Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen heute zumindest ansatzweise einen Eindruck vermitteln, wie wir die Rolle des Körpers in der analytischen Körperpsychotherapie – ICH VERWENDE DAFÜR DIE KURZBESZEICHNUNG AKP - verstehen. Das Thema ist natürlich weit komplexer als ich es heute dazustellen vermag, aber ich hoffe Ihnen zeigen zu können, wie sich das Körperliche in unserer Art der Arbeit eingebunden sieht in einen Prozess, den wir wesensmäßig als INTERAKTION begreifen und in welcher der Therapeut Mitspieler in dieser Interaktion sein muss, damit sie sich für den Patienten, Klienten – ich verwende die beiden Bezeichnungen synonym – in ihren wesentlichen konflikthaften Komponenten in der Beziehung zum Therapeuten entfalten kann. Zuerst kurz ein paar Worte zur Frage: Was ist AKP? Es handelt sich um eine Bezeichnung für eine therapeutische Strömung, die im deutschen Sprachraum seit knapp 20 Jahren existiert und die sich auf dem Weg zu einer methodischen Identität befindet. Entwickelt hat sich diese Strömung AUS DER Begegnung zweier Methoden: der Psychoanalyse einerseits, der Körperpsychotherapie – und hier insbesondere der Bioenergetischen Analyse – andererseits. Auch wenn man heute nicht mehr von EINER Psychoanalyse sprechen kann, so gilt doch, dass ein wichtiges Essential aller psychoANALYTISCHEN Schulen die Beziehung ist – genauer: die Übertragung des Patienten auf den Therapeuten. Noch genauer: die unbewussten Aspekte der Beziehungsgestaltung des Patienten mit dem Therapeuten. In diesen unbewussten Anteilen erkennt die Psychoanalyse eine je nach Patient bzw. Klient spezifische innere Struktur, die sich als Niederschlag lebensgeschichtlich relevanter Erfahrungen versteht. Man könnte sagen: bereits von Beginn des Lebens an – bereits intrauterin – lernt das menschliche Individuum, aufgrund bestimmter Einflussnahmen der Umwelt, speziell der elterlichen Bezugspersonen. Aufgrund seiner Lernerfahrungen bilden sich bestimmte Erwartungen aus, wie die Umwelt beschaffen ist und wie man auf sie zu reagieren hat. Diese Erwartungen sind in ihrem 1 Wesen unbewusst, d. h. der absichtlichen Reflexion NICHT ZUGÄNGLICH, sie äußern sich jedoch in bestimmten Formen der Beziehungsgestaltung – UND DIESE WIEDERUM IM MITEINANDER HANDELN. Mehr noch: Bestimmte Konstellationen mit anderen Menschen werden unbewusst in einer Weise inszeniert, dass es vom Endergebnis her so aussieht, als würden die alten Erwartungen wieder bestätigt werden. In der Psychoanalyse spricht hier vom WIEDERHOLUNGSZWANG. Man kann also von individuell typischen Lebensskripts sprechen, und unsere Aufgabe als Therapeut ist es, dieses Skript zu entschlüsseln und dabei zu helfen, dass es weniger eng, weniger stereotyp wie sonst abläuft, sondern dass der Patient seine Möglichkeiten der Mitgestaltung erkennen kann. D. h. auch dass er seinen Widerstand gegenüber einer Änderung des eigenen Skripts verstehen muss, als Voraussetzung für Änderungsmöglichkeiten. Widerstand meint, dass es schwer ist, eingefahrene Gewohnheiten aufzugeben, sei es wegen der beschriebenen Grunderwartungen oder auch, weil es aktive, psychodynamisch wirksame Gegenkräfte gibt. Diese Veränderungsmöglichkeiten sind natürlich umso begrenzter, je stärker die angesprochenen Erwartungen aufgrund früher traumatischer Umwelterfahrungen ins Kernselbst eingeschrieben sind. Z. B.: Es kann nie jemand wirklich für mich da sein. Man kann zwar die Starrheit einer solchen inneren Einstellung durch Therapie aufweichen, aber löschen kann man sie nicht. Es ist nun in der Entwicklung der neueren Psychoanalyse deutlich geworden, dass man die vielen Facetten der unbewussten Beziehungsgestaltung viel klarer erfassen kann, wenn man nichtsprachliche, nonverbale Elemente in die Analyse miteinbezieht – d. h. wenn man Handeln zulässt – Psychoanalytiker sprechen von einem Handlungsdialog, von Enactments – die ihrem Wesen nach unbewusst sind! Das ist insofern eine neue Entwicklung, weil Freud gesagt hatte: In der Psychoanalyse geschieht nichts anderes als der Austausch von Worten, und weil der Körper auf der analytischen Couch weitgehend stillgelegt worden war – nichtsprachliche Handlungen wurden oft als Agieren und damit als Widerstand gegen die Behandlung angesehen. 2 Auch bei Couch-Analysen wird mittlerweile nicht nur darauf geachtet, WAS der Klient auf der Couch sagt, sonder WIE er sich dabei verhält: wie er spricht – Tonfall der Stimme, Lautstärke, Sprechrhythmus, wie er atmet, welche Spontanbewegungen auf der Couch stattfinden usw. usw. Und besondere Aspekte des Handelns, der Interaktion sind für viele Psychoanalytiker wichtig geworden – z. B. in den sog. Übergangsbereichen wie Begrüßung und Verabschiedung: Wie nimmt der Patient mit seinen Augen Kontakt zu mir auf? Auf welche Weise blickt er mich an? Wie gibt er mir die Hand, wie empfinde ich seinen Händedruck – kräftig, anpackend, passiv, ziehend, verführerisch, mechanisch? Noch mehr: Welches MiteinanderHandeln, welches Interaktionsmuster wird in diesen Handlungen erkennbar? Dazu ein wenig später ein kurzes konkretes Beispiel. Diese und andere Interaktionen sowie feine Bewegungsmodalitäten auf der Couch sind mittlerweile unverzichtbarerer Bestandteil zur Entschlüsselung unbewusster und für den Patienten relevanter Szenen. Die besondere Bedeutung nonverbaler Aspekte des Verhaltens ist wiederum in der Bioenergetischen Analyse eine Selbstverständlichkeit. Man achtet hier einerseits auf das Spontanverhalten des Klienten, Bioenergetiker und andere Körpertherapeuten sind darauf trainiert, Feinheiten im körperlichen Verhalten zu sehen, zu beobachten, zu erkennen. Und dafür ein Spürbewusstsein zu entwickeln. Ich vermute, auch im Focusing geht es um die Erweiterung der Wahrnehmungsfähigkeit für eigene körperliche Prozesse. Der Bioenergetische Therapeut stellt andererseits auch bestimmte Übungen zur Verfügung, die den Klienten in physische Bewegung bringen, und man versucht die spezifische Struktur des Klienten aufgrund bestimmter Bewegungs- und auch Haltungsmodalitäten zu verstehen. Besonders bedeutsam ist dabei aus der Sicht der Bioenergetischen Analyse, wie sich die Gefühle, die Affekte im Zuge solcher Übungen entwickeln. D. h. wie kann sich der Klient seiner inneren Gefühlswelt öffnen, oder, anders gesagt, wie sehen seine spezifischen körperlichen Blockaden aus? 3 Bioenergetiker haben sich Jahrzehnte auf diese Aspekte konzentriert, auf die sog. Charakterstruktur des Patienten – das ist die Gesamtheit aller gefühlshemmenden Mechanismen auf körperlicher Ebene – Lowen ging von typischen muskulären Haltemustern aus. Der Gefühlsausdruck, die Katharsis war wichtig. Man erkannte jedoch im Laufe der Zeit, dass die therapeutische Wirkung emotionaler Katharsis begrenzt ist. Sie wissen vermutlich: auch Freud hatte mit einer kathartischen Methode begonnen, er übte Druck auf die Stirn des Patienten aus, um die Assoziationen des Patienten zu stimulieren und Gefühle freizusetzen – eine Patientin Freuds nannte das treffen „Chimney sweeping“, Schornsteinfegen. Freud hat dieses Vorgehen jedoch später aufgegeben, als ihm die Rolle der Übertragung klarer wurde. Seit etwa zwei Jahrzehnten interessiert sich nun auch ein Teil der Bioenergetiker mehr für das Beziehungsgeschehen im therapeutischen Prozess, für Übertragung und Gegenübertragung. Aus dem zunehmenden Interesse der Bioenergetischen Analyse für die Beziehung und aus dem wachsenden Interesse der Psychoanalyse für nonverbale Aspekte der therapeutischen Beziehung entstand diese Strömung, die mittlerweile unter der Bezeichnung AKP bekannt geworden ist. Wichtige Namen dazu sind: Tilmann Moser, Günter Heisterkamp, Gisela Worm, Jörg Scharff, Jacques Berliner, Hans Müller-Braunschweig, sowie als wichtigste Vorreiterfigur Sandor Ferenczi, ein Freud-Schüler, der in den zwanziger und dreißiger Jahren Versuche mit einer sog. aktiven Technik durchführte. Es gibt mittlerweile eine stattliche Anzahl an Publikationen, und eine eigene Zeitschrift mit dem Titel „Psychoanalyse und Körper“, eine gleichnamige Tagung, die alle ein bis zwei Jahre hier in Wien stattfindet. Günter Heisterkamp und ich sind seit drei Jahren damit beschäftigt, ein erstes Lehrbuch zu produzieren, in dem erstmalig der Versuch unternommen wird, AKP lehrbuchmäßig zu systematisieren. Es wird in ein bis zwei Jahren im Springer-Verlag erscheinen, und wir überlegen, in der nächsten Zeit hier in Österreich um die Anerkennung als eigenständige Methode ansuchen. Wir – das ist 4 der AKP, der Arbeitskreis für AKP, und in Deutschland gibt es eine analoge Gruppierung mit gleichen Interessensschwerpunkten. Zur Zeitschrift und zur Tagung – es findet in einer Woche das 6. Wiener Symposium „Psychoanalyse und Körper“ zum Thema „Traumatherapie“ statt – ich habe Ihnen Material mitgebracht, das Sie sich im Anschluss nach den Vorträgen und der Diskussion ansehen können. ICH SPRECHE IN DER FOLGE VOM EINZELSETTING IN AKP FÜR DAS GRUPPENSETTING GELTEN EIN WENIG ANDERE ÜBERLEGUNGEN. Das Schwergewicht des Interesses analytischer Körperpsychotherapie liegt in der INTERAKTION, d. h. in bewussten und unbewussten Formen der Beziehungsgestaltung, die sich wesentlich auf körperlicher Ebene und in Handlungen ausdrücken. Psychoanalytiker sprechen von gemeinsamen unbewussten Inszenierungen, von Enactments. Wie schaut das praktisch aus? Und wie INTERVENIERT DER THERAPEUT BEI DIESEM VORGEHEN? EINSCHUB POWERPOINT Zusammenfassung: Enactments – mit aktiv intendierten Elementen (das ist der Unterschied zur Psychoanalyse, denn hier wird im Setting selbst nichts aktiv intendiert) sind das WESENTLICHE DIAGNOSTIKUM in der analytischen Körperpsychotherapie. D. h. welche unbewussten Inputs bringt der Patient in die Situation ein, und wie reagiere ich als Therapeut darauf, was ich in der Regel erst nachträglich bemerke – wenn es schon passiert ist. Es handelt sich um eine Diagnostik in actu, d. h. die wesentlichen Elemente entfalten sich im Miteinander-Handeln und werden nachträglich benannt. ES IST DIES EINE ANDERE FORM DER DIAGNOSTIK ALS DAS BIOENERGETISCHE KÖRPERLESEN. Der Therapeut ist in der analytischen 5 Körperpsychotherapie als Interaktionspartner essenziell in das Geschehen integriert. D. h. ich muss mich als Therapeut für solche Szenen zur Verfügung stellen – und diese Notwendigkeit hat zwei Seiten: sie eröffnet einen neuen Möglichkeitsraum, und birgt genauso bestimmte Verstrickungsmöglichkeiten auf Seiten des Therapeuten. Es ist daher das Wissen um die eigene Gegenübertragung notwendige Voraussetzung – sprich: jahrelange psychoanalytische Selbsterfahrung (nicht unter 600 Stunden), sowie Supervision unter Zuhilfenahme von Videos und / oder Live-Arbeit, d. h. eine therapeutische Sitzung wird vor einem Kollegenkreis abgewickelt. Es ist dies die effektiveste Form der Supervision die ich kenne. Das beschriebene interaktionelle Vorgehen macht die AKP komplexer und technisch schwieriger als z. B. die Bioenergetische Analyse, denn wenn ich mich in den Prozess einlasse gebe ich ja auch meine eigenen Schwachstellen, meine neurotischen Anteile etc. preis, ich gebe einen Teil meines Schutzes auf, mache mich angreifbar. Wir sprechen daher – im Gegensatz zu einem Vorgehen, bei dem der Therapeut in der sicheren Distanz des Fachmannes verbleibt - von einem INTERAKTIONELLEN Vorgehen im Gegensatz zu einem mehr MEDIZINISCHEN Modell, wie es beispielsweise für die Bioenergetische Analyse gilt. Und das hat natürlich Auswirkung auf die Diagnostik: in der Bioenergetischen Analyse kann ich sagen: der und der Patient hat aufgrund dieser und jener Muskelblockaden eine bestimmte Charakterstruktur. Ich treffe eine solche Einschätzung sozusagen aus sicherer Distanz, mit dem Blick des geschulten Fachmannes. Im INTERAKTIONELLEN Modell sind solche diagnostischen Festlegungen weniger von Interesse, sondern die Diagnostik ist eine relationale: Welche Formen von Szenen stellen sich zwischen mir und dem Klienten spontan her, und wie können wir gemeinsam die relevanten Teile des Klienten schrittweise herausarbeiten, ohne dass ich meinen Eigenbeitrag zur Beziehungsgestaltung verleugne oder ausblende. 6 Eine solche Arbeitsweise ist nicht mit allen Klienten möglich. Besser gesagt: Nicht in allen Konstellationen Klient-Therapeut, denn auch als Therapeut bin ich eine Einflussgröße auf das Geschehen, die nicht vernachlässig werden darf. Damit die Arbeit mit der Interaktion fruchtbar ist, kann es erforderlich sein, einen Übergang einzubauen. Die Nutzung der körperlichen Ebene hat dann eine andere Bedeutung. Im ersten Beispiel zeige ich Ihnen diese Nutzung des Körpers als Übergangskörper – als Mittel, um einen Zugang zur inneren Welt der Patientin zu bekommen, und als Möglichkeit einen regressiven Prozess in Gang zu setzen. In einem zweiten Beispiel wird es um eine besondere Form eines Enactments gehen, das seinen Ausgangspunkt außerhalb des Therapiezimmers genommen hat – auch diese Handlungsbereiche beachten wir in der analytischen Körperpsychotherapie – sie sind Teile des interaktiven Geschehens. Fallbeispiel 1 Es handelt sich um eine ca. 50jährige Patientin, die mir von einem Arzt geschickt wurde - zuerst zur psychologischen Diagnostik, dann zur. Therapie Diagnose: Chronischer Kopfschmerz – also eine somatoforme Störung. Der Schmerz dauert seit einigen Jahren fortwährend an, die Ursache ist ihr unzugänglich, sie unterscheidet für sich zwischen Stunden in denen der Schmerz erträglich ist und solchen, in denen er unerträglich ist; organmedizinisch konnte kein Befund erhoben werden. Körperliches Erscheinungsbild: Es handelt sich um eine kleine Frau, die mich vom körperlichen Aspekt sofort an ein Rumpelstilzchen erinnert – d. h. pyknisch, irgendwie kompakt, wie ein Druckkessel, vom Augenausdruck her hinter eine freundlichen Fassade misstrauisch, wenig spontane Lebendigkeit bemerkbar, wirkt sehr angepasst, gehaltene Affekte. Vom stimmlichen Ausdruck ist sie 7 deutlich gebremst, die Stimme ist wenig modulationsreich. Kleidung: adrett, konservativ, wirkt alles sehr sauber, irgendwie perfekt. In den Stunden zeigt sie kaum spontane körperliche Bewegungen. Sie sitzt auf dem Stuhl, mit erwartungsvollem Augenausdruck, die Atmung ist flach, die lässt ganz wenig aus. Anscheinend hat sie kaum Zugang zu ihrem Innenleben, und sie hat ein ausgeprägtes „Falsches Selbst“ – d. h. sie spürt wenig, ist mit ihren wahren Gefühlen nur wenig verbunden, versucht den Anschein von Normalität zu wecken. Genauer gesagt: in der Art und Weise wie ich mich auf sie beziehe, stellt sich dieser Eindruck bei mir ein. Anamnese: Aufgewachsen in ländlichem Bereich, sie ist einziges Kind, die Kindheit sei sehr gut gewesen, alles sei normal und gut gewesen – einziger Schatten über der Kindheit: Als die 18 war: Vater beging überraschend Selbstmord (erhängte sich) – warum wirklich weiß sie bis heute nicht. Die Patientin glaubt, der Vater habe sich umgebracht, weil er unter chronischen Kopfschmerzen aufgrund einer Bleivergiftung gelitten habe. Es gab jedoch keinen Abschiedsbrief, nichts. Er sei ein lebhafter, gut aufgelegter Mann gewesen, Probleme habe er nie gehabt. Nach dem Suizid des Vaters habe sie sich dramatisch verändert – sei von einem unbekümmerten Mädchen rasch zu einer verantwortungsbewussten Frau gereift. Partnerbeziehung: Nach einer Affäre mit einem verheirateten Mann, mit dem sie sich glücklich fühlte, ist sie nun seit über 20 Jahren zusammen mit einem Mann, einem alter Jugendfreund, jedoch nicht (das ist mein Eindruck) ihre wirkliche Liebe. Seit einigen Jahren ist diese Beziehung eine regelrechte Hölle – die Partner leben in einem sadomasochistischen Clinch, keiner kann sich vom anderen lösen. Seit Jahren gibt es kein sexuelles Leben mehr zwischen den beiden. Es gibt einen adoptierten Sohn, der mit 18 alle nur erdenkbaren Probleme macht: er tut genau das, was sie sich nicht mehr gönnen kann – nämlich das Leben zu genießen. Ihm versucht sie Halt zu geben, vermutlich kontrolliert sie ihn – er lässt das nicht zu, rebelliert, entwickelt sich zum Schulversager. Die Patientin ist 8 verzweifelt, erlebt ihr Scheitern, kann nicht von ihm loslassen (bzw. von ihren Vorstellungen wie er werden soll) – das stellt sich in der Therapie heraus – es ist verbunden mit dem Kopfschmerz. Das verbale Vorgehen in den Sitzungen ist mühsam. Oft sitzt sie da, schaut mich fragend an. Ich spüre eine Mischung aus Hilflosigkeit und einem gewissen Trotz bei ihr, habe aber die Erfahrung, wenn ich derartige Eindrücke anspreche, antwortet sie mit einer glatten Verleugnung – sie spürt den Trotz einfach nicht. Ich werde im Laufe der Stunden relativ aktiv, leite das Gespräch, versuche aus ihr etwas rauszubekommen. Das gelingt zum Teil, aber sie blockt mich teilweise erfolgreich ab. Ich spüre wie sich in mir Anflüge von Ärger einstellen und denke mir, auch zwischen uns beiden könnte sich so ein Clinch entwickeln wie zwischen ihrem Mann und ihr. Sie kommt allerdings sehr pünktlich zu jeder Stunde und hält den Rahmen penibel genau ein. Genau diese Schwierigkeit der Patientin sich verbal mitzuteilen, und meine spezifische Reaktion auf sie, schafft innerhalb der ersten Stunden eine teils schwierige Situation, in der ich einen in mir wachsenden Druck spüre. Es ist vielleicht der Druck, den die Patientin erlebt und der bei ihr den Kopfschmerz verursacht. Es ist ein Druck, bei dem sich in mir die Fantasie einstellt der Patientin in den Hintern treten zu wollen, ihr einen Stoß zu versetzen, damit sie in Bewegung kommt. Aus dieser bereits in den ersten Stunden sich einstellenden Konstellation entschließe ich mich, den Körper übergangsweise als Mittel einzusetzen, um versuchsweise einen regressiven Prozess in Gang zu setzen. Aus streng psychoanalytischer Sicht würde man einen solchen Versuch als GegenübertragungsAgieren ansehen; Psychoanalytiker würden hier eher Widerstandsarbeit machen oder zuwarten – mit der Gefahr natürlich, dass die Patientin die Therapie abbricht. weil „zu wenig passiert“. Aus der Sicht der analytischen Körperpsychotherapie ist die Nutzung der körperlichen Ebene in einer solchen Situation eine zusätzliche Möglichkeit, um den Prozess flüssiger zu machen. 9 D. h. es geht hier darum durch den „Körper als Übergangsraum zur sprachlichen Symbolisierung“ – eine Definition von J. Berliner – zu nutzen, um Affekte zu provozieren und damit einen regressiven Prozess zu ermöglichen. Zur Wahl stehen für mich Stress- oder Haltetechniken – ich entscheide mich für eine Haltetechnik, um den Druck, den ich spüre, nicht noch mehr zu erhöhen. KÖRPERINTERVENTION: IHREN KOPF HALTEN Patientin in Rückenlage, ihr Kopf liegt in meinen beiden Händen – abwarten, nicht sprechen, Patientin beobachten und innerlich präsent sein Was passiert: Die erste halbe Minute passiert nicht viel, man sieht aber, sie kann sich auf die positive Unterstützung nicht wirklich einlassen – man merkt das an der Atmung. Vielleicht macht ihr etwas Angst. Dann ändert sich die Situation langsam: Man sieht einen Kampf, zwischen Tränen die kommen wollen und einer Abwehrhaltungen (Kiefer, Brust….) Zeitweilig heftige Darmgeräusche – d. h. innerlich kommt viel in Bewegung, z. T. lösend Schließlich setzen sich die inneren Impulse gegen die Abwehren durch, und sie beginnt zu weinen, wenn auch ein wenig verhalten. Nachher erzählt sie der Kopfschmerz habe zunächst stark zugenommen, und ihr sei das Bild gekommen von Reisnägeln die sich aufstellen – auf bewusster Ebene war ihr der Halt jedoch angenehm gewesen. Man merkt also bei der Patientin gewissermaßen eine Schichtung: bewusste Kooperationsbereitschaft – unbewusster Widerstand – darunter liegende, ihr wenig zugängliche Wünsche nach Halt und Geborgenheit (vermutlich an mich als Übertragungsmutter gerichtet) – man kann davon ausgehen, dass sich diese Ambivalenz 10 genauso in ihrer Partnerbeziehung abspielt und zu dem beschriebenen Clinch beiträgt. In der nächsten Stunde ist die Patientin sehr ausgewühlt, auch wenn sie nicht sagen kann, was eigentlich innerlich passiert wäre. Ich habe jedoch das Gefühl, dass das Arbeitsbündnis stärker geworden ist. Es kommt jetzt, in der Folge dieser Stunde, ein wenig mehr Material zum Vorschein als zuvor. Sie wirkt in Hinblick auf bestimmte Interpretationen von mir zugänglicher als zuvor, blockt nicht so stark ab. Es gelingt uns, die traumatischen Ereignisse rund um den Selbstmord des Vaters nochmals anzuschauen – und sie kann zum ersten Mal in ihrem Leben erkennen: die Mutter war damals, nach dem Tod ihres Mannes, selbst so verzweifelt, dass sie der Patientin als Jugendliche keinerlei Halt geben konnte – und dieser mangelnde Halt in der traumatischen Situation nach den Tod des Vaters war ausschlaggebend dafür, dass sie selbst all ihre jugendliche Lebendigkeit gleichsam begraben hatte. Sie flüchtete sich in eine Anpassung, die sich letztlich nicht als eine gute Form der Verarbeitung herausstellte, sondern sie schrittweise unter Druck brachte, was die Patientin aber erst spät merkte: im chronischen Kopfschmerz. Da sie in dieser schwierigen Situation selbst keinen guten Halt erfahren konnte, war sie genauso wenig in der Lage, ihrem Adoptivsohn in schwierigen Zeiten guten Halt zu geben – sondern sie forderte von ihm Leistung und Anpassung, mir der Folge dass er rebellierte. Die Patientin glaubt all dies begann mit dem Suizid des Vaters; ich denke, dieser Mangel an Halt begann schon früher, aber die Patientin erinnert es nicht, es ist aber prozedural in ihrem Körpergedächtnis eingespeichert. Dies ist dann das Projekt für den weiteren Therapieverlauf... Fazit: Die körperliche Erfahrung des Halts war hier eine Hilfe, um an unbewusstes Material heranzukommen – hier: an unterdrückte Affekte der Trauer und des Schmerzes: bei dieser 11 Patientin eine Trauer, die sie nicht versteht, aber die sie von der Intensität her beeindruckt (wie eine innere unbekannte Quelle) – diese Trauer beginnt sie in der Folge zu interessieren, damit hat sich das Arbeitsbündnis gestärkt. Die Erfahrung leitet eine neue Phase in der Therapie ein – mit der Folge dass sich die Kopfschmerzen der Patientin nach etwa drei Monaten deutlich gebessert haben, was sie selbst sehr überrascht. Ergänzen möchte ich, dass ich es durchaus für möglich halte, dass ein anderer Therapeut / eine andere Therapeutin diese Patientin auch mit verbalen Mitteln erreicht hätte. Die sich in den ersten Stunden einstellende Situation zwischen uns beiden möchte ich demnach ausdrücklich als von beiden Seiten her determiniert verstanden wissen, d. h. die Entscheidung zur Körperintervention war aus meiner Sicht nicht störungsspezifisch, sondern Resultat einer intersubjektiven interaktionellen Dynamik zwischen uns beiden. Fallbeispiel 2 Es handelt sich um einen männlichen Patienten, Ende 20, etwas über zwei Jahre in Therapie. Er hat eine fünfjährige hochfrequente Couch-Analyse bei einer Frau hinter sich, die er als durchaus positiv erlebte, möchte aber bei mir als männlichem Therapeuten, von dem er wusste, dass ich auch körperbezogen arbeite, noch bestimmte Erfahrungen machen, die in der Couch-Analyse weniger Platz hatten. Er litt nämlich unter körperlichen Spannungszuständen in allen möglichen Gelenken, die nicht selten schmerzhaft waren und die für ihn den eigentlichen Grund darstellten, einen körperorientiert arbeitenden Therapeuten aufzusuchen. Körperliches Erscheinungsbild: Der Patient ist asthenisch, durchschnittlich groß, seine Augen wirken hell und klar, freundlich, zugewandt, der Körper insgesamt in Spannung, keine Kollapszeichen. Es fällt mir rasch seine Stimme auf, die mir für einen Mann von der Grundfrequenz her relativ hoch 12 vorkommt, und auch beim Beschreiben seiner Symptome verwendet er Gesten die auf mich feminin wirken. Von der sich spontan zwischen uns beiden einstellenden Interaktion her bemerke ich, dass sich zwischen uns beiden ein Situation herstellte, in der ich ihn dominierte und er sich submissiv verhielt. Die emotionale Atmosphäre war – ganz anders als bei der Patient – emotional sehr offen und dicht, teilweise aber auch spielerisch und leicht, die Interaktion fühlt sich zeitweise an wie der Flirt bei einem Liebespaar. Der Therapiebeginn mit ihm verlief also völlig anders als mit Fr. K, und ich arbeitete mit ihm von vornherein oft IN DER ÜBERTRAGUNG, was gut ging wegen der CouchErfahrung, die er schon hatte. Auch die Abwehranalyse erwies sich aus dem gleichen Grund als gut möglich. Auf der körperlichen Ebene haben wir viel mit Spüren gearbeitet, gelegentlich auch mit Interaktionen, bei denen anfangs rivalisierende Impulse des Patienten im Vordergrund standen, später Wunsche nach körperlichem Halt. In der Übertragung war ich für ihn der Vater, zu dem er real eine zwiespältige Einstellung hatte. Der Patient ist ältestes Geschwister von insgesamt 5, allesamt Brüder, ist auch am Land aufgewachsen, die Eltern scheinen insgesamt bemüht gewesen zu sein, wenn auch nicht unbedingt pädagogisch kompetent. Vielleicht hatten sie als Bauern auch wenig Zeit für die Kinder gehabt. Der Patient hat viele Erinnerungen an die Kindheit, gute und schlechte, besonders haften geblieben sind Konflikte mit dem als dominierend erlebten Vater, der manches Mal auch handgreiflich wurde. Schwer enttäuscht hatte ihn, dass die Mutter im Falle von Konflikten, die der Patient mit seinem Vater austrug, immer zu ihrem Mann gehalten hatte, sodass der Patient sich beiden allein gegenüber sah. Die 13 Konfliktspannung eskalierte so stark, dass der Patient als vorpubertäres Kind darauf bestand, in ein Schulinternat zu gehen, um der häuslichen Atmosphäre zumindest unter der Woche auszukommen. Erst später merkte er, dass sich hinter dieser Entscheidung Rachegefühle verbargen, d. h. er wollte seine Eltern gleichsam durch sein Weggehen bestrafen. Er erinnert sich, dass er sich im Internat oft sehr einsam und unglücklich fühlte, und die Autofahrten – sein Vater brachte ihn ins Internat und holte ihn von dort ab – sind voll von schmerzhaften Erinnerungen, jedoch wurde darüber nie gesprochen. Aktuelle Lebenssituation: gut strukturiert, Konstanz im Beruf, stabile Partnerbeziehung seit Jahren, hat sich im Zuge der Therapie entschieden selbst den Sprung in die Vaterschaft zu wagen, seine Partnerin ist schwanger. In den letzten Wochen vor der Stunde, die ich beschreibe, hatte sich die Übertragungsspannung verdichtet, ohne dass klar war, worum es eigentlich ging. Einige Hinweise schienen anzudeuten, dass der Patient mir näher kommen wollte. Um zu verstehen eine Vorbemerkung: Wenn Patienten in meine Landordination kommen, haben sie viele Möglichkeiten wo sie ihr Auto abstellen können, weil um mein Haus herum viel Platz ist. Ich wohne in einem Haus und gleich neben mir mein Bruder, es ist ein Doppelhaus. Der Patient hatte sein Auto die längste Zeit weitab vom Hauseingang abgestellt, am Rande einer Wiese (das erinnert mich jetzt an eine Wiederholung der Internats-Interaktion, ausgedrückt durch Einnehmen von Distanz: Du sollst ja nicht glauben dass ich Dich – Vater – mag). Dann war er mit seinem Auto Schritt für Schritt näher gerückt, er spürte diesen Impuls, und damit verbunden auch diverse Ängste, die wir 14 verbal durchsprachen. Angedeutet hatte er diese Inszenierung mit dem Parken indirekt, indem er mich eines Tages fragte, ob es mir etwas ausmache, wenn er sein Auto direkt vor dem Haus meiner Schwägerin parke. Ich ahnte damals noch nicht was er wollte, beantwortete die Frage auf der realen Ebene, merkte erst später, er tastet sich an mich ran. Schritt für Schritt, von Stunde zu Stunde, war er mit dem Auto näher gerückt – was ich merkte, weil ich ab und zu aus dem Fenster auf die Straße schaue. In der Stunde, von der ich berichte, hatte er gewagt, sich mit dem Auto ganz direkt vor die Haustür zu stellen – entsprechend war seine Befangenheit bei der Begrüßung im Vorzimmer deutlich spürbar. Auch ich reagierte ein wenig befangen, spürend, dass etwas zwischen uns im Raum, das ich noch nicht benennen kann. In den Sitzungen wird bei mir sehr viel gesprochen, und nur gelegentlich leite ich Handeln aktiv an, oder Patienten machen analoge Vorschläge. In besagter Stunde meint er, dass er heute seine körperlichen Spannung wieder stark spürt, und dass er heute auf dieser Ebene weitergehen wolle – auf der körperlichen. Ich folge diesem Wunsch und bitte ihn, seinen Körperassoziationen zu folgen, ohne dass wir das Setting im Gegenübersitzen verändern. Ich verhalte mich insgesamt also abwartend, schaue, was er selbst tut. Das kann ich einerseits deswegen tun, weil er nach den beiden ersten Therapiejahren dieser Form von Assoziationen schon selbst vertrauen gelernt hat. Andererseits wirkt in mir die Befangenheit im Vorzimmer nach, und ich merke ich muss mich erst orientieren was ich selbst spüre. Zunächst meint er, dass er sich am liebsten zusammenziehen, zusammenkrümmen möchte. Das 15 probiert er zunächst auch aus – d. h. im Sitzen auf dem Stuhl krümmt er sich, bis sich die körperlichen Schmerzen ein wenig mildern. Einer Eingebung folgend frage ich ihn, wie denn der Gegenimpuls zu diesem Sich-Zusammenkrümmen aussehen könnte. Er greift meinen Impuls aus und merkt, dass es Ein-Sich-Entfalten wäre, und wagt, diesem Impuls zu folgen, was ihm aber sichtlich schwerer fällt als dem ursprünglichen Impuls. Ich merke also, dass seine ursprüngliche Haltung, das Zusammenkrümmen, einem Abwehrimpuls entspricht, und dass genau dieser Impuls des Sich-Entfaltens der eigentlich basalere ist, der natürlich auch mehr Angst bereitet. Er probiert an seiner Körperentfaltung im Stuhl zögernd einige Möglichkeiten aus. Schließlich sitzt er mir ganz offen gegenüber, mit geöffneten Beinen, und mit einer Öffnung im Brustbereich und in den Schultern und Armen. DIESE HALTUNG HAT AUF MICH EINE STARKE WIRKUNG UND ICH SPÜRE SOFORT WIEDER ETWAS VON DER BEFANGENHEIT IM VORZIMMER. Er schaut mir kaum direkt in die Augen. Er verbalisiert, dass die Öffnung einerseits gut tue, dass hier aber noch etwas Anderes sei. Er wisse aber nicht was. Die Übertragungsspannung, die sich in den letzten Stunden aufgebaut hatte, liegt nun intensiv atmosphärisch im Raum – so intensiv, dass der Patient in seinen Assoziationen und Worten stockt. Eine Schweigepause folgt, in der auch ich die Augen abwende und meinen inneren Bildern nachgehe. Es geht dabei um Empfangen, und ich spüre einen leichten Anflug von Schamgefühl. Mir fällt ein, dass der Patient in den letzten Stunden öfter von seiner schwangeren Frau berichtet hat – wie sehr ihre Schwangerschaft ihn berühre. Deutlich war, dass er sie beneidete – also eine Form männlichen Schwangerschafts- und Gebärneides gegenüber seiner 16 Partnerin. Schließlich teile ich ihm, nach längerer Schweigepause, meine Assoziationen mit. Darauf schweig er neuerlich, dann teilt er mir, mit viel Zögern und Stocken, mit, dass er sich mit etwa 5 Jahren öfter gewünscht habe, ein Mädchen zu sein. In den weiteren Assoziationen kommt er auf homoerotische Gefühle und Wünsche zu sprechen. Schritt für Schritt wird deutlich, dass sich dieser Wunsch – ein weitgehend unbewusster Wunsch – aus dem konflikthaften Verhältnis mit dem Vater entwickelt haben musste, etwa nach dem Motto: „Vater, wenn Du mich als Deinen Sohn, der ich bin, nicht lieben kannst, vielleicht dann als Dein Mädchen, Deine Tochter?“ Damit wird die Inszenierung, die sich in den letzten Wochen eingestellt hatte, auch schlagartig deutlich – die Befangenheit zwischen uns wird verstehbar. In der Folge eröffnet sich in vielen kleinen Schritten die triebhafte Thematik in ihm, und es werden zweierlei Impulse immer deutlicher und bewusstseinsnäher: sexuelle – homosexuelle Fantasien einerseits, aggressiv-sadistische Wünsche andererseits – er erzählt mir von seiner Lust seine Partnerin zu quälen, zu sekkieren. Die sadistischen Wünsche eröffnen sich, nachdem die homoerotische Ebene angesprochen wurde – sie schien wie ein Schlüsselpunkt zu sein. Das verbale Durcharbeiten all dieser Impulse, in der Verknüpfung seiner Lebensgeschichte mit der aktuellen Übertragungssituation, hat den Effekt, dass sich seine Gelenksbeschwerden im Laufe der Zeit deutlich bessern. Abschließender Kommentar: In diesem zweiten Fallbericht geht es um eine zunächst unbewusste Inszenierung in der Interaktion zwischen dem Patienten und mir, die sich gleichsam von außen – siehe Parkplatz-Inszenierung – nach 17 innen in den Therapieraum, in die unmittelbare Begegnung verlagert. Das körperliche Geschehen wird dabei in einer interaktionellen Art und Weise verwendet, um die verdrängten und verpönten antriebshaften Anteile des Patienten auf dem Wege der Abwehranalyse zu entschlüsseln. Auch hier würde ich meinen, dass der Weg, den dieser Patient und ich miteinander gefunden haben, EIN Weg ist, d. h. nicht DER Weg – und dass wir beide einiges miteinander überstehen mussten, bis sich dieser Patient in seiner Körpersymptomatik, die ich heute eher als konversionsneurotisch verstehen würde, gebessert fühlte. Er ist heute – ich sehe ihn noch gelegentlich – engagierter Vater, der sich eingestehen kann, auch gegenüber der eigenen Tochter, die er heiß liebt, aggressive, sogar sadistische Impulse zu empfinden, wenn sie ihn mit ihrer Lebendigkeit zu sehr an die Grenzen bringt. Das ist sozusagen der Preis, den er gelernt hat zu bezahlen, vermutlich anders als sein Vater: Er darf sich nun seine aggressiven Wünsche eingestehen, was sein Selbstbild verändert hat, er darf sich eingestehen: Ich bin in bestimmte Aspekten genauso wie mein Vater, den ich für seine Aggressivität teilweise gehasst habe. Ich bin also vielleicht nicht so verschieden von ihm, wie ich mir das immer gewünscht habe. Ich kann daher mehr zu meiner Männlichkeit stehen, ich muss nicht mehr so feminin und so submissiv sein. Dafür, dass ich das jetzt so sehen kann, muss ich weniger leiden. MEIN FAZIT In der AKP nutzen wir mehrere Möglichkeiten den Körper zu verwenden – zwei wichtige Möglichkeiten habe ich Ihnen vorgestellt: Den Körper als Übergangsraum zur Aktivierung einer Regression, auf dem Weg hin zur Symbolisierung 18 Der Körper als interaktiver Körper, als konkrete Austragungsebene im Geschehen von Übertragung und Gegenübertragung – im Unterschied zur Psychoanalyse sind wie hier teilweise aktiv und leiten bestimmte Szenen ein Die therapeutische Beziehung, das intersubjektive Geschehen ist das zentrale Movens, die therapeutische Interaktion ist unser Fokus und bestimmt unser therapeutisches Handeln – von diesem Standpunkt aus würde ich nicht von störungsspezifischen Interventionen sprechen, sondern von einem Körperdialog Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. 19