Formbildung durch endogene Kräfte

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Geografie
André Wyrsch
Formbildung durch endogene Kräfte
Plattentektonik
Mindestens zwölf große Lithosphärenplatten und eine Vielzahl kleinerer Platten, die sich auf dem
weichen Erdmantelmaterial bewegen, werden gegeneinander abgegrenzt. In Abhängigkeit der
Plattentypen und der Bewegungsrichtungen der Platten zueinander entstehen charakteristische
Landschaftsformen. Fünf verschiedene Vorgänge an Plattengrenzen werden unterschieden
Seafloor-Spreeding
Ozeane, wie der Atlantik, entstehen, wenn heißes Magma an Schwächezonen der Erdkruste an die
Oberfläche gefördert wird. Durch das aufsteigende Magma kommt es zur Aufwölbung, zu
Grabenbrüchen und zu einer seitlichen Verschiebung der Platten. Die Landmassen rechts- und
linksseitig dieses Grabens werden auseinandergedrückt. Wenn Wasser in diesen Graben einströmt,
öffnet sich der Ozean. Das Magma, das an die Oberfläche gelangt, bildet neuen Ozeanboden. Dieser
Vorgang wird Seafloor-Spreading genannt. Die kontinentalen Landmassen entfernen sich dadurch
immer weiter voneinander und der Ozean wächst.
Feine Bestandteile von Gesteinen werden bei ihrer Entstehung nach dem jeweilig herrschenden
Erdmagnetfeld ausgerichtet. Da sich das Magnetfeld der Erde oft umpolte und die Zeiten dieser
Veränderungen bekannt sind, ist es möglich, das Alter der Gesteine anhand der in ihnen
konservierten Magnetisierungsrichtung zu bestimmen. Mithilfe dieser und auch anderer
Altersbestimmungsmethoden wurde das Alter aller Ozeanböden der Erde ermittelt
An den Ozeanrücken dringt aus tiefliegenden Magmakammern entlang von Aufstiegskanälen
basaltisches Magma an die Oberfläche. Die oberste Schicht, die sich bei der Erstarrung des Magmas
im Meerwasser bildet, wird Pillow-Lava genannt. Diesen Namen hat das vulkanische Förderprodukt
bekommen, weil es ähnlich einem Kopfkissen (engl.: pillow) geformt ist
An den Mittelozeanischen Rücken gibt es heiße Quellen, die mit Mineralien und Gasen
angereichertes, sehr heißes Wasser aus dem Meeresboden herausstoßen. Diese "black smoker"
genannten Schlote fördern so große Mengen an Metallen, dass sie in Zukunft vielleicht abgebaut
werden.
Subduktion
Während an den Mittelozeanischen Rücken ständig neue Erdkruste produziert wird, gibt es auch
Orte, an denen das Krustenmaterial wieder aufgeschmolzen und damit vernichtet wird. Dieser
Subduktion genannte Vorgang führt zur Bildung ausgedehnter Gebirgszüge oder zu Inselbögen, wie
zum Beispiel den Japanischen Inseln
Bei einer Ozean-Ozean-Kollision entstehen die Inselbögen. Bei dem Zusammenstoß von zwei
ozeanischen Platten taucht die eine unter die andere ab. Die abtauchende Platte beginnt in einer
Tiefe von rund 100 Kilometern zu schmelzen. Bei diesem Prozess, der Subduktion, entstehen
Magmen mit geringer Dichte. Das flüssige Gesteinsmaterial steigt deshalb auf und bildet Vulkane. Ein
gebirgiger Inselbogen entsteht. Typische Gebirge vom Inselbogentyp findet man beispielsweise am
Marianengraben im Pazifik
Die Insel Timor ist durch das Abtauchen der Indisch-Australischen Platte entstanden. Timor gehört
mit Sumatra, Java und vielen kleineren Inseln zu einem lang gestreckten Inselbogen im Indischen
Ozean
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André Wyrsch
Als Folge einer Ozean-Kontinent-Kollision bilden sich auf der nicht abtauchenden Platte langgezogene
Gebirgsketten und vorgelagert die Tiefseegräben. Es taucht immer die ozeanische unter die
kontinentale Platte ab, da diese eine größere Dichte besitzt. Die ozeanische Platte wird
aufgeschmolzen und das so entstehende heiße Magma beginnt aufzusteigen. Im oberen Teil der
kontinentalen Platte setzen Verformungen und Faltungen der Gesteine ein. Berge wölben sich auf.
Im unteren Teil der Platte sind die Drücke und Temperaturen so groß, dass das Gestein schmilzt und
die leichten Schmelzen nach oben steigen. Es entstehen Vulkane. Ein typisches Beispiel für diesen
Gebirgsbildungstyp sind die südamerikanischen Anden.
Das über 7000 Kilometer lange und bis zu 700 Kilometer breite Gebirge der Anden zieht sich entlang
der südamerikanischen Westküste. Dort taucht die ozeanische Nazca-Platte mit über elf Zentimetern
pro Jahr unter die kontinentale südamerikanische Platte ab. Bei der Subduktion entstehen nicht nur
zahlreiche Vulkane, wie zum Beispiel im nördlichen Ecuador, sondern auch einige der stärksten
Erdbeben.
Die Pazifische Platte stößt fast überall auf andere ozeanische oder auch kontinentale Platten und sie
wird daher bei der Kollision subduziert und aufgeschmolzen. Sie bewegt sich nicht überall mit der
gleichen Geschwindigkeit. An den Aleuten sind es etwas mehr als fünf, nördlich von Neu-Guinea sind
es über zehn Zentimeter im Jahr
Bei der Subduktion entstehen die tiefsten Stellen der Erde, die Tiefseegräben. Sie liegen beim
Marianengraben über 11000 Meter unter der Meeresoberfläche. Neun der zehn tiefsten Gräben
konzentrieren sich im Westen der Pazifischen Platte
Grundsätzlich ist mit der Subduktion auch immer Vulkanismus verbunden. Dieser tritt meist hundert
oder mehr Kilometer von den Tiefseegräben entfernt auf. An den Grenzen der pazifischen Platte liegt
deshalb auch der aus unzähligen Vulkanen bestehende sogenannte "Feuerring"
Kontinentalkollision
Wenn sich zwei kontinentale Platten aufeinander zu bewegen, werden zuerst die zwischen diesen
Platten liegenden ozeanischen Krustenbestandteile untergetaucht oder subduziert. Da die
kontinentalen Krusten dieselbe Dichte besitzen, taucht nicht eine Platte unter eine andere, sondern
sie kollidieren in einem komplizierten Prozess.
Bei einer Kontinent-Kontinent-Kollision schieben sich die Platten in Decken übereinander und es
entstehen komplizierte Falten- und Bruchstrukturen. Sedimente, die vorher in den Meeren
abgelagert wurden, treten dabei an die Erdoberfläche und nehmen an dem Aufbau des sich
auftürmenden Gebirges teil. Bei diesem Prozess kann sich die kontinentale Kruste bis auf 60
Kilometer verdicken. Paläozoische Sedimente, die vor mehr als 250 Millionen Jahren vor der
ehemaligen indischen Küste abgelagert wurden, bilden heute die höchsten Erhebungen im Himalaja.
Die indische Platte schiebt sich auch heute noch mit etwa fünf Zentimetern pro Jahr in den
eurasischen Kontinent hinein. Die Gebirgsbildung des Himalaja ist also noch nicht abgeschlossen. Das
gletscherdurchzogene Massiv um den Mount Everest wird in Zukunft also noch höher aufsteigen
Der Bereich zwischen flacher Ebene und dem Anstieg ins Gebirge ist die HimalajaÜberschiebungsfront - der Ort, an der die Kontinentalkollision zur Gebirgsbildung führt. Das
wolkenverhangene Gebiet im rechten Bildteil ist das Khasigebirge
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Geografie
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Mit über 8000 Metern ist der Annapurna im Himalaja der zehnthöchste Gipfel der Welt. Dieses
gewaltige Massiv liegt westlich von Katmandu in Nepal. Der Annapurna war der erste der 18
Achttausender, der erfolgreich von Menschen bestiegen wurde. Der höchste Berg der Welt liegt an
der Ostflanke des Himalaja über der Hochebene von Tibet. Wegen seiner gewaltigen Größe
bezeichnen Nepalesen den Everest schon seit hunderten von Jahren als "Mutter des Universums",
auf tibetisch wird er die "Muttergöttin des Schnees" genannt. Ein Blick von dem 8153 Meter hohen
Cho Oyu. Er liegt in der Khumbu-Region des Himalaja, dem "Nest der Achttausender". Nur wenige
Kilometer westlich des Mount Everest gelegen, dominiert er gemeinsam mit dem höchsten Gipfel der
Welt die Umgebung.
Die Alpen entstanden durch eine vor etwa 80 Millionen Jahren beginnende Kollision der
afrikanischen und der europäischen Platte. Dabei kam es zu Verbiegungen, Faltungen und
Überschiebungen der Krustenbestandteile. Die Ötztaler Alpen haben die stärkste Vergletscherung in
den Ostalpen. Sie sind eine Gruppe der Zentralalpen, die im Norden durch das Inn-, im Süden durch
das Etschtal begrenzt wird
Transformstörungen
An Transformstörungen gleiten zwei Platten aneinander vorbei. Dabei wird weder
Erdkrustenmaterial vernichtet, wie bei der Subduktion, noch entstehen hohe Gebirge wie bei einer
Kontinent-Kontinent-Kollision. Da diese Bewegungen nicht reibungsfrei ablaufen können, sind
Transformstörungen auch immer erdbebengefährdete Gebiete. Die San-Andreas-Störung ist das
bekannteste Beispiel einer solchen Störung
Dieses aus Radarbildern entwickelte Relief zeigt einen Abschnitt der San-Andreas-Störung. Sie
verläuft nördlich von San Fransisco bis in den Golf von Kalifornien. An dieser langen Plattengrenze
bewegt sich die pazifische Platte relativ zur nordamerikanischen um etwa 5,5 Zentimeter pro Jahr
nordwärts
Seit etwa 15 Millionen Jahren bewegen sich die arabische und afrikanische Lithosphärenplatte an
einer Transformstörung aneinander vorbei. Über 105 Kilometer haben sie sich in dieser Zeit
gegeneinander verschoben. Auch bei diesen Plattenbewegungen in der Region um das Tote Meer
sind Erdeben keine Seltenheit
Mittelozeanische Rücken verlaufen nicht in einer ununterbrochenen Linie und sie spreizen sich auch
nicht mit gleicher Geschwindigkeit. Sie werden daher durch Transformstörungen miteinander
verbunden, die unterschiedliche Spreizungsraten ausgleichen. An solchen Transformstörungen wird
Kruste nicht subduziert, sondern ausschließlich seitlich, das heißt relativ zueinander verschoben.
Erdbeben finden daher auch an den Meeresböden statt
Bewegungen von Lithosphärenplatten sind gelegentlich auch die Ursache für die Entstehung von
Seen. Als Folge des Auseinanderdriftens der afrikanischen und der somalischen Platte senkte sich in
diesem Gebiet die Erdoberfläche ab und bildete einen tiefen Graben, in dem heute der
Tanganjikasee, der zweittiefste See der Erde, liegt
Zu den tektonischen Seen gehört auch der Baikalsee, der vor ungefähr 25 bis 20 Millionen Jahren
entstanden ist. Er ist nicht nur der älteste, sondern mit 1741 Metern auch der tiefste See der Erde
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Hot Spot
Hot Spot-Vulkane entstehen über schlauchförmigen Magma-Aufstiegskanälen, den Manteldiapiren.
Sie sind bis zu einige hundert Kilometer breit und ihre Wurzeln liegen vermutlich an der Kern-MantelGrenze. Durch sie wird erklärt, warum Vulkane auch weit von Plattengrenzen entfernt auftreten
können. Heißes Magma steigt dort auf, durchdringt die Kruste und bildet den sogenannten Hot Spot einen "heißen Fleck"
Vulkaninseln, wie zum Beispiel die der Hawaii-Kette, entstehen über den Hot Spots. Diese "heißen
Flecken" können mehrere Millionen Jahre an derselben Stelle bleiben. Die Lithosphärenplatten
hingegen driften über den Hot Spot hinweg und eine Kette aus Vulkaninseln entsteht. Aus dem Alter
und der Lage der Vulkane zueinander kann die Richtung und die Geschwindigkeit der
Plattenbewegung rekonstruiert werden
Das pazifische Hawaii-Archipel besteht aus 18 Inseln, die alle denselben vulkanischen Ursprung
haben. Mit zunehmender Entfernung von dem Hot Spot, der heute für Vulkanausbrüche am Mauna
Loa oder Kilauea verantwortlich ist, haben die Inseln ein höheres Alter
Hot Spots finden sich überall auf der Welt, unabhängig von den heutigen Plattengrenzen, an denen
sich normalerweise der Vulkanismus konzentriert.
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