Kapitel 2 Die Schrödinger

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Kapitel 2
Die Schrödinger-Gleichung
(Einführung)
Im Formalismus der Quantenmechanik werden Observablen (z. B. Ort, Impuls oder Energie
eines Teilchens) im Allgemeinen nicht durch Zahlen (x, px , E, etc.) oder Funktionen der Zeit
(x(t), px (t), E(t), etc.) dargestellt, sondern durch Operatoren oder Matrizen. Ein wesentlicher
Unterschied zwischen Zahlen (skalaren Grössen) einerseits und Operatoren und Matrizen andererseits besteht darin, dass erstere bei einer multiplikativen Verknüpfung stets kommutieren,
letztere aber im Allgemeinen nicht:
a b
c d
!
·
3 · 4 = 4 · 3 = 12
!
!
e f
e f
6=
·
g h
g h
a b
c d
!
(im Allgemeinen)
Dieses Kapitel dient einer sanften heuristischen Einführung in den Formalismus der Quantenmechanik und hebt die Unterschiede zur klassischen Physik hervor.
2.1
Die Heisenbergschen Vertauschungsrelationen
Der Kommutator zweier mathematischer Objekte A und B (Observablen, Operatoren, Matrizen, Zahlen, Funktionen, etc.) ist definiert als
def.
[A, B] = AB − BA .
(2.1)
Klassische Beschreibung von Observablen
Zwei klassisch messbare Grössen (Observablen) O1 und O2 vertauschen immer, d.h. sie erfüllen
die Beziehung
[O1 , O2 ] = O1 · O2 − O2 · O1 = 0 .
2-1
(2.2)
2-2
2 Die Schrödinger-Gleichung (Einführung)
Beispiel: Harmonischer Oszillator
k
Abbildung 2-1: Schematische Darstellung eines harmonischen
Oszillators.
m
0
x
Eine Realisierung eines harmonischen Oszillators ist eine Punktmasse, die über eine Feder
mit einer zweiten, unendlich schweren Masse (z. B. einer Wand) verbunden ist. Ein solcher
harmonischer Oszillator ist in Abbildung 3-1 dargestellt. Die Bewegung des harmonischen
Oszillators wird durch
F = −k x = m a = m
d2 x
dp
=
2
dt
dt
(2.3)
beschrieben (die Schwerkraft wird hier vernachlässigt), wobei F der auf das Teilchen wirkenden Kraft, k der Federkonstante, x der Auslenkung aus der Gleichgewichtsposition, a
der Beschleunigung und p dem Impuls des Teilchens entsprechen. Da das Problem eindimensional ist, sind Kraft, Auslenkung, Beschleunigung und Impuls skalare Grössen. Die
Lösung der Differentialgleichung (2.3) lautet
r
k
x(t) = A cos(ωt)
mit
ω=
.
(2.4)
m
Der Impuls des Teilchens beträgt
p(t) = mv(t) = m
d
x(t) = −mAω sin(ωt) .
dt
(2.5)
Das Produkt aus x(t) und p(t) ist unabhängig von der Reihenfolge von x(t) und p(t)
x(t)p(t) = p(t)x(t) = −mA2 ω cos(ωt) sin(ωt) = −
mA2 ω
sin(2ωt) ,
2
(2.6)
d. h. x(t) und p(t) vertauschen (oder kommutieren). Der Kommutator ist [x(t), p(t)] = 0.
Quantenmechanische Betrachtung
Der Ort x̂ und der Impuls p̂x vertauschen nicht,i sondern es gilt
[x̂, p̂x ] = i ~
i
(6= 0) ,
(2.7)
Durch den Hut (Zirkumflex) ˆ “ wird darauf hingewiesen, dass man mit quantenmechanischen Observablen
”
oder Operatoren arbeitet.
Vorlesungsskript PCIII
2-3
2.1 Die Heisenbergschen Vertauschungsrelationen
wobei
~=
h
2π
(2.8)
und h = 6.626 068 96(33) · 10−34 J s die Planck-Konstante darstellt.
x̂ und p̂x dürfen deshalb nicht mehr (wie im obigen Beispiel) als Funktionen der Zeit dargestellt
werden, weil die Funktionen x(t) und px (t) vertauschen. x̂ und p̂x müssen durch nicht vertauschbare mathematische Objekte dargestellt werden, z. B. durch Matrizen oder Operatoren.i
• Matrizen vertauschen im Allgemeinen nicht:
!
!
!
2 1
3 1
7 3
=
;
0 1
1 1
1 1
3 1
1 1
!
2 1
0 1
!
=
6 4
2 2
!
.
In der 1925–1926 von Werner Heisenberg (1901–1976), Max Born (1882–1970) und Pascual Jordan (1902–1980) entwickelten Matrixdarstellung der Quantenmechanik ( Matri”
zenmechanik“) werden Observablen durch Matrizen beschrieben.
• Auch Operatoren vertauschen im Allgemeinen nicht. Sie stellen eine Operation (Multiplikation, Ableitung, etc.) dar, die auf eine Funktion angewandt wird. In der 1926 von Erwin
Schrödinger (1887–1961) veröffentlichten Darstellung der Quantenmechanik ( Wellenme”
chanik“) werden Observablen durch Operatoren dargestellt.
Jeder Operator oder jede quadratische Matrix  besitzt Eigenwerte an und Eigenfunktionen
φn , die die Gleichung
Âφn = an φn
(2.9)
erfüllen. Allerdings ist nicht jede Funktion eine Eigenfunktion des Operators oder der Matrix
Â. Die Bestimmung der Eigenwerte und Eigenfunktionen (oder Eigenvektoren) von Operatoren
und Matrizen ist ein mathematisches Problem und die Vorgehensweise wird in der Vorlesung
Lineare Algebra“ erläutert. Die Verknüpfung zweier Operatoren oder Matrizen in einem Kom”
mutator der Form (2.2) setzt gewisse Regeln voraus. Bei Matrizen wird als Verknüpfung die
i
Erwin Schrödinger, Über das Verhältnis der Heisenberg-Born-Jordanschen Quantenmechanik zu der mei”
nen“, Ann. Phys. 79 [Ser. 4]/384, 736–756 (1926).
Vorlesungsskript PCIII
2-4
2 Die Schrödinger-Gleichung (Einführung)
Multiplikation verwendet:
!
A=
a b
c d
!
B=
e f
g h
!
A·B=
a b
c d
!
B·A=
e f
g h
!
·
e f
g h
!
·
a b
c d
[A, B] = A · B − B · A =
!
=
ae + bg af + bh
ce + dg cf + dh
!
=
ae + cf be + df
ag + ch bg + dh
bg − cf
af + bh − be − df
ce + dg − ag − ch
cf − bg
!
.
(2.10)
Bei Operatoren wird vorausgesetzt, dass zuerst der Operator auf der rechten Seite des Pro”
duktes“ auf die Funktion wirkt und dann der Operator auf der linken Seite. Eine Beziehung
der Form (2.7) oder (2.10) wird als Vertauschungsrelation bezeichnet.
Beispiel : Kommutator von zwei Operatoren
 =
d2
dx2
B̂ = 3x
(2.11)
Der Operator  auf die Funktion f (x) angewandt ergibt
Âf (x) =
d2 f (x)
.
dx2
(2.12)
Der Operator  ist eine Rechenvorschrift, die besagt, dass f (x) zweimal nach x abgeleitet
werden soll. B̂f (x) = 3xf (x) besagt, dass f (x) von links mit 3x multipliziert werden muss.
d2
df (x)
d2 f (x)
ÂB̂f (x) = Â(3xf (x)) =
(3xf (x)) = 6
+ 3x
dx2
dx
dx2
2
d f (x)
B̂ Âf (x) = 3x · Âf (x) = 3x
dx2
(2.13)
(2.14)
Für den Kommutator zwischen  und B̂ gilt also
[Â, B̂] = ÂB̂ − B̂ Â = 6
d
.
dx
(2.15)
Beispiel : Eigenfunktionen von Operatoren
Der Operator  sei definiert als
 =
d2
.
dx2
Vorlesungsskript PCIII
(2.16)
2-5
2.1 Die Heisenbergschen Vertauschungsrelationen
Angewandt auf die Funktion f (x) = cos(kx) erhält man
Âf (x) =
d2
cos(kx) = −k 2 cos(kx) = −k 2 f (x) .
dx2
(2.17)
Die Funktion f (x) = cos(kx) ist somit eine Eigenfunktion von  zum Eigenwert −k 2 . Wird
der Operator  auf die Funktion g(x) = x2 angewandt, ergibt sich
Âg(x) =
d2 2
x =2.
dx2
(2.18)
Die Funktion g(x) = x2 erfüllt die Eigenwertgleichung für den Operator  nicht und ist
somit keine Eigenfunktion von Â.
Beispiel : Die Operatoren von Ort und Impuls
In der Schrödingerdarstellung der Quantenmechanik werden die Operatoren x̂ und p̂x definiert als
x̂ = x
(2.19)
und
p̂x = −i ~
d
dx
(2.20)
und beschreiben die Observablen von Ort und Impuls entlang der x-Achse. Angewandt auf
eine Funktion Ψ (x) erhält man
p̂x Ψ (x) = −i ~
d
Ψ (x)
dx
(2.21)
und
x̂ Ψ (x) = x · Ψ (x) .
(2.22)
Für den Kommutator von x̂ und p̂x gilt
[x̂, p̂x ] Ψ (x) = x̂p̂x Ψ (x) − p̂x x̂ Ψ (x)
d
d
= −i ~ x
Ψ (x) + i ~
(xΨ (x))
dx
dx
d
d
Ψ (x) + i ~ Ψ (x) + i ~ x
Ψ (x)
= −i ~ x
dx
dx
= i ~ Ψ (x)
und somit ist [x̂, p̂x ] = i~. Diese Vertauschungsrelation entspricht Gleichung (2.7).
Vorlesungsskript PCIII
(2.23)
2-6
2.2
2 Die Schrödinger-Gleichung (Einführung)
Wellenmechanik: Intuitive Herleitung quantenmechanischer Operatoren
Die De-Broglie-Welle eines Teilchens, das sich mit Impuls px in x-Richtung bewegt, ist (siehe
Gleichung (1.48))
i
(px x − E t) .
(2.24)
Ψ (x, t) = Ψ0 exp
~
Bildet man die Ableitung von Gleichung (2.24) nach der Ortskoordinate x, erhält man die
Beziehung
∂
i px
i
px
Ψ (x, t) = Ψ0
exp
(px x − E t) = i Ψ (x, t)
oder
∂x
~
~
~
∂
(2.25)
px Ψ (x, t) = −i ~ Ψ (x, t) .
∂x
d
Aus Gleichung (2.25) kann die oben in Gleichung (2.21) eingeführte Definition p̂x = −i~ dx
intuitiv nachvollzogen und in Zusammenhang mit der Wellennatur eines Teilchens gebracht
werden. Analog kann für die Impulsoperatoren p̂y und p̂z
p̂y Ψ (y) = −i~
∂
Ψ (y)
∂y
(2.26)
p̂z Ψ (z) = −i~
∂
Ψ (z)
∂z
(2.27)
und
geschrieben werden. Die Ableitung von Gleichung (2.24) nach der Zeit ergibt
∂
i
−i E
E
Ψ (x, t) = Ψ0
exp
(px x − E t) = −i Ψ (x, t)
oder
∂t
~
~
~
∂
E Ψ (x, t) = i ~ Ψ (x, t) .
∂t
die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung (2.28). Setzt man für E =
i~
2
1 2
p
2m
(2.28)
ein, erhält man
∂
−~2 ∂2
Ψ (x, t) = E Ψ (x, t) =
Ψ (x, t) .
∂t
2m ∂ x2
(2.29)
2
∂
= Ĥ der Hamilton-Operator des freien Teilchens ist.
Wobei −~
2m ∂ x2
Da die Energie E in unserem Fall nicht von t abhängt lassen sich die Variablen separieren.
Ψ (x, t) = Ψ (x) · χ(t)
Setzt man den Separations-Ansatz in die Schrödinger-Gleichung (2.29) ein
Vorlesungsskript PCIII
(2.30)
2.2 Wellenmechanik: Intuitive Herleitung quantenmechanischer Operatoren
~ ∂2 Ψ (x) Ψ (x) i~ χ̇(t) = χ(t) −
2m ∂ x2
2-7
(2.31)
und dividiert mit Ψ (x) χ(t) erhält man
i~
χ̇(t)
1 ~ ∂2 Ψ (x) =
−
χ(t)
Ψ (x)
2m ∂ x2
(2.32)
Die linke Seite hängt nur von t und die rechte nur von x ab. Beide müssen desshalb derselben
Konstante (die wir E nennen) entsprechen.
i~ χ̇(t) = E χ(t))
Ĥ Ψ (x) = E Ψ (x)
(2.33)
Die nur von der Zeit abhängige linke Gleichung von (2.33) führt zu der Lösung
iE
χ(t) = e− ~ t
(2.34)
Falls Ψ (x) eine Lösung der rechten (nur vom Ort abhängigen) Gleichung (2.33) ist, lautet die
vollständige Lösung
iE
Ψ (x, t) = e− ~ t Ψ (x)
(2.35)
welche man auch als partikuläre Lösung (stationäre Lösung) der zeitabhängigen SchrödingerGleichung (2.28) bezeichnet. Die rechte Gleichung in (2.33) wird zeitunabhängige Schrödingergleichung genannt. Etwas präziser kann man schreiben
Ĥ Ψn (x) = En Ψn (x)
(2.36)
Wobei En der n-te Eigenwert und Ψn die dazu gehörende Eigenfunktion sind. Die Ableitung
der zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichung gilt auch für ”komplexe”Hamilton-Funktionen.
Zum Beispiel für ein Teilchen das sich in einem Potential V (x) bewegt und somit durch den
Hamiltonian
~2 ∂2
Ĥ = −
+ V (x)
2
| 2m
{z ∂x } |E{z }
Ekin
pot
Vorlesungsskript PCIII
(2.37)
2-8
2 Die Schrödinger-Gleichung (Einführung)
beschrieben werden kann.i
Bemerkung: In der klassischen Physik werden Rechnungen direkt mit den experimentell bestimmbaren Grössen (Observablen) gemacht. In der Quantenmechanik werden Rechnungen
mit Operatoren (oder Matrizen) gemacht, die auf die Wellenfunktionen (oder Vektoren) wirken, welche das System charakterisieren.
Beispiel : Energie des harmonischen Oszillators
In der klassischen Physik ergibt sich die Gesamtenergie E eines eindimensionalen harmonischen Oszillators in x-Richtung aus der Summe der kinetischen und potentiellen Energie
und kann aus den Werten von px und x ermittelt werden.
2
1
1
1
p=mv px
E = m v 2 + k x2 =
+ k x2 = E(px , x) .
2m 2
|2 {z } |2 {z }
Ekin
(2.38)
Epot
Quantenmechanisch betrachtet, muss bei der Ermittlung der möglichen (quantitativen)
Energien En eines Systems die Eigenwertgleichung ĤΨn = En Ψn gelöst werden mit
2
1 2
1
p̂2x
d
1
+ k x̂ =
(2.39)
Ĥ =
−i ~
+ k x2 .
2m 2
2m
dx
2
Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung für den harmonischen Oszillator ist somit
Ĥ Ψ (x) = −
~2 d2
1
Ψ (x) + k x2 Ψ (x) = E Ψ (x) .
2
2 m dx
2
(2.40)
Gleichung (2.40) ist eine Differentialgleichung zweiter Ordnung, deren Lösungen in mathematischen Tabellen gefunden oder mit üblichen Methoden aus der Mathematik ermittelt
werden können (siehe auch Kap. 4).
Die Eigenfunktionen Ψ (x) stellen die Wellenfunktionen dar, durch die das Teilchen mit
Masse m (siehe Abbildung 3-1) im Energiezustand En dargestellt wird.
2.3
Das Korrespondenzprinzip
Um die Schrödinger-Gleichung eines beliebigen Systems aufzustellen, wird das folgende Rezept
verwendet, das als Korrespondenzprinzip bezeichnet wird:
1. Die klassische Energie des Systems wird als Funktion der Ortskoordinaten qi (x, y, z) und
der Impulskoordinaten pi (px , py , pz ) aller Teilchen des Systems aufgeschrieben. (HamiltonDarstellung)
2. Die Ortskoordinaten qi und die Impulskoordinaten pi aller Teilchen im System werden
i
Solange V (x) nicht von der Zeit abhängt.
Vorlesungsskript PCIII
2-9
2.3 Das Korrespondenzprinzip
durch die Operatoren q̂i = qi und p̂i = −i ~ ∂q∂i ersetzt, um den Hamilton-Operator Ĥ zu
bilden.
3. Die Schrödinger-Gleichung Ĥ Ψ = E Ψ wird aufgestellt.
Der historische Ausgangspunkt für die Formulierung einer Korrespondenz zwischen klassischer
Mechanik und Quantenmechanik war die Idee, dass die Quantenmechanik im Grenzfall ~ → 0
in die klassische Hamiltonsche Mechanik übergehen soll. (Vergleiche dazu Gleichungen (2.2)
und (2.7). Siehe auch wie die Plancksche Verteilung für h → 0 in die Rayleigh-Jeans-Verteilung
übergeht, Gleichung (1.41).
Beispiel : Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoffatom
Man betrachte die Bewegung des Elektrons um den Kern mit Kernladung +Ze (Z = 1 für
Wasserstoff), wobei die Kernposition als fixiert angenommen wird. Magnetische Wechselwirkungen werden vernachlässigt.
1. Die klassische Energie des Systems ist
p2e
Z e2
−
2 me 4π ε0 |r|
1
Z e2
p
=
(p2x + p2y + p2z ) −
,
2 me
4π ε0 x2 + y 2 + z 2
E=
(2.41)
wobei r dem Abstand zwischen dem Proton und dem Elektron im Wasserstoffatom
und ε0 = 8.8542 · 10−12 F m−1 die Dielektrizitätskonstante im Vakuum darstellen.
Der zweite Term auf der rechten Seite der ersten Zeile von (2.41) entspricht der
potentiellen Energie des Elektrons im Coulomb-Feld des Protons, wobei der Ursprung
des Koordinatensystems bei der Kernposition fixiert wird.
2. Der zugehörige Hamilton-Operator lautet
2
~2
Z e2
∂
∂2
∂2
1
p
.
Ĥ = −
+
+
−
2
2
2
2 me ∂x
∂y
∂z
4π ε0 x2 + y 2 + z 2
(2.42)
3. Die Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoffatom ist also
Ĥ Ψn (x, y, z) = −
~2
Z e2
1
p
∆ Ψn (x, y, z) −
Ψn (x, y, z)
2 me
4π ε0 x2 + y 2 + z 2
= En Ψn (x, y, z) ,
wobei ∆ =
∂2
∂x2
+
∂2
∂y 2
+
∂2
∂z 2
den Laplace-Operator darstellt.
Die Lösung dieser Gleichung wird in Kapitel 6 weiter diskutiert.
Vorlesungsskript PCIII
(2.43)
2-10
2 Die Schrödinger-Gleichung (Einführung)
Auch andere Operatoren als der Hamilton-Operator können durch das Korrespondenzprinzip
hergeleitet“ werden:
”
Beispiel : Bahndrehimpuls eines Teilchens (z. B. eines Elektrons)
1. Der klassische Ausdruck für den Bahndrehimpuls lautet

 

lx
ypz − zpy
 

~l = ~r × p~ = 
 ly  =  zpx − xpz  ,
lz
xpy − ypx
(2.44)
mit
l2 = lx2 + ly2 + lz2 .
(2.45)
(2.46)
2. Die Operatoren für das Quadrat des Bahndrehimpulses ˆl2 und für die Komponenten
von ˆl lauten
ˆlz = −i ~ x ∂ − y ∂
(analog für lx und ly )
(2.47)
∂y
∂x
und
ˆl2 = ˆl2 + ˆl2 + ˆl2 .
x
y
z
(2.48)
3. Die Eigenwertprobleme für den Bahndrehimpuls können geschrieben werden als
ˆlz Ψn = cn · Ψn
(2.49)
ˆl2 Ψn = dn · Ψn ,
(2.50)
und
wobei cn und dn die Eigenwerte der Operatoren ˆlz und ˆl2 und Ψn die entsprechenden
Eigenfunktionen darstellen.
Die Lösungen dieser Gleichungen werden in Kapitel 5 weiter diskutiert.
Nicht die ganze Quantenmechanik kann durch das Korrespondenzprinzip hergeleitet werden,
weil es auch rein quantenmechanische Erscheinungen gibt, wie z.B. der Spin. Dieser hat kein
klassisches Analogon. Manchmal ist es auch nicht trivial, vom klassischen Ausdruck für die
Energie die korrekte Form für den Hamilton-Operator zu ermitteln, insbesondere wenn der
klassische Ausdruck für die Energie Tensoren beinhaltet.
Vorlesungsskript PCIII
2-11
2.4 Das freie Teilchen (eindimensional)
2.4
Das freie Teilchen (eindimensional)
Ein freies Teilchen, das sich im feldfreien Raum geradlinig bewegt, ist das einfachste System,
das quantenmechanisch behandelt werden kann. Ein Teilchen mit Masse m hat die klassische
Energie
p2
p2x
+ V (x) = x .
2m
2m
Der entsprechende Hamilton-Operator für das System ist
(2.51)
E=
Ĥ = −
~2 d2
2m dx2
(2.52)
und die Schrödinger-Gleichung lautet
~2 d2
Ψ (x) = EΨ (x) .
2m dx2
Die allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung 2. Ordnung ist
ĤΨ (x) = −
(2.53)
Ψ (x) = Aeikx + Be−ikx ,
mit k =
q
2mEk
.
~2
(2.54)
Es werden nun die folgenden Spezialfälle untersucht:
• B = 0:
Ψk (x) = Aeikx
ist eine Eigenfunktion des Hamilton-Operators Ĥ zum Eigenwert Ek =
px in x-Richtung lässt sich berechnen durch
(2.55)
~2 k2
.
2m
Der Impuls
d
Ψk (x) = ~kΨk (x) .
(2.56)
dx
Die Funktion Ψk (x) ist also eine Eigenfunktion von p̂x zum Eigenwert px,k = ~k. Im
Kapitel 3 wird gezeigt, dass die Eigenwerte eines Operators auch die möglichen Messwerte
der Observable sind, die durch den Operator beschrieben wird. Eine Messung des Impulses
in x-Richtung ergibt somit den Wert ~k = λh in Übereinstimmung mit dem Impuls einer
p̂Ψk (x) = −i~
De-Broglie-Welle (siehe Gleichung (1.48)). Die kinetische Energie ist Ek =
~2 k2
2m
=
p2x,k
.
2m
• A = 0:
Ψ−k (x) = Beikx
ist auch eine Eigenfunktion des Hamilton-Operators Ĥ zum Eigenwert Ek =
Impuls px in x-Richtung lässt sich berechnen durch
(2.57)
~2 k2
.
2m
Der
d
Ψ−k (x) = −~kΨ−k (x) .
(2.58)
dx
Die Funktion Ψ−k (x) ist auch eine Eigenfunktion von px,k = p̂x mit dem Eigenwert −~k.
Die Messung des Impulses in x-Richtung ergibt den Wert −~k. Das Teilchen bewegt sich
in der entgegengesetzten Richtung im Vergleich zum Fall B = 0.
p̂Ψ−k (x) = −i~
Vorlesungsskript PCIII
2-12
2 Die Schrödinger-Gleichung (Einführung)
• A = B 6= 0:
Ψ±k (x) = Aeikx + Be−ikx = 2A cos(kx)
ist auch eine Eigenfunktion des Hamilton-Operators Ĥ zum Eigenwert Ek =
Impulsoperator p̂x auf Ψ±k (x) angewandt ergibt
p̂Ψ±k (x) = −i~
d
2A cos(kx) = 2Ai~k sin(kx) .
dx
(2.59)
~2 k2
.
2m
Der
(2.60)
Die Funktion Ψ±k (x) ist also keine Eigenfunktion von p̂x . Ψ±k (x) stellt aber eine Überlagerung (Superposition) von zwei Wellen ψ1 (x) = Aeikx und ψ2 (x) = Ae−ikx (mit der
gleichen Gewichtung) dar. Die Messung des Impulses in x-Richtung ergibt mit gleicher
Wahrscheinlichkeit entweder ~k (für den Aeikx Anteil von Ψ±k (x)) oder −~k (für den
Ae−ikx Anteil von Ψ±k (x)). Der statistische Erwartungswert der Messung von px wird in
diesem Fall Null sein (bei unendlich vielen Messungen von px ). Es kann allerdings keine
Vorhersage getroffen werden, ob bei einer spezifischen Messung von px ~k oder −~k gemessen wird. Der Zusammenhang zwischen Messwerten, Erwartungswerten und Eigenwerten
von Operatoren wird in Kapitel 3 weiter diskutiert.
2.5
Spin-Drehimpuls
Klassische physikalische Grössen werden via das Korrespondenzprinzip in die Quantenmechanik
übersetzt. Die Quantenmechanik kennt hingegen auch Grössen ohne klassisches Analogon. Die
für die Chemie wichtigste Grösse ist die des Spin. Eine Form des Drehimpulses welche es in der
klassischen Mechanik nicht gibt. Abgeleitet aus der Heisenbergschen Vertauschungsrelation für
p~ und ~q gilt, für den klassischen Drehimpuls.
~l = ~r × p~
(2.61)
[ˆlx , ˆly ] = i~ ˆlz
[ˆly , ˆlz ] = i~ ˆlx
[ˆlx , ˆlz ] = i~ ˆly
(2.62)
Empirisch ist bekannt, dass gewisse Quantensysteme (z. B. Elektronen) nur dann dem Erhaltungssatz für den Drehimpuls genügen, wenn der so genannte Spin-Drehimpuls ~sˆ zum Bahnˆ
Drehimpuls ~l addiert wird.
~ˆj = ~ˆl + ~sˆ
Vorlesungsskript PCIII
(2.63)
2-13
2.6 Postulat 0: Spin-Drehimpuls
Der Spin-Drehimpuls soll die Vertauschungrelation [Ŝx , Ŝy ] = i~ Ŝz erfüllen und zyklisch sein,
aber nicht durch p̂ und q̂ dargestellt werden können.
Das Elektron hat zwei Eigenwerte und damit kann versucht werden die Vertauschungsrelation
mit 2 × 2 Matrizen zu erfüllen. Tatsächlich findet man, dass die Pauli-Matrizen dazu geeignet
sind.
~
Ŝx =
2
0 1
1 0
!
~
Ŝy =
2
0 −i
i 0
!
~
Ŝz =
2
1 0
0 −1
!
(2.64)
Die Eigenwerte aller drei Matrizen sind ± ~2 . Den grössten Eigenwert dividiert durch ~ nennt
man den Spin des Teilchens. Er ist für die Chemie, eine Konstante die von der Art des Teilchen
abhängt. Kerne haben für jedes Isotop im Prinzip einen verschiedenen Spin.
2.6
Postulat 0: Spin-Drehimpuls
~ˆ = (Ŝx , Ŝy , Ŝz ) ist der Drehimpuls der die Vertauschungsrelationen
Der Spin-Drehimpuls S
Ŝx Ŝy − Ŝy Ŝx = i~ Ŝz
Ŝy Ŝz − Ŝz Ŝy = i~ Ŝx
Ŝz Ŝx − Ŝx Ŝz = i~ Ŝy
(2.65)
erfüllt.
Die Komponenten des Spin-Drehimpulses können durch selbstadjungierte n × n Matrizen
dargestellt werden, mit n = 2S + 1. S ist der Spin des Teilchens. Er ist in der Chemie
eine Naturkonstante mit einem Wert von S = 12 , 1, 23 , . . .. Ein Teilchen mit S = 0 besitzt
keinen Spin.
2.7
Eine erste Skizze der Quantenmechanik
• In der Quantenmechanik werden Teilchen durch Wellenfunktionen dargestellt. Die Funktionen sind im Allgemeinen komplexwertig.
Beispiel: Die De-Broglie-Welle für ein freies Teilchen mit Impuls p~ = (px , 0, 0) hat die
Wellenfunktion
px x E t
Ψ (x, t) = Ψ0 exp i
−
.
(2.66)
~
~
• Messgrössen (sogenannte Observablen) wie Impuls, Drehimpuls, Energie, etc. werden als
Matrizen oder Operatoren  dargestellt. Diese Operatoren oder Matrizen sind im Allgemeinen komplexwertig.
Vorlesungsskript PCIII
2-14
2 Die Schrödinger-Gleichung (Einführung)
• Es existieren rein quantenmechanische Grössen, die durch Matrizen endlicher Dimensionalität repräsentiert werden können (zum Beispiel der Spin).
• Die experimentellen Messwerte einer Observablen sind die Eigenwerte der Eigenwertgleichung
ÂΨn = an Ψn ,
(2.67)
wobei Ψn eine Eigenfunktion und an ein Eigenwert von  sind und n ein Index darstellt,
der eine Unterscheidung der Lösungen ermöglicht.
Beispiel:
ĤΨn = En Ψn
(2.68)
Die Eigenwerte En entsprechen dabei den möglichen Energien des Systems, welches durch
den Hamilton-Operator Ĥ beschrieben wird und Ψn den Eigenfunktionen des Systems.
• Oft bestehen quantenmechanische Probleme in der Bestimmung möglicher Messwerte
einer Observable Â. Diese Probleme werden gelöst, indem man die Eigenwerte an und die
Eigenfunktionen Ψn des entsprechenden Operators  bestimmt.
Vorlesungsskript PCIII
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