1.3 Einkaufspolitik der Unternehmen

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Fach 1, Aufgabe und Organisation der Materialwirtschaft
1.3 Einkaufspolitik
Definitionen:
Einkauf ist die Sicherstellung der Versorgung eines Unternehmens von den
Beschaffungsmärkten mit allen zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigten, aber nicht
selbst erzeugten Gütern, Leistungen und Energien zu wirtschaftlichsten
Bedingungen. Die Gegenstände des Einkaufs sind Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe,
Halb- und Fertigfabrikate, Investitionsgüter, Energien und Dienstleistungen aller Art
inklusive Transportleistungen.
Beschaffung beinhaltet Disposition, Einkauf und Lagerhaltung.
Einkaufs/Beschaffungspolitik trifft bei unterschiedlichen Interessenlagen (z.B.
Qualität und Lieferservice stehen im Spannungsfeld zu Preisen und Kosten)
Entscheidungen und bildet Schwerpunkte als Richtlinien für wirtschaftliche
Kompromisse (dokumentiert im Einkaufshandbuch).
1.3.1 Einkaufspolitisches Instrumentarium
Ziele der Materialwirtschaft können sein: gute Qualität, guter Lieferservice,
niedriger Lagerbestand, niedrige Kosten, geringe Umweltbelastung. Diese Ziele
stehen teilweise in Konkurrenz zueinander und können gleichzeitig nie vollständig
erreicht werden. Die Einkaufs- und Beschaffungspolitik auf der strategischen
Zielebene wird durch einkaufspolitische Instrumentarien wie „Einzelpläne“ auf der
operativen Zielebene detailiert definiert und ausgeplant. Diese Einzelpläne sind
beispielsweise der Marktplan, der im Rahmen marktbezogener Politik die Preis-,
Mengen-, Konditionen- und Lieferantenpolitik bestimmt. Daneben gibt es den
Programmplan, der als Teil der güterbezogenen Politik u.a. das
Beschaffungsprogramm und die Servicepolitik festlegt. Neben diesen beiden kann
auf der operationellen Ebene praktisch jedes Ziel in einem Einzelplan wie etwa dem
„Kommunikationsplan“ Berücksichtigung finden.
1.3.2 Marktbezogene Politik
Während die güterbezogene Politik primär verbrauchsorientiert ist, ist die
marktbezogene Politik hauptsächlich beschaffungsmarktorientiert und orientiert sich
an den Daten aus der Beschaffungsmarktforschung.
Im Fokus stehen folgende Analyse u. Planungspunkte:
- Vertragsgestaltung und Vertragskonditionen
- zu akzeptierende Preise
- festzulegende Bestellmengen
- Möglichkeiten für Gegengeschäfte
- Auswahl und Förderung der Lieferanten
Vertragsgestaltung: z.B. Bedarfsbündelung, Einzel- oder Rahmenverträge, Lang/Mittel-/Kurzfristverträge,
Vertragsstrafen,
Auslieferungs-Arten
(z.B.
JIT),
Zahlungsziele
(Skonto,
Fristen),
Zahlungsmodalitäten
(Vorleistungen),
Lieferkonditionen (Frei Haus etc.), Versicherungen (Gefahrübergang), Verpackung,
Termin.
Preise: Preise sind oft ein Hauptkriterium bei der Lieferantenauswahl. Der
Einstandspreis errechnet sich wie folgt: Stückpreis + Zuschläge + Versicherungen +
Transport + Verpackungs-Rücknahme + Entsorgung - Rabatte, Boni, Skonti.
Bestellmengen: Bei der Wahl der richtigen Bestellmenge sollte die Analyse folgende
Punkte berücksichtigen:
- Größere Menge = besserer Preis ?
- Wer kann wo lagern (wir oder Lieferant ?)
- Kapitalbindung, Liquiditätseinbußen
- Mengeneinheiten
nach
dem
Grundsatz:
Liefereinheit=
Transporteinheit=Lagereinheit=Entnahmeeinheit
Weitere wirtschaftliche Einflußfaktoren auf die Höhe der Losgröße sind:
- Beschaffungskosten, als direkte und indirekte Einkaufskosten
- Lagerkosten, als direkte Lager- oder Kapitalbindungskosten und als indirekte
Lagerkosten
- Fehlmengenkosten sowie sonstige Kosten
Siehe zur Berechnung auch Andlersche-Formel !
Möglichkeiten für Gegengeschäfte:
a) Allgemeine Gegengeschäfte
Lieferant ist zugleich Abnehmer und umgekehrt
b) Gegenseitigkeitsgeschäfte
Üblich mit devisenschwachen Handelspartnern bei Auslandsgeschäften; mit der
Deviseneinnahme aus dem Export wird der Import bezahlt (gegen Geld)
c) Kompensationsgeschäfte
Warenaustausch ohne Zahlungsmittel, auch Ringtausch mit mehreren Teilnehmern
möglich
Auswahl und Förderung der Lieferanten: Bei der Auswahl der Lieferanten werden
die in Frage kommenden Unternehmen einem Vergleich unterzogen. Oft geschieht
dies mit der Vendor-Rating-Methode. Es werden dabei für jeden in Betracht
kommenden Lieferanten im Hinblick auf relevante Merkmale (z.B. Preis, Qualität,
Lieferzeit) Rangzahlen vergeben. Die Merkmale werden untereinander entsprechend
ihrer relativen Bedeutung gewichtet. Anschließend wird die Summe der Punkte aus
Rangzahl multipliziert mit Gewichtungsfaktor für jeden Lieferanten ermittelt und der
mit der höchsten Punktzahl ausgewählt.
Die Lieferantenförderung erfolgt z.B. durch die Erteilung von Referenzen (Haus- u.
Hoflieferanten) oder durch das Gewähren von firmenbezogenen Vorteilen (Rabatten),
die bestimmte Lieferanten stärker an das Unternehmen binden.
1.3.3 Güterbezogene Politik:
Qualität der eingekauften Güter ist ein wichtiges Ziel, da sich diese in dem
selbsterstellten Endprodukt widerspiegelt. Zur Sicherstellung der Qualität kann
Standardisierung beitragen, wie der Kauf genormter Einzelteile z.B. nach DIN oder
ISO-Normen.
ISO 9000
ISO 9001
ISO 9002
ISO 9003
ISO 9004
beschreibt Ziele bei der Einführung des Qualitätssystems
gibt Manager-Informationen zur Qualitätseinführung und -sicherung in
den Bereichen Entwicklung und Vertrieb
gibt Manager-Informationen zur Qualitätseinführung und -sicherung im
Produktionsbereich
regelt, was bei den Endprüfungen in Fabriken zu beachten ist.
Außerdem enthält sie Anweisungen für die Schulung von Mitarbeitern
und das Verhalten von Managern
regelt Produktsicherheit und Service bei Dienstleistern (z.B. Banken)
Service: Die güterbezogene Politik versucht den eigenen und den
lieferantenbezogenen Service durch Beratung, Information, Schulung, Wartung,
Überprüfung und Reparieren sicherzustellen. Die Analyse des Servicegrades kann
über die Kennziffer des Lieferbereitschaftsgrades (LBG) erfolgen:
LBG = alle richtigen Lieferungen (Anzahl oder Wert) / alle angeforderten
Bestellungen (Anzahl oder Wert)
Gewährleistung und Garantie: Gewährleistung und Garantie verbessern den
Lieferbereitschaftsgrad. Der Materialbereich sichert die Qualität der Materialien durch
Garantiezusagen beim Lieferanten ab. Die Gewährleistung ist die nur gesetzlich
geregelte Sicherstellung, durch die der Materialbereich Wandlung, Umtausch,
Minderung, Schadenersatz (WUMS) im Rahmen einer bestimmten Verjährungsfrist
erwirken kann.
Standardisierung: Unter Standardisierung versteht man eine auf Dauer angelegte
Vereinheitlichung von Gegenständen, Funktionen, Regeln o.ä. mit den Zielen der
Rationalisierung/Kostensenkung und insbesondere der Qualitätssicherung.
Baukastensystem Ordnungsprinzip, das den Aufbau verschiedener Endprodukte
aus qualitativ hochwertigen, durch Typung und Normung
festgelegten Baugruppen ermöglichen soll
Typung
Vereinheitlichung von zusammengesetzten Baugruppen oder
Endprodukten durch qualitativ hochwertige Einzelteile
Normung
Vereinheitlichung von Einzelteilen, z.B. nach DIN
Substitution: Die Einkaufspolitik gibt Anstöße zur Substitution (Ersatz) bestimmter
Materialien durch preisgünstigere. Ein instrumenteller Ansatz ist die sog.
Wertanalyse.
Die Wertanalyse ist eine systematische Funktions- und Kostenanalyse mit dem Ziel
ein Optimum zwischen Kosten und Funktionsnutzen der substituierten Materialien bei
möglichst gleicher Qualität zu erreichen.
Setzen von Arbeitsschwerpunkten (ABC/XYZ-Analysen): Die ABC-Analyse wird
als Primäranalyse bezeichnet, d.h. stellt fest, bei welchen Materialfaktoren sich
andere Analysen lohnen, bzw. wo Prioritäten zu setzen sind (A-Artikel). ABC-Analyse
wird als bekannt vorausgesetzt, ansonsten Skript Einkaufspolitik, S.18-23.
A-Güter werden bevorzugt behandelt: Beim Produzenten einkaufen, intensive
Marktanalyse u.-beobachtung, genaue deterministische Bedarfsermittlung,
sorgfältige Prüfung mehrerer Angebote, Minimierung der Beschaffungs- u.
Lagerzeiten,
genaue
Terminverfolgung
u.
Überwachung,
rascher
Rechnungsdurchlauf (Skontoausnutzung), Durchführung von weiterführenden
Analysen (z.B. Wertanalyse)
C-Güter: Sammelrechnungen mit Lieferanten (Rahmenverträge), pauschale Buchung
der Zu-und Abgänge, verbrauchsorientierte Bedarfsermittlung, großzügige
Sicherheitsbestände,
nur
Stichprobeninventur,
keine
Durchführung
von
weiterführenden Analysen.
Umwelt, Entsorgung, Recycling: Der Einkauf macht Vorgaben für ökologische
Entsorgungsstrategien, wie Wiederverwendung, Recycling, Umarbeitung, Abgabe,
Abfallvernichtung
1.3.4 Unternehmensbezogene Politik
Innerbetriebliche Koordination, wie Überprüfung der Informationsflußgestaltung,
Entwicklung neuer Medien (EDV, Formulare), Überprüfen der Ablauforganisation bei
Bestellungen, Überprüfung der Ablauforganisation bei innerbetrieblichen
Transporten, Verhinderung von „Schnellschüssen“, die aufgrund mangelnder
Information zustandekommen und Geld kosten.
Materialfluß im Unternehmen: Die Analyse des Materialflusses ist wichtig, weil jede
Verzögerung die Ware durch Lagerung und Disposition sehr verteuert, daher ist die
Transportlogistik in Richtung JIT zu optimieren.
Vorräte: Da Lagerhaltung Geld kostet, den Gewinn schmälert und die Liquidität des
Unternehmens
beeinflußt,
sind
folgende
Überlegungen
anzustellen:
Sortimentsbereinigung. Make-or-buy, Überlegen ob die hohe Lieferbereitschaft nötig
ist.
Verteilung/Transportwesen: Eigenen Fuhrpark optimal auslasten, ggf. outsourcing
Vertragspolitik: Vorgaben im Hinblick darauf, wer Verträge schließen darf (z.B. nur
Fachkaufleute)
Make or Buy: Bei kleiner Stückzahl ist die betriebsfremde Beschaffung am
günstigsten, da die Fixkosten sehr gering sind. Bei steigendem Bedarf wird man ab
einer bestimmten Stückzahl auf Eigenfertigung wechseln, da die höheren Fixkosten
durch niedrigere variable Kosten überkompensiert werden.
Personalführung/Personaleinsatz: Aus- und Weiterbildung, den richtigen Mann an
den richtigen Arbeitsplatz bringen...
Kommunikationspolitik:
Gewährleistung
eines
optimalen
innerund
außerbetrieblichen Informationsflusses von allen die Beschaffung fördernden
Informationen. Beschaffungswerbung ist eine Werbung um gute Lieferanten, die z.B.
mit regelmäßigen Dankschreiben oder Lieferantentagen durchgeführt werden kann.
:o) Viel Spaß beim Lernen ! :o)
Timo
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