Die Modulgruppe SL(2,Z)

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Die Modulgruppe SL(2, Z)
Corina Mettler
Universität Freiburg (Schweiz)
18.Oktober 2007
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Die
2.1
2.2
2.3
1
1
2
4
Modulgruppe
Möbiustransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Modulgruppe Γ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Fundamentalbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Einleitung
ln diesem Seminar werden wir uns mit geometrischen, algebraischen und kombinatorischen
Eigenschaften der Gruppe der Möbiustransformationen der oberen Halbebene beschäftigen.
2
2.1
Die Modulgruppe
Möbiustransformationen
Die Möbiustransformation ist eine konforme Abbildung, die wir schon in der Analysis III
kennengelernt haben:
f : C∗ → C∗
f (z) =
az + b
cz + d
mit a,b,c,d ∈ C und ad − bc 6= 0, C∗ = C ∪ {∞}. f wäre auf z = − dc und z = ∞ nicht
definiert. Wir haben also
a
−d
= ∞ und f (∞) =
f
c
c
Die resultierende rationale Funktion heisst Möbiustransformation. Sie ist überall auf
C∗ analytisch mit Ausnahme eines einfachen Pols auf z = − dc . Bei z = ∞ haben wir keinen
Pol, ausser wenn c = 0 ist.
Theorem 1 Möbiustransformationen bilden einen Kreis oder eine Gerade auf einen Kreis
oder eine Gerade ab.
Beweis
Wir betrachten die Gleichung
Az z̄ + Bz + B̄ z̄ + C = 0
wo A und C reell. Die Punkte auf Kreisen erfüllen diese Gleichung wenn A 6= 0, und die
Punkten auf Geraden erfüllen diese Gleichung wenn A = 0. Wenn wir nun w = f (z) setzen,
−1 (w) in die Kreisgleichung ein, dann bekommen
mit f (z) = az+b
cz+d . Also für z, setzen wir f
wir wieder eine Gleichung der Form
A0 ww̄ + B 0 w + B̄ 0 w̄ + C 0 = 0
mit A’ und C’ reell. Was zeigt, dass Möbiustransformationen Kreise oder Geraden auf
Kreise oder Geraden abbilden.
Wir können annehmen, dass ad − bc = 1, weil wenn wir die Koeffizienten a,b,c,d einer
Möbiustransformation mit einer Konstante 6= 0 multiplizieren, bleibt sie unverändert. Jede
Möbiustransformation kann in Form einer 2 × 2-Matrix dargestellt werden
a b
A=
c d
1
Dann ist det A = ad − bc = 1. Wir machen keinen Unterschied in der Schreibweise. Wenn
a b
A=
c d
schreiben wir
az + b
cz + d
Wenn A und B Matrizen sind, welche den Möbiustransformationen f und g entsprechen,
dann ist es einfach zu zeigen, dass das Matrizenprodukt AB der Komposition f ◦ g, mit
(f ◦ g)(z) = f (g(z)) entspricht. Daraus folgt dass die inverse Matrix
d −b
−1
A =
−c a
z 7−→
von A, der Inversen
dz − b
−cz + a
von f entspricht. Woraus wiederum folgt, dass die Inverse existiert. Also können wir folgern,
dass die Menge der Möbiustransformationen mit ad − bc = 1 eine Gruppe bezüglich der
Komposition von Abbildungen formt.
Dies leitet zum nächsten Kapitel über, wo wir uns mit einer sehr wichtigen Untergruppe
beschäftigen, wobei a,b,c,d ganze Zahlen sind.
f −1 (z) =
2.2
Die Modulgruppe Γ
Die Menge aller Möbiustransformationen der Form
τ 7−→
aτ + b
cτ + d
mit a, b, c, d ∈ Z, und ad − bc = 1, wird die Modulgruppe genannt und mit Γ bezeichnet.
Die Gruppe kann also durch 2 × 2-Matrizen repräsentiert werden, wobei
det A = ad − bc = 1 und a, b, c, d ∈ Z. Wir haben gesehen dass A−1 existiert und
Koeffizienten in Z hat, ad − bc = 1, a, b, c, d ∈ Z, die Identitätsmatrix besteht auch aus
ganzen Zahlen, das Matrizenprodukt AB, wobei A und B Koeffizienten in Z haben, hat
wieder Koeffizienten in Z, also ist Γ eineGruppe.
a b
/a, b, c, d ∈ Z, ad − bc = 1 dargestellt.
Also Γ wird durch SL(2, Z) = A =
c d
Γ operiert auf die obere Halbebene:
Γ×H→H
aτ + b
(A, τ ) 7−→ Aτ =
cτ + d
Das nächste Theorem zeigt, dass Γ durch zwei Transformationen erzeugt wird:
T τ = τ + 1 und Sτ = −
2
1
τ
Theorem 2 Die Modulgruppe Γ wird durch zwei Matrizen
1 1
0 −1
T =
und S =
0 1
1 0
erzeugt. Also jedes A in Γ kann in dieser Form
A = T n1 ST n2 S · · · ST nk
mit ni ganzen Zahlen, geschrieben werden. Diese Darstellung ist aber nicht eindeutig.
Beweis
Um dieses Theorem zu beweisen, reicht es, die Matrizen
a b
A=
c d
in Γ mit c ≥ 0 zu betrachten. Falls wir ein c ≤ 0 haben, können wir alle Koeffizienten von
A mit −1 multiplizieren und bekommen so ein c ≥ 0.
Wir wenden Induktion auf c an. Wenn c = 0, dann ist ad = 1, also a = d = ±1 und
±1 b
1 ±b
A=
=
= T ±b
0 ±1
0 1
also hat A die gewünschte Form.
Wenn c = 1 dann ist ad − b = 1, also b = ad − 1 und
1 d
0 −1
1 a
a ad − 1
= T a ST d
=
A=
0 1
1 0
0 1
1
d
Wenn c ≥ 1 dann haben wir (c, d) = 1 weil ad−bc = 1 Wenn wir d durch c dividieren,haben
wir eine Division mit Rest und bekommen eine Gleichung der Form
d = cq + r, wo 0 < r < c
Wir bekommen also
AT
−q
=
a b
c d
1 −q
0 1
=
a −aq + b
c
r
multiplizieren wir diesen Ausdruck mit S, bekommen wir:
a −aq + b
0 −1
−aq + b −a
−q
AT S =
=
c
r
1 0
r
−c
Wir haben nun an der Stelle links unten ein r mit 0 < r < c. Wenden wir diese Vorgehensweise weiter an, wird die Stelle unten links immer kleiner weil 0 < r < c, bis wir ein c = 1
haben. Und weil für c = 1: A = T a ST d , ist A von der Form
A = T n1 ST n2 S · · · ST nk
3
2.3
Fundamentalbereich
Wir erinnern daran, dass die Modulgruppe Γ = SL(2, Z) auf der oberen Halbebene operiert. Sei nun G eine Untergruppe der Modulgruppe Γ. Zwei Punkte τ und τ 0 auf der
oberen Halbebene H sind äquivalent unter G wenn τ 0 = Aτ für ein A in G. Dies ist
eine Äquivalenzrelation weil G eine Gruppe ist. Diese Äquivalenzrelation teilt die obere Halbebene H in eine disjunkte Menge von Äquivalenzklassen, genannt Orbits oder
Bahn. Der Orbit Gτ ist die Menge aller komplexen Zahlen der Form Aτ mit A ∈ G.
(Gτ = {Aτ /A ∈ G})
Wir wählen einen Punkt von jedem Orbit; die Vereinigung von all diesen Punkten wird
fundamentale Menge von G genannt. Um mit Mengen mit schönen topologischen Eigenschaften zu arbeiten, ändern wir das Konzept etwas und definieren ein Fundamentalbereich
folgendermassen:
Definition 1 Sei G eine Untergruppe der Modulgruppe Γ. Eine offene Teilmenge RG von
H wird Fundamentalbereich von G genannt, wenn folgende zwei Eigenschaften erfüllt sind:
a) Keine zwei verschiedenen Punkte von RG sind äquivalent unter G
b) Wenn τ ∈ H dann gibt es einen Punkt τ 0 im Abschluss von RG so dass τ 0 äquivalent
zu τ unter G ist.
Theorem 3 Die offene Menge
RΓ = {τ ∈ H/ |τ | > 1, |τ + τ̄ | < 1}
ist ein Fundamentalbereich von Γ. Zusätzlich haben wir, wenn A ∈ Γ und wenn Aτ = τ
für τ ∈ RΓ , dann ist A = I. Also nur die Identität hat Fixpunkte in RΓ .
Abbildung 1: Fundamentalbereich von SL(2,Z) auf H
Um dieses Theorem beweisen zu können, brauchen wir folgendes Lemma und das darauffolgende Theorem.
Beweisvorbereitungen:
Lemma 1 Gegeben sind ω10 , ω20 nicht reell
Ω = mω10 + nω20 /m, n ∈ Z
4
Dann existiert ein fundamentales Paar (ω1 ,ω2 ) äquivalent zu (ω10 ,ω20 ) so dass
0
ω2
ω2
a b
mit ad-bc=1
=
c d
ω1
ω10
und so dass
|ω2 | ≥ |ω1 | , |ω1 + ω2 | ≥ |ω2 | , |ω1 − ω2 | ≥ |ω2 |
Beweis
Wir ordnen die Elemente von Ω, beginnend mit 0 und aufsteigend mit den Distanzen vom
Nullpunkt, also
Ω = {0, v1 , v2 , . . .}
mit 0 < |v1 | ≤ |v2 | ≤ . . . und arg (vn ) < arg (vn+1 ) wenn |vn | = |vn+1 |
Sei ω1 = v1 und sei ω2 das erste Element dieser Sequenz, welches kein Vielfaches von
ω1 ist. Denn das Dreieck mit den Ecken 0, ω1 , ω2 enthält, ausser dieser Ecken, kein anderes
Element von Ω. Also ist (ω1 , ω2 ) ein fundamentales Paar, welches die Menge Ω aufspannt.
Es existieren also ganze Zahlen a,b,c,d mit ad − bc = ±1 so dass
0
ω2
ω2
a b
=
c
d
ω1
ω10
Wenn ad − bc = −1, können wir c durch -c, d durch -d und ω1 durch −ω1 ersetzen, und
dieselbe Gleichung gilt, ausser dass jetzt ad − bc = 1. Wegen der Weise, wie wir ω1 und
ω2 gewählt haben, und weil ω1 ± ω2 Perioden in Ω sind, die in der Sequenz später als ω2
auftauchen, ist ihre Länge, beziehungsweise ihr Betrag, grösser als der von ω2 :
|ω2 | ≥ |ω1 | und |ω1 ± ω2 | ≥ |ω2 |
Theorem 4 Wenn τ 0 ∈ H, dann existiert eine komplexe Zahl τ in H äquivalent zu τ 0
unter Γ so dass
|τ | ≥ 1, |τ + 1| ≥ |τ | und |τ − 1| ≥ |τ |
Beweis
Sei ω10 = 1, ω20 = τ 0 . Wir wenden das Lemma 1 auf die Menge der Perioden Ω =
{m + nτ 0 /m, n ∈ Z} an. Also nach dem Lemma 1 existiert ein fundamentales Paar (ω1 , ω2 )
so dass
0
ω2
τ
a b
=
c
d
ω1
1
und so dass |ω2 | ≥ |ω1 |, |ω1 ± ω2 | ≥ |ω2 |. Lösen wir die obere Gleichung auf, erhalten wir:
ω2 = aτ 0 + b
ω1 = cτ 0 + d
Sei nun τ =
τ=
ω2
ω1
=
aτ 0 +b
cτ 0 +d
ω2
ω1 ,
dann erhalten wir
= Aτ 0
5
Also ist τ = Aτ 0 , woraus folgt, dass τ und τ 0 äquivalent sind. Setzt man nun τ =
die Gleichungen vom Lemma 1 ein, erhält man:
ω2
ω1
in
|τ | ≥ 1, |τ ± 1| ≥ |τ |
Bemerkung 1 Die τ in H, die |τ ± 1| ≥ |τ | erfüllen, erfüllen auch |τ + τ̄ | ≤ 1.
Nun haben wir genug Vorbereitungen getroffen, um den Beweis des Theorem 3 durchführen
zu können.
Beweis von Theorem 3
Das Theorem 4 zeigt, dass wenn τ 0 ∈ H, dann gibt es einen Punkt τ im Abschluss von RΓ ,
der äquivalent ist zu τ 0 unter Γ. Um zu zeigen dass keine zwei verschiedene Punkte auf
RΓ äquivalent unter
Γ sind,
machen wir dazu einen Widerspruchsbeweis. Wir nehmen an,
a b
0
τ = Aτ mit A =
∈ Γ. Wir zeigen zuerst dass Im(τ 0 ) < Im(τ ) wenn τ ∈ RΓ und
c d
c 6= 0. Wir haben
Im(τ )
Im(τ 0 ) =
|cτ + d|2
Wenn τ ∈ RΓ und c 6= 0, haben wir
|cτ + d|2 = (cτ + d)(cτ̄ + d) = c2 τ τ̄ + cd(τ + τ̄ ) + d2 > c2 − |cd| + d2
Wenn d = 0 finden wir |cτ + d|2 > c2 ≥ 1. Und wenn d 6= 0 bekommen wir
c2 − |cd| + d2 = (|c| − |d|)2 + |cd| ≥ |cd| ≥ 1
also wieder |cτ + d|2 > 1. Also aus c 6= 0 folgt |cτ + d|2 > 1 und Im(τ 0 ) < Im(τ ). In
anderen Worten, jedes Element A von Γ mit c 6= 0 erhöht den Wert jedes Punktes τ in RΓ
auf der imaginären Achse.
Wir haben angenommen, dass beide, τ und τ 0 , äquivalente, innere Punkte von RΓ sind.
Also sind
aτ + b
dτ 0 − b
τ0 =
und τ =
cτ + d
−cτ 0 + a
Wenn nun c 6= 0, gilt Im(τ 0 ) < Im(τ ) und Im(τ ) < Im(τ 0 ). Also haben wir einen Widerspruch und deshalb muss c = 0 sein. Daraus folgt ad = 1, a = d = ±1, und
a b
±1 b
A=
=
= T ±b
c d
0 ±1
Daraus folgt aber wiederum, dass b = 0 weil τ und τ 0 sind beide in RΓ . Also gilt A = I
und deshalb ist τ = τ 0 . Wir haben also gezeigt, dass keine zwei verschiedenen Punkte auf
RΓ äquivalent sind unter Γ.
Wenn nun Aτ = τ für ein τ ∈ RΓ , dann zeigt dasselbe Argument, dass c = 0, a = d =
±1, also A = I. Was zeigt, dass nur die Identität Fixpunkte in RΓ hat.
6
Abbildung 2: Fundamentalgebiet unter der Transformation der Modulgruppe
Das Bild zeigt das Fundamentalgebiet von RΓ und einige Bilder unter Transformationen der Modulgruppe. Jedes Element von Γ bildet Kreise oder Geraden, auf Kreise oder
Geraden ab. Weil die Randkurven von RΓ Kreise, orthogonal zu der reellen Achse, sind,
gilt dasselbe für jedes Bild f (RΓ ) unter den Elementen f von Γ. Die Menge aller Bilder
f (RΓ ), mit f ∈ Γ, ist die Menge von nichtüberlappenden”, offenen Regionen, welche, zusammen mit ihren Randpunkten, ganz H aufspannen.
Bemerkung 2 Zwei verschiedene Punkte a und b aus RΓ sind genau dann äquivalent
(modulo Γ), falls sie auf dem Rand von RΓ liegen und falls
b = −ā
gilt. Das heisst es gibt zwei Fälle:
1)
a) Re a = − 21 und b = a + 1,
b) Re a = + 12 und b = a − 1
(a und b liegen sich auf den beiden Vertikalkanten von RΓ gegenüber).
2) |a| = |b| = 1 und b = −ā
(a und b liegen sich auf der Kreislinie von RΓ gegenüber).
Literatur
[1] T.Apostel: Modular fonctions and Dirichlet series in number theory, Springer, 1976
[2] E.Freitag, R.Busam: Funktionentheorie 1, Springer Verlag, 1995
7
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