Speiseröhre 20.12.2012 - Marienhospital Bottrop

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Speiseröhre
(lat.: Ösophagus)
Gültigkeit:
MH
Marienhospital
ABT
Abteilung
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie
Die Speiseröhre stellt die Verbindung zwischen Rachen und Magen her und dient dem
Transport der Nahrung. Sie ist ein ca. 25 cm langer Muskelschlauch, der innen von
Schleimhaut ausgekleidet ist. Der Nahrungstransport wird durch rhythmische
Anspannungswellen der Muskulatur, der sog. Peristaltik, gewährleistet.
Erkrankungen der Speiseröhre machen sich durch unterschiedliche Symptome
bemerkbar.
Hauptsymptom bei Engstellen des Muskelschlauches ist die Dysphagie
(=Schluckstörung). Anfänglich kann feste Nahrung nicht geschluckt werden, später ggf.
auch weiche oder flüssige Nahrung, weitere Symptome sind Druck-/Kloßgefühl im
Hals, Husten beim Essen, Verschlucken, Hochwürgen bereits geschluckter Nahrung
und auch die Heiserkeit. Aber auch brennende Schmerzen hinter dem Brustbein
(Sodbrennen) und bitterer Geschmack im Mund durch Zurücklaufen von Magensaft
oder Galle bis in den Rachen (Reflux) können auftreten.
Im Folgenden finden Sie hier einen Überblick über die wichtigsten Erkrankungen der
Speiseröhre, die zu unserem Leistungsspektrum gehören:
Achalasie
Dies ist eine Funktionsstörung des Nervengeflechtes der Muskulatur, dabei verliert die
Speiseröhre ihre Peristaltik und der untere Schließmuskel des Ösophagus (Kardia =
Mageneingang) kann sich nicht mehr richtig öffnen; es kommt zu einem Rückstau in
den Ösophagus. Die Ursache für diese Erkrankung ist noch nicht geklärt. Symptome
sind vor allem die Dysphagie, Wiederhochwürgen von Nahrung und nach längerer
Erkrankung der Gewichtsverlust.
Die Diagnose wird über eine Manometrie (Druckmessung) der Speiseröhre, eine
Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel, den sog. Breischluck, und eine ÖsophagoGastroskopie (Spiegelung) gesichert.
Bei geringer Symptomatik kann eine medikamentöse Therapie eine Senkung des
Muskeltonus bewirken, dadurch öffnet sich der Mageneingang besser. Eine neuere
Therapie ist die Injektion von Botulinumtoxin in die verkrampfte Muskulatur, was
ebenso zu einer Senkung des Muskeltonus führt. Das Toxin kennt man vor allem aus
der plastischen Chirurgie zur Reduktion von Falten. Die letzte Therapieoption ist die
operative Spaltung der verkrampften Muskulatur der Kardia im Rahmen einer
Bauchspiegelung oder auch einer offenen Operation, wenn konservative Maßnahmen
unzureichend sind.
Reflux
Beim Reflux kommt es zum Zurückfließen von Magensäure in die Speiseröhre. Über
die Erkrankung, Diagnostik und Therapie finden Sie nähere Angaben im Kapitel
„Reflux“. Eine langandauernde Refluxerkrankung kann zu einem:
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Endobrachyösophagus (Barrettösophagus)
führen:
Darunter versteht man eine Veränderung (Dysplasie, Metaplasie) von normaler
Ösophagusschleimhaut oberhalb des Mageneingangs durch chronischen Reflux. Diese
Erkrankung kann das Risiko einer bösartigen Veränderung erhöhen und ist damit eine
sog. Präkanzerose, welche behandelt werden muss. Bei kleinflächigen Veränderungen
empfiehlt sich eine regelmäßige endoskopische Kontrolle, bei großflächigeren
Veränderungen sollte im Rahmen der Spiegelung eine oberflächliche Entfernung der
veränderten Schleimhaut erfolgen. Bei hochgradigen (high grade Dysplasia) und
ausgedehnten Veränderungen (mehrere cm Längenausdehnung) ggf. auch eine
Entfernung des unteren Drittels der Speiseröhre und des oberen Magendrittels (OP
nach Merendino, siehe im Abschnitt „Magen“), wobei der Eingriff im Brustkorb in der
Regel minimal invasiv erfolgt und man somit auf einen großen und schmerzhaften
Brustkorbschnitt verzichtet werden kann.
Divertikel
Damit bezeichnet man eine sackförmige Ausstülpung durch die Ösophaguswand
hindurch. Es entsteht an Stellen, an denen eine Druckerhöhung erfolgt. Im Halsbereich
kann das sog. Zenkerdivertikel auftreten. Er entsteht durch Ausstülpen von
Schleimhaut durch ein muskelschwaches Dreieck an der Hinterwand der Speiseröhre
im Halsbereich.
Symptome sind abhängig von der Größe, anfänglich kann sich die Schleimhaut nach
Druckminderung zurück in die Normalposition ziehen, dabei merken die Patienten
häufig nur eine Druck- oder Kloßgefühl im Hals. Tritt das Divertikel dauerhaft aus,
können sich darin Nahrungsreste festsetzen. Die Patienten würgen unverdaute, nicht
saure Nahrung hoch, es kann zu extremen Mundgeruch und Verschlucken vor allem
nachts kommen.
Diagnostiziert wird das Divertikel mittels Röntgenuntersuchung oder Spiegelung
(Endoskopie).
Die operative Therapie erfolgt durch die Aufhebung der Muskelenge unterhalb des
muskelschwachen Dreiecks und Abtragung des Bruchsackes. Hier wird über einen
kleinen Schnitt an der linken Halsseite die gesamte Ausstülpung entfernt und die
Muskelenge unter Sicht gespalten. Postoperativ kann der Patient sich nach 24 Stunden
wieder normal ernähren, der stationäre Aufenthalt dauert nach der OP etwa 3 Tage.
Ösophaguskarzinom (Speiseröhrenkrebs)
Es handelt sich um eine relativ seltene Erkrankung (ca. 5-10 Fälle pro 100 000
Einwohner pro Jahr), Männer sind etwa 4 - 5 mal häufiger betroffen als Frauen, meist
entsteht der Tumor zwischen dem 55.-65. Lebensjahr.
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Es werden zwei Tumorarten unterschieden, das Plattenepithelcarcinom (vor allem bei
Rauchern und Alkoholikern) und das Adenocarcinom (meist unteres Drittel, Reflux).
Eine vollständige Heilung ist nur bei aggressiver Therapie im Frühstadium möglich. Da
aber die Karzinome meist erst spät Symptome hervorrufen (Schluckstörung zunächst
bei fester Nahrung, später auch bei weicher oder flüssiger Nahrung, selten Heiserkeit),
kann nur bei einem kleineren Teil der Patienten eine längerfristige Heilung erreicht
werden.
Die Diagnostik besteht aus einer Spiegelung mit gleichzeitiger Probeentnahme zur
feingeweblichen Beurteilung. Es folgen danach sog. Staging-Untersuchungen
(Röntgen der Lunge, Computertomographie von Brustkorb und Bauchraum,
Endosonografie) zur Stadieneinteilung der Erkrankung. Der Tumor ist anfangs auf die
Innenschicht der Speiseröhre beschränkt, später kann er die gesamte Wand
durchsetzen, im weiteren Verlauf können Lymphknoten oder sogar andere Organe
befallen sein.
Bezüglich des Krankheitsausmaßes bestehen stadienabhängige Therapierichtlinien:
Im Frühstadium ist die alleinige Operation die korrekte Therapie. Dabei wird der
allergrößte Teil der Speiseröhre und ein kleinerer Teil des Magens unter Mitnahme
aller organnahen Lymphknoten im Rahmen eines Zwei-Höhlen-Eingriffs (operative
Eröffnung von Brustkorb und Bauchraum) entfernt, der Restmagen wird zu einem
Schlauch umgeformt, in den oberen Brustkorb verlagert und dort oder im Halsbereich
mit der restlichen Speiseröhre verbunden (Ösophagusresektion mit Magenhochzug).
Dieser Eingriff gehört zu den großen Operationen spezialisierter viszeralchirurgischer
Kliniken, welcher ein erfahrenes Team aus Anästhesisten, Chirurgen und
kompetenten Intensivpflegern auf einer dafür geeigneten Intensivstation voraussetzt.
Wir gehören zu den wenigen ausgewiesenen Kliniken in Deutschland, die den Eingriff
im Brustkorb minimal invasiv durchführen.
Im fortgeschrittenen Stadium (wandüberschreitendes Wachstum ohne/mit
Lymphknotenbefall) wird der Operation eine 6-wöchige Radio-Chemotherapie
vorgeschaltet, um die Chance einer kompletten und radikalen chirurgischen Therapie
zu erhöhen. Darunter versteht man die Kombination aus gleichzeitiger Chemo- und
täglicher Bestrahlungstherapie des inneren Brustkorbs, welches nach derzeitigem
Wissensstand die effektivste Form der Vorbehandlung darstellt. Nach 4-wöchiger
Pause erfolg die Operation (s.o.). Eine Heilungschance besteht nur nach kompletter
Entfernung des Karzinoms und der Lymphknoten.
Bei Einwachsen der Geschwulst in Nachbarorgane oder bei Nachweis von
Tochtergeschwülsten in anderen Organen (Spätstadium) ist eine Operation nicht mehr
sinnvoll, hier kommen Verfahren zur Verbesserung der Lebensqualität zum Einsatz,
z.B. Einbringen eines Stents (Kunststoffröhre) mittels Endoskopie in Kurznarkose zur
Überbrückung des Tumors, um eine normale Ernährung wiederherzustellen, oder
Einlage einer Ernährungssonde durch die Bauchdecke in den Magen oder den
Dünndarm.
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Individuell kann eine begleitende Radio-Chemotherapie angeraten sein.
In unserer Klinik kann der Operationsteil in der Brusthöhle, bei dem die Speiseröhre mit
den umgebenden Lymphknoten entfernt wird, standardmäßig durch eine sog.
Thorakoskopie durchgeführt werden. Hierbei verzichtet man auf einen großen Schnitt
am Brustkorb und die großflächige Eröffnung der Brusthöhle, lediglich über 3 kleine
Schnitte (Schlüssellochchirurgie) erfolgt mit Spezialinstrumenten der Operationsschritt
im Brustkorb. Die Patienten verbleiben nach dieser Art der Operation kürzer auf der
Intensivstation und haben weniger Schmerzen.
Ösophagusatresie
Dabei handelt es sich um eine sehr seltene Erkrankung der Neugeborenen, bei der die
Speiseröhre nicht oder fehlerhaft ausgebildet ist. Meist ist die obere Speiseröhre als
Blindsack verschlossen, der untere Teil mündet von der Luftröhre in den Magen, das
mittlere Drittel ist nicht angelegt. Diese behebbare Fehlbildung wird meist bereits
während der Vorsorgeuntersuchungen vor der Geburt erkannt. Die Mütter sollten dann
das Kind in einer Klinik zur Welt bringen, in der solche Fehlbildungen von einem
erfahrenen Team von Kinderchirurgen, Neonatologen und Anästhesisten korrigiert und
auf einer damit vertrauten und kompetenten Kinderintensivstation (Level I)
weiterbehandelt werden können (siehe „Kinderchirurgie“).
Speiseröhren-Karzinom
die rote gepunktete Linie zeigt des Ausmaß der
Operation
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(lat.: Ösophagus)
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Operationssitus: Aus dem Magenrest wird eine neue Speiseröhre geformt, die mit dem
verbliebenen Rest der Speiseröhre im Halsbereich vernäht wird
(Anastomose).
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