Der Anbau von Energiepflanzen als Chance einer weiteren

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Mitt. Ges. Pflanzenbauwiss. 14, 114-119 (2003)
Der Anbau von Energiepflanzen als Chance einer weiteren
Ökologisierung der Landnutzung
Konrad Scheffer*
1.
Einleitung
Der Energieträger Biomasse wird den größten Beitrag zu einer solaren Energiewende leisten. Damit steht die Land- und Forstwirtschaft vor einer zweifachen Herausforderung: Erstens kann gar nicht genügend viel Biomasse produziert werden,
um so schnell wie möglich die solaren Energiewende herbeizuführen, zweitens darf
diese Produktionsoffensive nicht zu einer weiteren Verschärfung der mit der Landbewirtschaftung verbundenen ökologischen Probleme wie Monokulturen, Pestizideinsatz, Zerstörung der Bodenfruchtbarkeit und Schadstoffbelastung des Grundwassers führen. In diesem Beitrag soll aufgezeigt werden, dass sich hohe Biomasseerträge an Energiepflanzen mit einer deutlichen Verbesserung der ökologischen
Situation auf geschätzten 4 Mio. ha und somit einem Drittel der deutschen Ackerfläche vereinbaren lassen.
2.
Ökologischer und produktiver Energiepflanzenanbau
Ein in verschiedenen Publikationen vorgestelltes Konzept der Zweikultunutzung vereinigt diese Ziele weitgehend (SCHEFFER, 1998, 2000). Mit ihm werden je nach Bodengüte und Wasserversorgung Erträge von jährlich 15 bis 28 t Trockenmasse pro
ha erzielt, was einem Öläquivalentertrag von ca. 6.000 bis 12.000 Litern entspricht.
Das Konzept basiert auf dem Anbau von winterfesten Pflanzenarten im Herbst, der
Ernte der nicht ausgereiften Pflanzen zwischen Mai und Juli, dem direkten Nachbau
von Wärme liebenden Kulturarten und deren Ernte im Herbst. Pestizide werden nicht
benötigt. Bodenerosion und Nährstoffeinträge in das Grundwasser werden durch den
ganzjährigen Pflanzenbewuchs minimiert. Als Energiepflanzen steht eine beliebige
Vielfalt bekannter Pflanzenarten zur Verfügung, die in Arten- und Sortenmischungen
bei gleichzeitiger Duldung von Wildpflanzen genutzt werden können. Die Erntemasse
wird ausschließlich als Silage feucht konserviert und steht im einfachsten Fall als
Energieträger für Biogasanlagen zur Verfügung. Eine weitere Erhöhung der Energieausbeute aus Biomasse kann durch neue Technologien erfolgen. Dies soll an einem
von der Dr. Volker-Reimann-Dubbers-Stiftung geförderten Projekt „Bioenergiehof
Obernjesa„ demonstriert werden. Das Projekt sieht die Kombination von Biogas- und
Vergasungstechnologie vor. Für die thermische Vergasung wird hinreichend trockene
Biomasse benötigt. Dies wird erreicht, indem die feuchte Biomasse (Silage) mit einer
Schneckenpresse entwässert wird. Mit dieser Entwässerung werden aus dem
Brennstoff gleichzeitig erhebliche Mengen an brenntechnisch störenden und Umwelt
belastenden Mineralstoffen wie Stickstoff, Chlorid und Kalium entfernt (HEINZ et
al.1999). Diese finden sich im Presssaft wieder. Der Presssaft enthält im wesentlichen fein zerriebene und leicht lösliche organische Substanz und ist somit ein Idealsubstrat für Biogasanlagen.
*
Prof. Dr. Konrad Scheffer, Universität Kassel, FB Ökologische
Agrarwissenschaften, Institut für Nutzpflanzenkunde, Steinstr. 19, 37213
Witzenhausen, www.uni-kassel.de/ink
-23.
Natürliche Ökosysteme, Agrarökosysteme und EnergiepflanzenÖkosysteme
Natürliche Ökosysteme zeichnen sich durch große genetische Vielfalt, eine hohe
standortspezifische Produktivität und hohe Stabilität aus. Sie haben die Fähigkeit,
abiotische Belastungen wie Wasser-, Sauerstoff-, oder Nährstoffmangel sowie den
Befall der Pflanzen mit Krankheiten und Schädlingen auszugleichen (STÜLPNAGEL,
1992).
Im Gegensatz dazu geht es in Agrarökosystemen um eine möglichst hohe Nettoprimärproduktion. Dies zwingt zu Reinkulturen mit nur einer Pflanzenart und davon
nur einer Sorte. Um seine Erträge sichern zu können, überlässt der Landwirt die Ertragsbildung nicht den natürlichen Regulationsmechanismen, sondern greift durch
den Einsatz von Pestiziden regulierend ein. Das Wachstum einer Begleitflora, als
Wildpflanzen oder Unkräuter bezeichnet, ist unerwünscht und wird mit chemischen
und/oder mechanischen Methoden weitestgehend verhindert. Dabei unterscheidet
sich der konventionelle Landbau vom ökologischen Landbau nur durch die Wahl der
Methode zu ihrer Eliminierung. Wildpflanzenpopulationen außerhalb der Ackerflächen werden vom Landwirt als unbedeutend bzw. nutzlosen Flächenverbrauch
eingeschätzt. Somit scheiden Selbstregulationsmechanismen, wie sie über Wirtspflanzen für Nützlinge oder über Räuber-Beute-Gleichgewichte, die durch Biotopverbund von Hecken, Gehölzen, Feldrainen und Grünflächen gewährleistet sind, durch
großflächige Landbewirtschaftung aus.
In der Übersicht 1 sind die wichtigsten Charakteristika von natürlichen und agrarischen Ökosystemen aufgelistet. Der konventionelle Landbau steht einem natürlichen Ökosystem weit entfernt. Überschneidungen oder Ähnlichkeiten sind kaum zu
erkennen. Im ökologischen Landbau sind zwar Annäherungen auszumachen, wirtschaftliche Zwänge zu von hohen Flächenerträgen, besonderen Qualitäten und
Großflächenbewirtschaftung lassen mehr Annäherung nicht zu. So wird auch hier die
Begleitflora so weit wie möglich zurückgedrängt, Reinkulturen werden akzeptiert und
eine Einengung der Fruchtfolge wird nur dort vermieden, wo mehrjähriger Kleegrasfutterbau betrieben werden kann, denn es fallen Kulturarten wie Mais, Raps Sonnenblumen und Rüben weitgehend aus dem Anbau heraus. Ein verbesserter Erosionsschutz durch Mulchsaatverfahren bzw. unterlassene Bodenbearbeitung ist wegen
des Zwangs zum Pflügen als notwendige Unkrautbekämpfungsmaßnahme nur begrenzt möglich. Vielfach gibt es Probleme mit Nitratausträgen in das Grundwasser
durch hohe Reststickstoffgehalte im Boden nach dem Anbau von Körnerleguminosen
oder durch den Umbruch von Kleegrasflächen im Herbst.
Den beschriebenen Ökosystemen gegenüber steht das „Energiepflanzen-Agrarökosystem“, wie es im Rahmen des Zweikultur-Nutzungssystems entwickelt wurde.
Übersicht 1 zeigt, dass es sich eng an das natürliche Ökosystem anlehnen kann,
ohne dass dies mit unzumutbaren Ertragsausfällen verbunden wäre. Dies soll im folgenden erläutert werden.
Übersicht 1:
-3Vergleich verschiedener Ökosysteme
natürliches Ökosystem
konventionelles Agrarökosystem
ökologisches
ökosystem
Artenvielfalt, natürl.
Vegetation
Reinkulturen
nur Wildpflanzen
Selbstregulation von
Krankheiten und
Schädlingen
keine Wildpflanzen
Entkoppelung von
Selbstregulationsmechanismen durch
chemische Maßnahmen
Reinkulturen, jedoch oft
im Wechsel mit mehrjähr.
Futterbau,
geringere Nutzpflanzenvielfalt
(Wegfall von Mais,
Rüben, Raps,
S.-Blumen),
wenig Wildpflanzen
Teilentkoppelung durch
mechanische
Maßnahmen
Biotopverbundsystem
aus Hecken, Gehölzen,
Grasflächen als Überdauerungsmöglichkeit
und Nahrungsgrund-lage
für Nützlinge
geschlossene Nährstoffkreisläufe
Beseitigung von
Biotopverbundsystemen durch
großflächige Landbewirtschaftung
Beseitigung von Biotopverbundsystemen
durch zunehmende
Großflächenbewirtschaftung
offene Nährstoffkreisläufe
durch Entkoppelung
von Tierhaltung und
Pflanzenbau
Grundwassergefährdung durch
Nitrat und
Pestizide
oft nicht mehr
geschlossene
Nährstoffkreisläufe
geschlossene
Nährstoffkreisläufe
Grundwassergefährdung
durch Nitrat, z.B bei
hohen Anteilen an
Körnerleguminosen
intensive Bodenbearbeitung
Erosion,
Humusabbau
noch intensivere
Bodenbearbeitung (zur
Unkrautkontrolle)
Ausgleich von Humusabbau durch intensive
Humuswirtschaft
Grundwasserschutz
durch
Verzicht auf Pestizide,
Minimierung von
Nitratausträgen durch
Dauerbegrünung und
Ganzpflanzennutzung
Bodenschutz durch
minimale Bodenbearbeitung und Direktsaat, dadurch geringer
Humusabbau und
Schädigung der
Bodenfauna
(geringere) Schädigung
der Bodenfauna
geschütztes
Grundwasser
geschützter Boden
Agrar-
EnergiepflanzenÖkosystem
Artenvielfalt
Arten- u.
Sortenmischungen
Nutzung genetischer
Ressourcen
Tolerierung von
Wildpflanzen
weitgehende
Selbstregulation von
Krankheiten und
Schädlingen durch
Pestizidverzicht
Biotopverbund wieder
herstellbar, weil
Aufwüchse verschiedenster Biotope energetisch nutzbar sind
Förderung einer natürlichen Bodenfauna
3.1. Artenvielfalt durch Energiepflanzenanbau
Eine große Vielfalt an Pflanzenarten auf der gleichen Fläche stellt den entscheidenden Faktor zur Stabilisierung von Ökosystemen dar und ist die wichtigste Voraussetzung zur Minimierung von Fremdregulationen (mechanische und chemische Unkrautbekämpfung, Einsatz von Insektiziden und Fungiziden). Das für die Energiegewinnung nutzbare Spektrum an Kulturarten ist weit. Es kommen Winterungen und
Sommerungen, einjährige Kulturen und unter bestimmten Bedingungen auch mehrjährige oder Dauerkulturen zum Anbau.
Alle Familien, Arten und Sorten sind in Mischungen anbaubar, ohne auf Qualitätsansprüche achten zu müssen, weil es bei der energetischen Verwertung der Biomasse bis auf den Ölgehalt nahezu keine Unterschiede im Energiegehalt der Pflanzen gibt. Bei der Sortenwahl können phytosanitäre Aspekte(Resistenzen gegen
Krankheiten und Schädlinge) stärker in den Vordergrund rücken, die noch durch Sortenmischungen verstärkt werden können. Sortenmischungen ermöglichen eine
-4höhere genetische Variabilität und sind z.B. bei Getreide ein brauchbares Mittel, um
die Ausbreitung von durch Wind übertragene Krankheitserreger zu begrenzen.
Eine weitere Annäherung an natürliche Ökosysteme kann über den gleichzeitigen
Anbau mehrerer Arten, den Artenmischungen erfolgen. Aus dem herkömmlichen
und ökologischen Landbau sind außer Gemenge von Futterpflanzen (Klee- und
Gräserarten) höchstens noch Gemenge von Körnerleguminosen mit Getreide (Bohnen mit Hafer) bekannt. Die Auswahl von Mischungspartnern ist wegen unterschiedlicher Reifezeitpunkte sehr begrenzt. Anders verhält es sich bei Energiepflanzen, die
nach unserem Konzept der Feuchtkonservierung zu unterschiedlichsten Entwicklungsstadien geerntet werden können und somit in beliebiger Form miteinander
kombiniert werden können. In Artenmischungen wird nicht nur eine verringerter
Krankheits- und Schädlingsbefall festgestellt, sondern es sind auch höhere Erträge
bei der Wahl der richtigen Anteile einzelner Arten in der Mischung zu erzielen (KARPENSTEIN u. STÜLPNAGEL, 2000).
Als weitere Möglichkeit einer Annäherung an natürliche Ökosysteme bietet sich die
Chance, alte genetische Ressourcen wieder in Nutzung zu nehmen. Damit kann
der sog. Generosion, d.h. dem Verlust an genetischer Vielfalt und damit an Anpassungsfähigkeit der Kulturpflanzen an unterschiedliche Vegetationsbedingungen entgegengewirkt werden. Genetische Ressourcen wie alte Landsorten erfüllen mit ihren
Körnern oder Früchten heute nicht mehr die qualitativen Ansprüche an Nahrungsund Futterpflanzen. Da dieser Aspekt bei Energiepflanzen keine Rolle spielt, die
Ganzpflanzenerträge jedoch vielfach höher als bei modernen Sorten liegen (v.
BUTTLAR, 1996), können sie sogar zu einem höheren wirtschaftlichen Erfolg bei der
Biomasseproduktion beitragen.
Wildpflanzen, als Ackerbegleitflora oder auch als Unkraut bezeichnet, haben einen
ähnlichen Energiegehalt wie Kulturpflanzen und sind daher in gleicher Weise energetisch nutzbar. Ihr Einfluss auf den Ertrag von Nahrungspflanzen ist auf Grund der
Konkurrenzsituation sehr hoch und daher müssen sie beseitigt werden. Ist der gesamte Biomasseaufwuchs als Ernteprodukt anzusehen und kann eine unkontrollierte
Samenvermehrung der Wildpflanzen durch Wahl eines frühzeitigen Erntezeitpunktes
verhindert werden, führen Mischungen von Kultur- und Wildpflanzen nicht zu Mindererträgen, was den Einsatz von Herbiziden oder mechanischen Regulierungsmaßnahmen überflüssig macht (KARPENSTEIN-MACHAN, 1997).
Wildpflanzen bieten die Nahrungsgrundlage für Nützlinge. Ihre Tolerierung stabilisiert das Gleichgewicht mit den Schädlingen. Dieses Gleichgewicht kann nur erhalten werden, wenn die Nahrungsversorgung der Nützlinge ganzjährig gesichert ist und
Überdauerungsmöglichkeiten vorhanden sind. Ein abgeräumter Acker unterbricht
dies. Daher besteht Bedarf an einer als Biotopverbund bezeichneten Vernetzung
von Äckern, Hecken, Gehölzen, Grabenrändern, Ackerrandstreifen oder Altgrasbeständen. Dieser Forderung kann die moderne Großflächenlandwirtschaft aus ökonomischen Zwängen nicht nachkommen. Im Energiepflanzenbau ist der Spielraum
für solche Zielsetzungen viel größer, da die Aufwüchse zusammen mit den Kulturpflanzen zu Zeiten, in der sie ihre Zuflucht- und Nahrungsfunktionen nicht erfüllen
müssen, energetisch genutzt werden können. Neben dieser Möglichkeit der räumlichen Biotopvernetzung kann auch eine zeitliche Vernetzung in der Weise gewährleistet werden, dass gestaffelte Erntetermine die Zuflucht von Tieren in noch
stehende Nachbarkulturen ermöglichen (Stülpnagel, 1998).
-53.2. Geschlossene Nährstoffkreisläufe
Natürliche Ökosysteme zeichnen sich durch weitgehend geschlossene Nährstoffkreisläufe aus. In Agrarökosystemen sind diese vor allem durch die Entkoppelung
von Tierhaltung und Pflanzenproduktion einerseits überfrachtet, d.h. es findet bei
intensiver Tierhaltung Überdüngung statt, andererseits völlig offen, so dass der mit
dem Verkauf pflanzlicher Produkte verbundene Nährstoffexport durch Mineraldüngerzukauf ausgeglichen werden muss. Verstärken sich die Tendenzen einer Entkoppelung von Tierhaltung und Pflanzenanbau auch im ökologischen Landbau, treten auch hier ähnliche Probleme auf. Im Energiepflanzenbau sind bei Anwendung
der Biogastechnologie die Nährstoffkreisläufe völlig geschlossen. Wird Biomasse
thermisch genutzt, finden sich bis auf den Stickstoff, der gasförmig emittiert wird, alle
Nährstoffe in der Asche wieder. Der Stickstoffverlust wird bei unserem Verfahren der
mechanischen Entwässerung der feuchten Biomasse minimiert, indem ein großer
Anteil an N in den Presssaft überführt wird. Nach Verwertung des Presssaftes in
einer Biogasanlage steht dieser Stickstoff als Dünger zur Verfügung. Durch den Anbau von Stickstoff fixierenden Leguminosen wie Wintererbsen kann der restliche
Stickstoffverlust leicht ausgeglichen werden.
3.3. Grundwasser- und Trinkwasserschutz
Analog zu natürlichen Ökosystemen wird mit dem Zweikultur-Nutzungssystem eine
Dauerbegrünung der Ackerfläche angestrebt. Damit vermindern sich die Phasen, in
denen gedüngter oder durch Mineralisation freigesetzter Stickstoff als Nitrat in das
Grundwasser gelangen kann. Mit der Ernte des gesamten oberirdischen Aufwuchses
verbleiben keine leicht abbaubaren und Stickstoff freisetzenden Reststoffe auf dem
Acker zurück, wie das z. B. bei Raps der Fall ist. Eine weitere Chance einer
Minimierung von Reststickstoffmengen im Boden im Spätherbst besteht in der
Auswahl spätreifender Mais- oder Sonnenblumensorten, die im Gegensatz zu solchen Sorten, die eine bestimmte Reife erreicht haben müssen, bis zuletzt Stickstoff
entziehen (SCHEFFER, 2002). Bei Getreide kann die Stickstoffdüngung um 30%
reduziert werden, weil die problematische Spätdüngung entfällt. Weiterhin kann die
Stickstoffdüngung durch Auswahl von Sorten mit niedrigem Eiweißgehalt, wie sie
unter den genetischen Ressourcen zu finden sind, reduziert werden. Da im Energiepflanzenanbau auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet wird, besteht auch keine
Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers mit diesen Stoffen.
3.4. Bodenschutz
Boden ist vor Wind- und Wassererosion, vor Verdichtung und Verarmung an Biodiversität von Flora und Fauna sicher geschützt, wenn ihn ganzjährig Pflanzen bedecken und wenn möglichst keine mechanischen Bearbeitungsmaßnahmen erfolgen.
Diesem Ziel kommen wir im Energiepflanzenbau durch zwei Kulturen in einem Jahr
und Anbausystemen mit Minimalbodenbearbeitung und Direktsaat sehr nahe. Damit
begegnen wir auch dem Argument, dass die Abfuhr des gesamten oberirdischen
Aufwuchses zur Humusgehaltsminderung im Boden führt. Durch die Reduktion der
Bodenbearbeitung auf ein Minimum kann der Humusgehalt über die Wurzelmasse
und Stoppelreste stabilisiert werden, wie wir es von Wiesenflächen kennen. Im konventionellen und besonders im ökologischen Landbau erfolgen viel intensivere
Bodenbearbeitungsmaßnahmen, die den Humusabbau stark fördern und entsprechende Ergänzung an Humus erforderlich machen. Gleichzeitig wird die Fauna des
Bodens geschädigt, was sich z.B. in einem Schwund an Regenwürmern bemerkbar
macht. Grund für die intensive Bodenbearbeitung ist hauptsächlich der Zwang zur
Unterdrückung der sog. Unkräuter und Ungräser, die ohne Herbizide nicht zu kon-
-6trollieren sind. Neuerdings werden Ungräser wie Ackerfuchsschwanz und Windhalm
auch gegen Herbizide resistent, weshalb auch im konventionellen Landbau als Bekämpfungsmaßnahme wieder intensivere Bodenbearbeitung empfohlen wird. Bodenerosion wird durch Dauerbegrünung sowie durch Direktsaat in die schützende
Stoppelschicht der Vorfrucht verhindert (GRAß, 2002).
3.5. Erholungs- und Kulturwert der Landschaft
Natürliche Ökosysteme besitzen wegen ihrer Vielfalt an Flora und Fauna nicht nur
einen höchst schützenwerten Kulturwert, sie erfüllen auch vielfältige Erholungsfunktionen für die Bevölkerung. Daher wird eine Ausweitung dieser Flächenanteile gefordert. Diesen Bestrebungen entgegen stehen die hohen Pflegekosten für Naturschutzflächen. Werden jedoch 30 % der Ackerflächen mit Energiepflanzen nach dem
beschriebenen Konzept bewirtschaftet, relativiert sich der ökologische und politische
Druck, weitere Naturschutzflächen auszuweisen. Es sollte sogar möglich sein, Energiepflanzen-Flächen als Ausgleichsflächen für Bauprojekte anzuerkennen.
4.
Schlussfolgerungen
Die Integration des Energiepflanzenanbaus in die Fruchtfolge konventionell und
ökologisch wirtschaftender Landwirte im Umfang von ca. 30 % führt zu einer erheblichen ökologischen Entlastung der Agrarökosysteme. Die konsequente Förderung
regenerativer Energie und besonders der aus Biomasse muss auch ein besonderes
Anliegen des Ökologischen Landbaus sein, denn solange die Betriebsmittel Treibstoff, Wärme und Strom aus fossilen und atomaren Quellen stammen, hat er das
Prädikat „ökologisch„ nur teilweise verdient. Beide Landbauformen sind in ihrer
Existenz durch zunehmenden internationalem Preisdruck gefährdet. Die Alternativen
müssen nicht in Betriebs- und Flächenvergrößerungen, Spezialisierung und damit
Entkoppelung von Tierhaltung und Pflanzenbau bestehen, wenn der Landwirt wie im
Falle der Energieproduktion die Chance zusätzlicher Wertschöpfung erhält.
5.
Literatur
Buttlar, c., Chr. (1996): Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen über den Weg der energetischen
Nutzung von Ganzpflanzen – am Beispiel der Wintergerste. Diss. Kassel/Witzenhausen, 193 S.
Heinz, A., R. Stülpnagel, M. Kaltschmitt, K Scheffer & D. Jezierska (1999): Feucht- und Trockengutlinien zur Energiegewinnung aus biogenen Festbrennstoffen – Vergleich anhand von Energie- und
Emissionsbilanzen sowie anhand der Kosten. Hrsg.: Universität Stuttgart, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER). Forschungsbericht. Band 63. ISSN 0938-1228
Karpenstein-Machan, M. (1997): Perspektiven eines pestizidfreien Anbaus von Energiepflanzen zur
thermischen Verwertung im System der Zweikulturnutzung. Konzepte für den Energiepflanzenanbau. DLG-Verlag Franfurt, 183 S.
Scheffer, K. (1998): Ein produktives, umweltfreundliches Ackernutzungskonzept zur Bereitstellung von
von Energie und Wertstoffen aus der Vielfalt der Kulturpflanzen – Ansätze für neue Wege. Beitr. der
Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, Bd. 27, S. 65-80
Stülpnagel, R. (1998): Förderung der Artenvielfalt und Verbesserung der Brennstoffqualität durch die
thermische Nutzung von feucht-konservierten Aufwüchsen aus Naturschutz und Grünflächen. Beitr.
der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, Bd. 27, S. 93-116
Scheffer, K. (2000): Energie aus der Vielfalt der Pflanzenarten – Ein neuer Ansatz zur ökonomischen
und ökologischen Optimierung der Biomassenutzung. Energie und Umwelt – wo liegen optimale Lösungen? Union der deutschen Akademie der Wissenschaften, Jürgen Wolfrum und Sigmar Wittig
(Hrsg.), Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York, S. 117-126
Scheffer, K. (2002): Grundwasser- und Bodenschutz durch den Anbau von Energiepflanzen, Konferenzband „Der Landwirt als Energie- und Rohstofflwirt“, EUROSOLAR-Verlag, S. 23-26
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