Bescheid

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Pharmazeutische Unternehmer
- Verteiler siehe Anlage ­
24. Sept. 2001
Nachrichtlich:
Stufenplanbeteiligte
Gesch.-Z.: B 7174-A34327-1770/01
Abwehr von Arzneimittelrisiken, Stufe II
hier: Tamoxifen
(Arzneimittel siehe Anlage)
Bezug:
- Stufenplanschreiben, Stufe II, vom 7.6.2001 (Gesch.-Z. 7174-A34327-1770/01)
- Stellungnahme der betroffenen Hersteller der Verbände VFA, BPI, BAH vom 23.7.2001
- Stellungnahme des Generika-Verbandes vom 30.7.2001
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit ergeht folgender
Bescheid
Die Zulassungen für die o.g. Arzneimittel werden wie folgt geändert:
1. In die Fachinformation sind folgende Texte aufzunehmen:
1.1. Im Abschnitt Nebenwirkungen:
„Unter einer Therapie mit (Name des Arzneimittels) können vermehrt proliferative
Veränderungen
am
Endometrium
in
Form
von
Endometriumhyperplasie,
Endometriumpolypen und Endometriummalignomen auftreten. Aktuellen Erkenntnissen
zufolge steigt mit zunehmender Dauer einer Behandlung mit Tamoxifen das Risiko eines
Endometriumkarzinoms auf das 2 bis 4 -fache gegenüber nicht mit Tamoxifen therapierten
Frauen an.“
1.2. Im Abschnitt Warnhinweise:
„Wegen des erhöhten Risikos für das Auftreten von Endometriummalignomen durch (Name
des Arzneimittels) sollten bei vaginalen Blutungen in der Postmenopause und irregulären
Blutungen in der Prämenopause die Ursachen umgehend geklärt werden.
Nicht hysterektomierte Patientinnen sollten jährlich gynäkologisch im Hinblick auf
Endometriumveränderungen untersucht werden. Bei Patientinnen mit Tumormetastasen sollte
der Arzt über die Häufigkeit der Untersuchungen entscheiden.
Zur Beginn der Therapie mit (Name des Arzneimittels) sollte eine augenärztliche
Untersuchung erfolgen.
Treten unter der Therapie mit (Name des Arzneimittels) Veränderungen der Sehkraft auf, so
ist eine augenärztliche Untersuchung dringend vorzunehmen, da sich manche im Frühstadium
erkannte Veränderungen nach dem Absetzen der Therapie zurückbilden.“
2. In die Gebrauchsinformation sind folgende Texte aufzunehmen:
2.1. Im Abschnitt Nebenwirkungen:
„Unter der Behandlung mit (Name des Arzneimittels) können vermehrt Wucherungen,
Polypen und bösartige Tumore der Gebärmutterschleimhaut auftreten.“
2.2. Im Abschnitt Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung:
„Die Ursache von Blutungen nach den Wechseljahren und von unregelmäßigen Blutungen vor
den Wechseljahren sollte umgehend geklärt werden.
Wenn Sie (Name des Arzneimittels) erhalten, besprechen Sie die Notwendigkeit einer
jährlichen gynäkologischen Untersuchung zur Feststellung von Veränderungen der
Gebärmutterschleimhaut oder sonstiger Kontrolluntersuchungen mit Ihrem Arzt.
Zu Beginn der Behandlung mit (Name des Arzneimittels) sollte eine augenärztliche
Untersuchung erfolgen.
Treten unter der Behandlung mit (Name des Arzneimittels) Veränderungen der Sehkraft auf,
so ist eine augenärztliche Untersuchung dringend vorzunehmen, da sich manche im
Frühstadium erkannte Veränderungen nach dem Absetzen der Therapie zurückbilden.“
3. Die Anordnungen nach Punkt 1 und 2 sind bis zum 1. Dezember 2001 umzusetzen; sofern
bereits die Texte aus dem Stufenplanschreiben Stufe II vom 7.6.2001 vollständig
übernommen wurden, wird eine Frist zur Umstellung bis zum 1. Juni 2002 gewährt.
Begründung
Die Anordnung beruht auf den Bestimmungen der §§ 28 Abs. 2 Nr. 2/2a und 110 des
Arzneimittelgesetzes – AMG - vom 24.8.76 (BGBl. I S. 2445, 2448), zuletzt geändert durch
das Zehnte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S.
1040).
Die Maßnahmen sind auf der Basis der hier vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse
sowie nach Auswertung der o.g. Stellungnahme der Verbände der betroffenen
pharmazeutischen Unternehmer in dieser Form erforderlich, um beschriebene Risiken
möglichst frühzeitig zu erkennen und Folgeschäden weitgehend zu vermeiden.
Die Darstellung der Risiken entspricht dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, da
unter Tamoxifen eine Erhöhung des relativen Risikos für das Auftreten von
Endometriumkarzinomen (Bergmann et al., 2000, Althuis et al., 2000, Deligdisch et al., 2000,
Ceci et al., 2000) und anderer Uteruskörpermalignome (Fotiou et al., 2000, Carvalho et al.,
2000, Okada et al., 1999, McCluggage et al., 2000) sowie für Okulotoxizität (Noureddin et
al., 1999, Ah-Song et al., 1997, Sekhar et al., 1995) festgestellt wurde. *)
Die in die Texte aufzunehmende Häufigkeitsangabe ist durch die oben zitierte Literatur
belegt.
Der
Hinweis
auf
Endometrium-Veränderungen
bei
den
ärztlichen
Kontrolluntersuchungen soll gezielt auf das Problem aufmerksam machen und sich von den
üblichen Kontrolluntersuchungen abheben. Es wurde aber keine spezielle
Untersuchungsmethode festgelegt, um für künftige Entwicklungen offen zu sein.
Die Notwendigkeit zur augenärztlichen Untersuchung zu Beginn der Behandlung besteht auch
für Frauen unter 50 Jahren.
Der therapeutische Nutzen von Tamoxifen in den zugelassenen Indikationen ist weiterhin als
belegt anzusehen. Die angeordneten Änderungen der FI/GI betreffen daher vor allem
Hinweise auf die als notwendig erachteten therapiebegleitenden Vorsorge-Untersuchungen
der Gebärmutterschleimhaut und des Auges.
*) Literatur:
(1) Bergmann, L. et al., Risk and Prognosis of Endometrial Cancer after Tamoxifen for Breast Cancer. Early
Breast Cancer Trialists‘Collaborative Group. The Lancet, 356, 9.9.2000, S. 881ff
(2) Althuis, M. et al., Surveillance for Uterine Abnormalities in Tamoxifen-Treated Breast Carcinoma
Survivors. American Cancer Society, 2000
(3) Deligdisch, L. et al., Endometrial Histopathology in 700 Patients Treated with Tamoxifen for Breast Cancer.
Gynocologic Oncology 78 (2), 2000, S. 181-186
(4) Ceci, O. et al., Sonographic, Hysteroscopic and Histologic Evaluation of the Endometrium in
Postmenopausal Women with Breast Cancer Receiving Tamoxifen. Journal of the American Association of
Gynecologic Laparoscopists 7 (1), 2000, S. 77-81
(5) Fotiou, S. et al., Long-Term Tamoxifen Treatment: A Possible Aetiological Factor in the Development of
Uterine Carcinosarcoma: Two Case-Reports and Review of the Literature. Anticancer Research 20, 2000, S.
2015-2020
(6) Carvahlo, F. M. et al., Müllerian Adenosarcoma of the Uterus with Sarcomatous Overgrowth Following
Tamoxifen Treatment for Breast Cancer. Rev Hosp Clin Fac Med S. Paulo 55 (1), 2000, S. 17-20
(7) Okada, D. et al., Uterine Pleomorphic Rhabdomyosarcoma in a Patient Receiving Tamoxifen Therapy.
Gynecologic Oncology 75 (3), 1999, S. 509-513
(8) McClugagge, W. G. et al., Uterine Carcinosarcomas in Patients Receiving Tamoxifen. A Report of 19
Cases. Int J Gynecol Cancer 10, 2000, S. 280-284
(9) Noureddin, B. et al., Ocular Toxicity in Low-dose Tamoxifen: A Prospective Study. Eye 13, 1999, S. 729­
733
(10) Ah-Song,R ., Sasco, A., Tamoxifen and Ocular Toxicity. Cancer Detection and Prevention 21 (6), 1997, S.
522-531
(11) Sekhar, G., Nagarajan, R., Ocular Toxicity of Tamoxifen. Indian Journal of Ophthamology 43 (1), 1995, S.
23-26
Eigenverantwortliche Maßnahmen
In diesem Zusammenhang weist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
darauf hin, dass die Inhaber von Arzneimittelzulassungen aufgrund der Bestimmungen des
Arzneimittelgesetzes verpflichtet sind, unabhängig von einschränkenden Entscheidungen der
Bundesbehörde im Rahmen der Eigenverantwortung des pharmazeutischen Unternehmers
ihre Produkte nach dem jeweils neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand herzustellen,
eventuell notwendige Vorsichtsmaßnahmen zum frühest möglichen Zeitpunkt durchzuführen
und jederzeit sicherzustellen, dass Ihre Arzneimittel unbedenklich sind und mit einer dem
jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprechenden Information in den
Verkehr gebracht werden. Die vorgegebene Frist markiert daher den Zeitpunkt, zu dem die
angeordneten Maßnahmen spätestens umzusetzen sind.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben
werden. Der Widerspruch ist beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte,
Friedrich-Ebert-Allee 38-40, 53113 Bonn, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
(Dr. A. Thiele)
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