also (f −1 )−1 = f .
Definition 1.1.15. Eine Menge M ist gleichmächtig zu einer Menge N :⇐⇒ ∃
Bijektion f : M → N .
Eine unendliche Menge M ist abzählbar unendlich falls M gleichmächtig zu N
ist, andernfalls ist sie überabzählbar.
Bemerkung. M gleichmächtig zu N ⇐⇒ N gleichmächtig zu M (Umkehrabbildung!).
|M | = n ∈ N ⇐⇒ M gleichmächtig zu {1, 2, . . . , n}.
Beispiel. N und Z sind gleichmächtig (wie kann man eine Bijektion konstruieren?). R ist nicht gleichmächtig zu N (wieso?). R ist also überabzählbar.
Satz 1.1.16. Seien f : X → Y , g : Y → Z Abbildungen. Dann gilt: f und g
injektiv/surjektiv/bijektiv =⇒ g ◦ f injektiv/surjektiv/bijektiv.
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