Pathophysiologie Klinische Manifestation und Diagnostik

Werbung
M E D I Z I N
ZUR FORTBILDUNG
Wagenvoort (36) und Haworth (15)
modifiziert wurden. Die progressive
pulmonale Hypertension mit obliterativer Intimaproliferation ist mit einer Migration der glatten Gefäßmuskelzellen in das Subendothel und einer gesteigerten extrazellulären Matrix verbunden. Tierexperimentelle
Untersuchungen zeigen, daß für den
Gefäßumbau eine gesteigerte elastolytische Aktivität mitverantwortlich
ist und Adipsin, eine neu identifizierte Serin-Proteinase, dabei eine wichtige Rolle spielt (40). Die fortgeschrittenen Veränderungen (Grad IV bis
VI) verstärken die PH und bleiben
auch dann bestehen, wenn die auslösende Ursache beseitigt ist.
Pathophysiologie
Eine PH im Sinne einer pulmonalarteriellen Druckerhöhung kann
nach den Variablen der Formel
„Druck (P) = Flow (Qp) 3 Gefäßwiderstand (Rp)“ das Resultat eines erhöhten Blutflusses, eines gesteigerten
Gefäßwiderstandes oder das Ergebnis beider Faktoren sein.
Die pathophysiologischen Konsequenzen einer akuten PH unterscheiden sich grundsätzlich von denen
einer chronischen PH. Tritt eine
PH plötzlich ein und trifft sie auf
einen unvorbereiteten, nicht hypertrophierten rechten Ventrikel, entwickelt sich ein akutes Rechtsherzversagen. Bekannt ist dies für Säuglinge mit akuter oberer Luftwegsobstruktion oder bei Patienten mit massiver Lungenembolie. Die dünnwandige rechte Herzkammer mit ihrer hohen Compliance ist im Verhältnis zur
linken Kammer weniger von der Vorlast, aber deutlich mehr von der Nachlast abhängig. Die Funktion des rechten Ventrikels wird von vielen Faktoren bestimmt. Dies schließt die Vorlast, Nachlast, den Spannungseffekt
des Perikards, den intrapleuralen
Druck, den rechtskoronaren Perfusionsdruck, die linksventrikuläre Leistung und den kontraktilen Zustand
des interventrikulären Septums mit
ein.
Eine chronische PH führt zu einer graduellen Hypertrophie und
Vergrößerung des rechten Ventrikels.
Die Adaptationsmechanismen erlau-
ben die Entwicklung suprasystemischer Drucke im rechten Ventrikel.
Ein kardialer Funktionsverlust eines
volumen- oder druckbelasteten rechten Ventrikels tritt dann ein, wenn die
koronare Perfusion für den hypertrophierten und dilatierten Ventrikel inadäquat wird und zusätzlich die linksHistopathologische Einteilung der
Lungengefäßerkrankung
Grad I: Hypertrophie und Hyperplasie der Media
Grad II: Intimahyperplasie
Grad III: Intimafibrose mit beginnender Einengung des Gefäßlumens
Grad IV: Plexiforme Läsionen mit
dünnwandigen Gefäßdilatationen
Grad V: Angiomatöse Läsionen
Grad VI: Fibrinoide Nekrose, nekrotisierende Vaskulitis
ventrikuläre Funktion nachläßt. Eine
vornehmlich diastolische Funktionsbeeinträchtigung des linken Ventrikels mit Anstieg des linksventrikulären enddiastolischen und linksatrialen Druckes beruht auf einer ausgeprägten Deviation des interventrikulären Septums.
Ein weiterer Mechanismus für
ein akutes „low cardiac output“ ist
eine pulmonalarterielle, hypertensive Krise. Dabei führt eine akute Erhöhung des pulmonalen Gefäßwiderstandes zu einer extremen Verminderung des pulmonalvenösen
Blutflusses in den linken Vorhof. Bei
fehlendem intrakardialen RechtsLinks-Shunt resultieren eine Hypotension und ein Herz-KreislaufSchock.
Im Gegensatz zur Pathophysiologie der PPH haben Patienten mit
einem Eisenmenger-Syndrom nicht
nur eine bessere Hämodynamik, sondern auch eine signifikant bessere
Prognose. Kinder mit PPH, die zum
Zeitpunkt der Diagnose einem
rechtsatrialen Druck von > 7,5 mm
Hg aufweisen, haben eine schlechte
Prognose, im statistischen Mittel
sterben sie innerhalb von 24 Monaten (31). Zur akuten Exazerbation
führen Hypoxämie, Azidose oder ein
Lungenödem.
Klinische Manifestation
und Diagnostik
Als erste klinische Zeichen der
PPH treten meist Belastungsdyspnoe,
gesteigerte Müdigkeit oder Synkopen
auf. Einige Patienten klagen über verstärkten Kopfschmerz oder pectanginöse Schmerzen. Kinder mit PPH
fallen meist erst in einem fortgeschrittenerem Krankheitsstadium auf als
Erwachsene. In fast 50 Prozent sind
Synkopen oder eine manifeste Herzinsuffizienz die Erstsymptome. Bei
Kindern mit symptomatischer PPH
finden sich zum Zeitpunkt der Diagnose öfter als bei Erwachsenen ein
erhöhter pulmonalkapillärer Druck
und erniedrigte gemischtvenöse Sauerstoffsättigungswerte (SvO2). Erwachsene mit PPH und SvO2-Werten
< 63 Prozent haben eine DreijahresÜberlebensrate von weniger als 20
Prozent (13). Nach Diagnosestellung
scheint die Lebenserwartung bei Kindern kürzer als bei Erwachsenen.
Patienten mit Eisenmenger-Syndrom und angeborenem Herzfehler
entwickeln mit einer zentralen Zyanose die sekundären Zeichen der
chronischen
Hypoxämie
(überschießende Angiogenese, erkennbar
an Skleren und Uhrglasnägeln). Eine
Hämoptysis ist ein spätes, oftmals fatal endendes Symptom.
Bei der physikalischen Untersuchung finden sich neben Zyanosezeichen erweiterte Jugularvenen mit
prominenter A-Welle, palpatorisch
verstärkte rechtsventrikuläre Aktionen oder schon die Zeichen einer
Rechtsherzinsuffizienz mit Hepatomegalie. Auskultatorisch ist ein betonter zweiter Herzton charakteristisch. Bei einer Insuffizienz der Pulmonal- und/oder Trikuspidalklappe
ist entsprechend ein diastolisches beziehungsweise systolisches Geräusch
zu hören. Arrhythmien sind Spätsymptome. Ventrikuläre Tachykardien
sind die häufigste Ursache eines
plötzlichen Herztodes.
Die Diagnose einer pulmonalen
Hypertension wird mit Einschätzung
des Schweregrades aus der Synopsis
von Anamnese, Untersuchungsbefund, EKG, Röntgen und Echokardiographie gestellt. Die Herzkatheteruntersuchung erlaubt die exakte
Quantifizierung und die Überprü-
Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 14, 4. April 1997 (47)
A-919
Herunterladen