Mathematischer Vorbereitungskurs für das MINT

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Mathematischer Vorbereitungskurs für das
MINT-Studium
Dr. B. Hallouet
[email protected]
SS 2017
Vorlesung 4
MINT Mathkurs
SS 2017
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Vorlesung 4 (Lecture 4)
Folgen
Sequences
Vorlesung 4
MINT Mathkurs
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Folge (sequence)
Folge (sequence)
Eine reelle Folge (un )n ∈N ist eine Abbildung :
u : N → R, n 7→ un .
Wir schreiben (un )n ∈N für die Folge. un ist das n-te Folgenglied (n th element of
the sequence). (un )n ∈N = (u0 , u1 , u2 , u3 , ...).
Bsp.:
die Folge der natürlichen Zahlen (un )n ∈N∗ = (1, 2, 3, 4....)
(un )n ∈N∗ definiert durch un = n1 (n ∈ N∗ ) ist die Folge: (1, 21 , 13 , ....)
(un )n ∈N definiert durch un = (−1)n (n ∈ N) ist die alternierende Folge
(1, −1, 1, −1....)
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Beispiel (Example)
Geben Sie jeweils die ersten fünf Folgenglieder der durch un definierten Folge an:
1
1
1
1
1
un = 2 , n ∈ N∗ ; u1 = 1, u2 = , u3 = , u4 =
, u5 =
n
4
9
16
25
n
(−1)
1
1
1
1
1
un =
, n ∈ N; u0 = , u1 = − , u2 = , u3 = − , u4 =
n+3
3
4
5
6
7
n
2
3
un = a , n ∈ N, a ∈ R; u0 = 1, u1 = a, u2 = a , u3 = a , u4 = a 4 .
Geben Sie das Bildungsgesetz der Folgen (un )n ∈N∗ an.
(−2, 2, −2, 2, −2, 2....); un = 2 · (−1)n
(1, 4, 9, 16, 25...); un = n 2
3 4 5 6
n+1
2, , , , ... ; un =
2 3 4 5
Vorlesung 4
n
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Rekursiv definiert Folgen (sequence defined by recursion)
Rekursiv definiert Folgen
Das erste Folgenglied (z.B. u0 ) wird vorgegeben.
Ein beliebiges Folgenglied un +1 wird aus dem vorhergehenden (previous)
Folgenglied un berechnet.
Bsp.: Für alle n ∈ N: u0 = 0 und un +1 = 2 · un + 1.
u1 = 2 · u0 + 1 = 2 · 0 + 1 = 1
u2 = 2 · u1 + 1 = 2 · 1 + 1 = 3
u3 = 2 · u2 + 1 = 2 · 3 + 1 = 7
u4 = 2 · u3 + 1 = 2 · 7 + 1 = 15
...
u8 = 255
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Arithmetische Folge (arithmetic sequence)
Arithmetische Folge
Sei (un )n ∈N eine Folge, die nach dem rekursiven Bildungsgesetz
u0 ∈ R,
d ∈ R,
un + 1 = un + d
definiert ist. Dann gilt für das explizite Bildungsgesetz
un = u0 + n · d .
d ist die Differenz zwischen zwei aufeinanderfolgendern Gliedern.
(un )n ∈N heißt arithmetische Folge.
B Ist u1 das erste Folgenglied, dann gilt: un = u1 + (n − 1) · d
Bsp.: Finden Sie die Bildungsvorschrift für diese Folge: (un )n ∈N = (3, 7, 11, 15...).
Es gilt u1 − u0 = 7 − 3 = 4, u2 − u1 = 11 − 7 = 4, u3 − u2 = 15 − 11 = 4.
Arithmetische Folge: u0 = 3 und d = 4, un = 3 + 4 · n
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Geometrische Folge (geometric sequence)
Geometrische Folge
Sei (un )n ∈N eine Folge, die nach dem rekursiven Bildungsgesetz
u0 ∈ R,
q ∈ R,
un + 1 = q · un
definiert ist. Dann gilt für das explizite Bildungsgesetz:
un = u0 · qn .
q ist der Quotient von zwei aufeinanderfolgendern Gliedern.
(un )n ∈N heißt geometrische Folge.
B Ist u1 das erste Folgenglied, dann gilt: un = u1 · qn −1
1
Bsp.: Finden Sie die Bildungsvorschrift für diese Folge: (un )n ∈N = (4, 1, 41 , 16
...).
1
1
1
1
Es gilt uu10 = 14 , uu21 = 14 = , uu32 = 161 = .
4
4
4
n
Geometrische Folge: u0 = 4 und q = 14 , un = 4 · ( 41 )
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Graphische Darstellung von Folgen
auf dem Zahlenstrahl:
u10
u3
u2
0.25
0
u1
0.5
0.75
1
in der Ebene (im Koordinatensystem):
un
1
1
n
0.5
n ∈N∗
n
1
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3
4
5
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Beschränkteit einer Folge (Bounded sequence)
Beschränkheit einer Folge
Sei (un )n ∈N eine Folge,
(un )n ∈N heißt nach oben beschränkt (bounded above), wenn es gilt:
∃M ∈ R ∀n ∈ N un ≤ M
(un )n ∈N heißt nach unten beschränkt (bounded below), wenn es gilt:
∃m ∈ R ∀n ∈ N un ≥ m
(un )n ∈N heißt beschränkt, wenn es gilt:
∃M ∈ R+ ∀n ∈ N (| un |≤ M ⇔ −M ≤ un ≤ M )
Bsp: Die Folge (un )n ∈N∗ mit un =
• nach unten: ∀n ∈ N∗ 0 <
1
n
1
n
ist beschränkt:
• nach oben: ∀n ∈ N∗ n ≥ 1 ⇔
Also gilt | un |≤ 1.
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1
n
≤1
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Monotonie einer Folge (Monotonic sequence)
Monotonie einer Folge
Sei (un )n ∈N eine Folge,
(un ) ist (streng) monoton wachsend ((strictly) monotonic increasing), wenn:
∀n ∈ N un +1 ≥ un (un +1 > un )
(un ) ist (streng) monoton fallend ((strictly) monotonic decreasing), wenn:
∀n ∈ N un +1 ≤ un (un +1 < un )
(un ) heißt konstant, wenn alle Folgenglieder den gleichen Wert besitzen.
Bsp.: Die Folge (un )n ∈N∗ mit un = n1 ist streng monoton fallend:
1
n−n−1
−1
1
∀n ∈ N ∗
− =
=
<0
n+1
n
n · (n + 1)
n · (n + 1)
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Grenzwert einer Folge, konvergente Folge (Limit of a sequence)
Grenzwert einer Folge
Sei (un )n ∈N eine Folge. Eine reelle Zahl l ∈ R heißt Grenzwert (Limit) der Folge
(un )n ∈N , wenn es zu jedem ε > 0 eine natürliche Zahl N ∈ N gibt, so dass:
| un − l |≤ ε für alle n ≥ N gilt.
∀ε > 0 ∃N ∈ N ( n ≥ N ⇒| un − l |≤ ε )
Wir schreiben dann:
lim un := l
n →∞
Gesprochen: ‘‘Limes un für n gegen unendlich ist gleich l’’.
In diesem Fall heißt die Folge (un )n ∈N konvergent (convergent).
Eine Folge deren Grenzwert null ist, heißt Nullfolge.
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Veranschaulichung
2.5
un
ε = 0.4
N =3
2
1
n
+1
n ∈N∗
l+ε
1.5
l=1
1
l−ε
0.5
n
0
1
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2
3
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Divergente Folgen (divergent sequence)
Divergente Folgen
Eine Folge (un )n ∈N , die keinen Grenzwert besitzt, heißt divergent.
Eine Folge (un )n ∈N ist bestimmt divergent gegen ∞ (bzw. −∞), wenn
∀A > 0 ∃N ∈ N ∀n ∈ N ( n ≥ N ⇒ un ≥ A )
bzw.
∀A > 0 ∃N ∈ N ∀n ∈ N ( n ≥ N ⇒ un ≤ −A )
Wir schreiben:
lim un := ∞
n →∞
bzw.
lim un := −∞
n →∞
Bsp.: Die Folge (un )n ∈N mit un = n ist bestimmt divergent.
Die Folge (un )n ∈N mit un = (−1)n ist divergent.
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Eigenschaften konvergenter Folgen (Properties of convergent sequences)
Eindeutigkeit des Grenzwerts
Jede Folge hat höchstens einen Grenzwert.
Grenzwert für konvergente Folgen
Seien (un )n ∈N und (vn )n ∈N konvergente Folgen mit lim un := a und
n →∞
lim vn := b (a , b ∈ R).
n →∞
Sei λ ∈ R, (λ · un ) ist konvergent, es gilt lim λ · un := λ · a
n →∞
(un ± vn ) ist konvergent, es gilt lim un ± vn := a ± b
n →∞
(un · vn ) ist konvergent, es gilt lim un · vn := a · b
n →∞
Ist b 6= 0, so gibt es ein N , so dass für alle n > N bn 6= 0 gilt.
un
a
:=
konvergent, es gilt lim
n →∞ vn
b
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an
bn
ist
n >N
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Bestimmt divergente Folgen
Grenzwert für bestimmt divergente Folgen
Seien (un )n ∈N und (vn )n ∈N Folgen mit lim vn := ∞.
n →∞
es gilt lim
n →∞
1
vn
:= 0
Wenn lim un = 0 und un > 0 für alle n > N . Dann gilt lim
n →∞
n →∞
1
un
:= +∞
Wenn lim un = +∞ und lim vn := +∞, dann gilt: lim un + vn := +∞
n →∞
n →∞
n →∞
‘‘Unbestimmte’’ Ausdrücke (‘‘indeterminate’’ form)
+ −∞
∞
,
0
∞
0·∞
+∞
0
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Beispiel
lim 3n 2 +
√
n →∞
n − 7 = +∞
lim 2n 2 − 3n + 5 = +∞
n →∞
lim
5n 2 + 1
= +∞
√ n
lim ( n + 7)−1 = 0
n →∞
n →∞
lim
n →∞
5n 2 − 3
n2 + n + 1
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=5
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Sandwichlemma
Sandwichlemma
Seien (un )n ∈N , (vn )n ∈N und (wn )n ∈N Folgen mit lim un = lim vn und
n →∞
n →∞
un ≤ wn ≤ vn für alle n > N0 (N0 ∈ N∗ ), dann lim wn = l.
n →∞
Bsp.: Bestimmen Sie den Grenzwert der Folge (un )n ∈N mit un =
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sin (n )
2n + 2
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17 / 20
Monotoniekriterium
Monotoniekriterium
Eine monoton wachsende Folge reeller Zahlen konvergiert genau dann
gegen einen Grenzwert, wenn sie nach oben beschränkt ist.
Eine monoton fallende Folge reeller Zahlen konvergiert genau dann gegen
einen Grenzwert, wenn sie nach unten beschränkt ist.
Eine monoton fallende positive Folge reeller Zahlen konvergiert.
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Beispiel (Example:)
Bsp.: Zeigen Sie, dass die Folge (un )n ∈N∗ mit un =
Monotonie:
∀n ∈ N∗ un +1 − un =
=
n+1
n
3n − 1
−
konvergiert.
n
3(n + 1) − 1
3n − 1
(n + 1) · (3n − 1) − n · (3n − 2)
(3n + 2) · (3n − 1)
3n − n + 3n − 1 − 3n 2 − 2n
=
(3n + 2) · (3n − 1)
−1
=
<0
(3n + 2) · (3n − 1)
2
Die Folge (un )n ∈N∗ ist streng monoton fallend.
Die Folge (un )n ∈N∗ ist stets positiv.
Daraus folgt, dass die Folge (un )n ∈N∗ konvergiert.
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19 / 20
Beweis durch vollständige Induktion
Beweis durch vollständige Induktion
Sei A(n ) eine Aussage über die natürliche Zahl n. Es gelte:
1
A(1) ist wahr (Induktionsanfang)
2
für alle n ∈ N∗ : ist A(n ) wahr, dann ist A(n + 1) wahr. (Induktionsschritt)
Dann ist A(n ) wahr für alle n ∈ N.
Bsp.: Zeigen Sie, dass 3n − 1 ein Vielfaches (multiple) von 2 ist (n ∈ N∗ ).
1
Induktionsanfang (n=1): 31 − 1 = 2X
Induktionsvorraussetung: Wir nehmen an, dass 3n − 1 ein Vielfach von 2 ist.
n
+
3
− 1}
3n +1 − 1 = 3 · 3n − 1 =
2
· 3n}
| {z
| {z
Vielfaches von 2 Vielfaches von 2
∗
n
∀n ∈ N
3 − 1 ist ein Vielfaches (multiple) von 2.
2
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