1. Wesen der Vererbung Für uns ist es selbstverständlich, dass bei der Zeugung aus Menschen wieder Menschen entstehen. Die meisten Kinder gleichen sogar ihren Eltern. Viele (aber nicht alle) Merkmale eines Organismus sind erblich. Manche sind für das Leben belanglos (Zungenrollen, Schmecker), andere sind bedeutungsvoll (Blutgruppe, Rhesusfaktor). Da jeder Mensch aus einer Eizelle und einer Spermazelle entstanden ist, müssen die Erbanlagen dort drin liegen. Genaue Forschungen haben ergeben, dass die Erbanlagen (Gene) sich auf den Chromosomen im Zellkern befinden. 2. Chromosomenzahl 2.1. Normale Chromosomenzahl Die Zahl der Chromosomen im Zellkern ist für jede Tier- oder Pflanzenart artspezifisch festgelegt (Gorilla 48, Forelle 80, Fliege 12, Mais 20).Seit 1956 wissen wir, dass der Mensch 46 Chromosomen besitzt. Jedes von ihnen hat eine bestimmte Grösse und eine besondere Form. Sie werden zur Kennzeichnung von 1-23 nummeriert. Bei einer genauen Betrachtung stellt man fest, dass bei einer Frau nur 23 verschiedene Chromosomen vorhanden sind, aber jedes von ihnen zweifach. Bei einem Mann findet man 22 Paare und zwei verschiedene (x,y). Jede Körperzelle eines Menschen besitzt in ihrem Kern also einen doppelten Chromosomensatz. Werden nun Keimzellen gebildet (Eizellen, Spermazellen) wird dafür eine Körperzelle geteilt. Aus jeder Körperzelle entstehen auf diese Art zwei Keimzellen. Dabei wird auch der Kern geteilt und die Chromosomen gleichmässig auf die beiden Keimzellen verteilt. Jede Keimzelle des Menschen erhält so 23 Chromosomen und zwar von jeder Sorte (Nummer) je eines. Die Keimzellen besitzen nur einen einfachen Chromosomensatz. Da sich bei der Befruchtung zwei Keimzellen mit ihren Kernen vereinigen hat der Embryo wieder einen doppelten Chromosomensatz und zwar je einen vom Vater und einen von der Mutter. Darum besitzt das neue Lebewesen Erbgut vom Vater und von der Mutter. Bei der Entwicklung des Embryos verdoppelt sich anfänglich die Zellenzahl durch Teilung. Weil sich aber vorher die Chromosomen im Zellkern verdoppelt haben, besitzt jede Körperzelle immer einen doppelten Chromosomensatz. 2.2 Fehlerhafte Chromosomenzahl Wir wissen bereits, dass jede menschliche Körperzelle 46 (23 Paare) Chromosomen besitzt. Bei der Bildung von Keimzellen wird der doppelte Chromosomensatz auf einen einfachen reduziert. Dabei kommt es hin und wieder zu Fehlverteilungen der Chromosomen. So kleben beispielsweise oft die beiden Nummern 21 (vor allem bei älteren Frauen) aneinander und können so nicht auf die zwei Keimzellen aufgeteilt werden. In einem Ei hat es dann 2x Nr.21 und im anderen keine Nr.21. Bei der Befruchtung kommt nun vom Mann noch eine Nr.21 dazu. Im zweiten Fall besitzt der gezeugte Embryo nur eine Nr.21, was den Tod für ihn bedeutet. Im ersten Fall enthält der Embryo 3x Nr.21, was wir als mongoloid oder als Trisomie 21 bezeichnen. Die Wahrscheinlichkeit ein solches Kind zu bekommen ist 2 ‰. Mit steigendem Alter der Mutter nimmt die Wahrscheinlichkeit bis auf 19 ‰ (bei über 44-jährigen) zu. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine junge Mutter ein zweites mongoloides Kind bekommt ist 2 ‰ x 2 ‰, was einem Verhältnis von 1:250 000 entspricht! Solche Trisomien gibt es theoretisch bei jeder Chromosomen-Nummer. Viele sind aber äusserst selten, zum Teil sogar unbekannt. Oft sterben solche Embryonen lange vor der Geburt. Alle Menschen mit Trisomien sehen etwas anders aus und ein Teil ihrer Organe funktioniert nicht richtig. Sie sterben meistens sehr früh. Hin und wieder kommt es vor, dass nicht nur einzelne Chromosomen, sondern ganze Chromosomensätze zuviel in einem Zellkern liegen. Oft sind bei solchen Lebewesen alle Zellen grösser und ihr Wuchs üppiger. In der Tier- und Pflanzenzucht werden solche Formen oft weitergezüchtet. Bei Rosen kennt man Formen, die bis 16 Chromosomensätze in einem Kern enthalten, beim Weizen bis 6. Vorgeburtliche Diagnose Es ist heute möglich, die Chromosomenzahl eines Embryos schon vor der Geburt zu bestimmen. Man entnimmt dazu Zellen aus dem Fruchtwasser des Kindes, vermehrt sie und zählt ihre Chromosomen. So kann man vorgeburtlich bereits Fehlverteilungen erkennen. Eine Therapie für eine falsche Chromosomenzahl ist unmöglich. Daher ist eine solche Untersuchung nur dann sinnvoll, wenn eine Abtreibung der Frucht in Betracht gezogen wird. Bei der Mutter sind die Risiken bei einer solchen Untersuchung sehr klein. Auch für das Kind sind keine bekannt. Bei Chromosomenanalysen sind Fehldiagnosen praktisch ausgeschlossen. Es könnten höchstens im Labor Verwechslungen vorkommen! 3.Vererbung des Geschlechtes Im menschlichen Chromosomensatz wird das 23. Chromosomenpaar als Geschlechtschromosomen bezeichnet. Bei der Frau sind das zwei gleiche x und beim Mann ein x und ein y. Bei der Bildung von Eizellen erhält jedes Ei von der Mutter ein x-Chromosom. Beim Mann entstehen aber zwei verschiedene Arten von Spermazellen. Die eine Hälfte enthält ein x-Chromosom, die andere ein y-Chromosom. Bei der Befruchtung kommt es nun darauf an, welches Geschlechtschromosom in der Spermazelle des Mannes enthalten ist, welche das Ei befruchtet. Kommt zum x-Chromosom der Mutter noch ein x-Chromosom vom Vater, gibt es ein Mädchen. Kommt aber vom Vater ein y-Chromosom gibt es einen Knaben. Durch eine vorgeburtliche Diagnose ist es möglich das Geschlecht des Kindes zu erkennen. Seit den Olympischen Spielen von Mexiko müssen sich alle Sportler einem „Sextest“ unterziehen. Zur einwandfreien Bestimmung werden die Geschlechtschromosomen aus Zellen der Mundschleimhaut verwendet. Es gibt heute verschiedene Theorien, wie man das Geschlecht des Kindes beeinflussen könne. 4. Regeln der Vererbung 1865 stellte der Augustinerpater Gregor Mendel fest, dass die Vererbung nach bestimmten Regeln abläuft. Er machte seine Versuche vor allem mit Erbsen. 4.1. Grundbegriffe Jedes Chromosom ist im normalen Chromosomensatz doppelt vorhanden und damit haben wir auch für jedes vererbbare Merkmal zwei Gene. Eines stammt von unserer Mutter, das andere von unserem Vater. Sind beide Anlagen gleich (z.B. blau für die Augenfarbe) nennt man das reinerbig, sind sie verschieden (blau und braun), so sind wir in Bezug auf dieses Merkmal mischerbig. Die genetischen Verhältnisse nennt man Genotyp. Das Merkmal, das sich daraus entwickelt heisst Phänotyp. Bei reinerbiger Anlage ist das Erscheinungsbild klar. Bei mischerbiger Anlage stellt sich die Frage, welches der beiden Gene sich für den Phänotyp durchsetzt. Hat beispielsweise eine Blume den Genotyp (rot/gelb) für die Blütenfarbe, gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: 1. rot ist stärker als gelb. Rot ist in diesem Fall dominant und gelb wird unterdrückt, ist also rezessiv. Bei der neuen Pflanze wird die Blütenfarbe (Phänotyp) rot sein. 2. Gelb ist dominant. Dann wird der Phänotyp gelb sein. 3. Beide Anlagen sind gleichstark (intermediär). Der Phänotyp liegt in diesem Fall irgendwo dazwischen. Die Blütenfarbe ist orange oder gelb-rot gesprenkelt. Folgende Anlagen sind beim Menschen dominant: Sommersprossen über keine Sommersprossen Kinngrübchen über kein Kinngrübchen dunkle Haut über helle Haut Lange Wimpern über kurze Wimpern Freies Ohrläppchen über angewachsenes Ohrläppchen Kraushaar über glattes Haar Blutgruppe A über Blutgruppe 0 Blutgruppe B über Blutgruppe 0 Rhesusfaktor + über Rhesusfaktor – Einige rezessive Merkmale: Albinismus Hasenscharte Totale Farbenblindheit Intermediärer Erbgang: Blutgruppen A und B 4.2. Geschlechtsgekoppelte Vererbung Von der Regel, dass wir für alle Merkmale zwei Gene haben, gibt es bei den Männern eine Ausnahme. Weil sie nur ein x-Chromosom haben, haben sie von allen Genen die darauf liegen auch nur eine Anlage. Das wären beispielsweise die Bluterkrankheit, der Muskelschwund und die relativ harmlose Rotgrün-Blindheit. Bei der letzteren ist das normale Gen(+) dominant über das fehlsichtige (f). Damit eine Frau diese spezielle Form der Farbenblindheit bekommt, muss sie den Genotyp ff haben, was sehr selten ist. Beim Mann gibt es nur die Genotypen + und f. Beim Genotyp f ist er rot-grünblind, beim Genotyp + normalsichtig. Darum treten diese Krankheiten häufiger oder fast ausschliesslich nur bei Männern auf. Bluterkrankheit: Diesen Menschen fehlt ein bestimmter Blutgerinnungsfaktor. Darum gerinnt das Blut bei einer Verletzung nur sehr langsam oder überhaupt nicht. Wahrscheinlichkeit bei Männern 1:5000. Weibliche Bluter gibt es kaum. Muskelschwund: Bis etwa zum 20.Altersjahr bauen sich alle Muskeln ab. Rot-grün-Blindheit: Diese Menschen können die Farben rot und grün nichtunterscheiden. In Europa betrifft dies 8% der Männer und 0,4% der Frauen. 5. Bau der Chromosomen Die Chromosomen sind im Zellkern nur sichtbar, wenn sich der Kern teilt. Die Länge eines Chromosoms beträgt einige Tausendstel mm. Bei starker Vergrösserung stellt man fest, dass sie aus gewundenen und geknäuelten Fäden bestehen. Diese Fäden kann man mit einer Strickleiter vergleichen. Ihre totale Länge beim Menschen beträgt rund 2m. Die Substanz heisst DNA (Desoxyribonukleinsäure). Ihr Aufbau ist heute recht gut bekannt. Die seitlichen Stricke bestehen aus Molekülen von Zucker und Phosphorsäure, die sich regelmässig abwechseln. Die Sprossen bestehen aus je zwei Basen, die wie Schloss und Schlüssel zusammenpassen. Im Ganzen gibt es 4 verschiedene Basen, deren Abkürzungen A, C, T, G lauten. A und T, sowie G und C passen zusammen. Die Reihenfolge der Basen an einem Strang ergeben ein Gen. Heute ist man daran, herauszufinden wo die einzelnen Gene beim Menschen sich befinden, wie lange sie sind und wie die Reihenfolge der Basen lautet. 1987 kannte man die Reihenfolge von 15 Millionen Basen, was etwa 1/200 der menschlichen Erbsubstanz entspricht. Die Zahl der menschlichen Gene liegt zwischen 50 000 und 100 000. Man hat auch erfolgreich schon einfache Gene künstlich hergestellt. DNA des Menschen misst 2m (2x1m, da diploid) DNA eines Bakteriums enthält 5 Mio Nukleotide Säuger hat 5 Mio Gene 1 Gen umfasst ca 500 Nukleotide Blutgruppe liegt auf Chromosom 9 Rhesusfaktor liegt auf Chromosom 1 Gene Gene sind Abschnitte des Chromosoms Der Mensch hat 50-100 000 Gene Bei vielen Genen entspricht die Nukleotid folge der DNA nicht der RNA-Sequenz und nicht der Abfolge der Aminosäuren in den Proteinen. Solche Gene bestehen aus mehreren Abschnitten aus Exons und Introns. Beim Menschen machen eigentliche Gene 1% des Genoms aus. Gewisse Sequenzen kommen einige 100 bis Mio-mal im Genom vor. Gene können neben Proteinen auch RNA kodieren. Darwinisten: Nicht „neue Gene“ (=Mutationen) waren wesentlich für die Evolution sondern die Zusammensetzung einzelner Gene. Der Mensch hat viele Gene (oder besser DNA-Abschnitte) mit Pflanzen und Bakterien gemeinsam. Anders ist die Expression. Regulation! Man unterscheidet Strukturgene (Enzyme, Strukturproteine) und Regulatorgene (regulieren die Aktivität der Strukturgene). Die Grenzen der beiden verwischen sich immer mehr. Definition wird immer schwieriger. 6. Mutationen Mutationen sind Änderungen im Erbmaterial. Sie können grundsätzlich in allen Körperzellen auftreten, aber nur wenn sie in Keimzellen stattfinden wird die Veränderung an die Nachkommen weitervererbt. Nach einer Mutation in einer Körperzelle verändert sich nur diese. Bei jeder folgenden Teilung wird die Veränderung an die neuen Zellen weitergegeben. So erkrankt das Gewebe oder das ganze Organ. Die bekannteste Form solcher Veränderungen ist der Krebs. 6.1. Arten der Mutation Bei Genommutationen verändert sich die Zahl der Chromosomen. Wir kennen bereits die Trisomien, bei denen ein Gen dreifach vorhanden ist. Auch den Fall, dass ganze Chromosomensätze mehrfach vorhanden sind haben wir schon kennengelernt. Bei Tieren und Pflanzen hat man seit Jahrhunderten den üppigeren Wuchs in der Zier- und Nutzartenzucht ausgenützt. Am häufigsten sind Genmutationen. Dabei wird in einem Gen eine Base durch eine andere ersetzt. Dadurch wirkt das Gen oft anders, als es dies im Normalfall tat. Da die meisten dieser Mutationen rezessiv sind, kommen sie reinerbig fast nur bei Inzucht im Phänotyp zum Vorschein. Eine dritte Form der Mutation ist die Chromosomenmutation. Dabei werden Teile von Chromosomen abgebrochen und anders wieder angefügt oder gar an ein anderes Chromosom geklebt. Auch dies kann schwerwiegende Folgen mit Krankheiten und Missbildungen haben. 6.2. Mutationsauslöser Mutationen können spontan auftreten oder künstlich verursacht werden. Welche Mutationsauslöser sind bekannt? An erster Stelle stehen sicher die Strahlen. Besonders mutagen sind Röntgenstrahlen ab einer bestimmten Dosis. Aber auch UV- und radioaktive Strahlen lösen Mutationen aus. Aus Tierversuchen weiss man, dass auch gewisse Chemikalien mutagen wirken(z.B. Nitrite, Senfgas, Nikotin, Pestizide, Rauschgifte). Im Weiteren lösen auch extreme Temperaturen Mutationen aus. Beim Menschen ist bekannt, dass gewisse Mutationen immer wieder spontan entstehen (z.B. Albinismus, Bluterkrankheit). Auf eine Million Geburten schätzt man etwa 20 Betroffene. Manchmal kann man im Stammbaum genau verfolgen, wann eine bestimmte Mutation entstanden ist. 6.3. Folgen von Mutationen Vermutlich sind neue Tier- und Pflanzenarten - und letztlich auch der Mensch - durch Mutationen aus anderen Arten entstanden. Nach einer Mutation wird sich im Verlauf des Lebens zeigen, ob das mutierte Lebewesen dadurch einen Vorteil oder einen Nachteil erhielt. Handelt es sich um einen Nachteil, wird das Lebewesen möglicherweise sterben, ohne dass es sich fortpflanzen konnte. Gerade umgekehrt verhält es sich bei einer vorteilhaften Mutation. Das Lebewesen ist seinen Artgenossen in einer bestimmten Beziehung überlegen und kann sich daher vielleicht stärker vermehren. Dadurch gibt es den Vorteil an seine Nachkommen weiter. 7. Gentechnik - Gen engeneering - Genmanipulation Alle drei Begriffe bedeuten mehr oder weniger dasselbe. 7.1. Ziele Bis vor wenigen Jahren züchteten Gärtner und Landwirte immer neue und bessere Sorten. Das war eine mehr oder weniger primitive Genmanipulation. Heute hat man zusätzliche Ziele und mehr technische Kenntnisse. Ein erstes Ziel ist durch die Produktion von bestimmten Stoffen durch Tiere schon erreicht. Vor allem Bakterien sind als Produzenten sehr interessant, weil sie sich sehr schnell vermehren und sich von billigen Abfallnährbrühen ernähren. Heute werden so bereits Insulin, Wachstumshormone, Vitamine, Antibiotika, Impfstoffe, Blutgerinnungsfaktoren, Lab, Waschmittelenzyme u.a.m. hergestellt. Diese Produktionsweise ersetzt die entsprechende Herstellung in Chemiebetrieben. Neben Mikroorganismen produzieren aber auch Wirbeltiere gewünschte Stoffe (z.B. Nahrungseiweisse in der Milch von Kaninchen, ein Blutgerinnungsfaktor in der Milch von Schafen). Das zweite Ziel besteht in der gentechnischen Veränderung von Tier- und Pflanzenarten. Besonders gross sind die Anstrengungen für eine Ertragssteigerung in der Landwirtschaft. Diese versucht man mit den verschiedensten Strategien zu erreichen. Besonders interessant wären Kulturpflanzen, die man mit salzhaltigem Meerwasser bewässern könnte. Bereits gelungen ist der Einbau eines Frostgens in Pflanzen, die damit Temperaturen von - 50° überleben können. Heute müssen unsere Ackerkulturen noch mit Stickstoff gedüngt werden, obwohl 80% der Luft daraus bestehen. Weil ihn die Pflanzen nicht aufnehmen können, versucht man Nutzpflanzen ein Gen einzubauen, das dies fertigbringt. Forellen baute man Wachstumsgene von Menschen ein, damit sie grösser werden. In den USA ist eine Tomate auf dem Markt, die zwei Monate frisch bleibt. Weitere Ziele: Pflanzen die unempfindlich sind gegen Herbizide und Krankheiten, Erhöhung des Nährstoffgehaltes, Pflanzen die ihr Insektizid selber produzieren,... Ein hochgestecktes Ziel ist die Heilung von Erbkrankheiten. Heute sind rund 2000 menschliche Erbkrankheiten bekannt, von denen keine heilbar ist und nur wenige medizinisch behandelt werden können. Durch Reparatur der falschen Gene könnten solche Menschen geheilt werden. Äusserst problematisch sind Gen-Tests beim Menschen, die heute schon in gewissen Betrieben durchgeführt werden: Man versucht damit Menschen zu finden, die gegenüber gesundheitsgefährdenden Substanzen eine grössere Belastbarkeit aufweisen. An solchen Gen-Tests könnten auch die Krankenkassen sehr interessiert sein. Mit einer Blutprobe lässt sich vor dem Eintritt relativ leicht feststellen, welche noch verborgenen Erbkrankheiten bei einem Menschen noch ausbrechen könnten und wie hoch die Lebenserwartung ist. Je nachdem könnte die Versicherung dann die Höhe der Prämie festlegen! Ein hoffnungsvoller Ansatz besteht in der Absicht, Mikroorganismen zu züchten, die unseren Abfall fressen. Damit wäre unser Müllproblem gelöst. Heute saniert man so bereits erdölverseuchte Böden. Die Gentechnik bringt aber auch noch ganz andere Erfolge. So kann man innert kürzester Zeit Krankheiten oder Krebs diagnostizieren und damit früher mit der heilenden Therapie beginnen. Bei Morden oder Vergewaltigungen genügt bereits ein Tropfen Blut oder Spermaflüssigkeit, um einen Täter zu identifizieren. Die Untersuchung der Gene zeigt auch, wie die Tiere miteinander verwandt sind. 7.2. Verfahren Anfänglich bestand die Gentechnik darin, Mutationen auszulösen und dann die veränderten Lebewesen auf alle möglichen interessanten Eigenschaften zu untersuchen. Heute kann man viel gezielter vorgehen, weil man mehr über die Gene weiss. Man versucht zuerst ein Gen zu lokaliseren, um es anschliessend abzuändern (z.B. Hinzufügung, Wegnahme, Austausch). Ein einfaches Verfahren zur Züchtung von grossen Individuen ist die Vervielfachung von ganzen Chromosomensätzen. Mit Bakterien und Viren ist es dann möglich, das veränderte Gene in fremde Lebewesen zu schleusen. Erfolgt der Einbau in den Kern einer Körperzelle, ist das betreffende Individuum verändert, nicht aber seine Nachkommen. Kann die Korrektur in der befruchteten Eizelle durchgeführt werden, übertragen sich alle Veränderungen auf die Nachkommen. 7.3. Problematik der Gentechnologie Es stellen sich ganz unterschiedliche Fragen. Ökologen sind besorgt über die „neugeschaffenen“ Tierarten. Wie wird sich ihre Freisetzung in der Natur auswirken? Werden sie ihre natürlichen Verwandten verdrängen? Werden solche Mikroorganismen zu tödlichen Krankheitserregern für Menschen oder Tiere, wie einst der europäische Grippevirus für die Inka in den peruanischen Gruben? Ethiker fragen sich, ob Gentechnik ein zulässiger Eingriff in die Natur sei, in die göttliche Schöpfung. Wo liegen die Grenzen des Verantwortbaren bei der Schaffung von neuen Lebewesen? Mit dem Ziel, den Menschen zu vervollkommnen sind wir wieder auf dem Weg zu einer Superrasse, zum perfekten Menschen. Wollen wir wirklich wieder Eugenik betreiben, wie beispielsweise während des 2.Weltkrieges? In der Schweiz entscheidet übrigens die Kommission für biologische Sicherheit in Forschung und Technik, was alles gemacht werden darf. Es stellen sich aber auch juristische Fragen. Die zentralste ist wohl die Problematik der Patentierung von Tieren und Pflanzen. In den USA sind schon Dutzende von neuen Tieren patentiert worden, beispielsweise ein ölfressendes Bakterium oder eine krebsanfällige Maus. Wenn auch alle Nachkommen dieser Tiere unter Patentschutz stehen, hätte der Käufer kein Recht solche Lebewesen selber zu vermehren! Will man wohl am Ende noch den perfekten Menschen patentieren? Nicht vernachlässigen dürfen wir das Problem der Produktehaftung. Sind die Gentechfirmen bereit, für alle eventuellen Schäden, die ihre Produkte anrichten, auch die Verantwortung zu übernehmen? Die Weisheit der Natur ist die Zeit. Was die Natur noch nicht gemacht hat, muss ungut sein. Chargaff