Sehr geehrte Damen und Herren - Deutsches Nationalkomitee für

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Katrin Vetters
Sehr geehrte Frau Präsidentin Dr. Gundelach, Herr Minister Dr. Klug, Herr
Oberbürgermeister Albig, sehr geehrte Damen und Herren,
wie fühlt es sich an, mit dem Deutschen Preis für Denkmalschutz ausgezeichnet zu
werden?
Gut ein Dutzend von uns in diesem Saal des Kieler Schlosses wissen es jetzt,
und der einen oder dem anderen ging es vielleicht wie mir, als ich am 6. Juli einen
DIN A5-Briefumschlag des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz in
meinem Postfach in der Redaktion fand.
Ich wusste ja, dass der SWR meine Serie für den Denkmalpreis vorgeschlagen hatte
und rechnete also mit einer Antwort.
Aber einen Moment lang war ich irritiert: Merkwürdig, für ein Absageschreiben ist
dieser Umschlag eigentlich zu dick.
Dann, äußerlich ganz ruhig, mit dem Umschlag in der Hand zum Schreibtisch zurück
und den Umschlag geöffnet. Darin ein Schreiben von Frau Dr. Pufke. Ich werde in
kurzen, aber feierlichen Worten über die Bedeutung des Deutschen Preises für
Denkmalschutz informiert.
„Der Preis ist die höchste Auszeichnung in diesem Bereich ...“
Ich werde gefragt, ob ich die Auszeichnung annehmen wolle.
Glücksforscher und Neurowissenschaftler mühen sich seit langem, diesem Gefühl
auf die Spur zu kommen. ... Schwierig! ... Allein das Phänomen der weichen Knie ...
oder: Warum schießen einem plötzlich Tränen in die Augen?
Mein lieber Scholli! So ein echtes, fettes Glücksgefühl, das ist nicht leicht zu erklären.
Ich hoffe aber, alle hier im Saal wissen, was ich meine.
Danke im Namen aller Preisträger dafür, dass unsere Arbeit wahrgenommen und für
gut befunden wurde, Danke für diese Würdigung und Ehre und für die
Gastfreundschaft, die wir hier in Kiel erfahren.
Der Preis ist das Sahnehäubchen auf unserem Tun, das wir - ich denke, da spreche
ich für alle – sowieso als befriedigend, als erfüllend empfinden.
Vor knapp zwei Monaten, am 12. September, bin ich mit meinem Mann nach
Oestrich gefahren, etwa zwanzig Kilometer von unserem Wohnort entfernt, und
haben uns den Historischen Weinkran am Rheinufer von innen angeschaut. Der
historische Weinkran, das ist ein Bretterverschlag, würfelförmig, aus dessen Dach
der Kran-Arm ragt. Innen sind zwei große hölzerne Hamsterräder. Darin liefen die
Kranknechte und bewegten so den Kran und die Seilwinde. Der Kran wurde 1745
erbaut und war dann 180 Jahre lang in Betrieb. 1924 wurde er stillgelegt.
Schauen Sie sich mal draußen auf einer beliebigen Baustelle einen Kran an und
fragen Sie sich, was in 260 Jahren damit sein wird.
Aber zurück nach Oestrich. Da steht also seit 260 Jahren dieser Kran mit den
hölzernen Laufrädern in Innern, auf einem Fundament aus 170 Kubikmetern
Sandstein.
Was bleibt uns da anders übrig als – zu staunen.
An dem Tag, als wir den Weinkran am Rhein bestaunten, am 12. September, dem
Tag des offenen Denkmals, waren bundesweit 4,5 Millionen Menschen unterwegs,
um sich geschützte Bau- und Bodendenkmale anzusehen. Das sind so viele wie die
gesamte Einwohnerschaft von Kiel, Bonn und Berlin zusammen! Viereinhalb
Millionen Menschen – Gleichzeitig! waren auf den Beinen, um alte Häuser,
Schlösser, Burgen, Kirchen anzusehen.
Einige der Journalistenkollegen, die heute hier sind, haben mir bestätigt, dass sich ihr
Publikum für Denkmalthemen leicht begeistern lässt. Das ist auch meine Erfahrung.
Wenn wir über Denkmale berichten, wenn wir Denkmale zeigen, wenn wir das gut
machen, dann rennen wir bei vielen Menschen offene Türen ein.
In einer Zeit raschen Fortschritts und häufiger Umbrüche, in einer kurzlebigen Zeit
wie der unseren sehnen sich die Menschen nach etwas, das Bestand hat.
Einer der Preisträger, der Kollege Werner Kurz vom Hanauer Anzeiger, der heute
leider nicht bei uns sein kann, sagte „Die Menschen sehen, wie der Denkmalschutz
ihnen ihre Heimat erhält“.
Das mag nun von der Wahrnehmung professioneller Denkmalschützer abweichen,
die sich sicherlich nicht immer und überall willkommen fühlen. Unter den
Eigentümern von Baudenkmalen gibt es einige, die den Denkmalschutz als lästigen
Hemmschuh empfinden, sie fühlen sich behindert in ihrer Freiheit, ihr Eigentum nach
eigenem Willen und Gutdünken zu gebrauchen. Natürlich ist da die Notwendigkeit zu
wirtschaften und der menschliche Drang zur Gewinnoptimierung, der so manches
alte Bauwerk unsinnig erscheinen lässt. Und dann ist da noch die Natur, die sich
unter Aufbietung von Regen und Frost die Baustoffe wieder einverleiben will, die
unsere Vorfahren ihr abgerungen hatten.
Kurz gesagt, Denkmalschutz ist kein Kindergeburtstag, das ist wohl jedem von uns
bewusst.
Aber: Lieben wir nicht alle die Herausforderung?!
Für uns Preisträger kann ich sagen, dass wir die Herausforderung auch weiterhin
annehmen werden. Frisch gestärkt und ermutigt durch die Würdigung, die wir hier
erfahren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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