studien im fokus - Deutsches Ärzteblatt

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MEDIZINREPORT
STUDIEN IM FOKUS
UNTERE ATEMWEGSINFEKTIONEN
CRP erhöht den Vorhersagewert für eine Pneumonie
Die Differenzierung zwischen einer
akuten Bronchitis und einer Pneumonie ist in der Praxis des Hausarztes teilweise schwierig: Nicht immer ist ein Thoraxröntgen möglich,
aber das gesundheitliche Risiko eines Patienten mit nicht behandelter
Pneumonie ist hoch. Die Frage,
welchen diagnostischen Wert die
Entzündungsparameter CRP und
Procalcitonin haben, hat eine Gruppe aus dem europäischen GRACEKonsortium zur Bekämpfung von
Antibiotikaresistenzen bei unteren
Atemwegsinfektionen untersucht.
In die Analyse eingeschlossen
wurden 2 820 Patienten aus zwölf
Ländern, die wegen akuten Hustens
den Hausarzt aufgesucht hatten
(Durchschnittsalter 50 Jahre, 40 %
männlich). Bei der ersten Visitation
wurde zusätzlich zur klinischen Untersuchung Blut abgenommen zur
Bestimmung des CRP und des Procalcitonins. Außerdem erfolgte ein
Thoraxröntgen, meist binnen fünf
Tagen nach dem Hausarztbesuch.
Der primäre Studienendpunkt
war eine Pneumonie, die von Radiologen ohne Information über andere Patientendaten festgestellt
wurde. Pneumonie wurde bei 5 %
der Studienpopulation diagnostiziert. Am zuverlässigsten für die
Vorhersage einer Pneumonie war
die Symptomenkombination vermindertes, aber rasselndes Atemgeräusch bei der Auskultation, Kurzatmigkeit, Tachykardie (> 100/min),
Fieber (≥ 37,8 Grad Celsius) und
kein Schnupfen (Area under the
curve [AUC] von 0,70; 95-%-Konfidenzintervall [KI] 0,65–0,75). Die
Hinzunahme des CRP-Wertes erhöhte die Zuverlässigkeit mit steigendem CRP; bei dem für die Vorhersage optimalen Schwellenwert
des CRP von 30 mg/l ergab sich eine Erhöhung der AUC von 0,70 auf
0,77 (95-%-KI 0,73–0,81) und be-
OKULÄRE TOXOPLASMOSE
Neuer, prognostisch ungünstiger Serotyp dominiert
Die okuläre Toxoplasmose (OT) ist
weltweit die wichtigste Ursache einer posterioren Uveitis, einer Entzündung der hinteren Augenabschnitte, die zu starkem Sehverlust
führen kann. Das Risiko einer Augenbeteiligung nach einer Infektion
mit Toxoplasma gondii ist geografisch unterschiedlich (Europa: 2 %,
Brasilien: 18 %). In einer aktuell
publizierten Studie sind Serum und
Kammerwasserproben von 170
deutschen Uveitis-Patienten mit
modernen serologischen Methoden
analysiert worden. 114 Patienten
hatten eine OT, die übrigen 56 hatten Uveitiden anderer Ursachen.
Bei 44 % der Serumproben von OTPatienten wurde ein neuer Serotyp
entdeckt: Im ELISA fand man keine
A 2208
Antikörper gegen die für die Serotypisierung verwendeten Peptidantigene (Serotyp: „nicht reaktiv“,
NR). Bei Patienten mit seropositiver, nicht mit OT assoziierter Uveitis wurde der Serotyp „NR“ nur zu
7 Prozent gefunden.
Der neue Serotyp ist mit ungünstigem Verlauf einer Uveitis assoziiert: Für ein Uveitisrezidiv betrug
der Risikofaktor 2,92; die intraokularen Entzündungszeichen waren
besonders schwer, eine Läsionsgröße von mehr als zwei Papillendurchmessern war mit 53 % in der
NR-Gruppe häufiger als bei allen
anderen T. gondii-Serotypen. NRPatienten hatten eine zehnmal so
hohe Wahrscheinlichkeit für eine
OT als Patienten anderer Serotypen.
wirkte bei 28 % der bezüglich ihres
Risikos zuvor falsch klassifizierten
Patienten die korrekte Einstufung in
niedriges, mittleres oder hohes Risiko. Die Pneumonieprävalenz betrug in der Hochrisikogruppe 31 %,
in der Niedrigrisikogruppe weniger
als 2,5 %. Die Procalcitoninwerte
hatten für die korrekte Zuordnung
keine zusätzliche Bedeutung.
Fazit: Um die Wahrscheinlichkeit
abzuschätzen, dass ein Patient mit
einer akuten unteren Atemwegsinfektion und weiteren Symptomen
einer Lungenentzündung eine
Pneumonie hat, eignen sich in der
Hausarztpraxis am besten die klinischen Zeichen. Die Zuverlässigkeit
anhand der typischen Symptome
lässt sich mit dem CRP (Schwellenwert ab 30 mg/l) erhöhen.
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze
van Vugt SF, Broekhuizen BD, Lammens C,
et al.: Use of serum C reactive protein and
procalcitonin concentrations in addition to
symptoms and signs to predict pneumonia in
patients presenting to primary care with
cough: diagnostic study. BMJ 2013; 346:
f2450 doi:10.1136/bmj.f2450
Fazit: Bei deutschen Patienten mit
okulärer Toxoplasmose dominiert
ein neuer Toxoplasma-gondii-Serotyp. Er ist mit einem erhöhten Uveitisrezidivrisiko assoziiert. Prof. Dr.
med. Uwe Pleyer, Augenklinik der
Charité Berlin, kommentiert: „Die
Serotypisierung ermöglicht, gefährdete Patienten zu identifizieren. Es
gilt, diese Menschen mit möglichen
Zeichen und Symptomen einer beginnenden okulären Toxoplasmose
vertraut zu machen, ihnen zu regelmäßigen augenärztlichen Untersuchungen zu raten und sie vielleicht
sogar prophylaktisch zu behandeln.“ Am weitesten verbreitet in
der Therapie der OT sei die Kombination Pyrimethamin, Sulfadiazin
und Folinsäure. Dr. med. Ronald D. Gerste
Shobab L, et al.: Toxoplasma serotype is associated with development of ocular toxoplasmosis. Journal of Infectious Diseases 2013;
208: 1520–8.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 46 | 15. November 2013
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