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Die Ernährung unserer Fische, Teil 3
Udo Buschhoff (D 41 0954)
lm Bodenschlamm von mehr oder weniger stark belasteten Bächen, Flüssen und
Teichen finden wir mitunter markstück- bis tellergroße Anhäufungen von rötlichen Würmern. Dicht gedrängt schwingen die zu den Borstenwürmern gehörenden Tiere im Wasser hin und her. Schon bei der geringsten Störung verschwinden
sie blitzartig im Bodengrund, erscheinen jedoch nach kurzer Zeit wieder. Mit dem
Bachröhrenwurm, besser bekannt als Tub|fex, hat wohl schon .jeder Aquarianer
seine Fische gefüttert.
lst schon die rote Mückenlarve als Fischf utter mit Vorsicht zu genießen, so trifft
das für Tubifex ganz besonders zu. Trotz eines recht hohen Sauerstoffbedarfs
überleben, ja vermehren sich diese Würmer noch in extrem verschmutzten und
belasteten Gewässern. Große Mengen der im Fachhandel erhältlichen Bachröhrenwürmer werden, zumindest in meiner Gegend, an seichten Stellen des Rheinufers entnommen. Wer um die Belastung des Rheinwassers mit Schwermetallen,
Salzen und anderen chemischen Verbindungen weiß, braucht sich über die eualität dieser Tubifexkeine lllusionen zu machen. Hier ist auch die Ursache dafür zu
suchen, warum viele Buntbarsche schon nach geringem Genuß dieser sogenannten Futtertiere plötzlich erkranken und, bevor überhaupt geholfen werden kann,
eingehen. Sicher trifft das nicht für alle Tubifex zu; doch wer kennt schon immer
ihreHerkunft? EbenwegendieserunkalkulierbarenRisikenlehnenvieleAquarianer Tubifex als Fischf utter grundsätzlich ab. Vor allem die Nahrungsspezialisten
aus den ostafrikanischen Seen reagieren auf Tubifex besonders heftig. Schon
nach geringen Gaben, die meist gierig gefressen werden, kommt es zu schweren
Erkrankungen im Verdauungsbereich, die meist tödlich verlaufen Behandlungsversuche mit Dimetridazol, Tetracyclin oderChloramphenicol bleiben fast immer
erfolglos. Sehr häufig erliegen Aquarianer dem lrrtum, man müsse die Tubilexnur
ausreichend spülen und wässern, um sie gefahrlos an unsere Pfleglinge verfüttern zu können. Das mag für die äußeren und ebenfalls für die inneren Verunreinigungen gelten, nicht jedoch fürdie im Gewebe derWürmervorhandenen Schwermetalle und chemischen Belastungen. Sie sind kaum zu entfernen. Nach meinen
Erfahrungen kann ich vor der Fütterung mit Tubifexnur eindringlich warnen. Wenn
auch immer wieder von verschiedenen Seiten von dem angeblichen Nährwert
dieses Futters gesprochen wird, halte ich es für die Fischernährung doch für ungeeignet. Es sei denn, man möchte seinen Fischbestand erneuern und hat für die
alten Fische keinen Abnehmer.
Etwa um 1900wurden in Wien durch einen Zufalldie heutevon vielen Aquarianern
hoch geschätzten Enchyträen (Enchytraeus albidus) für die Aquaristik erschlos-
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sen. Diese ebenfalls zu den Borstenwürmern gehörenden gelblich-weißen Futtertiere erreichen eine Länge von ein bis vier Zentimetern. Sie leben im lockeren,
weichen Waldboden und lassen sich in Holzkästen, mit Gartenerde gef üllt, recht
gut nachzüchten. Als Fischfutter haben diese Würmer einen hohen Stellenwert.
Sie sind weitgehend von Schadstoff en f rei und lassen sich sehr gut mit Vitaminen
und Spurenelementen anreichern, die man dem Nahrungsbrei aus Haferflocken
und Milch beimengt. Nur sollte auch bei der Fütterung mit diesen vorzüglichen
Futtertieren etwas Zurückhaltung geübt werden, da die Enchyträen relativ fetthaltig sind und es somit leicht zu Verfettungen unserer Fische kommen kann.
Viele Fische leiden ohnehin, wie ihre Pf leger, an einer Fettleber. lch selbst bin nie
recht in Versuchung gekommen, zuviel von diesen kleinen weißen Würmern zu
füttern. Hatte mein Großvater noch einen respektablen Kistenbestand, aus dem
er, so schien es mir, immer nach Herzenslust schöpfen konnte, so hat sein Enkel,
zumindest als Enchyträenzüchter, schmählich versagt Zahlreich waren meine
Bemühungen, es meinem Großvater gleichzutun Um es vorwegzunehmen, die
meisten Versuche, ausbeutbare Mengen von Enchyträen zu züchten, mißlangen
mir, trotz großer Anstrengungen Nachdem ich zu der Erkenntnis gelangt war,
daß Enchyträen mich offensichtlich nicht leiden können, habe ich meine Zuchtversuche in dieser Richtung eingestellt, nicht ohne neidisch auf meine in dieser
Hinsicht erfolgreichen Kollegen zu schielen, denn Enchyträen sind für die Auf,,Haplochromis" rostratus nimmt seine Nahrung vom
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Auch C. moorii sucht sein Futter im Sandboden
Foto: Gutekunst
zucht von Jungfischen oder zur mäßigen Fütterung von Zuchttieren hervorragend geeignet. Das gilt auch für die etwas kleinere Arl, Enchytraeus buchholzi,
besser bekannt als Grindalwürmchen.
Sehr viele Buntbarschpfleger füttern ausgesprochen gern mit Rinderherz. Das
preiswert und leicht zu beschaffende Rinderherz kann mit etwas Sorgfalt und Hygiene in ein brauchbares, jederzeit verfügbares Fischfutter verwandelt werden.
Sorgsam sollte bei der Herstellung darauf geachtet werden, daß keine Sehnen
und Fettstücke zur Verarbeitung gelangen, da sie in der Regel vom Fisch verschmäht werden und so unnötig das Aquarienwasser belasten. Das gesäuberte,
reine Muskelfleisch kann im Fleischwolf zerkleinert, unter Hinzugabe von abgewelltem Spinat zu handlichen Tafeln geformt unct anschließend tiefgef roren werden. Uber den Wert oder Unwert eines solchen Futters läßt sich trefflich streiten.
Ein Teil der Aquarianer benutzt es als Hauptfutter, andere lehnen es grundsätz-
lichab lchselberstehediesemselbstherstellbarenFutterskeptischgegenüber.
Das vom Warmblüter stammende Fleisch gehört eigentlich nicht zur Futterpalet-
te eines Buntbarsches. Daher kann auch angenommen werden, daß der Fisch
dieses Nahrungsangebot nur unzulänglich für sich verwerten kann, es somit zu
Verdauungsschwierigkeiten oder Verfettungen führen kann. Dennoch erfreut
sich dieses Fischfutter bei Aquarianern immer noch großer Beliebtheit.
Auch ich will das Füttern mit Rinderherz nicht völlig verwerfen. Es ist für große
Buntbarsche sicher gut geeignet, das Nahrungsangebot zu bereichern. Nur soll-
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te man stets darauf achten, daB empfindliche Nahrungsspezialisten kein Rinderherz erhalten, da es dann leicht zu Verlusten kommen kann. Die eingangs erwähnte Zugabe von abgewelltem Spinat soll die pflanzliche Seite des Futters ersetzen. Auch hier möchte ich Vorbehalte anbringen. lch halte es fürsehrf ragwürdig, daß Spinat überhaupt vom Fisch verwertet werden kann. Kotproben von Diskusfischen, die mit Rinderherz und Spinat gefüttert wurden, stimmen nicht sehr
ermunternd. Für wesentlich besser geeignet, unsere Pfleglinge auch fischgerecht zu ernähren, halte ich Fischfleisch Die besten Erfahrungen konnte ich nrit
dem Fleisch von Schellf ischen machen. Es gelangt meist sehr f rlsch in den Handel und ist in der Regel auch recht mager. Die von Gräten bef reiten Fleischstücke
sind wie Rinderherz im Fleischsaft zu zerkleinern und sofort in Tafeln einzufrieren. Je nach Bedarf kann es dann portionsweise aufgetaut und verfüttert werden.
Besonders beim Auftauen des Fischf utters machen immer noch viele Aquarianer
gravierende Fehler. Nicht selten ist zu beobachten, daß die Futterbrocken nur abgebrochen und unaufgetaut ins Aquarium gegeben werden. Das sich scheinbar
auflösende Futter wird meist auch sofort von den Fischen genommen. Doch eigentlich sollte jeder wissen, daß der Kern des abbröckelnden Futters noch eiskalt ist und meist auch so in den Magen des Fisches gelangt.
Bei Diskuspflegern konnte ich diese Unsitte besonders häufig beobachten. Wen
wundert es da, daß sich diese armen Geschöpfe dauernd mit Entzündungen ihrer
Verdauungsorgane quälen müssen und nachträglich noch mit Masoten, Clont
usw. traktiert werden, damit die Folgen falscher Fütterung behoben werden
Eine gleichfalls ungeeignete Methode, Frostfutter aufzutauen, ist, die abgebrochenen Futterbrocken in ein Gefäß zu legen und sie so langsam vor sich hintauen
zu lassen. Berücksichtigt man, daß der Auftauprozeß relativ langsam und von
Außen nach lnnen vorgeht, bleibt die äußere Schicht des Futters sehr lange aufgetaut an der Luft liegen. Die große Oberfläche des meist zerkleinerten Futters
(Rinderherz, Bachflohkrebse, Fischfleisch) bildet einen nahezu idealen Nährboden für Bakterien und Mikroben. Gelangt das dermaBen aufgetaute Fischfutter
an den Endverbraucher, hat es meist erheblich an Qualität verloren, und von Hygiene kann auch keine Rede mehr sein. Fischkrankheiten sind die Folge.
Eine wesentlich bessere Methode, Frostfutter problemlos ünd schnell aufzutauen, wenden wir seit Jahren an Die abgebrochenen Futterbrocken legen wir in
ein feines Sieb (Kaffeesieb). Das Sieb wird einfach in ein Gefäß mit klarem Wassergehängt. Das Futtertaut sehrschnell auf, laugt kaum aus und bleibt bis zur
Verfütterung frisch.
Es gibt sicher noch viele Möglichkeiten, Fische artgerecht zu ernähren. Wir Aquarianer sollten daher ständig bemü ht sein, die Nahrungspalette unserer Pf leglinge
zu vergrößern Nur eine abwechslungsreiche, gesunde Nahrung beschert uns auf
Dauer prächtige, dankbare und laichfreudige Buntbarsche. Und welcher Cichlidenfreund möchte das nicht?
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